Alles war heilsam dunkel. Keine Gedanken. Keine Gefühle. Endlich. Dann – erst ganz leise und schließlich immer durchdringender – Musik. Oder war es Vogelgesang? Er dachte ja wieder! Ihm war als loderte Feuer vor seinen Augen – ein Feuerwerk aus Rot, Orange und Gold. Und immer noch die Melodie. Schöner als alles was er bisher gehört hatte. Dann wieder Stille und Dunkelheit, doch anders diesmal. Ein kleiner silberner Streif tauchte auf und wurde immer größer, bis Serverus Snape ihn erkannte. Es war eine silberne Hirschkuh – sein Patronus. Sie sah ihm in die Augen und blinzelte. Plötzlich wurden ihre Augen grün und ihr Gesicht – nein, ihr ganzer Körper - veränderte sich. Es war Lily. Ein Stich in Severus' Herz. Sie lächelte. Schließlich sprach sie und ihre Stimme klang wie von weit her, obwohl sie doch direkt vor ihm stand: „Severus. Sev. Lass gut sein, Sev. Du hast genug gebüßt. Ich habe dir doch schon längst verziehen. Tu du es endlich auch. Lebe, Severus, lebe!" und dann löste sie sich auf und Severus blickte auf eine große glühend rote Wand. Es dauerte einen Moment, bis er die Geräusche um sich her wahrnahm. Ein Rascheln wie von einem Umhang und Schritte direkt neben ihm. Endlich wurde ihm bewusst, dass die rote Wand die Innenseite seiner geschlossenen Augenlieder war und mit der Erkenntnis kam ein Schmerz, der von seinem Hals auszugehen schien und ihn aufstöhnen ließ. „Oh! Wachen wir endlich auf, was?". Seine Augenlider flatterten als er sie schließlich öffnete. Überraschend schnell gewöhnten sich seine Augen an ihr helles Umfeld: sie zeigten Snape einen spartanisch eingerichteten Raum in ergrautem Weiß, außer ihm selbst war ein recht junger Mann mit einem weißen Kittel in diesem Raum. Dieser schaute ihn erwartungsvoll an. Snapes Gehirn arbeite noch schwerfällig, doch langsam aber sicher kombinierte er das Vorgefundene und die Tatsache, dass er offenbar in einem Bett lag zum einzig Möglichen: er war Patient im St. Mungos, was wiederum hieß, dass er noch lebte. Seine Kehle brannte und er beschloss, den zweiten Anwesenden – offensichtlich ein Heiler – nach Wasser zu fragen. Er räusperte sich schmerzhaft und brachte dann ein dünnes, krächzendes „Wasser!" hervor. Das war seine Stimme? Der Heiler jedenfalls hatte offenbar verstanden, denn er schickte sich nun an, Snape vorsichtig Wasser zwischen die aufgeplatzten Lippen zu träufeln. Snape jedoch richtete sich mit für seinen Zustand nahezu übernatürlicher Geschwindigkeit auf, packte den Heiler mit einer Hand am Unterarm und nahm ihm das Wasserglas mit der anderen Hand ab. Erleichtert stellte er fest, dass sein Körper offenbar noch wie gewohnt funktionierte. Er ignorierte das entgeisterte Gesicht des Heilers sowie den brennenden Schmerz in seinem Hals und trank das Glas in einem Zug leer. Danach suchten seine Augen die des Heilers und sein ganzer Gesichtsausdruck verlangte nach Antworten. „Sie wissen, wer Sie sind?", wollte Snapes Gegenüber zunächst wissen. Natürlich, dachte Severus, wie hätte er je vergessen sollen, wer er war, wo er sich oft genug gewünscht hatte, jemand anderes sein zu können. „Severus Snape.", brachte er der Einfachheit halber hervor und der Heiler schien zufrieden. „Ja, Sir. Und ich bin Heiler Heliot. Nun, wie es scheint, sind sie von Du-weißt-schon-wems Schlange angefallen und tödlich verletzt worden. Aber sie haben ganz offensichtlich überlebt."

