Originaltitel: In
Fesseln – Teil 1: Ketten
Fandom:
The Magnificent Seven (Die Glorreichen Sieben)
Universe:
Old West (OW)
Charaktere: Ezra sowie
Vin, Nathan, Buck, Chris, Josiah, J.D., Mary Travis – außerdem
eine Anzahl OC's!
Disclaimer: Ich
besitze keinerlei Rechte an den Charakteren und den Ereignissen in
der Fernsehserie „The Magnificent Seven". Diese Rechte gehören
MGM, CBS und Trilogy Entertainment. Ich beabsichtige in keiner Weise,
diese Rechte zu beschneiden. Ich besitze zwar die Rechte an dieser
Geschichte, habe aber keinerlei Absicht, durch sie materielle
Vorteile zu erlangen.
The Magnificent Seven
In Fesseln
Teil 1: Ketten
von
Lena
Das metallene Klicken der Fußfesseln hallte in meinen Ohren. Ich ballte die Fäuste. Hätte ich es nicht getan, hätten sie unweigerlich das unrasierte, schweißglänzende Gesicht des Mannes treffen müssen, der in diesem Augenblick triumphierend einen kleinen silbernen Schlüssel vor meinen Augen hin und her schwenkte.
„Das wird dich lehren, Falschspieler, noch einmal in dieser Stadt deine miesen Tricks an unschuldigen Bürgern zu versuchen!"
Sein unangenehm zwiebelgeschwängerter Atem schlug mir ins Gesicht und ich wandte mich angewidert ab.
„Dein Aufenthalt im Gefängnis von Yuma wird dir Zeit verschaffen, deine Sünden zu bereuen, Mörder! Du wirst schon sehen!"
Zumindest hatte ich mich nicht der Sünde des Ungewaschenseins schuldig gemacht, so wie mein ungepflegtes Gegenüber! Angeekelt rümpfte ich die Nase, während ich mich ein um das andere Mal fragte, wie ich nur in diese unangenehme Situation hatte gelangen können! Nicht nur, dass man das Herz-Ass in meinem Ärmel entdeckt hatte – für sich genommen schon eine Peinlichkeit ohne Gleichen! Nein, auch der handliche Derringer, den ich für gewöhnlich in meinem rechten Ärmel trug, hatte seinen Teil zu meiner prekären Lage beigetragen - obwohl ich noch immer fest davon überzeugt war, dass die winzige Waffe nicht der Grund für den Tod des bärtigen Cowboys gewesen war, der mich am Spieltisch des ‚Longhorn'-Saloons wutschnaubend der Falschspielerei bezichtigt hatte. Dieser Mann hatte ein schärferes Auge besessen als seiner Gesundheit dienlich gewesen war, doch war es nicht meine Kugel gewesen, die ihn mitten in die Brust getroffen und getötet hatte. Denn ich hatte auf die hölzerne Wandvertäfelung hinter meinem aufgebrachten Gegenspieler gezielt, als ich dem erbosten Cowboy eine Warnung hatte zukommen lassen wollen. Aber der Mann war tot zusammengebrochen – und ich überwältigt und des kaltblütigen Mordes angeklagt worden. Natürlich fand sich in einer heruntergekommenen Stadt wie Ciderville kein Richter. Auf wundersame Weise gelang es dem Sheriff dennoch innerhalb weniger Tage einen ebensolchen herbeizuschaffen, um mir den angekündigten Prozess zu machen. Während ich auf mein Urteil wartete, kam mir das Gerücht zu Ohren, dass in dem kleinen Ort zur selben Zeit ein weiterer Mord verhandelt würde – was zwar die Anwesenheit des schon recht betagten Richters erklärte, nicht aber, warum die besorgten Stadtväter es mit einem Mal so eilig hatten, ihre Verurteilten in das Territorialgefängnis von Yuma zu verlegen.
Längst jedoch hatte ich es aufgegeben, den Grund dafür herausbekommen zu wollen. Weder der schnauzbärtige Sheriff, noch sein rothaariger Deputy schienen besonders gesprächig zu sein. Und auch die Körpergröße der beiden grobschlächtigen Kerle in der Nachbarzelle schien ihre Intelligenz bei Weitem zu überragen. Zu einer gepflegten Unterhaltung konnte keiner dieser beiden beitragen, und auch über das Geschehen in der Stadt schienen sie nur unzureichend informiert zu sein. Nach mehr als zwei Wochen in dieser intelektuellen Abgeschiedenheit war es beinahe eine Wohltat, den niedrigen Adobebau verlassen und die staubige Hauptstraße von Ciderville betreten zu dürfen. Wären da nicht meine Hand- und Fußfesseln gewesen, die klirrend aneinander schlugen.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite blieben einige Männer stehen und beobachteten mit gerunzelter Miene das Geschehen vor dem Gefängnis. Ein sommersprossiger Junge hockte auf einem Fass und starrte mich an, während er hingebungsvoll in der Nase bohrte. Ich zwinkerte ihm zu. Das Kind formte mit der linken Hand einen Revolver, ohne die Finger der Rechten aus der Nase zu entfernen, und wies auf mich. Dabei grinste er.
