Disclaimer:
Alle Rechte an den Personen gehören Joane K. Rowling. Ich verdiene kein Geld mit dieser Story.
Die Geschehnisse in Buch 7 bleiben in meiner FF unberücksichtigt!
1.
Ginny Weasley stemmte energisch die Hände in die Hüften, so wie sie es oftmals von ihrer Mutter gesehen hatte und fuhr ihre weinende beste Freundin an.
"Jetzt stell dich nicht so an! Hör auf zu heulen und unternimm endlich etwas. Du wolltest diesen Mann. Jetzt hast du diesen Mann. Nun geh zu ihm und rücke ihm seinen arroganten, snobistischen, zugegebenermaßen interessanten Kopf zurecht. Ich habe noch nie verstanden, warum du dich ausgerechnet mit ihm eingelassen hast. Du wusstest, wer und vor allen Dingen, was er war. Genauso wenig habe ich verstanden, warum er dich gewählt hat. Ich hätte wetten können, es dauert keine zwei Monate und eure Beziehung wäre vorbei und nun sind es schon anderthalb Jahre und ihr seit noch zusammen und jetzt kommst du und heulst mir die Ohren voll, von wegen verlassen und so? Geh zu ihm und mach ihm klar, dass er so nicht mit dir umspringen kann. Eine anderthalbjährige Beziehung wirft man nicht einfach über Bord."
Atemlos hielt Ginny während ihrer Ansprach inne und schnappte nach Luft. Dies nahm Hermine Granger zum Anlass, schniefend aufzubegehren. "Aber er hat Dinge zu mir gesagt, die er noch niemals zuvor gesagt hat. Er war so wütend. Er hat mich fast aus dem Haus geworfen. Ich kann nicht zurück. Warum soll ich den ersten Schritt machen? Soll er es doch tun!" Ein wenig Trotz kam nun doch durch und die Tränen wurden zeitweilig etwas weniger.
"Da gibt es nur eine Frage, meine Liebe." Ginny gab ihre Molly-Weasley-IchbinabsolutwütendmitDir-Haltung auf und betrachtete Hermine aufmerksam. "Liebst du ihn?"
Hermine brauchte darüber gar nicht nachdenken. "Ja, ich liebe ihn, mehr als irgendetwas, mehr als alles andere..." Ihr verweintes Gesicht bekam einen träumerischen Ausdruck, als sie an den Mann dachte, der vor gut zwei Jahren bei dem großen letzten Kampf plötzlich und für alle unerwartet die Seiten gewechselt und ihr in einer spektakulären Aktion das Leben gerettet hatte.
Wieder sah sie die Bilder ganz deutlich vor sich: Das Schlachtfeld war übersät von einer Unzahl von Toten und Verletzten. Hermine befand sich mitten im Geschehen. Nach Stunden unermüdlichen Kämpfens funktionierte sie immer noch wie eine gut geölte Maschine. Unermüdlich verteilte sie Flüche und wich geschickt ihrerseits den auf sie gerichteten Flüchen aus. Sie versuchte Harry und Snape zu schützen, die beide den dunklen Lord direkt bekämpften. Doch mit einem Male wendete sich das Blatt. Plötzlich sah sie sich einer Handvoll Todesser gegenüber und wusste sofort, dass sie gnadenlos unterlegen war. So viele Feinde konnte sie nicht auf einmal abwehren. Sie hatte sich schon mit dem Gedanken abgefunden, dass ihr letztes Stündlein gekommen war, als sich aus der Reihe der sie umkreisenden Feinde eine hochgewachsene Gestalt löste und blitzschnell, für Hermine völlig unerwartet, den Zauberstab auf die eigenen Leute richtete. Gnadenlos und mit tödlicher Präzision begann dieser Todesser Flüche in die eigenen Reihen zu schicken. Ehe seine Kumpane überhaupt registrierten was los war, lag die Hälfte von ihnen schon tödlich getroffen am Boden. Mit einer schwungvollen Bewegung riss dieser Mann sich die silberne Maske vom Gesicht und schüttelte die ihn bis dahin verhüllende schwarze Robe von den Schultern. Lange blonde Haare wehten nun ungehindert im Wind und ein zu allem entschlossener Lucius Malfoy wandte sich ihr zu, musterte sie einen Moment von oben bis unten und schnarrte: "Sie sollten besser auf Ihre Deckung achten Miss, sonst werden sie schon bald tot sein." Es dauerte einen kurzen Moment, in dem Hermine völlig perplex auf die wundersame Verwandlung von Lucius Malfoy starrte, dann riss sie sich zusammen, akzeptierte diese unerwartete Hilfe und entgegnete beherrscht: "Dasselbe gilt auch für sie, Malfoy. Ich hoffe, sie haben sich jetzt endgültig entschieden, auf welcher Seite Sie kämpfen wollen. Und wo wir schon einmal dabei sind, können wir uns nun wohl gegenseitig decken. " Kurze Zeit später sah man ein ungleiches, zu allem entschlossenen Paar in der Mitte des Schlachtfeldes, Rücken an Rücken stehen und vehement Flüche in alle Himmelsrichtungen verschicken.
