Die wahre Geschichte von der Vertreibung der Dunkelheit
Von Molly
Prolog: Hier sitze ich nun und versuche mich zu erinnern, was damals geschah. Es ist so vieles, was uns letztendlich aus der Dunkelheit führte und doch in so wenigen Worten schon viel früher zusammengefasst worden.
"In der schwersten Stunde der Elbe muß der Dunkle aus dem Schatten treten und den Weg der Kämpfer des Lichts bereiten oder aber die Dunkelheit senkt sich für immer über uns."
Für die Zentauren ist diese Prophezeiung schon fast eine Art direkte Gebrauchsanweisung, nicht wahr? So klar pflegen sie sich sonst nicht auszudrücken aber auch ich brauchte fast 80 Jahre meines Lebens um diese Worte endgültig deuten zu können.
Ich wußte, daß ich eine Rolle in der Erfüllung der Prophezeiung spielen würde, sonst wäre Frowin nie damit zu mir gekommen. Ich war damals noch ein junger Mann, gerade fertig mit der Schule und auf dem Weg in die Welt, als ich den Zentauren das erste Mal traf. Es war eine eiskalte Sternennacht, in der ich durch die Hügel von Wales wanderte, auf der Suche nach einem geeigneten Schlafplatz, als ich bemerkte, daß jemand bei mir war, ein Zentaur.
"Albus Dumbledore, ich werde Dir ein Geschenk machen: ein Geschenk des Wissens, daß Du für Dich behalten mußt. Nur einer anderen Person wirst Du dieses Wissen zuteil werden lassen, aber sie ist noch nicht geboren, auch ihr Vater noch nicht und er wird nicht lang genug leben, um es ihr selbst zu sagen."
Ich war verwirrt und vielleicht merkte ich mir den Wortlaut der Prophezeiung gerade deshalb so genau, ich weiß es auch heute noch nicht.
Wenn man einen Zentauren nach der Bedeutung ihrer Prophezeiungen fragt, bekommt man nie eine wirkliche Antwort. Erst später, als die Reihen der Kämpfer sich füllten, wußte ich, daß Frowin mir mehr gesagt hatte, als es für seine Art üblich ist. Immer wieder in den folgenden Jahren trafen wir uns, er erschien, gab mir ein Rätsel auf und verschwand wieder, bis er eines Tages gar nicht mehr kam. Sein Sohn Ronan war leider nicht ganz so redselig, aber damals hatte ich die meisten Rätsel schon gelöst, wenn ich mir auch in der Geschichte mit dem Potter - Jungen etwas mehr Hilfe erwartet hatte.
Heute weiß ich, daß alles so kommen mußte, auch wenn ich es gewußt hätte, hätte ich es nicht verhindern können oder gar dürfen.
Ach du meine Güte, daß hört sich an wie das Gefasel eines alten Schwachkopfs... nun ja, der bin ich wohl auch mittlerweile! Ich sollte langsam wirklich zur eigentlichen Geschichte kommen, es wurde in den letzten Jahren viel herumgerätselt und vermutet, aber die Wahrheit kennen nur wenige, darum ist es jetzt, am Ende meines Lebens, Zeit dafür, sie zu erzählen. Es ist Zeit, daß alle Beteiligten der damaligen Geschehnisse zu ihrem Ruhm kommen, auch wenn die meisten mittlerweile nicht mehr unter uns weilen.
Ich habe mir von allen erzählen lassen, was in diesen Jahren zwischen Licht und Dunkelheit geschehen ist, so, wie sie es in Erinnerung hatten. Natürlich hatte jeder seinen eigenen Standpunkt, und ich hoffe, ich vergesse nichts wichtiges, wenn ich alles miteinander vergleiche und die Quintessenz dessen an die Nachwelt weitergebe.
Liebe Leserin, lieber Leser, was ich Euch nun berichte, sind die wahren Ereignisse, die zur Vertreibung der Dunkelheit führten. Es sind die Schicksale vieler Menschen darin verwoben, und, wie mein alter Freund Alastor zu sagen pflegte: "Immer wachsam!", denn die dunklen Mächte kommen immer wieder, sie sind einfach zu verführerisch für die schwachen Herzen der Menschen. In dem ich Euch von den Entbehrungen, dem Mut und der Schwächen der Beteiligten berichte, möchte ich Euch Mut geben, für Eure eigenen Kämpfe. Denn perfekt war keiner von uns, genauso wenig, wie ihr es seid.
Albus Dumbledore, ehemaliger Schulleiter von Hogwarts - Schule für Hexerei und Zauberei
Kapitel 1 - Ein turbulenter Beginn
Was für ein Chaos! Der Bahnsteig 9 3/4 in Kings Cross quoll über vor besorgten Eltern, ungeduldigen Schulkindern, Gepäckkarren und diversen Haustieren, die sich die Zeit bis zur Verladung in den Hogwarts - Express damit vertrieben, noch mehr zum Lärmpegel beizutragen. Eulen meckerten, Katzen fauchten, Mütter ermahnten ihre Kinder zu Fleiß und anständigem Betragen, Väter grummelten, während sie versuchten, das Gepäck ihrer Zöglinge verstauen zu lassen.
Und mittendrin stand ein elfjähriger Junge mit schwarzem Haar und schwarzen Augen, der sich nicht entscheiden konnte, ob ihn das Gewirr um ihn herum amüsieren oder eher verärgern sollte. Wie immer, wenn er unsicher war, entschied er sich für Arroganz, unnahbar sein, niemandem Gefühl zeigen. DAS hatten ihn seine Eltern als erstes beigebracht. Sie hatten ihn vieles gelehrt, aber das ganz besonders.
Er blickte hoch zu seiner Mutter, auch sie zeigte nur pure Arroganz, hob gelegentlich die Augenbraue, wenn ihr etwas besonders widerwärtiges ins Auge stach. Wie zum Beispiel diese Muggeleltern, die ihrer Tochter in den Zug halfen und laut riefen: "Schick uns sofort, wenn du angekommen bist, einen Brief mit der Post, ja Lily - Kleines?" "Mit einer Eule, Mum! Zauberer verschicken Briefe mit Eulen, nicht mit der Post!"
Innerlich seufzte der Junge und blickte sich nun selbst etwas genauer um. Seinen Vater sah er nicht. Er war irgendwo auf dem Bahnsteig und wollte sich um das Gepäck kümmern. Aber der Junge vermisste seinen Vater in diesem Moment nicht wirklich. Er war froh, daß er nur mit seiner Mutter zusammen war, die ihn meistens nur anschwieg, wie sie es jetzt auch gerade tat. Sein Vater pflegte ihn in jeder Minute ihres Zusammenseins daran zu erinnern, daß er etwas besseres als ein Muggel oder diese elenden Schlammblüter war, er war von reinem Blut und so weiter... Dem Jungen hingen diese Tiraden zum Hals heraus. Er war froh, nach Hogwarts zu dürfen, weg von seinen Eltern, weg von der Kälte seines elterlichen Hauses. Er suchte seine Freunde in den Menschenmassen, naja, zumindest nach denjenigen, die Freunden am nächsten kamen, Evan Rosier und Lance Wilkes, den Nachbarsjungen eben.
Er versuchte, einzelne Personen in dem Gewühl zu fixieren, bis er jemanden sehen würde, den er kannte. Plötzlich blieb sein Blick an einem Mädchen in der Nähe hängen, die offensichtlich auch Erstklässlerin in Hogwarts war. Sie war klein, blaß und ihre Augen waren groß und von tiefem dunkelgrün, ebenso wie ihr struppiges langes Haar. Moment, grünes Haar? Der Junge blickte genauer hin: ja, eindeutig, das Haar war nur auf den ersten Blick schwarz, in der Sonne schimmerte es eindeutig grün, sehr dunkel, aber grün.
Sie mußte seinen Blick gespürt haben, denn sie fixierte ihn nun ihrerseits. Ihre Mine konnte der Junge nicht deuten, zu kurz war der Moment, bis sich der Vater des Mädchens vor sie stellte. Er zuppelte an ihrem Kleid herum und sprach leise mit ihr. Der Junge konnte nichts verstehen, also wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Menschengewühl um sich herum zu. Er würde noch genug Zeit in Hogwarts haben, dem Geheimnis der grünen Haare auf den Grund zu gehen.
