1. Kapitel
DER VERLUST
Mit einem Schrei fiel er auf die Knie. Was hatte er getan? „Riona! NEIN!" Er ließ sich ins nasse Gras fallen und sein Gesicht berührte die feuchte Erde. Tränen liefen über sein Gesicht. Er hatte sie verloren, für Immer! „Wie armselig, Seraphim." Sein Rivale Axes beugte sich über ihn. „Ich habe dich gewarnt, wenn ich sie nicht bekomme dann bekommt sie niemand!" er grinste eiskalt. Seraphim hob den Kopf. „Du verdammter…!" „Na na, du willst doch nicht, dass dir etwas zustößt, oder?" Provozierend hielt Axes ihm die schmale Klinge seines verzierten Schwertes an den Hals. „Na los doch, töte mich! Ich habe keinen Grund mehr zu leben!" Seraphim sah den anderen mit tränennassem Gesicht an. „Nein." Sein Rivale grinste. „Vielleicht brauchen wir dich noch…" Jetzt lächelte er geheimnisvoll. „Aber vorher wirst du alles verlieren was dir etwas bedeutet, bis hin zu deiner Würde!" Er mache kehrt und wollte verschwinden. „Bleib stehen du elender Feigling!" Seraphim sprang auf. Sein Feind drehte sich noch einmal um. „Ich habe dir nichts mehr zu sagen, wir sehen uns wenn die Zeit reif ist." Dann war er weg.
Langsam näherte sich der Junge dem leblosen Körper seiner Freundin. Die Tränen nahmen ihm fast die Sicht. Sie war der einzige Mensch den er jemals wirklich geliebt hatte… Und nun lag sie vor ihm, nie wieder würde er ihre liebliche Stimme hören. Er kniete sich vor das Mädchen und sah sie an. Ihr Gesicht, sie war auch jetzt noch wunderschön. Sie sah aus als würde sie nur schlafen… Ihre Haut wirkte nur ein wenig blasser. Sein Blick schweifte abwärts. „Axes du Schwein!" Er schluchzte auf. Dieser Mistkerl hatte ihr die Klinge direkt ins Herz gestoßen. Seraphim hob den schlaffen Körper an, er presste den Kopf an die Brust des Mädchens. Er wollte nicht wahrhaben dass sie tot war, doch ihr Herz schlug nicht mehr. Natürlich nicht… Es tat so verdammt weh. Gerade als er begann jemandem zu vertrauen! Dafür würde Axes bezahlen, das schwor er sich. Weinend hielt er Riona in den Armen. Was hatte es denn jetzt noch für einen Sinn weiterzuleben? Entschlossen stand er auf. Sanft legte er den leblosen Körper Rionas zu Boden und legte ihr die Hände auf die Brust. Dieses Bild wirkte irgendwie friedlich, sie schien zu lächeln. Nur das dunkelrote Blut, welches zum Teil nun auch an seinem Gesicht, und in seinen Haaren klebte, vermochte diese Idylle zu trüben. Erneut brach ein Schluchzen aus seiner Kehle. „Warum sie!" schrie er mit zum Himmel gewandtem Gesicht. Da vernahm er hinter sich ein Geräusch.
