1: Eröffnung
Aeren erwachte aus einem ruhelosem Schlaf und dunklen Träumen, an die er keine Erinnerung hatte. Einen Moment lang lag er nur so da, im Zwielicht, ohne zu wissen wer oder wo er war, eingehüllt in einen dumpfen Schleier.
Dann trafen ihn die Erinnerungen wie ein Vorschlaghammer: Das Unheil, dass über die Makropole Macharius gekommen war; Berge von Leichen, die sich in den Straßen auftürmten, getötet von etwas Unsichtbarem, etwas in der Luft.
Vor allem aber erinnerte er sich an die monströsen Astartes, gleichsam ein abscheulicher Schlussstein für die Schrecken ringsum. Sie hatten aus irgendeinem Grund die örtlichen Streitkräfte angegriffen und gnadenlos jeden Überlebenden abgeschlachtet, dessen sie habhaft wurden.
Er erinnerte sich an den einen, gegen den er gekämpft hatte, oder vielmehr den er versucht hatte zu bekämpfen.
Der riesenhafte Krieger hatte seine Fallen sofort durchschaut war seinen Minen ausgewichen, und das mit einer Anmut, die seine massive Gestalt Lügen gestraft hatte, und einer Geschwindigkeit, die für etwas so Großes nicht hätte möglich sein sollen.
Aeren hatte auf ihn geschossen, aber sein Lasergewehr hatte der Rüstung der Angreifers nichts entgegenzusetzen gehabt. Dann war der Krieger über ihm gewesen, und hatte Aerens Waffe mit seiner riesigen gepanzerten Faust umschlossen, um sie dann in einer geradezu spöttischen Geste langsam zu zermalmen.
Dieselbe Hand war dann vorgeschossen, hatte Aerens Kopf gepackt und ihn mühelos in die Luft gehoben. Der entsetzte Junge hatte, sein Ende unmittelbar vor Augen, nach dem Messer an seiner Seite gefingert und versucht, es in eben diesen Arm zu rammen. Wieder hatte sich sein Angriff als ineffektiv herausgestellt, all seine Wut und Furcht als vergebens. Danach war ihm schwarz vor Augen geworden.
Und nun war er hier, wo immer hier war; lebendig gefangen genommen zu einem zweifellos abscheulichen Zweck.
Adrenalin durchflutete ihn nun, und er fuhr hoch und sah sich um. Er befand sich in einer Zelle aus grauem Metall, kahl bis auf die Nieten, die alles zusammenhielten, und einem kleinen, in den Boden eingelassen Gitter in einer Ecke.
Ein schwaches Licht kam von der linken Seite, wo eine Reihe dicker Metallstreben den Eingang zu seiner Misere formten. Dahinter sah er die Umrisse einer riesenhaften Gestalt.
Aeren stand auf und bewegte sich langsam auf die Streben zu; sein Herz hämmerte in seiner Brust.
Als er näher kam, stockte ihm der Atem; denn auf der anderen Seite saß der hässlichste Mann, den er je gesehen hatte. Er war ein Riese; selbst zusammengesunken, wie er dort auf seinem kleinen Hocker saß, überragte er Aeren um mehr als Haupteslänge. Er trug eine einfache Tunika aus Leder, die seine Unterarme und Unterschenkel unbedeckt ließ. Seine Haut, die nur aus rotem und grauem Narbengewebe zu bestehen schien, spannte sich über mächtigen Muskeln. Das schlimmste an ihm war sein Gesicht; hager sah es aus, und die Haut zog sich lose über den ungeschlachten, kahlen Schädel. Dominiert wurde es von einer riesigen Nase, die wohl unzählige Male gebrochen worden, und krumm und schief wieder zusammengewachsen war. Die linke Seite seines Unterkiefers wies eine Delle auf, und sein rechter Mundwinkel hing form- und kraftlos herab, als ob kein Leben darin sei. Dem Rest seines Körpers gleich, war jeder Quadratzentimeter von Narben bedeckt, und am auffälligsten war eine in der ungefähren Form eines achtstrahligen Sterns, die mit geringer Fertigkeit und noch geringerer Sorgfalt in sein Fleisch geschnitten worden war. Ihr Mittelpunkt befand sich hoch auf der linken Seite seiner Stirn, und ihr südlichster Ausläufer reichte fast herab bis zum Auge.
Die Augen selbst, die Aeren eingerahmt von schweren Lidern beobachteten, waren kaum zu sehen. Tief saßen sie in ihren Höhlen unter der mächtigen Braue, und grau waren sie, und kein Licht oder Leben war in ihnen. Es sah alt aus, dieses Gesicht, furchtbar, furchtbar alt. Die Züge des Riesen verrieten kein Gefühl, es sei denn, sein schiefer Mund sei ein Zeichen der Geringschätzung gewesen.