Am anderen Ende des Bahnsteigs sah er Evan und Lance, also würde er auf der Fahrt Gesellschaft haben, wenn er wollte. Sein Vater bahnte sich einen Weg durch die Massen, wobei er rücksichtslos jeden anrempelte, der ihm den Weg versperrte. "Mischlinge und Schlammblüter wo man hinschaut! Ich würde wirklich zu gern wissen, was sich der alte Narr Dumbledore dabei denkt, diesen Abschaum der Gesellschaft für Hogwarts zuzulassen! Ihm muß doch klar sein, daß das Niveau der Ausbildung darunter leidet, wenn einem Großteil der Schüler erst beigebracht werden muß, wie sie einen Zauberstab zu halten haben!"
'Hallo Vater, bist du wieder bei deinem Lieblingsthema, ja?' dachte sich der Junge, schwieg aber, denn er kannte die Konsequenzen für jede Form von Respektlosigkeit, Ungehorsam und Widerspruch nur zu gut. So viele mögliche Verstöße, wie es auch gegen die Regeln seiner Eltern gab, so hatten die Konsequenzen doch eines gemein: Schmerzen für ihn.
"Severus, mein Sohn, ich erwarte von dir, daß du diesem Pack zeigst, was es heißt, aus einem ehrenvollen Haus zu kommen!"
"Ja, Vater." Severus Snape hoffte, daß sein Tonfall nicht zu teilnahmslos klang, aber sein Vater hatte ihm eh nicht wirklich zugehört, er war in Rage und teilte allen, die in der Nähe standen, seine Meinung mit, in dem er seine Stimme nicht unbedingt senkte, als er mit seiner Frau über den Abschaum sprach.
Direkt vor Severus verabschiedete ein Zaubererelternpaar ihren Sohn, wohl ebenfalls einem Erstklässler. Der Junge hatte schwarze, unordentliche Haare und trug eine runde Brille. Er wurde von seinen Eltern geherzt und umarmt, seiner Mutter standen Tränen in den Augen, als sie ihn küsste: "Pass gut auf dich auf, ja James?" "Das verspreche ich Mutter! Wirklich! Aber ich sollte langsam einsteigen, Sirius hält einen Platz für mich frei!" Der Junge stieg in den Zug und Vater und Mutter hielten sich gegenseitig im Arm, während sie ihm hinterher winkten.
Spätestens, nachdem Severus selbst in den Zug eingestiegen war, hatte er sich entschieden, wie seine Laune war: er war verärgert. Seine Eltern hatte ihn zum Abschied nur noch einmal daraufhin gewiesen, daß er sie besser nicht enttäuschen sollte, wenn er wüßte, was gut für ihn wäre und mit den Köpfen auf die nächste Tür gedeutet. Kaum war er auf der ersten Stufe waren sie disappariert, er brauchte sich nicht umzuschauen, er wußte es, er hatte das leise Ploppen gehört.
Evan und Lance plapperten im Abteil vor sich hin, während Severus aus dem Fenster starrte und seine Wut, die aus der anfänglichen Verärgerung geworden war, zu unterdrücken. Alle Schüler schienen von ihren Eltern irgendetwas mitbekommen zu haben, Süßigkeiten, ein besonderes Geschenk oder ein Haustier, um die Zeit bis zur Eingewöhnung in Hogwarts etwas zu versüßen. Selbst Evan und Lance waren mit etwas bedacht worden, Evan hatte eine neue Eule und Lance, nun ja Lance hatte immer etwas neues, diesmal war es ein Besen. Nur Severus hatte nichts, außer seiner Wut. Er hatte sich auf die elternfreie Zeit gefreut, es würde fast ein Jahr vergehen, bis er wieder jeden Tag ihre arroganten Gesichter ertragen mußte. Zu Weihnachten und Ostern würde er in Hogwarts bleiben, denn dies waren "Muggelfeste", wie sich sein Vater auszudrücken pflegte. Also war es klar, daß sie im Haus der Familie Snape nicht gefeiert werden würden.
Er fragte sich, ob er Direktor Dumbledore fragen sollte, ob er nicht die ganzen sieben Jahre, die er an der Schule vor sich hatte, dableiben dürfte. Vor den Sommerferien nächstes Jahr graute ihm jetzt schon, obwohl er noch nicht einmal in der Schule angekommen war.
Die Wut auf seine Eltern wurde langsam maßlos, und er konnte nichts gegen sie unternehmen, außer, sie auf etwas anderes zu richten. Zum Beispiel auf den Jungen namens James, dessen Eltern ihn so sehr liebten, daß seine Mutter sogar zum Abschied weinte. Seine eigene Mutter hatte er noch nie weinen sehen, zu sehr war sie verschlossen. Weinen war ein Zeichen von Schwäche und Schwäche zeigen im Hause Snape war ein Kapitalverbrechen.
Soweit sich Severus Snape erinnern konnte, hatte er das letzte Mal im Alter von drei Jahren geweint, als er sich das Bein gebrochen hatte. Er war die Treppe hinunter gestolpert und da lag er nun: weinend und schreiend vor Schmerzen. Anstatt ihm zu helfen oder gar ihn zu trösten hatte sein Vater ihm noch ein paar zusätzliche Ohrfeigen verpasst, da er mit seinem Geschrei eine Besprechung seines Vaters gestört hatte. Von diesem Tag an hatte Severus Snape nie wieder geweint. Geschrien hatte er noch öfter vor Schmerz, aber auch diese Grenze wurde im Laufe der Jahre immer seltener überschritten. Es war nicht so, daß er weniger Schmerz zu ertragen gehabt hätte, im Gegenteil, je älter er wurde, desto mehr Regeln konnte er ja auch verletzen. Es war vielmehr so, daß der kleine Severus immer mehr zu ertragen lernte, denn Schreie stachelten seinen Vater nur noch mehr an und verlängerten die Qualen.
Ob dieser James wohl jemals von seinen Eltern zum Weinen gebracht worden war? Wahrscheinlich nicht. Oh ja, das war gut: ein Feind! Ein Feind, an dem Severus seine gesamte Wut auslassen konnte! Er grinste bei diesem Gedanken.
"Hey, was ist so lustig, Sev?" fragte Lance und stierte ihn an. "Nichts besonderes... ich habe mir nur gerade gedacht, daß wir unsere Mitschüler langsam mal kennenlernen sollten... und gleich klarstellen, wer wir sind!" Severus grinste bösartig. 'Und als erstes wird mich diese Brillenschlage kennen lernen, der mit den tollen Eltern...' fügte er in Gedanken hinzu.
Florence Farstalker hielt ihr Gesicht hinter einem großen Buch über Verwandlungen versteckt. Eigentlich war sie sehr daran interessiert, was die anderen Erstklässler in ihrem Abteil zu bereden hatten (sie selbst hatte bisher nur wenige Menschen überhaupt kennengelernt, hauptsächlich die Verwandten ihres Vaters und darunter waren keine Kinder ihres Alters), wollte aber nicht neugierig wirken. Sie hatte keine Ahnung, womit sich Kinder ihres Alters normalerweise beschäftigten, dort wo sie herkam, war sowieso alles etwas anders. 'Zu Haus...' sie fing an zu träumen...
Große, dunkle Bäume. Ehrfurcht einflößend und gewaltig, so lebendig... Die Laute der Waldtiere hallten zwischen den Bäumen wieder, ab und zu ein Krachen, wenn ein Baum einen Ast, der vom Sturm oder Alter geschwächt war, zu Boden fielen ließ. Knacken, wenn eines der größeren Tiere durch das Unterholz brach. Sonnenflecken auf dem Boden, dort, wo das Licht überhaupt ungefiltert bis zum Grund vorgedrungen war. Meist war alles in ein beruhigendes grünes Licht getaucht, wenn die Sonne schien, im Sommer die ganze Nacht über, da die Sonne hier dann nur selten und kurz unterging... Der Geruch feuchter Erde war überall in der Luft, Moose, Farne, alle hatten ihren eigenen Geruch, den man nie wirklich vergessen kann. "So riecht das Leben!" sagte ihre Mutter immer zu ihr. Ihre Mutter...ihr Name, der für Menschen unaussprechlich war, bedeutete in ungefähr "Mutter der Geliebten", doch ihr Vater, ein menschlicher Zauberer, nannte sie nur "Geliebte"...
