Autor: Valinja

Titel: Tinawien

Genre: Abenteuer, Real Life meets Mittelerde, Freundschaft, etwas Humor Rating: PG

Inhalt: Eine junge Frau landet nach einem Unfall in Mittelerde (soweit nichts neues). Dort muß sie sich in ihrer neuen Umgebung zurechtfinden und ihre Identität suchen. (eine bessere Zusammenfassung geht nicht, mehr müsst ihr selbst herausfinden ;) ) Disclaimer: Weder habe ich Tolkiens Mittelerde, noch die echte Erde erschaffen, also gehört mir im Grunde genommen gar nichts ;) , bis auf einige Charaktere, die ich erfunden habe.

A/N: Seht meiner Ich-Erzählerin ihre Verrücktheit bitte etwas nach ;) Würde mich übrigens SEHR über Feedback freuen, ihr seid doch so lieb? *grins*

Und vielen Dank an Dukkha fürs Betareading :)

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Tinawien

Kapitel 1: Felicitas

Hallo! Wer mich noch nicht kennt. Ich bin Felicitas Christensen. Eigentlich ist Felicitas nicht mein erster Name, nur mein Zweitname. Also um ehrlich zu sein: ich heiße wirklich Tinawien Felicitas Christensen. Blöder Name. Brauch mir keiner zu sagen, das ist einfach so. Deshalb sage ich immer ich heiße Felicitas. Und wenn schon jemand frage, dann sagte ich Tinawien ist mein Zweitname. Selbst da glotzen die Leute mich dämlich an. Aber was sollte ich machen? Meine Mutter war Tolkien-Fan. Mit Haut und Haaren.

Und weil sie das war, bin ich mit diesem Namen gestraft. Ich weiß bis heute nicht, wie sie darauf gekommen ist, denn fragen kann ich sie nicht mehr. Sie starb als ich eineinhalb Jahre alt war, kurz nach der Geburt meiner beiden Brüder. Wir wissen bis heute nicht warum. Besser gesagt - ich weiß es nicht. Vielleicht weiß mein Vater mehr, aber ich will ihn nicht fragen. Auch wenn ich damals noch so klein war, ich weiß, dass es ihn sehr mitgenommen hat. Er liebte sie. Auch wenn er ihre Tolkien-Leidenschaft nie verstanden hat. Mein Vater hat mit Tolkien absolut nichts am Hut. Fantasy mag er nicht. Er liebt die Realität und flüchtet sich nicht in Traumwelten. Ich bin da eher geteilter Meinung.

Ich habe die Bücher meiner Mutter geerbt. Also die, die von Tolkien geschrieben wurden. Wie „Der Herr der Ringe"oder „Der kleine Hobbit". Sogar das Silmarillion und einige Wörterbücher. Ja, Wörterbücher. Meine Mutter konnte etwas elbisch. Ich weiß, da gibt es Unterschiede, aber um ehrlich zu sein, ich weiß nicht was sie nun genau konnte.

Um noch ehrlicher zu sein: bis vor kurzem haben mich die Bücher kein bisschen interessiert. Interessiert war ich eher an den Filmen. Lag vielleicht auch daran, dass ich nie gerne las. „Schock deine Eltern, lies ein Buch."Kennt jemand den Spruch? Ich hätte meinen Vater wirklich damit schocken können. Und geschockt war er später wahrscheinlich tatsächlich, als ich die Bücher dann doch las. Die Herr der Ringebücher meine ich. Die anderen Bücher rührte ich nicht an und hab es bis heute nicht getan.

Außerdem las ich die Bücher sowieso nur, weil mich meine Freundin praktisch dazu drängte. Nur weil ich Tinawien heiße. Sie meinte mal zu mir: „Das klingt so elbisch."(Klingt nicht nur so, solls auch sein, du Idiotin). Ok, ich habe es nicht nur gemacht, weil sie mich drängte, etwas neugierig war ich schon. Auf den ersten hundert Seiten schlief ich trotzdem fast ein. Interessant wurde es in den Büchern erst, als ich die Stellen las, die ich schon aus dem Film kannte. Einmal habe ich alles durchgelesen. Doch mir war die Sprache zu altmodisch. Wenn ich schon lese, dann bitte etwas, wo ich nicht jeden Satz zweimal lesen musste, um ihn zu verstehen. Also habe ich die Bücher nie wieder gelesen und mich mit den Filmen begnügt. Ja, ich weiß, die Filme sind anders und die Bücher vermitteln mehr. Aber ich war und bin nun einmal lesefaul. Außerdem... wer liest schon Bücher, wenn in den Filmen so verdammt sexy Schauspieler mitspielen?