Sie hatten von Anfang an gut zusammen gearbeitet und diese Zusammenarbeit hatte einer Menge Anhängern des Dunklen Lords den Tod beschert. Malfoy wurde in dem anschließenden Prozess, den man den wenigen überlebenden Todessern gemacht hatte, aufgrund dieses so unerwarteten Seitenwechsels und der Tatsache, dass der Tod einer Menge seiner Kumpane allein auf sein Konto ging und er mit einem großen Wissen aufwarten konnte, was versteckte Verbindungen zum Dunklen Lord anging, freigesprochen.
Nach diesem Prozess liefen sie sich hin und wieder über dem Weg, bei Heldenverehrungsveranstaltungen, Bällen und ganz besonders im Ministerium und von Anfang an flirtete der blonde Mann, der im Krieg seine Ehefrau verloren hatte, ungeniert mit dem jungen Mädchen.
Irgendwann kam, was kommen musste: Sie konnte den hartnäckigen Avancen dieses so unwiderstehlich scheinenden Mannes nicht widerstehen. Ab und an ging sie mit Lucius aus, sie trafen sich zum Essen, sie begleitete ihn zu den verschiedensten Veranstaltungen oder sie gingen einfach nur spazieren. Sie lernte den Vater ihres ehemaligen so verhassten Mitschülers Draco immer besser kennen. Sie merkte, dass hinter der arroganten, blasierten und oftmals ziemlich kalten Fassade des blonden Mannes sehr viel mehr steckte. Er vermochte es, sie immer wieder zu überraschen, mit Dingen, die sie so gar nicht bei ihm vermutete. Nach einiger Zeit nahm er wie selbstverständlich einen nicht mehr wegzudenkenden Platz in ihrem Leben ein und eines Abends, als er sie nach einem gemeinsamen Essen, wie immer nach Hause begleitet hatte, schickte sie ihn, wie sonst immer geschehen, nicht weg. Nach einer leidenschaftlichen gemeinsamen Nacht war es endgültig um die sonst so beherrschte Hermine geschehen, Malfoy hatte sich einen Platz in ihrem Herzen erkämpft. Seither schienen sie unzertrennlich - bis heute.
Noch immer schniefend saß Hermine bei ihrer besten Freundin und berichtete, unterbrochen von immer wiederkehrenden Weinkrämpfen, was eigentlich genau geschehen war und was sie so aus der Bahn geworfen hatte.
"Er hat mich Schlammblut genannt. Das hat er noch nie getan. Er war so wütend und eigentlich weiß ich immer noch nicht genau warum. Es war nur eine harmlose Auseinandersetzung. Wir konnten uns nicht darauf einigen, ob wir nun zum morgen stattfindenden Frühlingsball, den das Ministerium veranstaltet, hingehen werden oder nicht. Er hat mir unterstellt, ich sei vergnügungssüchtig. Ich hab ihm gesagt, dass er schon seit einiger Zeit viel zu bequem geworden sei. Ich wollte doch nur ein paar Freunde wieder sehen. Dann hat er gemeint, ich sehe meine Freunde doch schon viel zu häufig. Er sollte sich vielleicht Gedanken machen, ob seine Freundin etwa fremdginge. Ginny.. Ich und fremdgehen... Niemals würde ich so etwas tun! Mit wem auch, Harry oder Neville oder etwa Ron? Lachhaft! Aber er hat sich richtig rein gesteigert. Immer wieder hat er versucht, mir eine Affäre anzuhängen. Er ist sogar soweit gegangen, mir zu unterstellen, ich hätte eine geheime Beziehung mit Snape."