Seraphim wirbelte herum. Blitzschnell zog er seine eigene Klinge. Da stockte ihm der Atem. Vor ihm stand ein Engel! Ihre Haare waren pechschwarz, ein langes weißes Kleid umwehte ihren zierlichen Körper. Ihre weißen Schwingen hatte sie ausgebreitet als sie auf ihn zu schritt. „Wer bist du?" Er rieb sich die Augen. Das alles passierte doch nicht wirklich! „Ich bin Manya, Engel der Magie, man hat mich beauftragt dir zu helfen." „Engel, Magie, was wird hier gespielt?" der Junge schaute die Fremde ungläubig an. „Du suchst ein Mädchen namens Riona, richtig?" fuhr Manya fort ohne auf Seraphims Einwurf zu achten. „Riona…", gequält verzog der sein Gesicht, „Riona ist tot!" schrie er dann und erhob seine Waffe gegen das fremde Wesen. „Das stimmt nicht, und tief in deinem Herzen weißt du, dass ich Recht habe." Furchtlos blieb sie stehen. „Hör auf!" Wieder liefen Tränen über das schmale Gesicht des Jungen. Traurig blickte er auf den toten Körper seiner Freundin nieder. „Axes hat dich geschickt!" rief er plötzlich und rannte wie blind auf das blasse Wesen mit den Flügeln zu. Der Engel erhob sich, schwebte nun über ihm. „Axes… er wird die Welt ins Unglück stürzen und nur du kannst das verhindern." Entgegnete sie gefasst. „Ich? Warum? Und wie?" Immer noch glaubte Seraphim zu träumen. Er musste unter Schock stehen, das konnte doch alles nicht wahr sein… „Du musst Riona finden, nur sie ist in der Lage den Untergang der Welt noch aufzuhalten, aber ohne deine Hilfe wird sie es nicht schaffen." Manya verstummte. „Hör doch endlich damit auf, es ist mir egal was mit dieser Welt passiert, Riona ist tot!" Er ließ sich zu Boden fallen und schlug die Hände vors Gesicht. „Der Körper dort", Manya deutete auf den am Boden liegenden Körper, „Das ist nicht deine Riona." „LÜGE!" der Junge hielt es bald nicht mehr aus. „Sie ist nicht die, für die du sie hältst, Axes ist mächtig, er hat dich reingelegt um seinen Plan durchzuziehen", „Ich glaube dir nicht." Mit tränenerstickter Stimme richtete Seraphim sich etwas auf. „Sieh sie dir genau an." Forderte Manya und stand nun wieder genau vor ihm. „Nein!" der Junge schüttelte den Kopf. Er konnte nicht, es tat zu weh. „Sieh sie dir an!" befahl ihm der Engel jetzt. Der scharfe Klang in ihrer Stimme ließ ihn gehorchen. Tränen nahmen ihm die Sicht als er den Körper seiner Freundin betrachtete. „Riona…" Er brach zusammen, er konnte den Anblick nicht mehr ertragen. "Warum tust du mir das an, warum!" Er verstand das alles nicht. „Sieh genauer hin!" fuhr das Wesen unbeirrt fort. Seraphim schloss die Augen, er wollte nur noch weg. „Tu was ich dir sage!" Ein kalter Hauch streifte die Wange des Jungen. Erschrocken sah er auf. Er zwang sich ein letztes Mal auf den leblosen Körper herabzusehen. Riona… Ihr hübsches Gesicht… „Lass dich nicht von deiner Angst blenden, sie hat dich nicht verlassen, das würde sie nie tun, und das weißt du!" Manya berührte leicht seine Schulter. Seraphim zuckte zusammen. „Aber-„ doch weiter kam er nicht. Plötzlich kam in ihm ein Gedanke auf. Wenn sie wirklich tot war, warum hatte er dann plötzlich das Gefühl dass Manya Recht hatte? Angestrengt betrachtete er das Gesicht des Mädchens. „Sag dass sie nicht Riona ist!" forderte die Fremde ihn auf. Seraphim schluckte. Dann schaute er den leblosen Körper an. „Ich kann nicht." Flüsterte er.
„Du kannst es! Du musst ab jetzt stark sein, sonst siehst du sie nie wieder." Versuchte Manya ihn zu ermuntern. Der Junge berührte leicht die Wange des Mädchens. Sie war so kalt… „Du bist nicht meine Riona!" rief er dann in die Stille der Dämmerung hinein. Plötzlich erhellte ein Blitz sekundenlang den Himmel. Ein stürmischer Wind kam auf und Regen peitschte ihm ins Gesicht. Ungläubig sah er mit an wie der am Boden liegende Körper sich veränderte. Es war nicht Riona. Er kannte das Mädchen dass nun vor ihm lag nicht einmal.
