Titel: Missing you (deutsche Version)
Fandom: Cabin Pressure
Autor: lorelei_lee1968 (Lorelei Lee)
Pairing: Martin/Douglas, Martin/Theresa (erwähnt)
Rating: ab 16
Disclaimer:Mir gehört nichts. Cabin Pressure gehört John Finnemore und vielleicht noch Radio BBC.
Inhalt: Spoiler für Vaduz (Staffel 4, Episode 3) Irgendwann in naher Zukunft begegnen sich Douglas und Martin auf einem Flughafen in Singapur, wo Martin gesteht, dass er seinen ersten Offizier vermisst.
Missing you
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Douglas schlenderte über den Flughafen von Singapur und ging im Kopf alle Restaurants des Flughafengebäudes durch, wobei er überlegte, ob es wohl möglich wäre in irgendeinem davon halbwegs genießbares Sushi serviert zu bekommen.
Als er gedanklich seine Wahl getroffen hatte, begab er sich auf direktem Weg in das entsprechende Terminal, wo das Lokal zu finden war und studierte – dort angekommen – allerdings zuerst sehr gründlich und skeptisch die Speisekarte, welche neben dem Eingang angebracht war. Als er gerade über die Fehler in der Übersetzung von awabi nigiri („Seeohren") schmunzeln musste, bemerkte er aus dem Augenwinkel eine flüchtige Bewegung, die ihm seltsam bekannt vorkam, gefolgt von einem orangeroten Aufblitzen.
Er drehte sich um und erkannte, dass es sich tatsächlich um Martin Crieff handelte, der gerade an ihm vorbeiging und mit der einer Geste - die Douglas so vertraut war, als wäre es seine eigene - seine Kapitänsmütze auf seinen roten Haaren zurechtrückte.
„Martin!", rief Douglas dem jungen Mann hinterher ohne darüber nachzudenken.
Martin bremste abrupt ab, als er auf diesem exotischen Flughafen eine ihm wohlbekannte Stimme seinen Namen rufen hörte und geriet prompt ins Stolpern. Er fing sich jedoch und drehte sich mit einem ungläubigen Gesichtsausdruck um, der sich jedoch in ein freudiges Strahlen wandelte, als ihm klar wurde, dass tatsächlich Douglas Richardson vor ihm stand und ihn sein Gehör nicht getäuscht hatte.
„Martin!", wiederholte Douglas und ging auf den jungen Mann zu. „Was für eine angenehme Überraschung." Sie schüttelten sich die Hände und Douglas stellte fest, dass Martin gut aussah – zumindest besser als während seiner Zeit bei MJN Air.
Martin wirkte ausgeglichener, sicherer. Fast wie ein richtiger Flugkapitän, der er schließlich und endlich ja auch war. Aber so langsam wuchs er wohl tatsächlich auch in diese Position hinein, füllte sie aus und verkörperte sie nicht nur.
Die schlichte Eleganz von Martins neuer SwissAirways-Uniform – die ganz ohne übertriebene Goldtressen und andere Kinkerlitzchen auskam – trug sicher auch ihren Teil dazu bei, dass der junge Kapitän kaum noch dem rothaarigen Nervenbündel von früher glich. Womöglich war auch Theresa an diesen positiven Veränderungen nicht ganz unschuldig. Es war doch ein ziemlicher Schub für das eigene Selbstbewusstsein, wenn man der feste Freund einer echten Prinzessin war. Douglas jedenfalls gönnte ihm sein Glück von Herzen. Martin hatte lange genug immer nur den kurzen Zipfel von der Wurst erwischt und sich dennoch nie beklagt. Zumindest nicht zu sehr.
Es war für Martin auf jeden Fall eine glückliche Fügung des Schicksals gewesen, dass es Herc gelungen war, SwissAirways davon zu überzeugen, Martin an seiner Statt einzustellen, während Herc – Carolyn zuliebe (die das jedoch weder hören noch zugeben wollte) – Martins Platz bei MJN eingenommen hatte. Das alles lag nun schon einige Monate zurück und obwohl zu Beginn noch einige SMS und E-Mails ausgetauscht worden waren, war der Kontakt doch nach und nach abgerissen.