Ihr Vater... er hatte sie zum Zug gebracht, der sie für Monate in die Welt der Menschen entführen würde. Sie hatten es alles tausend mal besprochen... wie wichtig es wäre, daß sie Hogwarts besuchen würde, daß sie als Halbling nicht ewig in den Wäldern ihrer Kindheit bleiben konnte, daß ihr Onkel schon über sie wachen würde, daß sie immer zu ihm gehen konnte... Es war alles so logisch und doch so schmerzhaft. 'Nein, ich will hier nicht sein!' dachte Florence und vergrub sich noch tiefer hinter ihr Buch, damit niemand mitbekam, daß ihr die Tränen in den Augen standen.
Sie versuchte sich wieder zu sammeln und lauschte den Gesprächen ihrer Mitreisenden: "... wetten, ich werde für die Quidditch - Mannschaft ausgesucht?" fragte lachend ein Junge namens James Potter und sein Freund Sirius Black höhnte: "Klar, und ich werde gleich im ersten Jahr Schulsprecher... niemand wird im ersten Jahr in die Hausmannschaften aufgenommen, viel zu gefährlich!" Peter Pettigrew, ein kleiner, etwas naiv wirkender Junge hing geradezu an den Lippen der anderen und hatte offensichtlich seine Idole bereits auf der Zugfahrt gefunden... wie erbärmlich, dachte sich Florence und blickte verstohlen zu dem netten Jungen rüber, der ihr beim Einsteigen beim Bändigen ihres Waldkauzes geholfen hatte. Obe, der kleine Racker, war so heftig in seinem Käfig hin und her geflattert, daß Florence diesen nicht mehr halten und er zu Boden fiel. Die Käfigtür schnappte auf und das völlig verstörte Federvieh flatterte durch den halben Zug, direkt in das Abteil, in dem Remus Lupin mit den anderen Jungen bereits saß. Florence war völlig aufgelöst hinter dem Kauz auf dem Gang hinterher gerannt, ihr Handgepäck hinter sich verteilend, da die Tasche aufgerissen war, aber in diesem Moment war ihr das alles egal, sie durfte doch nicht auch noch ihren letzten Freund aus der Kindheit verlieren, nicht jetzt, nicht hier...!
Als sie an der Abteiltür angekommen war, stand Remus lachend mitten im Abteil und hielt den flatternden Obe an den Beinen fest, während dieser laut kreischte und Federn verlor wie ein aufgeplatztes Kissen bei einer Kissenschlacht. Nun ja. Klasse. Und wieder hatte sie gleich am ersten Tag den Eindruck hinterlassen, den sie immer und überall zuerst hinterließ: sie war das personifizierte Chaos, jemand dem es immer wieder gelang, Unglück magisch anzuziehen. Nur wenn man sie besser kannte, wußte man, daß dem gar nicht so war. Im Grunde war sie einfach nur zu sensibel und zu verträumt, um sich um solche Kleinigkeiten wie Ordnung oder Zeit zu bemühen. Und im Wald war es auch eigentlich nicht nötig gewesen, auf so etwas zu achten. Die Natur hatte ihre eigene Ordnung und Zeit... nun ja, alles relativ, oder? Nachdem die Jungs ihr auch noch geholfen hatten, ihre Sachen vom Gang einzusammeln, bot Remus ihr einen Platz im Abteil an. Es wäre unhöflich gewesen, abzulehnen, also saß sie nun da, versuchte nicht weiter aufzufallen und zu beobachten.
Die Jungs unterhielten sich fröhlich und Remus schaute öfter zu ihr rüber. Dabei runzelte er immer die Stirn und blickte schnell weg, wenn sich ihre Blicke trafen. Jetzt aber beugte er sich zu ihr rüber (Florence rutschte noch etwas tiefer in ihren Sitz) und flüsterte: "Entschuldige, aber was ist mit deinen Haaren passiert?" "Was soll damit schon passiert sein?" flüsterte sie empört zurück. "Ähem, naja, äh... sie sind grün, oder?" "Ja. Und?" In diesem Moment ging die Abteiltür auf und drei spöttisch blickende Jungen standen dort: Evan Rosier, Lance Wilkes und Severus Snape. Letzteren erkannte Florence vom Bahnsteig in Kings Cross. Er hatte sie angestarrt. "Upps, was haben wir denn da für eine Ansammlung von Verlierern? Eine Brillenschlange, zwei offensichtliche Idioten und ein Wurm... und ein Etwas mit grünen Haaren?" gab Evan von sich. Severus hatte mit allem gerechnet, nur nicht, daß das seltsame Mädchen vom Bahnsteig bei der Brillenschlange James mit im Abteil sitzen würde. Da Evan sie zuletzt erwähnt hatte, stieg er darauf ein: "Wie wäre es, wenn ich ihre Hautfarbe zu den Haaren anpassen würde?" Sprach's, zückte den Zauberstab und murmelte etwas vor sich hin. Florence spürte ein Kribbeln am ganzen Körper und starrte ungläubig auf ihre Hände, die immer noch das Verwandlungsbuch hielten: sie waren grün geworden! Was sie nicht sehen konnte, dafür aber alle anderen, war, daß ihre gesamte Haut grün gefärbt war. Die Jungs aus ihrem Abteil sprangen auf und stürzten sich gerade auf Evan Rosier und Lance Wilkes (Severus hatte sich grinsend auf den Gang zurückgezogen, so daß er von den wütenden Verteidigern nicht angegriffen werden konnte), als Florence ihr Buch fallen ließ. Sie war entsetzt und unglaublich wütend. Fauchend stand sie auf, zwängte sich an den rangelnden Jungs vorbei in den Gang und stierte Severus mit funkelnden Augen von unten her an. Dieser stand immer noch breit grinsend vor ihr und zuckte unschuldig mit den Schultern. Florence ging einen Schritt auf ihn zu und brach ihm kurzerhand mit einem rechten Schwinger die Nase.
"Erstklässler zu mir! Hey, ich sagte, Erstkl... was zur Hölle?" Hagrid blieben die Worte im Hals stecken. Es mußte eine heftige Prügelei im Zug gegeben haben unter den Erstklässlern, denn einige von ihnen sahen ziemlich ramponiert aus. Außerdem war ein Mädchen völlig grün gefärbt und sah immer noch unglaublich wütend aus, als sie mit wehendem Umhang über den Bahnsteig in Hogsmeade auf ihn zustapfte. Ein Junge blutete aus der Nase, es gab mehrere blaue Augen, Kratzwunden, blaue Flecken und zerrissene Kleidung zu bestaunen für Hagrid. 'Wie schön, daß Dumbledore eine neue Krankenhexe eingestellt hatte' dachte Hagrid bei sich, nach dem die letzte wegen genau solcher Dinge im letzten Jahr das Handtuch geworfen hatte: Schüler, die nichts besseres zu tun hatten, als sich gegenseitig mit Fäusten und Flüchen zu traktieren und letztendlich alle im Krankenflügel landeten. Nun ja, die gute Madam Pomfrey hatte also heute gleich die Gelegenheit, ihre neuen Tätigkeiten kennenzulernen: zusammenflicken und die erhitzten Gemüter beruhigen...
Direkt, nachdem alle ihren Häusern zugeteilt wurden (Snape, Rosier, Wilkes nach Slytherin, Potter, Lupin, Black, Pettigrew und Farstalker nach Gryffindor) wurden die Beteiligten der Schlägerei im Zug wieder aus der Großen Halle heraus geführt, in den Krankenflügel gebracht und verarztet, bzw. "entfärbt". Es dauerte eine Weile, bis Florence Madam Pomfrey glaubhaft machen konnte, daß dunkelgrün ihre wirkliche Haarfarbe und nicht nur der Zauber unmöglich rückgängig zu machen war oder sie es aus einer Laune heraus so behalten wollte. Allen knurrte der Magen, aber da sie nicht zum Bankett wieder hinunter gehen durften, sobald sie verarztet worden waren, standen die Streithähne zwischen den Betten herum und gifteten sich mit Blicken an. Die Fronten hatten sich fürs erste gebildet, wie sie auch in den nächsten Jahren größtenteils bestehen bleiben sollten.
