1.

Mit Augenlidern und Füßen schwer wie Blei war es wirklich schwer wenigstens die Schuhe aufzubekommen oder gar auszuziehen. Matthew saß mit einer aufrechten Haltung eines Kartoffelsackes auf seinem Bett und versuchte verzweifelt die Schleifen seiner Schuhe zu lösen. Auch wenn er so müde wie ein Kuma im Winter war, Schuhe kommen nicht in sein Bett. Ein wenig Klasse hatte man, egal wie müde man ist.

Er dachte er würde noch an die Decke gehen, weil sich die Schnürsenkel immer wieder verhedderten, aber sie gaben bald auf. Mit einem Seufzer der Erleichterung ließ er seinen Kopf auf das Kissen sinken und aalte sich umständlich unter seine Decke, bis er mit einem Lächeln auf dem Gesicht sich dem Schlaf übergab.

Es verging gefühlt keine Sekunde, als er von einem nass-kalten Brennen auf seinem Gesicht geweckt wurde. Sofort schlug er seine Augen auf, denn so ein taubes Gefühl hatte er noch nie in seinem Gesicht gespürt. Er ahnte Schlimmstes, zwar war es etwas ganz anderes, aber nicht weniger erschreckend, als den Quatsch eines Schlaganfalls, den sich sein Hirn ausmalte. Er starrte hinauf in einen unfreundlichen grauen Wolkenhimmel und es schneite nicht gerade kleine Flocken. „Was zur Hölle ist mit meiner Wohnung passiert?" Er sah zu einer Seite. Unberührte malerische Winterwälder waren am Rand der großen Freifläche, wie kein Märchenerzähler es sich hätte träumen lassen können. Aber anscheinend Matthew, denn wie sonst kommt er mitsamt seinem Bett in ein solches Wintertierdokumentationsgelände?
"Wo ist das ganze Haus geblieben? Das ist doch ein schlechter Scherz! Warum träume ich so etwas?"
Unaufhörlich schweben die Schneeflocken, die die Größe der geschmacklosen Glitzerschneeflocken für die Weihnachtsbäume hatten, auf ihn nieder und für einen Traum waren sie viel zu kalt, als sie auf seinen Wangen landeten.

Ihn beschlich ein komisches Gefühl. Seine Sinne, nach etlichen Wintern und Kriegen, sagten ihm nur ein was: Raus aus dem fallenden Schnee; halte dich warm!
Dieses Mal war seine Ausrüstung eine abstruse. Zwar hatte er noch seine Sachen von gestern an - einen Pullover, lange Jeans und Socken - aber seine Schuhe waren nicht mit teleportiert worden. Ebenso die wichtige Mütze fehlt. Matthew wusste, dass man in der Kälte nicht zimperlich sein durfte. Jede Sekunde zählt. Und so tat er etwas, das ziemlich bescheuert für einen Beobachter aussehen müsste, hätte er einen gehabt.
Er zog das Kaputzenband aus seinem Pullover, setze sich die Kapuze auf und band sich das Kopfkissen wie eine Haube auf den Kopf. Er zog das Laken von der Matratze, riss es in zwei Teile und versuchte mehr oder minder sich schuhähnliche Gebilde um den Fuß zu wickeln. Die große Decke wie einen Umhang um sich gewickelt, saß er auf dem Bett und überlegte, ob die Matratze ihm noch behilflich sein könnte. Sie war leider mit Metallfedern bestückt und teilweise schon durchnässt, weshalb er sie liegen ließ und durch metertiefen Schnee Richtung Wald stapfte.