„Was zum Teufel geht hier vor?" Seraphim sprang einen Schritt zurück. Die ganze Situation machte ihm Angst. Manya blieb ruhig an seiner Seite stehen. „Schwarze Magie, das Werk Abraxxias." Erklärte sie ohne ein Zeichen der Überraschung. „Wer ist Abraxxia, und wo verdammt noch mal steckt Riona, wenn sie nicht hier ist?" Verwirrt schüttelte Seraphim den Kopf. „Abraxxia ist die zweitmächtigste Hexe auf diesem Planeten, sie hat Axes zu ihrem Hexenritter gemacht, das bedeutet dass nun auch er über gewisse magische Kräfte verfügt." Manya klappte ihre Schwingen zusammen und setzte sich ins feuchte Gras. Es war inzwischen dunkel geworden. „Aber wozu das alles, und wo ist Riona!" ungeduldig ging der Junge auf und ab. „Alles der Reihe nach.", sagte das fremde Wesen und bedeutete Seraphim sich ebenfalls zu setzen, „Abraxxia strebt die totale Herrschaft an, mit Hilfe ihrer Macht will sie sich den gesamten Planeten untertan machen. Axes soll ihr dabei helfen. Es gibt nur eine Person die das verhindern kann." Geheimnisvoll lächelte sie. „Und wer soll das sein?" wollte Seraphim gereizt wissen. „Die einzige Hexe, die über Abraxxia steht, die stärkste Hexe überhaupt: Deine Freundin Riona!"
Manya schwieg. Dem Jungen blieb der Mund offen stehen. Seine Freundin sollte eine Hexe sein? Noch dazu die mächtigste auf ganz Gaia! Warum hatte sie ihm das bloß nie gesagt? „Sie weiß es selber noch nicht." Beantwortete Manya seine stumme Frage. Sie schien seine Gedanken lesen zu können. „Axes weiß es von Abraxxia, sie braucht Rionas Hilfe um die ultimative Macht zu erlangen, Danach wird sie für sie nutzlos sein, und Gaia ist verloren. Abraxxia wird die Tatsache ausnutzen dass Riona nichts von ihren Kräften weiß. Du musst sie finden, bevor es zu spät ist!" „Aber wo ist sie?" verzweifelt sah Seraphim zum dunklen Himmel auf, „Axes hat sie entführt, du musst sie finden und sie in die Magie einweisen bevor er es tut." Entgegnete der Engel. „Wo soll ich denn suchen?" Der Junge fühlte sich mit der ganzen Situation überfordert. „Und wie soll ich sie in die Magie einweisen? Ich weiß doch selber nichts darüber!" „Du beherrscht sie, du besitzt die Fähigkeit das Licht zu nutzen." Manya lächelte. „Aber-„ Seraphim war völlig konfus. „Keine Fragen mehr, du erfährst mehr wenn die Zeit reif ist. Nur soviel: Um Erfolg zu haben finde die anderen fünf „Wächter des Lichtes", Menschen die dasselbe Schicksal tragen wie du, nur gemeinsam werdet ihr das „Licht" finden und Gaia befreien." „Aber…" der Junge hatte noch so viele Fragen. „Kein aber.", entgegnete Manya kühl, „Es wird Zeit, ich bringe dich jetzt nach Hause, gleich morgen früh wirst du dich auf eine lange Reise begeben, ruh dich also aus. Ich werde dir wieder erscheinen wenn der Lauf der Dinge es erfordert." Bevor Seraphim widersprechen konnte versank die gesamte Umgebung in weißem Dunst. Als der Nebel sich langsam lichtete fand er sich aufgewühlt und ziemlich verwirrt in seinem eigenen Zimmer wieder.