Die Türen zur Krankenstation flogen auf und Albus Dumbledore, gefolgt von den Hauslehrern von Slytherin (Professor Alan Dusk) und Gryffindor (Professor Martha Goodwill) betrat den Raum. Die nun folgende Strafpredigt hätten sich alle nur zu gern erspart, besonders aber die Strafarbeiten für die Streithähne. Die Slytherins bekamen die Aufgabe, in den nächsten Tagen sämtliche Tische im Zaubertranklabor im Verlies zu reinigen (von Hand natürlich) und die Gryffindors durften alle Schulbesen reparieren, die für den Flugunterricht gebraucht wurden. Nach diesen Ankündigungen wurden alle in ihre Häuser zurückgeschickt, um dort zu abend zu essen, da die Festtafel bereits aufgehoben worden war. Florence wollte sich den anderen Gryffindors anschließen, aber Direktor Dumbledore hielt sie zurück. "Nicht so schnell, meine Liebe, ich glaube, wir müssen uns auch noch mal unter vier Augen unterhalten, nicht wahr?" flüsterte der alte Mann ihr zwinkernd zu. Schnell sah sich Florence um, bis auf Sirius Black schien keiner davon mitbekommen haben. Dieser sah etwas hilflos drein und Florence lächelte ihm zu, so daß sich Sirius schulterzuckend umdrehte und den Gryffindors folgte. "Ja, ich glaube schon..." antwortete Florence immer noch lächelnd an Dumbledore gewandt und folgte ihm in sein Büro.
"Wie geht es denn deinen Eltern Kind, wir haben uns ja ewig nicht mehr gesehen..." fragte Dumbledore und reichte Florence einen Teller mit belegten Broten über seinen Schreibtisch. "Gut soweit, Onkel." antwortete Florence und bediente sich an den Broten, sobald sie sich aus dem großen Sessel, in dem sie mehr versunken war als saß, etwas heraus gekämpft hatte. "Es ist gut, daß du mit dem Namen deiner Mutter unterwegs bist... oder zumindest mit der Übersetzung. Es ist besser, wenn die anderen Schüler nicht von unserer Verwandtschaft wissen. Nachher glauben sie noch, ich würde dich bevorzugen oder so etwas..." Florence nickte und kämpfte mit ihrem Schinken darum, daß er auf ihrem Brot blieb und nicht in einem Stück in ihrem Mund landete. Dumbledore grinste und dachte bei sich: 'Unverwechselbar die Tochter meines chaotischen Bruders.' Es war ihm bis heute ein Rätsel, wie ausgerechnet Aberforth es geschafft hatte, als einer der wenigen Menschen in den letzten Jahrhunderten eine Frau vom stolzen Volk der Elfen so zu beeindrucken, daß sie ihn heiratete und eine Tochter von ihm bekam. Wahrscheinlich war es eher Mitleid, weil er sich wieder einmal in Schwierigkeiten gebracht hatte, wie er es immer tat... Dumbledores Grinsen wurde noch breiter. Florence und Dumbledore unterhielten sich noch ein wenig, bis das Mädchen herzhaft gähnte und von seinem Onkel ins Bett geschickt wurde.
"Tja, Fawkes, nun ist sie hier. Wir müssen gut auf sie acht geben, nicht war?" murmelte Dumbledore seinem Phönix zu, der sich wärmend auf seiner Schulter niedergelassen hatte, als Florence gegangen war. Und das was keine leichte Aufgabe, das wußte Dumbledore. Eine Halbelfe in der Welt der Menschen. Das durfte nicht zu früh bekannt werden. Er ahnte schon, wer die Dunkelheit bringen würde. Er ahnte es schon damals, als er ihn als Schüler in seiner Klasse hatte. Florence wußte noch nicht um ihre Bedeutung in dem Spiel, das um nichts geringeres als um die Rettung der Welt ging. Sie würde es noch früh genug erfahren. Irgendwann, wenn sie bereit dafür war, würde er es ihr erzählen müssen. Sie war so klein, so chaotisch, so zart wirkte sie... Aber er wußte es besser. Sie hatte viel Macht und sie wäre unter den Zauberern sehr begehrt, weil sie nicht völlig unangreifbar war. Jemand mit genügend magischen Fähigkeiten könnte sie auch gegen ihren Willen unter Kontrolle bringen und so unsterblich werden, sie mißbrauchen und ein eigenes Geschlecht von Zauberern gründen, der einzig wahren Art der Unsterblichkeit...
Gedankenverloren griff Albus Dumbledore nach dem dicken Buch, das er unter Papieren auf seinem Schreibtisch begraben hatte und blätterte und las darin, wie er es in den letzten Wochen so oft getan hatte:
"Von der Herkunft der Zauberer und Hexen Die Bildung der Gemeinschaft der Zauberer und Hexen war keine Laune der Natur, wie es viele glauben wollen, sondern es ist die Folge der genetischen Vermischung zwischen den magischen Wesen und normalen Menschen (Muggel). In den frühesten Zeiten, als die Menschheit noch jung war, vermischten sich einige wenige mit den urmagischen Geschöpfen. Ihre Kinder und Kindeskinder waren magisch begabt, die ersten Zauberer und Hexen. Dies war nicht beabsichtigt und so vermieden es die Urmagischen so weit wie möglich, sich weiter mit den Menschen zu vermischen. Die Zauberer und Hexen heirateten Muggel und gaben die Magie im Blut weiter, bis die Hexen und Zauberer bald von den Muggeln äußerlich nicht mehr unterschieden werden konnten, nur ihre Begabung unterschied sie. Wenn jedoch zuviel Muggelblut in die Linie eines magischen Geschlechts Einzug hielt, nahmen auch die Begabungen ab, bis hin zu der Geburt von Squibs. Als einer der ersten, die von der Bedeutung der Reinheit des Blutes wußten, gilt heute Salazar Slytherin. Die frühen Squibs vermischten sich mit Muggeln und so kann es passieren, daß in Muggelfamilien wieder magisch Begabte geboren werden. Als am stärksten und vor allem noch nach vielen Generationen sehr ausgeprägt magisch Begabte gelten die Nachfahren von Halbelben. Viele der frühen Anhänger Slytherins machten sich also auf die Suche nach den Wohnstätten der Elben um ihr Blut aufzufrischen. Als die Elben dies erkannten, zogen sie sich immer weiter aus unserer Welt zurück und nur noch selten kommt es heute noch zu einer Vermischung zwischen Elben und Menschen, denn diese muß freiwillig geschehen. Kein Magier, und sei er noch so mächtig, ist in der Lage, einer Elbe seinen Willen aufzuzwingen..."
"Nein, einer Elbe nicht, aber einer Halbelbe schon..." seufzte Albus Dumbledore und schlug das Buch zu. Wieder nahmen die Sorgen in ihm überhand. Wenn er sie nur noch lange genug vor der Wahrheit beschützen könnte... Wenigsten sah sie menschlich genug aus um nicht allzu sehr aufzufallen, bis sie reif genug war, sich nicht von den Falschen beeinflussen zu lassen. Und sie wußte, wie sie sich zu verhalten hatte. Sein Bruder und seine Frau, die Elbe, hatten es Florence schon von Geburt an beigebracht: "Verhalte Dich unauffällig, sage niemandem, wer deine Eltern sind, es ist wichtig, sehr wichtig..." Sorgen, nichts als Sorgen. Dumbledore drehte seinen Stuhl und schaute aus dem Fenster in die Nacht, Fawkes den Phönix immer noch auf der Schulter.
Während die Gryffindors in ihrem Turm friedlich schliefen, heckten die Slytherin - Erstklässler in ihrem Verlies schon die nächsten Gemeinheiten gegen James Potter und seine Freunde aus. Florence Farstalker war von den meisten Slytherins schon wieder vergessen worden, nur nicht von Severus Snape. Ihr rechter Haken war schon ziemlich beeindruckend! Und schmerzhaft. Severus grinste. 'Mal schauen, was die Kleine noch so drauf hat...' dachte er bei sich und schaute sich in seinem neuen zu Hause um. Hier war er wer. Nicht nur der Klotz am Bein, der zu gehorchen und Erwartungen zu erfüllen hatte, nein, hier war er Severus Snape der Erstklässler, der eine kleine blöde Gryffindor grün gehext hatte...