„Douglas... was... was tust du denn hier?", stammelte Martin - für einen kurzen Moment wieder der unsichere, übereifrige junge Pilot von früher.
„Ach... immer die gleiche alte Leier", erwiderte Douglas und winkte lässig ab. „Ein paar Architekten wollten die baulichen Wunder von Singapur begutachten und haben zu diesem Zweck – warum auch immer – MJN gebucht. Et voilà – hier bin ich. Und bei dir?"
„Oh, das Übliche, das Übliche", sagte Martin mit einem leisen Lächeln und einem Hauch Bescheidenheit, der ihn merkwürdigerweise professioneller wirken ließ als alle seine früheren übertriebenen Versuche zusammengenommen. „Ich bin jeden Freitag hier. Regulärer Flug."
Douglas nickte.
„Dann ist alles im grünen Bereich bei SwissAirways?"
„Ja… ja… alles wunderbar", sagte Martin wobei er sein Kinn etwas emporreckte. „Alles ist ganz einfach… wunderbar. Und bei dir? Verträgst du dich mit Herc?"
Die verkrampfte Kiefermuskulatur Martins sprach allerdings eine andere Sprache als einfach wunderbar. Doch Douglas ließ es für den Moment dabei bewenden.
„Sagen wir mal so…" fing Douglas mit seinem typischen ironischen Tonfall an. „Sein andauerndes Techtelmechtel mit der Eigentümerin hat ihm die Position des Kapitäns eingebracht. Aber besser er als ich. Bevor ich mit Carolyn auf die Besetzungscouch muss, bleibe ich doch lieber Erster Offizier."
„Wenn du das so sagst...", bemerkte Martin mit einem zaghaften Lächeln.
Nun wurde Douglas wirklich hellhörig. Wenn ihm dieser Scherz – dazu noch auf eigene Kosten - kein röhrendes Gelächter einbrachte, war irgendetwas faul im Staate Dänemark… oder doch eher im Fürstentum Liechtenstein?
Douglas beschloss, ein wenig auf den Busch zu klopfen.
„Martin? Ist irgendwas? Wie geht es eigentlich dem jungen Glück? Sicher seid ihr noch wie die Turteltäubchen."
Ein gehetzter Ausdruck trat in Martins Gesicht und wurde mühsam niedergekämpft. Doch die darauffolgende - schlecht gespielte - Nonchalance war leichter zu durchschauen als ein Glas Wasser.
„Ja, natürlich. Es ist alles prima. Ihr geht's prima. Alles ist prima. Einfach… prima. Total prima."
„Oh, Martin", stöhnte Douglas vorwurfsvoll.
„Was?", rief Martin nervös aus.
Douglas atmete tief durch und sprach dann sehr ruhig und sehr langsam auf Martin ein.
„Jedes Mal, wenn du ein Wort fünfmal benutzt, dann ist das ein sicheres Anzeichen dafür, dass irgendetwas ganz und gar nicht prima ist. Bitte sag mir nicht, dass du es versiebst… schon wieder."
Von einer Sekunde auf die Wangen schoss das Blut in Martins Wangen.
„Ich tue nichts dergleichen", behauptete er mit hochrotem Kopf.
Ein enttäuschtes Kopfschütteln begleitete Douglas' nächste Worte:
„Du lügst zwar etwas besser als Arthur, aber immer noch nicht gut genug um mich reinzulegen. Mich – den Meister der Lügen und Halbwahrheiten." Er hielt kurz inne und musterte fast missbilligend die immer noch blutübergossenen Wangen seines Freundes. „Martin! Du Volltrottel! Was hast du angestellt?!"
„Nichts!", verteidigte sich Martin vehement. „Ich habe nichts gemacht! Überhaupt nichts! Ich… was ich sagen will… ich liebe sie… sie ist… wundervoll. Sie ist das Beste, was mir je passiert ist." In seinen letzten Worten schwang sehr viel echtes Gefühl mit, doch Douglas spürte, dass irgendetwas ganz und gar nicht in Ordnung war.