„Freu dich, Falschspieler!" Der ungewaschene Zeitgenosse ließ erneut den Schlüssel zu meinen Ketten vor meinem Gesicht hin und her schwenken.
„Wenn Sie mir sagen würden, worüber ich mich so glücklich schätzen darf, Mister, wäre meine Freude ungleich größer", versetzte ich kühl und versuchte gleichzeitig meinen Ärger im Zaum zu halten.
„Du kriegst Gesellschaft, Falschspieler!" Der Wachmann lachte. „Du bist doch sicher froh, auf der Fahrt nach Yuma ein wenig Unterhaltung zu haben, oder? Ist doch sonst ziemlich einsam in dem Wagen, und so dunkel!"
Ich runzelte die Stirn. „Momente der Muße und der Ruhe können durchaus eine Wohltat sein."
Mein Gegenüber runzelte ärgerlich die Stirn. „Im Gefängnis werden sie dir deine geschwollenen Redensarten schon austreiben, Falschspieler!"
Ich deutete, so weit es mir die Ketten erlaubten, eine leichte Verbeugung an. „Ganz wie Sie meinen, Sir."
Der Ungewaschene versetzte mir einen Stoß gegen die Schulter.
„Connors!" Der zweite Wachmann sprang vom Kutschbock des Gefängniswagens herunter. „Lass den Gefangenen in Ruhe! Wir bringen ihn nach Yuma – unbeschadet!"
Connors presste die Lippen zusammen. „Als ob es jemanden interessiert, Walsh, wenn so einer wie der hier ein paar blaue Flecken mehr hat! Schließlich ist der ein verurteilter Mörder!"
„Lass den Mann in Ruhe, Connors!", wiederholte der zweite Wachmann, ein hoch gewachsener Blonder, warnend. „Da vorn kommt der Sheriff."
„Und der zweite Teil unserer wertvollen Fracht!", grinste Connors. So wie er das Wort ‚wertvoll' betonte, hätte er ebenso gut von einem Stück minderwertigem Vieh sprechen können. Er bedachte mich mit einem triumphierenden Blick. „Wir haben uns alle Mühe gegeben die passende Reisebegleitung für dich zu suchen, Falschspieler."
„Das haben Sie zweifellos."
„Immerhin habt ihr die gleichen Interessen!", versetzte Connors grinsend. „Bis wir Yuma erreichen, könnt ihr euch darüber unterhalten, wie es ist, das Leben eines Mannes auf dem Gewissen zu haben!" In Connors triumphierende Stimme mischte sich jene kalte Wut, die mir in den wenigen Tagen, seitdem man mich des Mordes für schuldig gesprochen hatte, bei meinen Mitmenschen nur zu sehr vertraut geworden war.
Walsh, trat vor. „Halt endlich den Mund, Connors!"
Stirnrunzelnd beobachtete ich wie der Sheriff und sein Deputy hinter dem Gefängnis hervortraten und sich dem Gefangenenwagen näherten. In ihrer Mitte führten sie einen jungen Mann, nein, vielmehr einen Jungen, der ihnen kaum bis an die Schultern reichte und an Gewicht einiges nachstand. Der Bursche hielt den Kopf gesenkt und ein breitkrempiger Stetson verdeckte sein Gesicht. Ein knielanger, abgetragener Ledermantel ließ erahnen, dass der schlaksige Junge darunter bestenfalls halbwüchsig sein konnte. Trotzdem hatte man ihm die Hände in Ketten gelegt.
Neben mir spuckte Connors verächtlich in den Staub. „Hat einen Mann umgelegt, so wie du, Falschspieler. Lebenslänglich. Pah, aufgehängt gehört ihr – alle beide!"