"Snape??" Ginny verschluckte sich fast an ihrem Tee.
Wenn Hermine nicht so beschäftigt mit ihrem eigenen Beziehungsdrama gewesen wäre, dann wäre ihr vielleicht aufgefallen, wie auffällig sich Ginny bei der Nennung von Hogwarts griesgrämigsten, ungerechtesten, schlechtgelauntesten Lehrers benahm. Und dass sie in rasantem Wechsel die Gesichtsfarbe änderte und die Farbe ihrer Ohren mit der ihres Haares konkurrieren konnte. Doch Hermine achtete nicht sonderlich auf Ginnys Verhalten und jammerte weiter, den Blick auf ihre eigene Teetasse in den Händen haltend, von der sie noch nicht einen Schluck getrunken hatte.
"Schließlich habe ich angefangen, ihm einiges an den Kopf zu werfen. Er sei der arroganteste, engstirnigste, ungerechteste Mann, den ich kennen würde und wenn er sich weiter so unmöglich benähme, dann könne ich nicht dafür garantieren, dass ich überhaupt bei ihm bliebe", erzählte sie weiter und wieder rannen die Tränen literweise an ihrem Gesicht herunter.
"Irgendwann haben wir uns gegenseitig nur noch angebrüllt. Ich habe dann, weil er mich überhaupt nicht mehr zu Wort kommen ließ, diese blöde Vase, die ich sowieso total hässlich fand und die Lucius unbedingt in unserem Wohnzimmer stehen haben wollte, genommen und sie gegen die Wand geschmissen. Daraufhin ist er kreidebleich geworden und hat was von einem Familienerbstück gefaselt und hat mich beschuldigt, ich würde ihn und seine Herkunft nicht achten und dann hat er gemeint, dass es ja kein Wunder wäre, weil ich ein Schlammblut sei."
Ginny betrachtete skeptisch ihre Freundin und fragte sich schon zum hundertsten Mal, woher Hermine bloß immer all die Tränen nahm, die sie in sehr emotionalen Momenten vergoss. Sie hatte natürlich Mitleid mit ihr, obwohl sie immer geahnt hatte, dass so etwas eines Tages passieren würde.
Sie verkniff sich ein 'Siehst du, ich habe es dir schon immer gesagt. Dieser Mann ist nichts für Dich.'
Das hätte ihrer Freundin jetzt auch nicht weiter geholfen. Hermine litt ganz offensichtlich unter diesem Streit und nach dem, was sie von ihrer Freundin wusste, liebte sie diesen ungewöhnlichen, facettenreichen und wahrscheinlich immer noch sehr gefährlichen Mann, wirklich.
Ginny seufzte, reichte ihrer Freundin das zwanzigste Taschentuch und setzte ihre eingangs von Hermine unterbrochene Rede fort.
"Du musst zu ihm gehen und ihr müsst euren Streit beilegen. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Wenn du ihn liebst und ihn brauchst für dein Seelenheil, dann wirst du wohl über deinen Schatten springen und zu ihm gehen müssen. So wie ich ihn kenne, wird er nicht den ersten Schritt tun, dazu ist er viel zu stolz oder eitel oder dumm... wie man es auch immer bezeichnen will. Geh zu ihm und klärt eure Differenzen."
Ginny konnte anhand Hermines Mimik, die im Moment für sie, wie ein offenes Buch zu deuten waren, ablesen, dass sie das Für und das Wider eines ersten Schrittes gegeneinander abwog. Doch schon nach kurzer Zeit, schien sie zu einem Ergebnis gekommen zu sein.
