-1Wieviel Überredungskraft es Dumbledore gekostet hatte, ihn wieder als Lehrer nach Hogwarts zu holen? Remus Lupin vermochte es nicht einmal einzuschätzen. Er hatte gehofft, dass das Ministerium irgendwann einmal den Wolfsbanntrank offiziell anerkennen würde, er offiziell als 'ungefährlich' eingestuft wurde. Wobei es natürlich ein Witz war, einen Menschen als grundsätzlich gefährlich einzustufen allein auf Grund der Tatsache, dass er sich einmal im Monat in ein anderes Wesen verwandelte und in dieser Nacht irgendwo in einem verschlossenen Zimmer einfach nur darauf wartete, dass die Nacht vorübergehen und er wieder er selbst werden würde… Doch darüber dachte er nicht mehr nach, schon seit einigen Wochen nicht mehr. Am Anfang, ja, da war es seltsam für ihn gewesen wieder nach Hogwarts zu kommen, die Blicke der vielen Schüler auf ihn gerichteten Blicke, die über ungläubig erstaunt, bis hin zu sichtbar erfreut reichten. Verwunderlich für ihn war, dass sich kaum einer feindselig ihm gegenüber verhielt. Einige Slytherins durchaus ablehnend, aber Feindseeligkeit war etwas, das scheinbar einem Kollegen vorbehalten war, Severus. Die Ablehnung, die ihm schon am ersten Tag den er wieder in Hogwarts verbringen durfte, aus dessen Augen entgegen geschleudert wurde, hatte ihm einen schmerzhaften Stich versetzt. Einen Stich, den er immer wieder spürte wenn er in die Große Halle an den Lehrertisch trat, so wie auch an diesem Abend im Oktober wieder.

"Guten Abend", grüßte er die dort schon anwesenden Kollegen, während er sich einen Stuhl zurecht rückte und mit einem freundlichen Nicken an Severus, worauf sein Kollege nur mit hochgezogenen Augenbrauen, an der langen Lehrertafel Platz nahm.

"Remus, wie war der Unterricht heute?", richtete nur kurz darauf Prof. McGonagall das Wort an ihn.

"Bestens… Wenn man Crouch jun. etwas nicht vorwerfen kann dann, dass er den Unterricht im letzten Jahr hätte schleifen lassen", erwiderte Remus nicht ohne eine Spur Ironie in der Stimme.

"Und deswegen müssen Sie dies nun in diesem Jahr tun. Verstehe."

Remus wandte seinen Blick zu Severus, von welchem diese Vermutung stammte und atmete tief durch. Sein Kollege fühlte sich offensichtlich bemüht, ihm seine Vorbehalte über seine neuerliche Einstellung in Hogwarts, bei jeder sich bietenden Gelegenheit mitzuteilen.

Sofort änderte sich auf diese Worte hin der Ausdruck in Professor McGonagalls Gesicht. Ihre schmalen Lippen wurden noch schmaler, verloren einiges an Farbe, während sie diese fest aufeinander presste und dann doch nicht verhindern konnte, dass ihr einige Worte entschlüpften: "Remus gehört sicher zu den mit Abstand fähigsten Lehrern, die wir in VgddK jemals hatten Severus, versuchen Sie doch zumindest ihre persönlichen Belange einmal außen vor zu lassen und zumindest das anzuerkennen."

"Nicht zu vergessen, dass er ein Gryffindor war. Ich verstehe…", entgegnete Severus kühl, was Remus leicht den Kopf schütteln ließ. So sehr er es sich auch wünschte, so war er doch Realist genug um zu wissen, dass es noch sehr lange dauern würde, bis Severus seinen Hass ihm gegenüber ablegen würde, wenn dies überhaupt jemals möglich war.

McGonagall hingegen war nicht gewillt, Snapes Worte einfach so hinzunehmen. "Was wollen Sie damit sagen? Ich bin nicht diejenige, die die Schüler ihres Hauses so gnadenlos bevorzugt, wie andere Leute das tun…"

"Falls Sie damit auf mich anspielen, und ich bin sicher das tun Sie, muß ich Sie korrigieren, Professor. Ich bin lediglich der einzige, der Slytherins auf Grund der Tatsache, dass es Slytherins sind, nicht vorverurteilt. Wenn Sie das so sehen wollen, dass ich sie bevorzuge, bitte."