Prolog: Hier sitze ich nun und versuche mich zu erinnern, was damals geschah. Es ist so vieles, was uns letztendlich aus der Dunkelheit führte und doch in so wenigen Worten schon viel früher zusammengefasst worden.
"In der schwersten Stunde der Elbe muß der Dunkle aus dem Schatten treten und den Weg der Kämpfer des Lichts bereiten oder aber die Dunkelheit senkt sich für immer über uns."
Für die Zentauren ist diese Prophezeiung schon fast eine Art direkte Gebrauchsanweisung, nicht wahr? So klar pflegen sie sich sonst nicht auszudrücken aber auch ich brauchte fast 80 Jahre meines Lebens um diese Worte endgültig deuten zu können.
Ich wußte, daß ich eine Rolle in der Erfüllung der Prophezeiung spielen würde, sonst wäre Frowin nie damit zu mir gekommen. Ich war damals noch ein junger Mann, gerade fertig mit der Schule und auf dem Weg in die Welt, als ich den Zentauren das erste Mal traf. Es war eine eiskalte Sternennacht, in der ich durch die Hügel von Wales wanderte, auf der Suche nach einem geeigneten Schlafplatz, als ich bemerkte, daß jemand bei mir war, ein Zentaur.
"Albus Dumbledore, ich werde Dir ein Geschenk machen: ein Geschenk des Wissens, daß Du für Dich behalten mußt. Nur einer anderen Person wirst Du dieses Wissen zuteil werden lassen, aber sie ist noch nicht geboren, auch ihr Vater noch nicht und er wird nicht lang genug leben, um es ihr selbst zu sagen."
Ich war verwirrt und vielleicht merkte ich mir den Wortlaut der Prophezeiung gerade deshalb so genau, ich weiß es auch heute noch nicht.
Wenn man einen Zentauren nach der Bedeutung ihrer Prophezeiungen fragt, bekommt man nie eine wirkliche Antwort. Erst später, als die Reihen der Kämpfer sich füllten, wußte ich, daß Frowin mir mehr gesagt hatte, als es für seine Art üblich ist. Immer wieder in den folgenden Jahren trafen wir uns, er erschien, gab mir ein Rätsel auf und verschwand wieder, bis er eines Tages gar nicht mehr kam. Sein Sohn Ronan war leider nicht ganz so redselig, aber damals hatte ich die meisten Rätsel schon gelöst, wenn ich mir auch in der Geschichte mit dem Potter - Jungen etwas mehr Hilfe erwartet hatte.
Heute weiß ich, daß alles so kommen mußte, auch wenn ich es gewußt hätte, hätte ich es nicht verhindern können oder gar dürfen.
Ach du meine Güte, daß hört sich an wie das Gefasel eines alten Schwachkopfs... nun ja, der bin ich wohl auch mittlerweile! Ich sollte langsam wirklich zur eigentlichen Geschichte kommen, es wurde in den letzten Jahren viel herumgerätselt und vermutet, aber die Wahrheit kennen nur wenige, darum ist es jetzt, am Ende meines Lebens, Zeit dafür, sie zu erzählen. Es ist Zeit, daß alle Beteiligten der damaligen Geschehnisse zu ihrem Ruhm kommen, auch wenn die meisten mittlerweile nicht mehr unter uns weilen.
Ich habe mir von allen erzählen lassen, was in diesen Jahren zwischen Licht und Dunkelheit geschehen ist, so, wie sie es in Erinnerung hatten. Natürlich hatte jeder seinen eigenen Standpunkt, und ich hoffe, ich vergesse nichts wichtiges, wenn ich alles miteinander vergleiche und die Quintessenz dessen an die Nachwelt weitergebe.
Liebe Leserin, lieber Leser, was ich Euch nun berichte, sind die wahren Ereignisse, die zur Vertreibung der Dunkelheit führten. Es sind die Schicksale vieler Menschen darin verwoben, und, wie mein alter Freund Alastor zu sagen pflegte: "Immer wachsam!", denn die dunklen Mächte kommen immer wieder, sie sind einfach zu verführerisch für die schwachen Herzen der Menschen. In dem ich Euch von den Entbehrungen, dem Mut und der Schwächen der Beteiligten berichte, möchte ich Euch Mut geben, für Eure eigenen Kämpfe. Denn perfekt war keiner von uns, genauso wenig, wie ihr es seid.
Albus Dumbledore, ehemaliger Schulleiter von Hogwarts - Schule für Hexerei und Zauberei
Kapitel 1 - Ein turbulenter Beginn
Was für ein Chaos! Der Bahnsteig 9 3/4 in Kings Cross quoll über vor besorgten Eltern, ungeduldigen Schulkindern, Gepäckkarren und diversen Haustieren, die sich die Zeit bis zur Verladung in den Hogwarts - Express damit vertrieben, noch mehr zum Lärmpegel beizutragen. Eulen meckerten, Katzen fauchten, Mütter ermahnten ihre Kinder zu Fleiß und anständigem Betragen, Väter grummelten, während sie versuchten, das Gepäck ihrer Zöglinge verstauen zu lassen.
Und mittendrin stand ein elfjähriger Junge mit schwarzem Haar und schwarzen Augen, der sich nicht entscheiden konnte, ob ihn das Gewirr um ihn herum amüsieren oder eher verärgern sollte. Wie immer, wenn er unsicher war, entschied er sich für Arroganz, unnahbar sein, niemandem Gefühl zeigen. DAS hatten ihn seine Eltern als erstes beigebracht. Sie hatten ihn vieles gelehrt, aber das ganz besonders.
Er blickte hoch zu seiner Mutter, auch sie zeigte nur pure Arroganz, hob gelegentlich die Augenbraue, wenn ihr etwas besonders widerwärtiges ins Auge stach. Wie zum Beispiel diese Muggeleltern, die ihrer Tochter in den Zug halfen und laut riefen: "Schick uns sofort, wenn du angekommen bist, einen Brief mit der Post, ja Lily - Kleines?" "Mit einer Eule, Mum! Zauberer verschicken Briefe mit Eulen, nicht mit der Post!"
Innerlich seufzte der Junge und blickte sich nun selbst etwas genauer um. Seinen Vater sah er nicht. Er war irgendwo auf dem Bahnsteig und wollte sich um das Gepäck kümmern. Aber der Junge vermisste seinen Vater in diesem Moment nicht wirklich. Er war froh, daß er nur mit seiner Mutter zusammen war, die ihn meistens nur anschwieg, wie sie es jetzt auch gerade tat. Sein Vater pflegte ihn in jeder Minute ihres Zusammenseins daran zu erinnern, daß er etwas besseres als ein Muggel oder diese elenden Schlammblüter war, er war von reinem Blut und so weiter... Dem Jungen hingen diese Tiraden zum Hals heraus. Er war froh, nach Hogwarts zu dürfen, weg von seinen Eltern, weg von der Kälte seines elterlichen Hauses. Er suchte seine Freunde in den Menschenmassen, naja, zumindest nach denjenigen, die Freunden am nächsten kamen, Evan Rosier und Lance Wilkes, den Nachbarsjungen eben.
Er versuchte, einzelne Personen in dem Gewühl zu fixieren, bis er jemanden sehen würde, den er kannte. Plötzlich blieb sein Blick an einem Mädchen in der Nähe hängen, die offensichtlich auch Erstklässlerin in Hogwarts war. Sie war klein, blaß und ihre Augen waren groß und von tiefem dunkelgrün, ebenso wie ihr struppiges langes Haar. Moment, grünes Haar? Der Junge blickte genauer hin: ja, eindeutig, das Haar war nur auf den ersten Blick schwarz, in der Sonne schimmerte es eindeutig grün, sehr dunkel, aber grün.
Sie mußte seinen Blick gespürt haben, denn sie fixierte ihn nun ihrerseits. Ihre Mine konnte der Junge nicht deuten, zu kurz war der Moment, bis sich der Vater des Mädchens vor sie stellte. Er zuppelte an ihrem Kleid herum und sprach leise mit ihr. Der Junge konnte nichts verstehen, also wandte er seine Aufmerksamkeit wieder dem Menschengewühl um sich herum zu. Er würde noch genug Zeit in Hogwarts haben, dem Geheimnis der grünen Haare auf den Grund zu gehen.