Ich atmete erleichtert aus, als der Wachmann einen Schritt in Richtung der drei Neuankömmlinge tat. Wenigstens konnte ich so wieder frei atmen, ohne den penetranten Körpergeruch Connors ertragen zu müssen. Mit ausdrucksloser Miene betrachtete ich den Jungen. Das sollte der Mörder sein, wegen dem man den Richter ursprünglich in dieses gottverlassene Nest gerufen hatte? Der Bursche war beinahe noch ein Kind und die Ketten an seinen Handgelenken wirkten seltsam überdimensioniert.
„Hier herüber!" Der Sheriff führte den Jungen voran, bis er neben mir zum Stehen kam. Mit einer ungeduldigen Handbewegung bedeutete der Gesetzeshüter Connors, schleunigst seiner Aufgabe nachzukommen.
Die unangenehme Mischung aus kalten Schweiß, zu viel Zwiebeln und ungewaschenen Füßen umwehte mich, als Connors ein weiteres Paar Fußfesseln aus dem Wagen zog und vor dem Jungen in die Knie ging.
Neben mir stieß der halbwüchsige Bursche angewidert den Atem aus. Ich nickte mitfühlend.
Der Jungen rührte sich nicht von der Stelle, als Connors ihm die Fußketten anlegte. Ebenso wenig hob er den Kopf, als der Wachmann nach meinen Fußfesseln griff und selbige mit Hilfe einer armlangen Kette mit denen des Jungen verband. Mit einem triumphierenden Blick in meine Richtung ließ Connors den kleinen silbernen Schlüssel in seiner Jackentasche verschwinden. „Schätze, wir sind so weit", ließ er den Sheriff und seinen Deputy wissen.
Walsh nickte. Los, einsteigen!", befahl er in meine Richtung, während Connors die Türen des Wagens öffnete. „Und versuchen Sie dabei keinen Unsinn, Standish!"
„Wie käme ich dazu?"
Mit einem kurzen Seitenblick auf den nun an mich geketteten Jungen, stieg ich leicht schwankend die Stufen des Gefangenenwagens hinauf. Sein Inneres bestand aus nichts weiter als einem staubigen Boden, zwei winzigen vergitterten Fenstern auf beiden Seiten und zwei hölzernen Bänken darunter. Das leichte Ziehen an der Kette um meine Fußgelenke verriet mir, dass es dem Jungen kaum weniger Probleme bereitete als mir, die schmalen Stufen des Wagens zu erklimmen. Für einen Augenblick verharrte ich in der Tür, und erst als der Zug an meinen Beinen nachließ, steuerte ich die linke Bank an und ließ mich darauf nieder. Der Junge folgte, den Blick noch immer gesenkt, und hockte sich neben mich. Dabei gab er sich sichtlich Mühe so viel Abstand wie nur irgend möglich zu mir halten. Ich spürte, wie sich die Glieder der Ketten erneut um meine Stiefel spannten. Ich konnte ihm seine Vorsicht kaum verdenken, denn er musste annehmen, dass auch ich ein Mörder war.
„Na, habt ihr es schön bequem?", rief Connors in das Wageninnere hinein. „Macht euch miteinander bekannt, genügend Zeit dazu habt ihr ja jetzt!" Er lachte heiser, bevor er krachend die Türen des Wagens zuschlug.
Schlagartig wurde es dunkel um mich herum. Allein durch die Gitter der winzigen Fenster drangen noch trübe Lichtstrahlen herein. Für einen Augenblick widerstand ich dem drängenden Impuls, aufzuspringen und gegen die zugesperrte Tür zu schlagen, damit sie wieder geöffnet wurde. Als das Rasseln einer weiteren Kette auf der anderen Seite der Tür zu hören war, zuckte der Junge zusammen. Für den Bruchteil einer Sekunde sah ich die hellen Umrisse seines Gesichts in der Dämmerung, doch dann hatte er den Blick auch schon wieder gesenkt und starrte schweigend auf seine Stiefelspitzen.
Ich runzelte die Stirn und bemühte mich, die düstere Enge um mich herum, die mir selbst die Kehle zuzuschnüren drohte, zu ignorieren.
Die Wortfetzen unserer Bewacher drangen durch die Wand des Wagens zu uns herein. Ich hörte Connor leise fluchen, während Walsh sich mit knappen Worten vom Sheriff verabschiedete.