Ich gebs zu, ich bin vernarrt in die Schauspieler aus den Filmen. Mein ganzes Zimmer ist voll mit Postern, die ich über die Jahre ansammelte. Selbst die Schranktüren werden nicht verschont und – haltet mich für verrückt, das ist mir egal – sogar an der Decke klebe ich Poster hin, wenn ich nirgendwo mehr Platz finde. Egal wo man hinschaut, in meinem Zimmer hat man ständig das Gefühl von Elijah Wood, Orlando Bloom, Viggo Mortensen, Liv Tyler & Co. beobachtet zu werden.

Ja, auch Liv Tyler. Ich finde sie ist eine verdammt hübsche Frau. Dagegen kann ich mich nur hinterm Spiegel verstecken, besonders mit meinen Haaren. Ich sage, sie sehen „orangig"aus. Manche nennen es auch rot. Außerdem sind sie sehr lang (manche beneiden mich darum, was der einzige Grund ist, warum ich sie mir nicht abschneiden lasse) und vor allem platt. Keine einzige Wellung ist zu entdecken. Stinklangweilig! Dazu habe ich Sommersprossen um die Nase und bin groß – sehr groß für die normalen Verhältnisse - und schlank. Eigentlich finde ich mich sogar fast schon zu schlank. Dürr trifft es eher.

Schule mochte ich nie. Die Naturwissenschaften waren mir zu kompliziert, Mathe verstand ich nicht. Warum zum Teufel muss man in dieser Welt bloß lernen, was Parabeln, Logarithmen oder sonstiges sind? Wozu brauche ich das? Hat es mir geholfen? Nein. Das Einzige was ich an der Schule mochte, waren die Fremdsprachen. Allen voran Englisch. In Englisch war ich das Ass der Klasse. Ich verbrachte sogar viele meiner Ferien in England. Vielleicht lag es auch daran, dass ich Englisch so gut konnte und Französisch weniger (obwohl ich es mochte). Ich verstand – und verstehe - zwar nicht, wozu ich auf Englisch Gedichte und Geschichten analysieren und interpretieren musste, aber mir machte es immerhin Spaß und heute bin ich dankbar dafür.

Oft war ich bei meinen Schulfreundinnen zu Besuch oder übte meine Hobbies aus, sobald es die Schule zuließ. Meine große Leidenschaft ist schon immer das Reiten gewesen. Ich mag alles was vier Beine hat. Als ich klein war, besaß ich eine Katze. Außerdem nahm ich Fechtstunden, seit ich zwölf war. Meine Mutter konnte fechten. Sie war sogar ziemlich gut. Deshalb habe ich damit angefangen. Ich wollte ihr näher sein, indem ich etwas machte, das sie auch gemacht hatte. Blödsinnig war das, ich weiß. Aber ich fühlte mich gut so. Und meine Brüder taten es schließlich auch. Marc und Martin. Manchmal konnte ich sie knuddeln, manchmal auf den Mond schießen. Wir verstanden uns und verstanden uns nicht. So ist es eben bei Geschwistern. Wer kennt es nicht? Aber im Herzen liebten wir uns. Sowieso. Wie sollte es anders sein?

An meinem 19. Geburtstag feierten meine Freunde eine Überraschungsparty für mich und ich – wie es sich gehörte – wusste nichts davon. Jeder andere hätte sich gefreut! Aber ich? Ich war sauer. Ich hätte so gerne mit Sandra, Karen und Maike einen gemütlichen Videoabend veranstaltet und was passierte als ich nach Hause kam? Genau! „ÜBERRASCHUNG!"SIE waren so begeistert, ICH hätte sie allesamt erwürgen können! So bin ich eben. Dämlich. (wahlweise auch bescheuert oder brillant) Ein Sturkopf. Wenn etwas erst mal in meinem Kopf ist, dann muss es auch so passieren, sonst drehe ich regelrecht durch oder kriege sonstige Anfälle. Doch heute bin ich fast froh darüber! Warum? Es ist ein Stück aus meinem alten Leben. Ein Stück Normalität. Denn Normalität gab es nach meinem 19. Geburtstag nicht mehr lange.