Ungläubig sah er sich um. „Manya!" Doch er bekam keine Antwort. Sie war verschwunden. Hatte er das alles etwa nur geträumt? Nein, das konnte kein Traum gewesen sein, sonst wäre Riona bei ihm. Außerdem klebte noch immer Blut in seinem hellbraunen, etwas wuscheligen Haar.
Riona… Wieder kämpfte der Junge mit den Tränen. Was hatte das nur zu bedeuten? Erschöpft ließ er sich auf sein Bett fallen und vergrub das Gesicht in den Kissen. Die fünf anderen Wächter des Lichtes, wer waren sie? Wo sollte er suchen, wie sollte er sie erkennen? Wer oder was war das Licht? All diese Fragen gingen ihm durch den Kopf. Doch was ihn am meisten beschäftigte, war die Tatsache, dass seine Freundin eine Hexe sein sollte! Manya hatte gesagt selbst er konnte das Licht nutzen. Nur wie? Und welches Licht! Sie sprach in Rätseln. Es war alles so verwirrend…
„Seraphim?" Jemand öffnete die Türe einen Spaltbreit. „Du bist noch wach?" Er sah auf. „Du hast morgen eine wichtige Prüfung, du solltest längst schlafen." Das Mädchen grinste. „Danke für deine Fürsorge Timea, aber ich werde nicht teilnehmen." Seraphim setzte sich auf. Timea betrat jetzt sein Zimmer und sah ihn verwundert an. „Du willst die Melee-Prüfung der Elite sausen lassen? Das ist nicht dein Ernst! Die Jugendlichen ganz Gaias reißen sich darum in der Truppe der Regierung aufgenommen zu werden. Man sagt, nach der Aufnahme erfahren sie die Wahrheit über unseren Planeten und erhalten ihre „wahre Mission"!" „Na und? Ich habe keine Zeit, die Melee Einheit wird Gaia nicht viel nutzen wenn Manya Recht hat!" gab er zurück. „Aber es war doch immer dein Traum ein berühmter Melee zu werden! Und wer ist Manya?" Timea verstand ihn nicht. „Mein Traum spielt hierbei keine Rolle, es ist egal, gleich morgen werde ich aufbrechen. Ich muss die Antworten auf so viele Fragen finden bevor es zu spät ist, ihr könnt mich nicht aufhalten." Erklärte Seraphim bestimmt. Schulterzuckend verließ das Mädchen den Raum. Sie wusste dass sie ihn nicht zurückhalten konnte. Er war zwar stur, doch was er wollte das würde er auch erreichen. Sie wünschte ihm jedenfalls viel Glück auf seinen Wegen.
Seraphim schloss die Augen. Riona… „Ich werde dich finden, Axes wird für alles bezahlen was er dir angetan hat." Flüsterte er und legte den Arm so über sein Gesicht dass er die Augen verdeckte. Er würde sie befreien, und irgendwie würde er ihr die ganze Geschichte auch erklären, er musste es einfach schaffen! Zu versagen wäre inakzeptabel. Er würde nicht zulassen dass man dem Menschen wehtat den er über alles liebte! Tränen nässten den Ärmel seiner Jacke. Seraphim fühlte sich so alleine. Warum er? Warum lag das Schicksal Gaias in seinen Händen? Wie sollte er denn die anderen finden, sie erkennen? Und was hatte er mit alldem zu tun? War es etwa wirklich sein Schicksal? Ging auf Gaia vielleicht alles seinen vorgeschriebenen Lauf? Sein Leben, die Liebe zu Riona… Doch er glaubte nicht daran. Dann hätte es keinen Sinn zu kämpfen! Man konnte alles ändern, wenn man nur wollte! Seraphim war sich sicher. Er würde alles dafür tun Riona zu retten und ihre Heimat Gaia zu schützen. Er hatte keine Ahnung wie er es anstellen sollte, aber er nahm sich vor bis zum erbitterten Ende zu kämpfen!