„Nichts?", wiederholte Douglas gedehnt und seufzte dann theatralisch. „Und dennoch…"
Martin musterte ihn mit einem eigenartig brennenden Blick. So rot wie er noch vor wenigen Sekunden gewesen war, so blass war er nun. Douglas konnte diesen Blick nicht einordnen, doch er sah, wie Martin krampfhaft schluckte und die Hände an seinen Seiten zu Fäusten ballte. Oh, ein entschlossener Martin. Das versprach, interessant zu werden.
„Ich liebe sie wirklich sehr, Douglas. Aber… aber…" Martin holte tief Luft und straffte seinen schmalen Körper. „Aber ich… ich… ich vermisse dich. Du fehlst mir."
Etwas enttäuscht zog Douglas eine Augenbraue in die Höhe. Das war nicht so spektakulär gewesen wie erhofft.
„Meine Güte, Martin", sagte Douglas mit einem kurzen Lachen. „Ich hätte nie gedacht, dass ich das eines Tages sagen würde – aber du fehlst mir auch. Mit Herc ist es einfach nicht dasselbe. Er ist ein richtiger Spielverderber. Er spielt nie Cockpit Buckaroo, er wettet nicht mit mir um die Käseplatte und…"
„Douglas…" Martin unterbrach ihn. Sein Gesicht war immer noch bleich, wirkte aber sehr ernst und gefasst.
„Ja?"
„So habe ich es nicht gemeint."
„Nein?"
„Nein." Martin seufzte leise und studierte für einen Moment die Spitzen seiner Schuhe. Dann sah er wieder auf und wieder war dieser seltsame Ausdruck in seinen Augen. „Du fehlst mir wirklich… sehr", flüsterte er leise.
„Ach", machte Douglas verständnislos.
Martin schloss kurz seine Augen und flüsterte: „Auf völlig unpassende Art und Weise." Dann öffnete er wieder die Augen und atmete tief ein. Er wirkte erleichtert. „Da. Jetzt ist es raus."
„Oh", machte Douglas, als ihm dämmerte, was Martin wirklich gemeint hatte und als er völlig begriffen hatte, schien es ihm angebracht, diesen Laut zu wiederholen: „Oh!" Diese Eröffnung war nun doch spektakulärer gewesen, als alles, was er sich bis dahin ausgemalt hatte. Oh. In der Tat.
„Ja, nun…", fing Martin an, doch mit einem Mal war seine kurzlebige – nicht unattraktive – Selbstsicherheit wieder wie weggewischt und seine Hände flatterten in nervöser Geste durch die Luft, als ob er erst jetzt selbst begriffen hatte, was er da gerade preisgegeben hatte und es nun bereits zutiefst bereute. „Oh Gott… Douglas! Ich… ich… es tut mir leid! Ich hätte nichts sagen sollen. Vergiss es einfach. Vergiss was ich gesagt habe! Ja? Bitte? Wirst du das für mich tun? Alles einfach vergessen und niemals wieder ein Wort darüber verlieren?"
„Martin…", sagte Douglas langsam und zögernd, doch dann äußerte er reflexartig den Satz, den er sich zu Beginn seiner Pilotenkarriere zurechtgelegt hatte um Avancen des männlichen Bordpersonals abzuwehren – allerdings hatte er ihn nun schon seit Jahren nicht mehr benötigt und fühlte sich vielleicht deshalb so falsch in seinem Mund an. „Martin.. ich fühle mich durchaus geschmeichelt…aber du verstehst… ich habe nie auf diese Art und Weise an dich gedacht."
„Und das wirst du auch niemals." Martin nickte. In seinem Blick war kein Schmerz zu erkennen, nur leere Akzeptanz – eine Vermutung, die nun zur Gewissheit geworden war. „Ich verstehe. Ich weiß nicht, was plötzlich in mich gefahren ist."
„Schon gut, Martin, nur…" Douglas kratzte sich am Hinterkopf. "Was ist mit… Theresa?"
„Was soll mit ihr sein? Was meinst du?"
„Was werde ich schon meinen?", gab Douglas etwas unwirsch zurück. „Weiß sie es? Ahnt sie etwas?"
„Nein – nein." Martin lachte bitter. „Sie ist völlig ahnungslos. Sie…" Martin stockte. Er atmete schwer. "Sie ist wirklich ganz wunderbar. Es klingt verrückt, aber es ist genauso wie ich dir vorhin gesagt habe: Ich liebe sie wirklich. Douglas – du musst mir das glauben!" Ein bittender Ausdruck trat in Martins Augen, dem sich Douglas nicht völlig entziehen konnte.