Aeren war hin und her gerissen zwischen Faszination und Abscheu.
Nach einem Moment sprach der Riese ihn an. „Was siehst du, Junge?" Seine Stimme klang, als riebe man zwei Steinplatten aneinander; eine Stimme geformt von Unheil und Schmerz.
Aeren antwortete nicht. Er war von der Präsenz des Mannes überwältigt, und erstarrt unter seinem gleichgültigen und leblosen Blick.
Nach einer Weile sprach der Riese erneut. „Was… siehst du, Junge?"
Aeren schluckte. „Muskeln und Narben."
Der hässliche Mann zeigte keine Reaktion. Dann bewegte er sich kurz, sein Gewicht auf seinem Sitz verlagernd. „Und was denkst du, bin ich?"
Der Junge versuchte, seine rasenden Gedanken zu ordnen; und dann, in einem Winkel seines Verstandes erfüllt von Eifer und heiligem Zorn, fand er seine Antwort. „Ein Verräter." Und dann, nach einem weiteren Augenblick: „Ein Ketzer. Ein Mutant. Ein Mörder." Er holte tief Luft. „Ein Bastard. Ein verfluchter Hurensohn der den Tod verdient, oder vielmehr, gefoltert zu werden bis er um Gnade bettelt, und dann den schmerzhaftesten denkbaren Tod zu sterben."
Er atmete jetzt schwer, und Tränen liefen ihm über das Gesicht. Er war sich sicher, dass er nun sterben würde, aber in diesem Moment kümmerte ihn das nicht; nichts hatte mehr Bedeutung.
Doch der Riese saß einfach nur da, still wie ein Stein. Minuten schienen zu vergehen bevor er antwortete. „Ein Verräter bin ich, auf mehr als eine Art. Auch Ketzer hat man mich genannt, aber das ist nur ein anderes Wort mit der gleichen Bedeutung. Ein Mutant bin ich nicht, und wenn dir irgend etwas an deinem Leben liegt, wirst du mich nicht noch einmal so nennen. Ein Mörder bin ich, aber das gilt für jeden Krieger, deine Kameraden in der Armee eingeschlossen. Und in der Tat hast du dir alle Mühe gegeben, selbst auch einer zu werden, oder etwa nicht?"
Bevor Aeren antworten konnte, fuhr der Mann fort. „Was den Rest angeht: du fühlst dich genötigt, deinen Zorn auszudrücken. Tu das, aber tu es schnell. Meine Geduld ist nicht grenzenlos."
Ein paar Sekunden verstrichen. „Wie ist dein Name?"
Aeren antwortete nicht und setzte stattdessen ein trotziges Gesicht auf. Der Hässliche schob ein Tablett mit Essen durch die Gitterstäbe. „Iss etwas, und ruhe dich aus. Und wenn ich zurückkomme, reden wir."
Damit stand der Riese auf und verschwand. Aeren blieb zurück, seinem Elend überlassen.
Willkommen zu meiner Geschichte, oder vielmehr der Übersetzung des ersten Kapitels meiner Geschichte "When Trees Grow On Stones" (Die ich just vorhin umbenannt habe - vorher hieß sie noch "Stone and Tree". Ich habe schon länger mit dem Gedanken gespielt, sie umzubennen, und jetzt schien es mir der richtige Zeitpunkt zu sein)
Ich habe heute den größten Teil des Tages damit zugebracht, und gemerkt dass es eine Heidenarbeit ist ^^; Manche Sätze lassen sich gut übersetzen, an manchen sitzt man auch gerne mal eine halbe Stunde.
Ich habe auch gemerkt, dass die deutsche Grammatik zum Teil echt hart ist. Einige Probleme hatte ich an den Stellen, an denen die Vorzeitigkeit mit dem Konjunktiv zusammen kommt, und bei einigen Stellen bin ich mir immer nocht nicht sicher ob sie richtig sind. Falls du also ein Grammatikass bist und Fehler findest, lass es mich gerne wissen ; )
Ich werde wohl noch ein paar Kapitel übersetzen, da die Geschichte etwas langsam anfängt, aber ich glaube das komplette Ding werde ich nur machen, wenn die Nachfrage groß genug ist - wie gesagt, das Übersetzen ist richtig anstrengend und zeitintensiv.
Sollten Leute sich hier oder bei späteren Kapiteln beflissen fühlen, Reviews zu hinterlassen, werde ich, wie in der englischen Variante auch, immer im nächsten Kapitel darauf antworten.
Mal schauen wie das hier wird ;)
Erstmal danke für's Lesen :)!