McGonagall erhielt keine Gelegenheit mehr, auf diese Worte Snapes etwas zu erwidern, richtete in diesem Moment doch Professor Dumbledore das Wort an die kleine Gruppe zu seiner Rechten.

"Severus, Remus", begann der alte Direktor die beiden jüngeren Männer anzusprechen, "ich möchte, dass einer von euch beiden heute Abend und morgen früh die Grenze der Schutzzauber kontrolliert, Minerva hat dies heute Mittag getan. Auch wenn es im Zweifelfall nicht viel bringen würde, habe ich doch ein besseres Gefühl dabei…"

Remus atmete tief durch. Seit vor zwei Tagen eine Schülerin im Wald durch Fenrir Greyback angegriffen wurde, befand sich das ganze Schloss in Alarmbereitschaft. Nicht zuletzt er selbst. Allein die Tatsache, dass sich ein Todesser im Verbotenen Wald herum trieb und die Schüler sich dadurch in nicht unbeträchtlicher Gefahr befanden, war schon beunruhigend genug. Dass es sich dabei allerdings auch gerade noch um jenen Werwolf handelte, der ihm damals diese Lebensweise aufgezwungen hat, ließ einmal mehr einen kalten Schauer über seinen Rücken laufen. Wie die Hufflepuff-Schülerin entkommen konnte, war Remus nach wie vor ein Rätsel. Doch dadurch war die Gefahr für alle anderen Schüler noch lange nicht gebannt. Auch wenn Albus sofort reagiert und den Schülern strengstens untersagt hatte sich dem Verbotenen Wald auch nur noch zu nähern, so war doch nicht gesagt, dass alle sich daran hielten.

Bei diesem Gedanken huschte sein Blick für einen Moment zum Gryffindor-Tisch, was ihm ein Lächeln entlockte, als er dort Harry und seine Freunde sich munter unterhalten sah. Natürlich hatte der Junge ihn die letzten zwei Tage nahezu unablässig gelöchert, warum sie nicht mehr in die Nähe des Verbotenen Waldes kommen durften, warum der Unterricht in VgddK bis auf weiteres auf dem Hogwarts-Gelände innerhalb der Schutzzauber abgehalten wurde, warum ständig ein Lehrer am Rande des Waldes patrouillierte, doch bislang hatte Remus diesen Fragen standgehalten und sie mit 'reine Vorsichtsmaßnahme' beantwortet.

"Schön, ich gehe heute Abend, Sie morgen früh", unterbrach ihn Severus' Stimme schließlich in seinem Gedankenganz, was ihm neuerlich ein Schmunzeln über das Gesicht ziehen ließ. 'Wie nett, dass du mich auch fragst', ging es ihm durch den Kopf, während er nur laut zustimmte: "Gern Severus, ich hatte noch nie etwas gegen einen Spaziergang am frühen Morgen."

Etwas später an diesem Abend, nachdem er sein Abendessen beendet hatte, verließ Remus mit einem von einem Nicken begleiteten Gruß an seine Kollegen die Lehrertafel, um sich in sein kleines Schlafzimmer zu begeben, welches er nun seit einigen Wochen wieder bewohnte. Es war nicht besonderes, recht klein, aber gemütlich und er war nun wirklich nicht anspruchsvoll. Nachdem er sich umgezogen hatte, teilte er Dobby mit, dass er noch einmal nach Hogsmeade gehen würde, falls man ihn suchen sollte.

Auf seinem Weg aus dem Schloss, über das Gelände der Schule bis zur Grenze der Schutzzauber, konnte er nicht anders als festzustellen, dass sich eine seltsame Spannung in ihm aufbaute, die er so schon lange nicht mehr gespürt hatte. Er war oft angespannt gewesen die letzten Monate, doch niemals weil er sich auf das was vor ihm lag freute. Nicht einmal die Gefühle, die ihn an seinem ersten Tag in Hogwarts ausgefüllt hatten, war hiermit zu vergleichen. 'Verdammt Remus, du führst dich auf wie ein Teenager!', rügte er ich im Gedanken selbst, woraufhin er jedoch nur still vor sich hin schmunzelte. Warum denn auch nicht…? Mit dieser Überlegung erreichte er die Grenze des Apparierschutzes und disapparierte nur wenige Augenblicke später nach Hogsmeade.