Wie es dazu kam? Ich glaube, das ist das Einzige in meinem Leben, was mir wirklich bis auf alle Ewigkeit im Gedächtnis haften bleiben wird. Auch wenn ich den Grund zuerst nicht erkannte. Es wäre wohl auch ein Wunder gewesen, wenn ich es gewusst hätte. Ich könnte manchmal gegen eine Wand laufen und erst hinterher bemerken, das da überhaupt eine war! Schlechtes Beispiel, aber ein anderes fällt mir jetzt nicht dazu ein.

Ich hatte gerade mein Abi mit einem Notenschnitt von 2,5 gemacht und hatte das Gefühl stolz auf mich sein zu können. Auch wenn mir meine Note nicht viel brachte. Schon vorher hatte ich beschlossen Pferdewirtin zu werden und mich in einem kleinen Gestüt und Ausbildungsstall beworben. Dem Besitzer dort war mein Notenschnitt egal, solange ich nur gut genug mit Pferden umgehen konnte. Und das konnte und kann ich. Hey, ich mag nun mal Vierbeiner. Dreht mir 'nen Strick draus, aber es wird sich nicht ändern.

Um unser bestandenes Abi zu feiern (das selbst Sandra geschafft hatte, obwohl sie außer beim Sport eine komplette schulische Niete war), hatten wir beschlossen 2 Tage in einem Freizeitpark zu verbringen. Nur leider, leider, leider – sagte ich schon leider? – wurde (natürlich) mal wieder alles über den Haufen geworfen. Maikes Auto (Maike war die Einzige von uns, die schon ein eigenes Auto besaß) musste in die Werkstatt, Sandras Vater (der Zeit hatte) wollte uns nicht fahren (ich bot Sandra an, ein ernstes Wörtchen mit ihm zu reden, aber sie lehnte dankend ab) und zum allen Überfluss rief Karen noch an.

„Feli"(das ist mein Spitzname) „haaaatschiiiii... Feli, ihr... haaaatschi... ich glaub, ihr müsst ... hatschi! ... alleine fahren."Hörte ich durchs Telefon. Vielleicht sagte sie noch mehr, aber durch ihr ständiges „Hatschi"verstand ich nicht viel davon. „Jetzt sag nicht, du bist krank", schmollte ich. „Was... haaaaatschi ... kann ich denn dafür?"fragte Karen säuerlich. „Vielleicht hättest du nicht unbedingt samt Klamotten in den See springen müssen zwecks mitternächtlicher Schwimmeinlage?",fragte ich zurück. Karen schnaufte am anderen Ende der Leitung. Tat sie gerne. Machte sie übrigens immer, wenn ich solche Weisheiten von mir gab. Was auch der Grund war, warum ich nicht damit aufhörte. Ich liebte dieses Schnaufen. „Du weißt ganz genau, das Jonas und Lukas mich reingeschmissen haben."(oh wunder, ein vollständiger Satz ohne „Hatschi"-Unterbrechung), klagte sie an. „Und überhaupt, du kannst jawohl gar nicht mitreden, Tini." (auweia, das war gemein. Tini wurde ich nur genannt, wenn mich meine Freunde a) ärgern wollten oder b) sauer auf mich waren. Der Grund ist einfach. Tini ist eine Abkürzung von Tinawien und wie ihr wisst, bin ich auf diesen Namen nicht gut zu sprechen. Aber lassen wir weitere Ausführungen). „Und warum?",frage ich äußerst liebenswürdig zurück. (ich bin die Liebenswürdigkeit in Person, müsst ihr wissen). „Du ... HATSCHI!... DU bist doch NIE krank!"brüllte sie regelrecht durchs Telefon, so dass mir fast das Ohr explodierte. Aber recht hatte sie. Ich weiß nicht warum, aber ich war in meinem ganzen Leben noch nie krank gewesen. Wirklich! Auch als Kind nicht. Mein Vater (bzw. seine Krankenkasse) hätte sich das Geld für meine Impfungen sparen können. Dafür hatte ich mir schon des öfteren was gebrochen, weil meine Pferde immer äußerst höflich waren und mich ständig vorausschickten, wenn ihnen etwas nicht behagte. Und das passierte – leider – recht häufig.

