1. Welcome to Great Britian

"Der Tag ist viel zu schön, um Trübsal zu blasen." Sean lehnte in der Tür. Sein rötlichbraunes Haar war, wie immer, perfekt gestylt. Er trug eine graue Hose und ein loses sitzendes, blaues Hemd. Die grünen Augen musterten den gutaussehenden Mann vor ihm. "Deine gute Laune ist ekelhaft," erwiderte Brian mit einem leichten Grinsen. Er fuhr sich durch sein dunkles Haar. Ich muss dringend zum Frisör, dachte er bei sich und warf einen entnervten Blick auf den Zettelwust vor ihm. Sean schüttelte den Kopf und trat zum Fenster. Das Büro hatte einen wundervollen Blick auf die Themse. Es war später August und einer der vermutlich letzten wirklich schönen Tagen. Viel zu schön, um weiter über Verträgen zu brüten. "Komm schon Bri. Die Papiere laufen dir nicht weg." Brian hob eine Augenbraue. "Leider nicht. Wohin willst du mich diesmal schleppen? Hyde Park?" Sean schüttelte den Kopf und lächelte geheimnisvoll. "Warte es ab!"

Brian und Sean hatten sich auf der Eröffnungsparty der neuen Vangard & Partners -Filiale in London getroffen. Sean Labster war Fotograph und ein verdammt Guter. Brian hatte die Chance genutzt und ihn als freien Mitarbeiter verpflichtet. Auch, wenn er Sean attraktiv fand, hatten die Beiden nie miteinander geschlafen. Sie waren Freunde geworden. Inzwischen wusste Sean fast alles über Brian. Es war erlösend, sich mit jemand völlig Unbeteiligtem unterhalten zu können. Sean verlangte nichts von Brian, nicht so wie Michael. Brian hatte ihm sogar von Justin erzählt.

DieBbeiden stiegen in Seans kleinen Mini und kämpften sich durch den Verkehr aus der Stadt. Sie fuhren über eine Landstraße, umgeben von grünen Wiesen. In der kleinen Stadt Penshurst hielten sie an. Die Stadt wurde beherrscht von einem wunderschönen alten Landschloss, das umgeben war von prächtigen Gärten. Brian stieg aus dem Auto und atmete tief die frische Luft ein. Sean schaute in wissend an. Brian hinter seinem Schreibtisch hervorzulocken war schwierig und es gelang ihm nur höchst selten. "Komm," sagte er schließlich. "Es ist nicht weit"
Die Beiden schlenderten über die Straßen, vorbei an alten Häusern, kleinen Läden und liebevoll gepflegten Vorgärten. Das Schild einer Kunstgalerie stach Brian sofort ins Auge. Sean nickte, auf Brians fragenden Blick.

Die Galerie war klein, aber sehr geschmackvoll eingerichtet. Die meisten Gemälde zeigten Landschaften aus Kent. Es gab aber auch einige Portraits. Eine junge Frau saß hinter einem Schreibtisch und kaute Kaugummi. Als sie Sean sah, sprang sie auf und fiel dem Briten um den Hals. "Sean, ich freu mich so! Was machst du hier?" "Alles ok, Lou. Du kannst mich wieder los lassen." Die junge Frau, Lou, errötete und ließ Sean los. Dabei fiel ihr Blick auf Brian. "Ist das dein neuer Freund?" fragte sie neugierig. Brian verdrehte die Augen, während Sean laut lachte. "Gott bewahre. Das ist Brian, ein guter Freund. Brian, das ist Louise. Mein Schwester." Brian nickte. Er kannte Louise aus Erzählungen. Lou legte die Stirn in Falten und strich das lange schwarze Haar zurück. "Mein Bruder hat von dir erzählt. Du arbeitest in dieser neuen Werbeagentur." Brian nickte.
"Komm Brian. Sieh dich in Ruhe um. Ich werde solange den neuesten Klatsch und Tratsch mit meiner Schwester austauschen."