"Gut, wenn du meinst. Ich werde morgen zu ihm gehen." Hermine schniefte ein letztes Mal, trocknete sich ihre Tränen und lächelte Ginny zaghaft an. "Was würde ich tun, wenn ich dich nicht hätte."
"Dich vielleicht bei Harry ausheulen?" Ginny sah Hermine belustigt an. "Geh heute noch zu ihm… Es gibt keinen Grund bis morgen zu warten."
"Ja, eigentlich hast Du Recht. Ich werde es sofort tun." Hermine nahm nun endlich einen großen Schluck aus ihrer bis dato unberührten Teetasse, als müsse sie sich dadurch Mut antrinken.
So kam es, dass eine Stunde später eine höchst nervöse Hermine vor dem Stadthaus, welches Malfoy gekauft hatte, nachdem sich Hermine strikt geweigert hatte, nach Malfoy Manor zu ziehen, stand und nervös ihre Tasche nach dem Haustürschlüssel durchsuchte. Mittendrin fiel ihr ein, dass sie den Schlüssel ja nicht unbedingt brauchen würde, da sie die Tür auch auf magische Weise öffnen könnte.
Nach einem leise gemurmelten "Alohomora", gab die stabile Tür nach und Hermine schlüpfte hindurch. Lauschend blieb sie im dunklen Flur stehen. War er überhaupt zu Hause? Sie hatten sich noch niemals dermaßen gestritten. Sie wusste also nicht, wie er sich in so einem Falle verhalten würde. Würde er etwa auch weggehen und Trost woanders suchen? Im Alkohol vielleicht oder würde er viel eher daheim um sich da zu betrinken. Oder würde er seinen Frust und seine Wut bei einer anderen Frau...? Daran wollte sie nicht einmal im Traum denken. Frustriert seufzte sie leise. Trotzdem sie schon einige Zeit mit ihm zusammen war, wusste sie im Grunde so wenig über ihn. Er ließ sie nicht sehr oft wirklich nahe an sich heran. Er war aufmerksam, zuvorkommend, liebevoll und las ihr in der Regel die meisten Wünsche von den Augen ab.
Aber er ließ sie auch in vielen Dingen im Unklaren. Er sprach selten von seiner Vergangenheit oder von den wirklichen Beweggründen seines Seitenwechsels. Ganz zu schweigen von den Gründen, warum er sich so für sie interessierte. Sie wusste, dass er sie mochte. Aber liebt er sie? Niemals hatte er die drei magischen Worte zu ihr gesagt. Er war immer sehr beherrscht, sogar wenn sie sich hemmungslos und leidenschaftlich liebten, konnte er sich nicht endgültig fallen lassen. Wie oft hatte sie sich gewünscht, er würde in so einem ganz intimen Moment die Beherrschung verlieren und ihr seine Liebe gestehen, so wie sie es des Öfteren tat. Aber selbst wenn sie ihm ihre Liebe gestand, verschloss er in der Regel mit einem leidenschaftlichen Kuss ihren Mund, nur um nicht antworten zu müssen. Nach anderhalbhalb Jahren des Zusammenseins mit ihm, stellte sie fest, dass sie sich noch nie so unsicher über ihn und seine Neigung ihr gegenüber war und es erschreckte sie, als sie darüber nachzudenken begann, dass dieser Streit womöglich das Ende ihrer Beziehung einläutete.
Eine Gänsehaut überfiel sie bei diesem Gedanken. Das konnte nicht das Ende sein, nicht so. Nicht jetzt, wo sie...
Wenn Hermine nicht so tief in Gedanken versunken gewesen wäre, dann hätte sie gemerkt, dass sie schon seit einer Weile nicht mehr allein in dem dunklen Flur war. Sie nahm schemenhaft eine leichte Bewegung hinter ihr wahr und schon hatte sich ein Seidenschal über ihre Augen gelegt und eine leise, heisere Stimme murmelte in ihr Ohr:
"Guten Abend, schöne Frau. Ich habe nicht erwartet, heute noch von ihrer Gegenwart beehrt zu werden."
TBC