Fakt war jedenfalls: Karen konnte unmöglich mitfahren. So müssten Sandra, Maike und ich alleine fahren, versicherte mir Karen zwischen fünf Niesern. Und (Man höre und staune!) mein Vater erbot sich sogar uns zu fahren. (Ich muss hinzufügen, er war absolut dagegen gewesen, dass wir in diesen Freizeitpark fuhren. Er meinte das wäre nur Kommerz.) Allerdings stellte er eine Bedingung – er wollte über Nacht fahren, da er am nächsten Tag früh zurück sein musste (Ich glaube, er brauchte nicht viel Schlaf, oder wie hätte er das sonst schaffen wollen?).

Um 22 Uhr an einem warmen Sommerabend fuhren wir los. Es ist seltsam, aber ich weiß noch ganz genau, dass es der 23. Juni war. (Warum bloß merke ich mir immer solchen Mist? Es gibt wichtigere Dinge als das Datum, aber gerade das brennt sich in mein Gehirn ein. Ehrlich! Manchmal könnte ich mich selbst dafür erwürgen, aber das wäre für meine Gesundheit schlecht. Menno!) Ich warf einen kurzen Blick auf unser Haus, bevor ich ins Auto stieg. Das Haus war eher klein und alt, dafür aber urgemütlich. Schon bevor mein Vater, meine Brüder und ich dort wohnten, hatte meine Großmutter darin gelebt, denn es war schon lange im Familienbesitz. Hätte ich gewusst, was passieren würde, dann hätte ich mehr als einen flüchtigen Blick drauf geworfen (Von Feli, der Hellseherin, hat sicher noch keiner gehört, oder? ).

Mein Vater war ziemlich sauer (Das wird er nur selten, aber wenn dann richtig!), weil ich noch eine halbe Stunde nach meinem verschwundenen Handy gesucht hatte. (Was kann ich denn dafür, wenn sich das klammheimlich hinterm Sofa versteckt? Mein Handy hatte schon immer sein Eigenleben, was man auch an der monatlichen Rechnung sah) Jedenfalls fuhr er schneller als gewöhnlich. Und das mit unserem – wenn man es nett formuliert – alten Auto. Wenn ich ehrlich bin: das Auto war schon so alt, dass es beinahe die Urgroßmutter eines jeden modernen Autos sein könnte. (Wer es bis jetzt nicht gemerkt hat (Achtung an die „Blitzmerker"! (...) Ich neige unter anderem auch zu Übertreibungen). Ich bezweifle, dass das Tempo gut für unsere Klapperkiste war. Von unserem Haus, das in einem Dorf am Rande der Eifel steht, bis zu dem Haus von Maikes Eltern, wo wir sie und Sandra aufgabeln sollten, war es eine gute halbe Stunde Fahrt über die Landstraßen. Bei dem Tempo meines Vaters brauchten wir höchstens zwanzig Minuten (schätzte ich zumindestens). Es war dunkel, als wir in ein kleines Waldstück fuhren, das mir sehr bekannt war, da hierher die meistens meiner Ausritte zu Pferde führten. Das Waldstück war bei vielen Wanderern sehr beliebt, denn hier lebte (selten kommts vor) eine ganze Rotwildfamilie. Doch die wurde uns an diesem Abend zum Verhängnis (Notiz: Rotwild meiden, sollte ich je wieder welches treffen!).

Das Auto fuhr schnell aber gleichmäßig und ich hatte den Kopf an die Fensterscheibe gelehnt und starrte auf die Straße, die sich vor uns durch den Wald zog. Mein Vater schwieg eisern – eine Eigenschaft, die er, im Gegensatz zu mir, weltmeisterlich beherrschte. Mir war die ganze Situation mehr als unangenehm (hey, ich weiß zwar nicht welcher Trottel das meint, aber ich finde es absolut nicht cool, sich ständig gegen seine „Alten" aufzulehnen). „Dad, (wie ihr wisst, liebe ich das Englische) könntest du wohl langsamer fahren?"wagte ich zu fragen. Ich hätte es besser nicht getan.