Brian genoss die Ruhe der Galerie. Ein kleiner Ventilator ratterte im Hintergrund und von der Straße war das Lachen von Kindern zu hören. In solchen Momenten vermisste er Justin am meisten. Der Blonde hätte die kleine Galerie auf Anhieb gemocht. Brian konnte sich vorstellen, wie er vor einem der Gemälde stand, die blauen Augen konzentriert auf eine Kleinigkeit gerichtet. Er lächelte und schüttelte den Kopf. Es war 2 Jahre her, seit er den Blonden das letzte Mal gesehen hatte und doch konnte er sich jede Einzelheit seines Gesichts ins Gedächtnis rufen.
"Alles ok?", fragte Sean besorgt und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Brian nickte. "Lou und ich wollten eine Kaffee trinken gehen. Kommst du mit?" "Nein, ich bleibe noch etwas." Sean nickte und ließ Brian allein. Er kannte seinen Freund inzwischen gut genug, um ihn in einem solchen Augenblick nicht zu drängen. Außerdem konnte er sich vorstellen, an wen Brian im Moment dachte.

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Als er die Tür hinter sich schloss, stieß er einen erleichterten Seufzer aus. Brian schmiss seine Jacke auf das weiße Sofa und ging zum Kühlschrank. Leer, dachte er resigniert und schaute auf die Uhr. Seufzend griff er zum Telefon und rief den Lieferservice des Asia Palace um die Ecke an.

Brians Wohnung in London hatte viel Ähnlichkeit mit seinem alten Loft. Ein großer Raum, wo Küche, Ess- und Wohnzimmer in einem war. Ein paar Designermöbel waren im Raum verteilt. Ein Durchgang führte zum geräumigen Schlafzimmer und eine Tür neben der Küche zum Bad. Trotz der Ähnlichkeit zu seinem alten Heim, hatte sich Brian noch nie wohlgefühlt in dem neuen Loft. Es war kalt und still. Niemand kam unaufgefordert vorbei, nirgendwo lagen Klamotten oder Kinderspielzeuge herum. Er vermisste sogar das Portrait vom nackten Mann.
Das Klingeln an der Tür kündigte das Essen an. Brian bezahlte den jungen Boten und trug die gebratenen Nudeln in die Küche. Mit dem Essen in der Hand ging er zum Telefon, um seinen AB abzuhören. Keine Nachrichten.

Am Anfang war er von Anrufen überschwemmt worden. Michael hatte täglich mehrere Male angerufen und Lindsay und Debbie mindestens alle zwei Tage. Doch mit der Zeit, waren die Anrufe seltener geworden. Brian hatte zu viel zu tun, der Zeitunterschied war zu groß und auch seine Freunde lebten ihr Leben weiter.
Brian schüttelte den Kopf und stellte die Nudeln weg. Er überlegte, ob er Sean anrufen sollte. Vielleicht könnten sie was trinken gehen. Er hielt das Telefon bereits in der Hand, als ihm einfiel, das Sean nicht da sein würde. Er war mit Mark zu einem Date verabredet. Brian grinste sarkastisch. Er konnte sich Sean bei keinem Date vorstellen.

Er warf einen Blick auf seinen Computer und überlegte, ob er nicht doch lieber in einen Club gehen sollte. Doch wenige Minuten später saß er in seinem Bett, den Laptop auf dem Schoß. Im Hintergrund lief leise Countrymusic - eine von Seans CDs. Er loggte sich in seinen Instant Messenger ein. Ein sanftes Lächeln legte sich auf seine Lippen, als er die erste Nachricht erhielt.

