„Jetzt sehne ich mich nach meinem verlorenen Schlaf…", seufzte Anna auf dem Weg zum Café. Die ersten beiden Stunden waren ausgefallen und sie war wohl die Einzige, die das nicht wusste. Gut, sie hatte in der Klassengruppe geschrieben, dass die anderen nicht kommen mussten, da sie die Erste war, die eigentlich immer die Schule erreichte. Der Bus fuhr halt nur jede Stunde und bis nach ihr zu Hause war es nicht gerade ein Katzensprung.
Das Essen in der Cafeteria der Schule war grauenhaft und Anna hatte Letzens mit ihren Mitschülerinnen die Theorie aufgestellt, dass es sich dort auch um genmanipulierte Lebensorganismen Handel könnte, die aus seinem Labor ausgebrochen waren.
Das Mittagsmenü ging da gar nicht geschweige das Frühstück! Und da das Café, welches auch Annas Lieblings Café war, gerade nur 15 Minuten von der Schule entfernt war, ließ sie es sich nicht nehmen, dorthin zu gehen. Vor kurzem hatte Anna die Schule gewechselt, um ihr Abitur abzuschließen, doch es ärgerte sie immer wieder, wenn sie, wie so manche Mitschüler, bei so etwas nicht einfach nach Hause gehen kann.
Aber ein guter Café oder Kakao am Morgen würde nicht schaden.
Nach einer weiteren Straßenbiegung kam sie endlich an dem Cafe an und wurde freundlich von dem Besitzer Jerome Jetome begrüßt. Der Ladenbesitzer war äußerst freundlich, auch wenn Anna sich am Anfang wirklich verkneifen musste, aufgrund seines französischen Akzents nicht zu lachen. Aber sie war ja oft hier und das nicht nur morgens sondern auch am Mittag, wenn sie ihren Bus nicht bekommen hatte. Die rothaarige machte sich dann auf, zu ihrem Lieblingsplatz zu gehen, der sich am Fenster befand. Anna liebte es, die Menschen draußen beobachten zu können, während sie hier ihren Cafe trank. Ein kurzer Blick auf die Karte und sie wusste auch schon, was sie bestellen wollte. Nach Café war ihr doch nicht der Sinn, ein Kakao war ihr heute lieber. Zudem liebte sie heiße Schokolade oder generell alles was damit zu tun hatte.
Als Jerome dann zu ihr kam, gab sie ihre Bestellung auf und der Mann gab ein „Qui madame!", von sich, ehe er verschwand.
Anna hielt sich die Hand vor dem Mund und kicherte ein wenig leise. Sie hatte es vergessen, ab und an sprach Jerome auch Französisch.
„Das alles ist doch seltsam….jetzt könnte ich schön zusammengekuschelt im Bett liegen und…", Annas Selbstgespräch wurde immer leiser, als sie vom Fenster aus eine junge Frau auf das Cafe zulaufen sah. Wer war dass denn bitte? Anna rückte ein wenig zur Fensterscheibe heran und betrachtete die Frau genauer, als sie auch schon aus ihrem Blickfeld ging und sogleich sich die Ladentüre öffnete. Herein kam dann genau diese. Ungläubig sah Anna nach ihr. Die Fremde trug eine blau-graue offene Jacke, wo sie ein weißes Shirt darunter trug. Dazu passend dann eine enge, blaue Jeans und die dazugehörigen Schuhe. Aber am meisten beruhte Annas Blick auf ihrer Frisur. So etwas hatte sie ja noch nie gesehen. Die blonden, langen Haare waren zu einem Zopf gebunden, den die Frau dann über ihre rechte Schulter fallen ließ und ihre Strähnen des Ponys waren perfekt nach hinten positioniert.
Doch kaum dachte Anna darüber nach, sah die Frau auch schon in ihre Richtung und sofort mied die rothaarige ihren Blick. Ihr war es peinlich sie so angestarrt zu haben und doch… kurz hatte sie in ihre blauen Augen blicken können. In ihre eisblauen Augen.
Wer war diese Frau denn bloß?! Anna grübelte kurz und wagte es sich doch, nochmal nach ihr zu sehen, als die Blonde zwei Tischreihen vor ihr einen Platz einnahm und sogleich ein Buch herausholte. „Ob sie von hier ist?", flüsterte Anna zu sich selbst und versuchte das Buch zu identifizieren, doch leider konnte sie den Titel nicht lesen. Von ihrer Schule konnte sie doch nicht sein, sie schätze sie aber im gleichen Alter wie sich selbst.
„Hier ihr Kakao.", sprach Jerome sie von der Seite an und Anna zuckte merklich zusammen, stieß ein kleines Keuchen aus und sah Jerome finster an. „E-Erschrecken s-sie mich doch nicht so!", plapperte Anna darauf los und Jerome zog die Augenbraue hoch. „Ich habe sie aber noch gerade vorher angesprochen, Madame.", gab der Ladenbesitzer von sich und Anna kniff die Augen zusammen. „Oh, ach wirklich? Ich meine ja, natürlich, dass war nur ein Versehen…ich…also…danke für den Kakao.", versuchte sich Anna zu retten um ihren Trancezustand gegenüber der Fremden niemanden Preis zu geben. Bei dem Gespräch des Franzosen und der rothaarigen, stoppte die Blonde ihr Lesen und sah über ihre Buchseiten hinaus. Anna bemerkte sogleich den Blick von ihr, denn ihre eiskalten Augen trafen sie wie einen Schock. Sie wollte wohl ihre Ruhe haben, immerhin lass sie gerade.
„Sehen sie nicht, dass ihre andere Kundin a-auch bedient werden will.", stotterte Anna nur noch und Jerome machte sich dann auch von dannen um der blonden etwas bringen zu können.
"Mon Dieu, auch einen Kakao,? Dabei macht ein richtig guter Cafe einen so richtig wach…versteh einer die jungen Damen von heute…", Kopf schüttelnd lief Jerome dann hinter die Theke und zur Küche und Anna konnte sich dann doch ein leichtes Kichern nicht verkneifen, zudem dann die Fremde erneut über ihre Buchseiten sah und Anna ebenso ein leichtes Schmunzeln schenkte.
Anna verstummte und sah zu ihrem Kakao. Dieses Lächeln…
Woher kam sie? Die Neugierde des Rotschopfs hielt sich zuerst in Grenzen, da sie die Blonde beim Lesen nicht stören wollte. Die Zeit verging und als Anna ihren Kakao ausgetrunken hatte, wollte sie im Gästebad nachsehen, ob ihr Mund noch sauber war. Nachdem Anna einmal kurz im Gästebadezimmer war, um ihr Aussehen zu überprüfen, nahm sie ihren Mut zusammen und trat an den Tisch der Fremden.
Sie war schon gegangen...