„Wie?", Snape stellte fest, dass seine Stimme fester wurde, je öfter er sie gebrauchte, obgleich die Schmerzen in seinem Hals beständig zuzunehmen schienen. Heliot indes machte ein ratloses Gesicht und meinte: „So ganz wissen wir das auch nicht. Es wird jedoch vermutet, dass ein Phönix die Blutungen stoppen ließ, ehe Sie gefunden wurden.", ein wenig Ehrfurcht schwang nun in seiner Stimme mit, doch Snape waren die Informationen noch zu spärlich: „Was ist mit meinem Hals?", als er sich selbst an die Kehle greifen wollte, erkannte er, dass sein Hals dick bandagiert war und war darüber einigermaßen bestürzt. „Das ist, wo die Schlange zubiss, Sir. Wir haben leider noch kein Mittel gefunden, um die Wunden vollkommen verheilen zu lassen." Snape schluckte hart und bereute es im selben Moment aufgrund der aufkommenden Schmerzen. „Wie lange behandeln Sie mich schon?",

„Seit fast 6 Wochen. Ihr Blutverlust war enorm, deswegen hielten wir es für klüger, Sie im Koma zu halten. Vor vier Tagen haben wir aufgehört, Ihnen den Komatrank zu verabreichen und seither auf Ihr Aufwachen gewartet. Nachher kommt eine Schwester, um Ihren Verband zu wechseln. Kann ich in der Zeit noch etwas für Sie tun?",

„Ja." Sagte Snape entschlossen, „Beantworten Sie mir folgendes: Wieso werde ich überhaupt behandelt? Wenn ich noch lebe, müsste ich dann nicht nach Askaban?" Heliot schien milde überrascht als er antwortete: „Aber Sir, man kennt doch inzwischen die Wahrheit über Sie, Sie sind praktisch ein Held. Keine Sorge, Ihr Gedächtnis wird bald wieder richtig arbeiten, Sir, dann werden Sie sich bestimmt erinnern, wie Sie Harry Potter ihre Geschichte anvertrauten." , er übersah den verwirrten Gesichtsausdruck bei seinem Patienten und fügte munter an: „Sir, es tut mir sehr leid, aber ich muss jetzt wirklich weiter…die anderen Patienten…Aber vielleicht möchten Sie ja gern Ihre Tagespropheten durchsehen…Ihr Abonnement läuft weiter und wir haben uns nicht gewagt, die Exemplare ohne Ihre Zustimmung zu entsorgen." Mit einem Schlenker seines Zauberstabes ließ Heliot das Tischlein mit dem Papierberg direkt neben Snapes Bett gleiten und verabschiedete sich dann rasch mit einer angedeuteten Verbeugung. Missmutig schnaubend nahm Snape den obersten Tagespropheten zur Hand. Er war von heute und gleich auf der zweiten Seite sorgte eine Schlagzeile dafür, dass heiße Übelkeit in Severus Snape aufstieg: Snapes Portrait hängt endlich im Schulleiterbüro von Hogwarts – Nachdem Harry Potter (17) – der Junge der lebt, mit seinen Enthüllungen über den wohl umstrittensten aller Schulleiter der renommierten Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei, Severus Snape, an die Öffentlichkeit ging und sich für ein Fallenlassen aller Anklagepunkte gegen seinen einstigen Lehrer stark machte, hat er nun auch dafür Sorge getragen, dass traditionsgemäß ein Portrait Snapes ins Schulleiterbüro gehangen wird. Um den angeblich schwerverletzten Snape selbst ist es sehr ruhig geworden: die Sprecher am Hospital, wo er dem Vernehmen nach in Behandlung ist, geben sich jedenfalls bedeckt und sind zu keinen Auskünften bezüglich des Ex-Ex-Ex-Todessers zu bewegen. Den Schulleiterposten übernimmt derweil im kommenden Schuljahr erneut kommissarisch Minerva McGonagall. Schamesröte machte sich im sonst blutleeren Gesicht Snapes breit und er zerknüllte energisch den Tagespropheten, ehe er sich gleich mehrere weitere nahm und sie systematisch nach seinem oder Potters Namen absuchte. Ein Teil von Snape hatte immer geahnt, dass der Dunkle Lord eines Tages seiner überdrüssig werden würde und er hatte stets gehofft, seine Mission noch beenden zu können, bevor es soweit war. Doch allmählich dämmerte