Mein Vater sah mich an. Allerdings fuhr er mit unverminderter Geschwindigkeit weiter. „Ich dachte wir wollten schon längst mit deinen Freundinnen unterwegs sein."sagte er. (Wollte ich auch, aber möglichst gesund, bitteschön.) „5 Minuten schneller bringt jetzt auch nichts mehr, Dad."Erwiderte ich. (das hätte ich besser nicht gesagt). „VIELLEICHT BRINGT ES DIR NICHTS, ABER MIR BRINGT ES SEHR WOHL ETWAS. 5 MINUTEN SCHNELLER, HEIßT AUCH 5 MINUTEN SCHNELLER WIEDER ZU HAUSE!" explodierte mein Vater. Oh, oh. Ich habe ihn selten schreien gehört und das ist gut so, denn er kann wahnsinnig laut werden. (Außerdem bringt er so wahnsinnig gute Argumente – Ja, Ironie ist auch eine meiner Eigenschaften.) „Nicht doch, Dad. Du schreckst noch das Wild auf."Scherzte ich (Was seltsamerweise nicht sehr gut ankam.) „UND WENN SCHON. DAS VERDAMMTE WILD IST MIR SOWAS VON..." Weiter kam mein Vater nicht mehr. Im Dunkeln konnte ich einen Schatten erkennen, der von unser Auto huschte, mein Vater riss panisch das Lenkrad herum, als er bemerkte, dass er das Reh zu spät gesehen hatte. Das Auto geriet ins Schlingern, als es dem Tier gerade noch rechtzeitig auswich. Ich kann mich noch daran erinnern, das mein Vater verzweifelt versuchte, wieder Herr über das Fahrzeug zu werden, doch es war außer Kontrolle. Ich hörte meinen eigenen Schrei nicht, als das Auto eine Böschung hinabstürzte, sich überschlug und auf dem Dach liegen blieb.

Das Erste woran ich mich wieder erinnern kann ist, dass ich neben dem Auto aufwachte. Es war stockdunkel und ich konnte nur Konturen erkennen. Wie war ich bloß aus dem Auto rausgekommen? Ich musste herausgeschleudert worden sein, eine andere Erklärung gab es nicht. Doch mein Vater war noch immer im Auto gefangen. Auf dem Bauch robbte ich auf das Fahrzeug zu. Schwach konnte ich die Umrisse meines Vaters erkennen, wie er in den Gurten hing. „Dad", stammelte ich. „Dad, nun sag doch was." Mir tat alles Leid, was passiert war, doch das half mir in dem Moment nicht weiter. „Dad."Versuchte ich es wieder. Diesmal hörte ich eine kurze Reaktion, ein leises Röcheln seinerseits und dann... „Tini?"Es musste schlimm stehen, wenn er mich bei diesem Namen ansprach, aber diesmal ignorierte ich, das ich diesen Namen nicht ausstehen konnte. „Ja, Dad, ich bins,"sagte ich nur, glücklich, dass er überhaupt noch lebte. „Tini... ich muss dir was sagen." „Was denn Dad?"fragte ich leise. Mir war auf einmal seltsam zu Mute. Ein leises Stöhnen drang aus dem Auto und dann die Stimme meines Vaters. Schleppend. Kaum zu hören. Kaum mehr als ein Röcheln. „Auch wenn du es nicht bist..." „Was?"drängte ich, eine ungute Vorahnung beschlich mich. Es war nicht mehr als ein Gefühl. Es blieb still. „DAD!"rief ich (soweit ich überhaupt rufen konnte.) Doch es kam keine Antwort. „Bitte", flüsterte ich. Nichts. Nichts, außer den Geräuschen des Waldes umgab mich und diese hörte ich nicht. Es hätte genauso gut totenstill sein können.

Die Dunkelheit des Waldes zog in mein Herz. Ich konnte nicht glauben, das mein Vater tot war. An mich selbst dachte ich gar nicht. Dabei war ich nie so selbstlos erzogen worden – im Gegensatz zu Karen. Ich weiß nicht, warum ich gerade da an Karen denken musste. Und an Sandra. Und Maike. Sie waren meine Freundinnen, aber sie waren nicht da, als ich mich leise in den Schlaf weinte.