Am anderen Ende des Bahnsteigs sah er Evan und Lance, also würde er auf der Fahrt Gesellschaft haben, wenn er wollte. Sein Vater bahnte sich einen Weg durch die Massen, wobei er rücksichtslos jeden anrempelte, der ihm den Weg versperrte. "Mischlinge und Schlammblüter wo man hinschaut! Ich würde wirklich zu gern wissen, was sich der alte Narr Dumbledore dabei denkt, diesen Abschaum der Gesellschaft für Hogwarts zuzulassen! Ihm muß doch klar sein, daß das Niveau der Ausbildung darunter leidet, wenn einem Großteil der Schüler erst beigebracht werden muß, wie sie einen Zauberstab zu halten haben!"
'Hallo Vater, bist du wieder bei deinem Lieblingsthema, ja?' dachte sich der Junge, schwieg aber, denn er kannte die Konsequenzen für jede Form von Respektlosigkeit, Ungehorsam und Widerspruch nur zu gut. So viele mögliche Verstöße, wie es auch gegen die Regeln seiner Eltern gab, so hatten die Konsequenzen doch eines gemein: Schmerzen für ihn.
"Severus, mein Sohn, ich erwarte von dir, daß du diesem Pack zeigst, was es heißt, aus einem ehrenvollen Haus zu kommen!"
"Ja, Vater." Severus Snape hoffte, daß sein Tonfall nicht zu teilnahmslos klang, aber sein Vater hatte ihm eh nicht wirklich zugehört, er war in Rage und teilte allen, die in der Nähe standen, seine Meinung mit, in dem er seine Stimme nicht unbedingt senkte, als er mit seiner Frau über den Abschaum sprach.
Direkt vor Severus verabschiedete ein Zaubererelternpaar ihren Sohn, wohl ebenfalls einem Erstklässler. Der Junge hatte schwarze, unordentliche Haare und trug eine runde Brille. Er wurde von seinen Eltern geherzt und umarmt, seiner Mutter standen Tränen in den Augen, als sie ihn küsste: "Pass gut auf dich auf, ja James?" "Das verspreche ich Mutter! Wirklich! Aber ich sollte langsam einsteigen, Sirius hält einen Platz für mich frei!" Der Junge stieg in den Zug und Vater und Mutter hielten sich gegenseitig im Arm, während sie ihm hinterher winkten.
Spätestens, nachdem Severus selbst in den Zug eingestiegen war, hatte er sich entschieden, wie seine Laune war: er war verärgert. Seine Eltern hatte ihn zum Abschied nur noch einmal daraufhin gewiesen, daß er sie besser nicht enttäuschen sollte, wenn er wüßte, was gut für ihn wäre und mit den Köpfen auf die nächste Tür gedeutet. Kaum war er auf der ersten Stufe waren sie disappariert, er brauchte sich nicht umzuschauen, er wußte es, er hatte das leise Ploppen gehört.
Evan und Lance plapperten im Abteil vor sich hin, während Severus aus dem Fenster starrte und seine Wut, die aus der anfänglichen Verärgerung geworden war, zu unterdrücken. Alle Schüler schienen von ihren Eltern irgendetwas mitbekommen zu haben, Süßigkeiten, ein besonderes Geschenk oder ein Haustier, um die Zeit bis zur Eingewöhnung in Hogwarts etwas zu versüßen. Selbst Evan und Lance waren mit etwas bedacht worden, Evan hatte eine neue Eule und Lance, nun ja Lance hatte immer etwas neues, diesmal war es ein Besen. Nur Severus hatte nichts, außer seiner Wut. Er hatte sich auf die elternfreie Zeit gefreut, es würde fast ein Jahr vergehen, bis er wieder jeden Tag ihre arroganten Gesichter ertragen mußte. Zu Weihnachten und Ostern würde er in Hogwarts bleiben, denn dies waren "Muggelfeste", wie sich sein Vater auszudrücken pflegte. Also war es klar, daß sie im Haus der Familie Snape nicht gefeiert werden würden.
Er fragte sich, ob er Direktor Dumbledore fragen sollte, ob er nicht die ganzen sieben Jahre, die er an der Schule vor sich hatte, dableiben dürfte. Vor den Sommerferien nächstes Jahr graute ihm jetzt schon, obwohl er noch nicht einmal in der Schule angekommen war.
Die Wut auf seine Eltern wurde langsam maßlos, und er konnte nichts gegen sie unternehmen, außer, sie auf etwas anderes zu richten. Zum Beispiel auf den Jungen namens James, dessen Eltern ihn so sehr liebten, daß seine Mutter sogar zum Abschied weinte. Seine eigene Mutter hatte er noch nie weinen sehen, zu sehr war sie verschlossen. Weinen war ein Zeichen von Schwäche und Schwäche zeigen im Hause Snape war ein Kapitalverbrechen.
Soweit sich Severus Snape erinnern konnte, hatte er das letzte Mal im Alter von drei Jahren geweint, als er sich das Bein gebrochen hatte. Er war die Treppe hinunter gestolpert und da lag er nun: weinend und schreiend vor Schmerzen. Anstatt ihm zu helfen oder gar ihn zu trösten hatte sein Vater ihm noch ein paar zusätzliche Ohrfeigen verpasst, da er mit seinem Geschrei eine Besprechung seines Vaters gestört hatte. Von diesem Tag an hatte Severus Snape nie wieder geweint. Geschrien hatte er noch öfter vor Schmerz, aber auch diese Grenze wurde im Laufe der Jahre immer seltener überschritten. Es war nicht so, daß er weniger Schmerz zu ertragen gehabt hätte, im Gegenteil, je älter er wurde, desto mehr Regeln konnte er ja auch verletzen. Es war vielmehr so, daß der kleine Severus immer mehr zu ertragen lernte, denn Schreie stachelten seinen Vater nur noch mehr an und verlängerten die Qualen.
Ob dieser James wohl jemals von seinen Eltern zum Weinen gebracht worden war? Wahrscheinlich nicht. Oh ja, das war gut: ein Feind! Ein Feind, an dem Severus seine gesamte Wut auslassen konnte! Er grinste bei diesem Gedanken.
"Hey, was ist so lustig, Sev?" fragte Lance und stierte ihn an. "Nichts besonderes... ich habe mir nur gerade gedacht, daß wir unsere Mitschüler langsam mal kennenlernen sollten... und gleich klarstellen, wer wir sind!" Severus grinste bösartig. 'Und als erstes wird mich diese Brillenschlage kennen lernen, der mit den tollen Eltern...' fügte er in Gedanken hinzu.
Florence Farstalker hielt ihr Gesicht hinter einem großen Buch über Verwandlungen versteckt. Eigentlich war sie sehr daran interessiert, was die anderen Erstklässler in ihrem Abteil zu bereden hatten (sie selbst hatte bisher nur wenige Menschen überhaupt kennengelernt, hauptsächlich die Verwandten ihres Vaters und darunter waren keine Kinder ihres Alters), wollte aber nicht neugierig wirken. Sie hatte keine Ahnung, womit sich Kinder ihres Alters normalerweise beschäftigten, dort wo sie herkam, war sowieso alles etwas anders. 'Zu Haus...' sie fing an zu träumen...
Große, dunkle Bäume. Ehrfurcht einflößend und gewaltig, so lebendig... Die Laute der Waldtiere hallten zwischen den Bäumen wieder, ab und zu ein Krachen, wenn ein Baum einen Ast, der vom Sturm oder Alter geschwächt war, zu Boden fielen ließ. Knacken, wenn eines der größeren Tiere durch das Unterholz brach. Sonnenflecken auf dem Boden, dort, wo das Licht überhaupt ungefiltert bis zum Grund vorgedrungen war. Meist war alles in ein beruhigendes grünes Licht getaucht, wenn die Sonne schien, im Sommer die ganze Nacht über, da die Sonne hier dann nur selten und kurz unterging... Der Geruch feuchter Erde war überall in der Luft, Moose, Farne, alle hatten ihren eigenen Geruch, den man nie wirklich vergessen kann. "So riecht das Leben!" sagte ihre Mutter immer zu ihr. Ihre Mutter...ihr Name, der für Menschen unaussprechlich war, bedeutete in ungefähr "Mutter der Geliebten", doch ihr Vater, ein menschlicher Zauberer, nannte sie nur "Geliebte"...