Snape, was sich in seinen letzten Augenblicken abgespielt hatte und er durchforstete die Zeitungen, um seine Ahnung zu bestätigen. „Lass es vorbei sein…!" zischte Snape vor sich hin und riss schließlich den ältesten Tagespropheten an sich. Der Dunkle Lord besiegt! Die magische Welt atmet auf! Harry Potter soll Merlinorden der Ersten Klasse erhalten titelte der Prophet und Snape war, als fiele ein tonnenschweres Gewicht von ihm. Er las alle Artikel, die ihn selbst, den Dunklen Lord oder Potter betrafen und fühlte sich am Schluss wieder recht gut im Bilde: Voldemort hatte ihn töten lassen wollen, um die vermeintlich alleinige Herrschaft über den Elderstab zu erlangen, von der widerlichen Schlange zum Verbluten zurückgelassen, hatte er mit Mühe und nur durch silbrige Gedankenfäden den letzten Auftrag Dumbledores erledigt und Potter über die Notwendigkeit seines Opfers unterrichtet. Offenbar war ihm, wie ihm inzwischen wieder eingefallen war, im Angesicht des Todes sentimental zumute gewesen und er hatte dem Potterjungen Erinnerungen mitgegeben, die er für gewöhnlich tief in seinem Inneren verschlossen hielt und die vom Grund für seinen Seitenwechsel zeugten. Dann hatte Snape das Bewusstsein verloren und man meinte sein Leben wäre ausgehaucht. Potter, nach dem Anschauen der fremden Erinnerungen tatsächlich bereit, zu sterben, hatte sich dem Dunklen Lord ausgeliefert und dieser hatte den unbeabsichtigt geschaffenen Horkrux, von dem er nichts wusste, beim Angriff auf Harry zerstört, Potter jedoch nur vorübergehend ausgeschaltet. Die Schlange hatte wohl der Nichtsnutz Longbottom erledigt, wer hätte das gedacht? Schlussendlich hatte Potter dann also wirklich Voldemort töten können und war dabei selbst – mal wieder - mit dem Leben davon gekommen. Unterdessen, so die Vermutungen, muss ein Phönix – und Snape kannte da nur einen – zu Severus gekommen sein und hat ihn mit seinen heilsamen Tränen vor dem Ausbluten bewahrt. Als man ihn jedenfalls zu den übrigen Toten bringen wollte, war entdeckt worden, dass er noch schwach atmete und man hatte ihn stattdessen ins St. Mungo Hospital gebracht, wo er nur grob verarztet und dann wie die anderen Todesser nach Askaban geschickt werden sollte. Doch – und Snape kam nicht umhin eine für ihn befremdliche Welle der Dankbarkeit zu spüren – Harry Potter war am Tag nach der Schlacht mit einem erlesenen Teil von Snapes Erinnerungen an die Presse getreten und hatte um Einstellung des Todesserverfahrens gegen seinen ehemaligen Lehrer ersucht. Die Tatsache, dass er, Severus, tiefer liegende Gründe für seinen Gram über den Tod Lily Potters hatte, hatte Lilys Sohn sensibler Weise verschwiegen. Nun war Severus Snape also ein gefeierter Held und die Reporter, allen voran diese Kimmkorn rissen sich darum, Interviews über und vor allem mit ihm zu bekommen. Gerade dachte Snape darüber nach, wie er das umgehen konnte, als die Tür zu seinem Zimmer aufging und eine kleine, vollbusige Schwester mit allerlei Verbandszeug hereinkam. „Mr. Snape, Sir, schön, dass sie wach sind! Ich bin Schwester Yvonne. Dann wollen wir mal, nicht wahr?", doch sie wartete gar nicht auf die Antwort und hatte schon dafür gesorgt, dass sich die meterlange Stoffbinde von Snapes Hals wickelte. Snapes missmutiger Blick fiel auf den kleinen Spiegel, der an der Wand gegenüber bei einem kleinen Waschbecken hing. Rasch schwang er seine nackten dürren Waden vom Bett und eilte zu der Waschgelegenheit, Yvonne blieb mit halboffenem Mund zurück. Severus musste sich zunächst an dem Waschbecken abstützen, sein Körper kam nach dem langen Liegen nicht mit dem Tempo seines Geistes mit und genervt wartete er darauf, dass der Schwindel nachließe. Als