„Ich hatte keine Ahnung… ich hätte nie gedacht, dass es so sein könnte…" Martin nahm tatsächlich seine Mütze ab und fuhr sich mit einer Hand durch seine Haare. Sein Blick zuckte nun unentschlossen zwischen dem Fußboden und Douglas hin und her.
„Ich hätte nie..." Er schluckte und setzte erneut an, sein Blick auf einen Punkt etwas oberhalb Douglas' linker Schulter gerichtet.
„Meine bisherigen Beziehungen… waren nie von langer Dauer. Am Anfang war es ja auch immer sehr schön, aber dann… ganz allmählich… wurde es immer irgendwie langweilig. Aber ich dachte immer, das wäre, weil ich noch nicht die Richtige gefunden habe, weil es auch dieses Mal wieder nicht die Richtige war und… ich habe nie geahnt, nie daran gedacht, dass es an mir liegen könnte… dass mit mir etwas nicht stimmt. Ich habe die Schuld immer bei meinen Freundinnen gesucht und nie bei mir. Mir ist die ganze Zeit über einfach nie in den Sinn gekommen, dass es nur deshalb jedes Mal recht schnell seinen Reiz für mich verlor, weil ich vielleicht… homosexuell sein könnte." Martin atmete mit einem leisen Seufzen aus und ließ den Kopf hängen. „Ich bin so ein Versager."
Douglas war von dieser Rede wie vor den Kopf geschlagen. Nie hätte er gedacht, dass Martins Erfolglosigkeit beim schönen Geschlecht so vollständig war – und schon gar nicht hätte diesen Grund dafür vermutet, den Martin angegeben hatte. Douglas konnte es nicht begreifen – wehrte sich noch gegen das Begreifen.
„Bist du dir wirklich sicher? Ich meine… vielleicht liegt es doch an ihr…"
Martins Kopf zuckte wieder nach oben.
„Nein, es ist nicht ihre Schuld, dass ich an nackte Männer oder meinen ehemaligen ersten Offizier denken muss damit ich funktioniere, wenn ich mit ihr alleine bin", schnappte er gereizt.
„Wow, das…" Douglas blinzelte überrascht. Das waren mehr als deutliche Worte gewesen und er musste zugeben, dass ihn diese Situation momentan ebenso deutlich überforderte. Martin litt. Und Douglas empfand plötzlich Mitleid mit dem jungen Mann. „Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll."
„Das kommt nicht oft vor", sagte Martin mit einem vagen Lächeln.
„In der Tat ein sehr seltenes Ereignis", sagte Douglas nachdenklich. „Und noch nie warst du der Auslöser dafür", versuchte er einen schwachen Scherz.
Martin lächelte. Doch es war ein trauriges Lächeln, das Douglas unerwartet tief ins Herz schnitt.
„Ich sollte jetzt besser gehen. Mein Flug…", sagte Martin und setzte seine Mütze wieder auf.
„Martin, was wirst du tun?" Douglas musste diese Frage einfach stellen. Durch Martins Offenlegung seiner Gefühle fühlte er sich ein wenig für dessen weiteres Schicksal verantwortlich.
Ein verschlossener Ausdruck trat auf Martins sonst so offenes Gesicht.
„Nichts", sagte er schlicht.
„Du wirst es ihr nicht sagen?", fragte Douglas.
Martins Körper straffte sich, wandelte sich vor Douglas' Augen von einem jungen, verwirrten, unglücklichen Piloten zu einem ruhigen, selbstsicheren Flugkapitän.
„Nicht, dass es dich etwas angehen würde", äußerte er mit einem Anflug von Kälte. „Aber nein. Ich werde es ihr nicht sagen."
Douglas würde es nie zugeben, aber er blieb wie angewurzelt stehen und starrte noch etliche Minuten Martin hinterher, der – ohne sich noch einmal umzudrehen – in Richtung Abflughalle schritt.
Der Appetit auf Sushi war ihm vergangen.
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Fortsetzung folgt…