Ihr Vater... er hatte sie zum Zug gebracht, der sie für Monate in die Welt der Menschen entführen würde. Sie hatten es alles tausend mal besprochen... wie wichtig es wäre, daß sie Hogwarts besuchen würde, daß sie als Halbling nicht ewig in den Wäldern ihrer Kindheit bleiben konnte, daß ihr Onkel schon über sie wachen würde, daß sie immer zu ihm gehen konnte... Es war alles so logisch und doch so schmerzhaft. 'Nein, ich will hier nicht sein!' dachte Florence und vergrub sich noch tiefer hinter ihr Buch, damit niemand mitbekam, daß ihr die Tränen in den Augen standen.
Sie versuchte sich wieder zu sammeln und lauschte den Gesprächen ihrer Mitreisenden: "... wetten, ich werde für die Quidditch - Mannschaft ausgesucht?" fragte lachend ein Junge namens James Potter und sein Freund Sirius Black höhnte: "Klar, und ich werde gleich im ersten Jahr Schulsprecher... niemand wird im ersten Jahr in die Hausmannschaften aufgenommen, viel zu gefährlich!" Peter Pettigrew, ein kleiner, etwas naiv wirkender Junge hing geradezu an den Lippen der anderen und hatte offensichtlich seine Idole bereits auf der Zugfahrt gefunden... wie erbärmlich, dachte sich Florence und blickte verstohlen zu dem netten Jungen rüber, der ihr beim Einsteigen beim Bändigen ihres Waldkauzes geholfen hatte. Obe, der kleine Racker, war so heftig in seinem Käfig hin und her geflattert, daß Florence diesen nicht mehr halten und er zu Boden fiel. Die Käfigtür schnappte auf und das völlig verstörte Federvieh flatterte durch den halben Zug, direkt in das Abteil, in dem Remus Lupin mit den anderen Jungen bereits saß. Florence war völlig aufgelöst hinter dem Kauz auf dem Gang hinterher gerannt, ihr Handgepäck hinter sich verteilend, da die Tasche aufgerissen war, aber in diesem Moment war ihr das alles egal, sie durfte doch nicht auch noch ihren letzten Freund aus der Kindheit verlieren, nicht jetzt, nicht hier...!
Als sie an der Abteiltür angekommen war, stand Remus lachend mitten im Abteil und hielt den flatternden Obe an den Beinen fest, während dieser laut kreischte und Federn verlor wie ein aufgeplatztes Kissen bei einer Kissenschlacht. Nun ja. Klasse. Und wieder hatte sie gleich am ersten Tag den Eindruck hinterlassen, den sie immer und überall zuerst hinterließ: sie war das personifizierte Chaos, jemand dem es immer wieder gelang, Unglück magisch anzuziehen. Nur wenn man sie besser kannte, wußte man, daß dem gar nicht so war. Im Grunde war sie einfach nur zu sensibel und zu verträumt, um sich um solche Kleinigkeiten wie Ordnung oder Zeit zu bemühen. Und im Wald war es auch eigentlich nicht nötig gewesen, auf so etwas zu achten. Die Natur hatte ihre eigene Ordnung und Zeit... nun ja, alles relativ, oder? Nachdem die Jungs ihr auch noch geholfen hatten, ihre Sachen vom Gang einzusammeln, bot Remus ihr einen Platz im Abteil an. Es wäre unhöflich gewesen, abzulehnen, also saß sie nun da, versuchte nicht weiter aufzufallen und zu beobachten.
Die Jungs unterhielten sich fröhlich und Remus schaute öfter zu ihr rüber. Dabei runzelte er immer die Stirn und blickte schnell weg, wenn sich ihre Blicke trafen. Jetzt aber beugte er sich zu ihr rüber (Florence rutschte noch etwas tiefer in ihren Sitz) und flüsterte: "Entschuldige, aber was ist mit deinen Haaren passiert?" "Was soll damit schon passiert sein?" flüsterte sie empört zurück. "Ähem, naja, äh... sie sind grün, oder?" "Ja. Und?" In diesem Moment ging die Abteiltür auf und drei spöttisch blickende Jungen standen dort: Evan Rosier, Lance Wilkes und Severus Snape. Letzteren erkannte Florence vom Bahnsteig in Kings Cross. Er hatte sie angestarrt. "Upps, was haben wir denn da für eine Ansammlung von Verlierern? Eine Brillenschlange, zwei offensichtliche Idioten und ein Wurm... und ein Etwas mit grünen Haaren?" gab Evan von sich. Severus hatte mit allem gerechnet, nur nicht, daß das seltsame Mädchen vom Bahnsteig bei der Brillenschlange James mit im Abteil sitzen würde. Da Evan sie zuletzt erwähnt hatte, stieg er darauf ein: "Wie wäre es, wenn ich ihre Hautfarbe zu den Haaren anpassen würde?" Sprach's, zückte den Zauberstab und murmelte etwas vor sich hin. Florence spürte ein Kribbeln am ganzen Körper und starrte ungläubig auf ihre Hände, die immer noch das Verwandlungsbuch hielten: sie waren grün geworden! Was sie nicht sehen konnte, dafür aber alle anderen, war, daß ihre gesamte Haut grün gefärbt war. Die Jungs aus ihrem Abteil sprangen auf und stürzten sich gerade auf Evan Rosier und Lance Wilkes (Severus hatte sich grinsend auf den Gang zurückgezogen, so daß er von den wütenden Verteidigern nicht angegriffen werden konnte), als Florence ihr Buch fallen ließ. Sie war entsetzt und unglaublich wütend. Fauchend stand sie auf, zwängte sich an den rangelnden Jungs vorbei in den Gang und stierte Severus mit funkelnden Augen von unten her an. Dieser stand immer noch breit grinsend vor ihr und zuckte unschuldig mit den Schultern. Florence ging einen Schritt auf ihn zu und brach ihm kurzerhand mit einem rechten Schwinger die Nase.
"Erstklässler zu mir! Hey, ich sagte, Erstkl... was zur Hölle?" Hagrid blieben die Worte im Hals stecken. Es mußte eine heftige Prügelei im Zug gegeben haben unter den Erstklässlern, denn einige von ihnen sahen ziemlich ramponiert aus. Außerdem war ein Mädchen völlig grün gefärbt und sah immer noch unglaublich wütend aus, als sie mit wehendem Umhang über den Bahnsteig in Hogsmeade auf ihn zustapfte. Ein Junge blutete aus der Nase, es gab mehrere blaue Augen, Kratzwunden, blaue Flecken und zerrissene Kleidung zu bestaunen für Hagrid. 'Wie schön, daß Dumbledore eine neue Krankenhexe eingestellt hatte' dachte Hagrid bei sich, nach dem die letzte wegen genau solcher Dinge im letzten Jahr das Handtuch geworfen hatte: Schüler, die nichts besseres zu tun hatten, als sich gegenseitig mit Fäusten und Flüchen zu traktieren und letztendlich alle im Krankenflügel landeten. Nun ja, die gute Madam Pomfrey hatte also heute gleich die Gelegenheit, ihre neuen Tätigkeiten kennenzulernen: zusammenflicken und die erhitzten Gemüter beruhigen...
Direkt, nachdem alle ihren Häusern zugeteilt wurden (Snape, Rosier, Wilkes nach Slytherin, Potter, Lupin, Black, Pettigrew und Farstalker nach Gryffindor) wurden die Beteiligten der Schlägerei im Zug wieder aus der Großen Halle heraus geführt, in den Krankenflügel gebracht und verarztet, bzw. "entfärbt". Es dauerte eine Weile, bis Florence Madam Pomfrey glaubhaft machen konnte, daß dunkelgrün ihre wirkliche Haarfarbe und nicht nur der Zauber unmöglich rückgängig zu machen war oder sie es aus einer Laune heraus so behalten wollte. Allen knurrte der Magen, aber da sie nicht zum Bankett wieder hinunter gehen durften, sobald sie verarztet worden waren, standen die Streithähne zwischen den Betten herum und gifteten sich mit Blicken an. Die Fronten hatten sich fürs erste gebildet, wie sie auch in den nächsten Jahren größtenteils bestehen bleiben sollten.