er schließlich den Kopf hob und in sein Spiegelbild blickte, wich noch das letzte bisschen Farbe aus seinem Gesicht. Er sah aus wie der Tod persönlich: Seine Wangen- und Kieferknochen stachen noch spitzer als sonst aus seinem Gesicht, die lange gebogene Nase warf einen unwirklich großen Schatten, die Augen lagen in tiefen, schwarzen Höhlen, sein Haar war von bisher unerreichter Fettigkeit und klebte ihm förmlich am Kopf und zu allem Überfluss nahmen sie es hier offenbar mit dem Rasieren nicht so genau, denn an seinem Kinn und den hohlen Wangen zeichneten sich Bartstoppeln von mindestens drei Tagen ab. Doch das alles war noch harmlos, gegen das was Snape an seinem Hals erkennen konnte: Alles war scheckig wie von einem einzigen riesigen Blauen Fleck und glich einer Kraterlandschaft, in der jeder Zahn Naginis eine tiefe schwarzunterlaufene feuchte Narbe hinterlassen hatte. Das Fleisch schien unwiederbringlich zerstört. Er fühlte die Übelkeit wieder in sich aufsteigen und ehe er etwas dagegen tun konnte, erbrach er das Bisschen, das er hatte zu sich nehmen können ins Waschbecken. Als er dann wieder aufsah, erkannte er, dass die Schwester an ihn herangetreten war und ihn mitleidig ansah. Seine Hände hielten krampfartig den Waschbeckenrand fest, als er seine Gefühle mühsam unter Kontrolle zu bringen versuchte. „Es tut mir leid, Mr. Snape.", brachte Yvonne schließlich hilflos heraus und fügte fast flehentlich hinzu: „Aber Sie sind immerhin am Leben und sonst völlig gesund.",

„Die Sache ist nur, dass ich nicht geplant hatte, noch zu leben! Nicht nachdem…", er unterbrach sich, wandte sich zu ihr um und schrie: „Und gesund nennen Sie das, ja? Sehe ich vielleicht gesund aus? Mache ich einen guten Eindruck auf Sie? 6 Wochen lang haben Sie an mir herumgepfuscht und das ist dabei herausgekommen!? Ich habe genug von Ihren Methoden! Wo ist mein Zauberstab? Wo sind meine Sachen?", er bemerkte, wie ihn sein Auftritt schwächte, wie ihm erneut schwindelig wurde und er sich halt suchend an der Schwester abstützen musste. Mit seltsam psychedelischen Mustern vor den Augen wurde er von ihr zurück zu seinem Bett bugsiert, wo er sich sogleich niederlegte. „Verzeihung…", murmelte er, während sich sein Kopf langsam wieder klärte. Als er schließlich Yvonne neben sich wieder scharf umrissen sehen konnte, schüttelte diese verständnisvoll den Kopf. „Man hat uns vor Ihrem Temperament gewarnt, Sir.", sagte sie und lächelte. Snape verdrehte geringschätzig die Augen – er konnte sich gut vorstellen, wer diese Warnung ausgesprochen hat. „Ihr Zauberstab ist hier, Mr. Snape.", sie öffnete die Schublade des Schränkchens, das neben dem Kopfende von Snapes Bett stand und er sah das vertraute Holz darin liegen. Sogleich ergriff er seinen Zauberstab und genoss das Gefühl von Kontrolle, das er durch ihn zurück erlangte. „Und ihre Sachen sind hier im Schrank.", sie öffnete kurz den Schrank neben der Zimmertür, sodass Snape seinen schwarzen Umhang darin hängen sehen konnte. „Und wenn Sie gehen möchten, kann Sie natürlich keiner aufhalten. Ich denke aber, ein, zwei Tage zur Stärkung würden Ihnen nicht schaden. Wir warten außerdem noch auf die Eule von einem australischen Experten für Schlangengifte, der um Hilfe ersucht wurde. Also? Was meinen Sie, darf ich Ihnen nun wieder einen Verband anlegen?". Snapes Augen blickten nachdenklich ins Leere, als er sich an den geschundenen Hals fasste. Er war nass von einem milchigen Sekret, dass die Verletzungen abzusondern schienen. Severus betrachtete angewidert wie es auf seinen Fingern glänzte und ruckte schließlich mit dem Kopf, was die Schwester als Einverständnis deutete und mit der Versorgung der Wunden begann.