Eine Mähne von schwarzen Locken überdeckte den Oberkörper der älteren Hexe und ließ sie wie ein ungestümer Engel wirken. Ihr Arm lag besitzergreifend über der Taille der jüngeren Frau, die langes braunes Haar trug, welches nicht minder verworren wirkte.
Hermine Granger teilte nicht aus freiem Willen das Ehebett mit Bellatrix Lestrange.
Sie war ihr Spielzeug geworden, als der dunkle Lord gefallen war. Ihr Gegenstand, der keinen Widerstand leisten durfte.
Vorerst waren sie alle im Glauben gewesen, dass die böse Zeit ein Ende gefunden hatte.
Harry Potter überlebte und besiegte zu allem Erstaunen Voldemort mit unverschämten Glück, wie viele munkelten oder just mit der Kraft der Liebe, wie Dumbledore einst zu sagen pflegte.
Doch Dumbledore starb und somit auch ein großer Hoffnungsschimmer. Trotz der vielen Opfer, die der Krieg mit sich gebracht hatte, wurde das Ende des dunklen Lords nicht gerade in kleinem Kreis gefeiert. Überall im Tagespropheten konnte man den Namen Harry Potter lesen und Jedermann sprach nur von der Hogwartsschlacht, die scheinbar alles zum Guten gewendet hatte. Doch sie täuschten sich; waren naiv und blind gewesen.
Nachdem Unmengen von Zeitungen nur noch gute Nachrichten zu vermitteln hatten, wurde der Zaubereiminister von einem zum anderen Tag von eng vertrauten Angestellten im Ministerium umgebracht.
In der Nokturngasse tuschelte man, dass viele unter den Imperius Fluch gesetzt wurden, weil sich Todesser für den Untergang Lord Voldemorts rächen wollten.
Tom Riddle sollte nicht umsonst gestorben sein. Sie schwörten sich die Macht zu übernehmen, alle Muggelgeborenen sowie Quibs und Animagis zu foltern und zu versklaven, wenn nicht auch erbarmungslos zu töten, um das reine Blut in der Zauberer-Gesellschaft zu bewahren.
Hermine flüchtete nach Österreich, als sie die Nachrichten im Tagespropheten las, da sie sich sicher war, eine von den ersten Versklavten zu werden. Sie gehörte dem berühmten goldenen Trio an und viele Todesser verspürten einen unbändigen Hass auf sie, nicht zuletzt weil sie es geschafft hatte mit ihren Freunden Neville Longbottom, Luna Lovegood, Ginny und Ron Weasley aus dem Ministerium zu flüchten als Lucius Malfoy, Bellatrix Lestrange und viele weitere Gefolgsleute Tom Riddles die Prophezeiung zu stehlen versuchten.
Ihre Eltern wollten sie erst nicht gehen lassen, da sie so große Angst um ihre Tochter hatten, doch schließlich sahen sie ein, dass es in England nicht sicher genug für sie war. Kurz nach dem Hermine bei ihren Großeltern Entspannung suchte, teilte ihr eine allzu bekannte und ziemlich tollpatschige Eule, genannt Pigwidgeon mit, das Ron, einer ihrer besten Freunde, gefoltert und in Einzelteile zerlegt worden war.
Molly Weasley, eine Frau die in der dunkelsten Zeit Ruhe bewahrte und immerzu für unbekümmerte Stimmung sorgte, lag unter Schock im Krankenhaus, während ihr Mann versuchte die Familie zu beruhigen.
Nach dieser Nachricht isolierte Hermine sich völlig.
Sie ließ niemanden mehr an sich heran und schob Essen immer wieder mit Übelkeit von sich fort.
Als ihre Großeltern sie darüber informierten, das Harry von Todessern entführt wurde und der Orden völlig machtlos war, starb in Hermine der letzte Funke von Hoffnung, dass sich doch noch alles zum Guten wenden würde.
In stillen Tränen versank sie und fügte sich bald schon selbst Schmerzen zu, um ihre Trauer zu verdrängen.
Wie oft sie sich bereits die Frage gestellt hatte, warum bloß sie noch am Leben war, wollte sie gar nicht wissen.
Tagelang verbrachte sie im Bett und sah die Zeit verrinnen. Nachts machte sie kein Auge zu, weil sie Angst vor Albträumen hatte. Sie wollte die schrecklichen Bilder, die immer wieder vor ihrem inneren Auge auftauchten, mit aller Kraft in eine andere Welt verbannen.
Doch an einem verregneten Mittwoch, an welchem Hermine wie immer trübe im Bett lag und aus dem Fenster in die verregnete Landschaft Lembergs blickte, brachen Todesser in das Anwesen ihrer Großeltern ein und änderten ihren weiteren Lebensverlauf.
An jenem Tag wurden ihre Großeltern von Bellatrix Lestrange, die bisher als tot galt, durch den Cruciatusfluch ermordet.
Hermine dagegen blieb am Leben. Doch sie wäre liebend gerne mit ihnen gegangen.
An wem sollte sie noch festhalten? Was gab ihr Leben noch für einen Sinn?
Vor Schmerz wurde sie taub und so ließen Bellatrix Schläge und Erniedrigungen sie vollkommen kalt. Sie musste sich sogar eingestehen, dass sie den Schmerz genoss, weil ihre Gedanken in diesen Momenten völlig leer gefegt waren.
Die grauenvollen Bilder lösten sich auf, dafür gab es nur diesen ziehenden Schmerz, der ihr Tränen in die Augen trieb, jedoch nicht an ihr Innerstes heran kam. Und das war gut.
Hermine spürte in den ersten Wochen einen ohnmächtigen Hass in sich aufsteigen, wenn sie Bellatrix Gelächter vernahm. Ihre hysterische Stimme, die unverkennbar an den Wänden ihres edlen Anwesens widerhallte und tagtäglich ihren Wahnsinn widerspiegelte. Doch der Hass verschwand mit der Zeit.