Die Türen zur Krankenstation flogen auf und Albus Dumbledore, gefolgt von den Hauslehrern von Slytherin (Professor Alan Dusk) und Gryffindor (Professor Martha Goodwill) betrat den Raum. Die nun folgende Strafpredigt hätten sich alle nur zu gern erspart, besonders aber die Strafarbeiten für die Streithähne. Die Slytherins bekamen die Aufgabe, in den nächsten Tagen sämtliche Tische im Zaubertranklabor im Verlies zu reinigen (von Hand natürlich) und die Gryffindors durften alle Schulbesen reparieren, die für den Flugunterricht gebraucht wurden. Nach diesen Ankündigungen wurden alle in ihre Häuser zurückgeschickt, um dort zu abend zu essen, da die Festtafel bereits aufgehoben worden war. Florence wollte sich den anderen Gryffindors anschließen, aber Direktor Dumbledore hielt sie zurück. "Nicht so schnell, meine Liebe, ich glaube, wir müssen uns auch noch mal unter vier Augen unterhalten, nicht wahr?" flüsterte der alte Mann ihr zwinkernd zu. Schnell sah sich Florence um, bis auf Sirius Black schien keiner davon mitbekommen haben. Dieser sah etwas hilflos drein und Florence lächelte ihm zu, so daß sich Sirius schulterzuckend umdrehte und den Gryffindors folgte. "Ja, ich glaube schon..." antwortete Florence immer noch lächelnd an Dumbledore gewandt und folgte ihm in sein Büro.
"Wie geht es denn deinen Eltern Kind, wir haben uns ja ewig nicht mehr gesehen..." fragte Dumbledore und reichte Florence einen Teller mit belegten Broten über seinen Schreibtisch. "Gut soweit, Onkel." antwortete Florence und bediente sich an den Broten, sobald sie sich aus dem großen Sessel, in dem sie mehr versunken war als saß, etwas heraus gekämpft hatte. "Es ist gut, daß du mit dem Namen deiner Mutter unterwegs bist... oder zumindest mit der Übersetzung. Es ist besser, wenn die anderen Schüler nicht von unserer Verwandtschaft wissen. Nachher glauben sie noch, ich würde dich bevorzugen oder so etwas..." Florence nickte und kämpfte mit ihrem Schinken darum, daß er auf ihrem Brot blieb und nicht in einem Stück in ihrem Mund landete. Dumbledore grinste und dachte bei sich: 'Unverwechselbar die Tochter meines chaotischen Bruders.' Es war ihm bis heute ein Rätsel, wie ausgerechnet Aberforth es geschafft hatte, als einer der wenigen Menschen in den letzten Jahrhunderten eine Frau vom stolzen Volk der Elfen so zu beeindrucken, daß sie ihn heiratete und eine Tochter von ihm bekam. Wahrscheinlich war es eher Mitleid, weil er sich wieder einmal in Schwierigkeiten gebracht hatte, wie er es immer tat... Dumbledores Grinsen wurde noch breiter. Florence und Dumbledore unterhielten sich noch ein wenig, bis das Mädchen herzhaft gähnte und von seinem Onkel ins Bett geschickt wurde.
"Tja, Fawkes, nun ist sie hier. Wir müssen gut auf sie acht geben, nicht war?" murmelte Dumbledore seinem Phönix zu, der sich wärmend auf seiner Schulter niedergelassen hatte, als Florence gegangen war. Und das was keine leichte Aufgabe, das wußte Dumbledore. Eine Halbelfe in der Welt der Menschen. Das durfte nicht zu früh bekannt werden. Er ahnte schon, wer die Dunkelheit bringen würde. Er ahnte es schon damals, als er ihn als Schüler in seiner Klasse hatte. Florence wußte noch nicht um ihre Bedeutung in dem Spiel, das um nichts geringeres als um die Rettung der Welt ging. Sie würde es noch früh genug erfahren. Irgendwann, wenn sie bereit dafür war, würde er es ihr erzählen müssen. Sie war so klein, so chaotisch, so zart wirkte sie... Aber er wußte es besser. Sie hatte viel Macht und sie wäre unter den Zauberern sehr begehrt, weil sie nicht völlig unangreifbar war. Jemand mit genügend magischen Fähigkeiten könnte sie auch gegen ihren Willen unter Kontrolle bringen und so unsterblich werden, sie mißbrauchen und ein eigenes Geschlecht von Zauberern gründen, der einzig wahren Art der Unsterblichkeit...
Gedankenverloren griff Albus Dumbledore nach dem dicken Buch, das er unter Papieren auf seinem Schreibtisch begraben hatte und blätterte und las darin, wie er es in den letzten Wochen so oft getan hatte:
"Von der Herkunft der Zauberer und Hexen Die Bildung der Gemeinschaft der Zauberer und Hexen war keine Laune der Natur, wie es viele glauben wollen, sondern es ist die Folge der genetischen Vermischung zwischen den magischen Wesen und normalen Menschen (Muggel). In den frühesten Zeiten, als die Menschheit noch jung war, vermischten sich einige wenige mit den urmagischen Geschöpfen. Ihre Kinder und Kindeskinder waren magisch begabt, die ersten Zauberer und Hexen. Dies war nicht beabsichtigt und so vermieden es die Urmagischen so weit wie möglich, sich weiter mit den Menschen zu vermischen. Die Zauberer und Hexen heirateten Muggel und gaben die Magie im Blut weiter, bis die Hexen und Zauberer bald von den Muggeln äußerlich nicht mehr unterschieden werden konnten, nur ihre Begabung unterschied sie. Wenn jedoch zuviel Muggelblut in die Linie eines magischen Geschlechts Einzug hielt, nahmen auch die Begabungen ab, bis hin zu der Geburt von Squibs. Als einer der ersten, die von der Bedeutung der Reinheit des Blutes wußten, gilt heute Salazar Slytherin. Die frühen Squibs vermischten sich mit Muggeln und so kann es passieren, daß in Muggelfamilien wieder magisch Begabte geboren werden. Als am stärksten und vor allem noch nach vielen Generationen sehr ausgeprägt magisch Begabte gelten die Nachfahren von Halbelben. Viele der frühen Anhänger Slytherins machten sich also auf die Suche nach den Wohnstätten der Elben um ihr Blut aufzufrischen. Als die Elben dies erkannten, zogen sie sich immer weiter aus unserer Welt zurück und nur noch selten kommt es heute noch zu einer Vermischung zwischen Elben und Menschen, denn diese muß freiwillig geschehen. Kein Magier, und sei er noch so mächtig, ist in der Lage, einer Elbe seinen Willen aufzuzwingen..."
"Nein, einer Elbe nicht, aber einer Halbelbe schon..." seufzte Albus Dumbledore und schlug das Buch zu. Wieder nahmen die Sorgen in ihm überhand. Wenn er sie nur noch lange genug vor der Wahrheit beschützen könnte... Wenigsten sah sie menschlich genug aus um nicht allzu sehr aufzufallen, bis sie reif genug war, sich nicht von den Falschen beeinflussen zu lassen. Und sie wußte, wie sie sich zu verhalten hatte. Sein Bruder und seine Frau, die Elbe, hatten es Florence schon von Geburt an beigebracht: "Verhalte Dich unauffällig, sage niemandem, wer deine Eltern sind, es ist wichtig, sehr wichtig..." Sorgen, nichts als Sorgen. Dumbledore drehte seinen Stuhl und schaute aus dem Fenster in die Nacht, Fawkes den Phönix immer noch auf der Schulter.
Während die Gryffindors in ihrem Turm friedlich schliefen, heckten die Slytherin - Erstklässler in ihrem Verlies schon die nächsten Gemeinheiten gegen James Potter und seine Freunde aus. Florence Farstalker war von den meisten Slytherins schon wieder vergessen worden, nur nicht von Severus Snape. Ihr rechter Haken war schon ziemlich beeindruckend! Und schmerzhaft. Severus grinste. 'Mal schauen, was die Kleine noch so drauf hat...' dachte er bei sich und schaute sich in seinem neuen zu Hause um. Hier war er wer. Nicht nur der Klotz am Bein, der zu gehorchen und Erwartungen zu erfüllen hatte, nein, hier war er Severus Snape der Erstklässler, der eine kleine blöde Gryffindor grün gehext hatte...