J.: Es ist Freitag. Solltest du nicht die Londoner Clubszene unsicher machen?
B.: War ein anstrengender Tag.
J.: Das sagst du immer. Was ist mit Sean?
B.: Hat ein Date.
J.: LoL Sean, ein Date! Da würde ich ja zu gerne Mäuschen spiele. Ich dachte, er wäre die britische Brian Kinney Version.
B.: Es kann nur einen Brian Kinney geben. Wie war dein Tag?
J.: Frag nicht. Ich habe in den letzten Tagen kaum geschlafen.
B.: In zwei Wochen ist es vorbei.
J.: Ja, endlich.
B.: Hast du dich schon entschieden, was du dann tun willst?
J.: Nicht wirklich. Ich werd mir erst Mal ein paar Wochen Ruhe gönnen. Daphne heiratet nächsten Monat und ich werd ein paar Tage bei ihr und Ron in Seattle verbringen.
B.: Mhm. Was ist mit dieser Agentur? Media?
J.: Media Future. Mal sehen.
B.: Sie ist gut. Dean Crown hat einen hervorragenden Ruf und Ashley Smith soll ein wahres Genie sein.
J.: Ah, Mr. Kinney hat seine Hausaufgaben gemacht. Du denkst, ich sollte Mr. Crown treffen?
B.: Schaden wird es nicht. Aber du musst wissen, was du willst, Justin.
J.: Ich war heute bei Gus. Er wächst so schnell. Bald wird er größer sein, als ich.
B.: Das ist nicht schwer. Wie geht es ihm?
J.: Er ist ganz aufgeregt auf seine große Reise. Er will einen Haufen Sachen mitbringen, um sie dir zu zeigen. Im Moment ist Spongebob sein Liebling.
B.: Der Schwamm. Na Bravo! Das kommt davon, wenn man Lesben Kinder großziehen lässt.
J.: Sei lieb. Du liebst Lindsay.
B.: Pfff! Wie geht es dem Rest der fabelhaften Runde.
J.: Em hat einen neuen Freund. Juan. Er spricht kaum zwei Worte Englisch. Oh und der Detectiv ist bei Debbie eingezogen. Michael ist knallrot angelaufen. B.: Muss er jetzt Daddy zu ihm sagen!
J.: LoL Ich glaube, Ben hat ihn wieder beruhigt. Hör mal, ich muss weiter machen. Leider malt sich das Bild nicht von allein zu Ende.
B.: Ja, ich muss auch noch einiges erledigen. Justin, pass auf dich auf.
J.: Du auch.

Seufzend schaltete Justin seinen Computer aus. Er vermisste Brian so sehr. 2 Jahre waren vergangen und nichts hatte sich an seinen Gefühlen verändert. Am Anfang war er überrascht gewesen, dass Brian den Kontakt nicht abbrach. Eine Weile schrieben sie Mails oder SMS, dann kam Justin auf die Idee mit dem Chatten. Auch wenn es schwierig war, schafften sie es wenigstens einmal in der Woche mit einander zu sprechen. Keiner der Anderen, außer Gus und Lindsay, wussten von dem Kontakt. Es war schon komisch, dachte Justin. Es fiel ihnen leichter über die Distanz miteinander zu reden.
Seufzend stand er auf und streckte sich. In der Mitte des Lofts stand eine Leinwand mit einem halbfertigen Gemälde. Sein Abschlussprojekt. Noch zwei Wochen und er wäre von der Schule erlöst.

Es war komisch gewesen, ins Loft zu ziehen. Er hatte sich einsam gefühlt ohne Brian. Doch es war eine gute Lösung gewesen. Er konnte sich so, voll auf seine Malerei konzentrieren. Er arbeitet noch ab und an im Diner, um seine Kasse aufzubessern, aber ohne Mietsorgen brauchte er das Geld nicht wirklich.

Justin hatte kaum etwas im Loft verändert. Selbst die Designermöbel standen noch an ihrem Platz, auch wenn Justin sie zuhängte, wenn er malte. Er fühlte sich nicht wohl, bei dem Gedanken etwas zu verändern. Irgendwie war Brian so immer noch bei ihm.

Langsam trat er zu seinem Gemälde. Das Gespräch mit Brian hatte eine Idee in ihm wachgerufen. Mit neuem Enthusiasmus riss er das alte Bild von der Staffelei und griff nach seinem Pinsel.

So, hier ist nun der erste Teil der Fortsetzung von "Was wäre wenn...". Da jetzt leider mein Urlaub zu Ende ist, kann ich nicht sagen wann das nächste Kapitel kommt, ich versuche mich aber zu beieilen. Reviews sind wie immer überaus gern gesehen:))