Zweifelnd blickte ich an meiner Kleidung herunter und war dankbar, dass die Dunkelheit im Wageninneren die schlimmsten Spuren der vergangenen zwei Wochen unsichtbar werden ließ. Zwar hatte man mir täglich frisches Wasser zum Waschen gebracht, doch trug ich seit meiner Festnahme dieselben Kleidungsstücke. Wenn sich jemand nach meiner Verhaftung die Mühe gemacht hatte, mein Hotelzimmer aufzusuchen und zu räumen, so hatte derjenige für meine Habseligkeiten eine bessere Verwendung gehabt, als sie im Büro des Sheriffs abzugeben. Von den grauen Flecken am Kragen meines Hemdes hatte ich mich noch am Morgen selbst überzeugen können, und auch meine dunkelgrüne Brokatweste verströmte längst nicht mehr den ansprechenden Geruch von kaltem Zigarrenrauch und verschüttetem Whisky, den ich mit in das Gefängnis gebracht hatte, sondern eine unangenehme Mischung, die ich nicht weiter zu ergründen wagte. Wenigstens hatte man mir alle drei Tage die Gelegenheit einer Rasur offeriert, und auch wenn die Klinge des Messers bemerkenswert stumpf gewesen war, konnte ich doch sicher sein, dass wenigstens mein Gesicht ein einigermaßen respektables Äußeres vorzuweisen vermochte. Dem Herrn sei auch gedankt für kleine Dinge!
Mit einem Ruck fuhr der Wagen an – und schleuderte den Burschen in meine Richtung, um ihn im nächsten Moment wieder gegen die Wand prallen zu lassen. Ich selbst hatte Mühe, mein Gleichgewicht zu halten.
„Ist alles in Ordnung mit dir, Junge?", fragte ich und beugte mich zu ihm herüber.
Ein hastiges Nicken beantwortete meine wohl gemeinte Frage, während der Bursche zum äußersten Ende der hölzernen Bank rutschte. Die Kette zwischen unseren Stiefeln spannte sich merklich.
Ich runzelte die Stirn. Ganz offensichtlich schien der Junge sich vor mir zu fürchten. Was auch immer man ihm über mich erzählt hatte, musste reichlich übertrieben gewesen sein. Ich streckte ihm die Hand entgegen. „Standish. Ezra Standish. Es ist mir ein Vergnügen, dich kennen zu lernen."
Der Bursche starrte auf seine Stiefelspitzen, als hätte er nichts gehört. Meine ausgestreckte Hand ignorierte er, als wäre sie nicht vorhanden.
„Hör zu", versuchte ich es erneut, „was auch immer sie dir über mich erzählt haben, ist vermutlich gelogen. Du brauchst keine Angst vor mir zu haben. Hast du das verstanden?"
Unter der Hutkrempe nickte es kaum merklich. Doch sonst war keine Regung zu erkennen.
„Bis wir Yuma erreichen, werden wir eine geraume Weile unterwegs sein. Es gäbe also durchaus Gelegenheit für das eine oder andere Gespräch über, sagen wir, die Dinge des alltäglichen Lebens."
Als erneut keine Antwort auf meine Worte folgte, beschloss ich mein fruchtloses Bemühen um eine Unterhaltung vorerst aufzugeben. Wenn dieser Bursche nicht reden wollte, dann würde ich ihn nicht dazu zwingen!
Für eine Weile lauschte ich schweigend dem Rattern der Räder und der gelegentlichen Rufe Connors an das Leitpferd. Doch es dauerte nicht allzu lange, bis die düstere Enge um mich herum erneut an meinen Nerven zu zerren begann. Ich bin keinesfalls ein Freund dunkler, beengter Räume. Das Gitter war der fragwürdigen Weitläufigkeit meiner Gefängniszelle in Ciderville zu Gute gekommen. Der Gefangenentransport jedoch verfügte über keinerlei derartigen Vorzug. In einem letzten Versuch mein klaustrophobisches Unwohlsein unter Kontrolle zu bringen, lehnte ich meinen Kopf gegen das raue Holz der Wand und schloss die Augen, um die Wirklichkeit auszublenden. Und tatsächlich dauerte es nicht lange, bis meine Augenlider schwer wurden. Für einen Augenblick dachte ich an den Jungen, doch dann entschied ich, dass dieser für mich kaum eine Gefahr bedeuten konnte. Der Bursche war offensichtlich zu verängstigt, um auch nur ein Wort mit mir zu wechseln. Wie groß standen da die Chancen, dass er es wagen würde mich anzugreifen? Und ohne Zweifel hatte man ihn ebenso sorgfältig entwaffnet wie mich, womit die Gefahr, die von ihm ausging für mich bestenfalls noch marginal sein konnte. Beruhigt gab ich mich dem gleichmäßigen Schaukeln des Wagens hin und fühlte, wie mich nach wenigen Augenblicken tröstende Müdigkeit umhüllte.
