Lieber Leser,
Du bist gerade im Begriff, meine zweite Fanfiction zu diesem Fandom zu lesen. Ich entschuldige mich vorab für etwaige Fehler, die ich mit dem Rowling-Universum machen sollte. Sei versichert dass ich alles mögliche versuche, um solche zu verhindern.
... naja, was soll's. Viel Spaß!
Alle Charaktere bis auf Rosemary gehören J.K. Rowling. Ich würde gern Geld damit verdienen, tue ich aber nicht ;)
1
Der Winter im Grimmauldplatz Nummer Zwölf war kalt.
Und das lag nicht etwa an mangelnder Beheizung. Ganz gegensätzlich machte der alte Hauself Kreacher seine Arbeit, wenn auch murrend, routiniert gut und unterhielt in jedem der zahlreichen Kamine des alten Herrenhauses stets ein prasselndes Feuer, sodass selbst das hauseigene Ungeziefer in den abgelegensten Winkeln der Räumlichkeiten warme Füße bekommen musste.
Dennoch hatte Remus Lupin selten eine so unterkühlte Atmosphäre in der Vorweihnachtszeit erlebt, wie in diesem Haus.
Er liebte seinen besten Freund Sirius und er war noch immer unendlich froh, ihn seit zwei Jahren wieder um sich haben zu können, so viel er wollte. Seit der schicksalhaften Nacht, in der ihm seine geradezu märchenhafte Flucht auf dem Hippogreif Seidenschnabel gelungen war, hegten die beiden Freunde regelmäßigen Briefkontakt, besuchten sich sogar häufig und unternahmen, mal auf zwei und mal auf vier Beinen gemeinsame Streifzüge durch das abgelegene Wäldchen, vor dem Remus in einem alten Jägerhaus wohnte.
Aber seit die Lage um Voldemort und die Todesser sich zu verschlimmern, die neue Bedrohung immer realistischer zu werden begann, hatte Dumbledore höchstpersönlich Sirius jegliche Ausgänge bis auf weiteres untersagt. Zu seinem eigenen Schutz, natürlich. Und genau so natürlich war Remus Lupin dem Ruf nach Mitleid und Anteilnahme gefolgt und war kurzer Hand zu seinem alten Freund gezogen, auf dass er nicht vollkommen verrückt werden würde, allein in diesem Haus, in dem ein Portrait und ein Hauself, wenn, dann nur böseste Worte an ihn richteten. Sie teilten sich seit dem Sommer den einzigen halbwegs gemütlichen Schlafraum, Sirius' altes Zimmer, von dessen Wänden ihnen noch immer der rotgüldene Schmuck der guten alten Schulzeit entgegen lachte.
Eine Zeit lang hatten sie nur damit verbracht, das ehemalige Kinderzimmer auf nostalgisch wertvolle Schätze zu durchsuchen und, sich auf dem Bett umher wälzend, in alten Zeiten zu schwelgen. Einige Tage lang hatte sich Remus damit auch gut amüsiert, aber irgendwann hatte Sirius angefangen, ihm auf den sonst stahlharten Nerven herum zu tanzen.
Denn wie jeder anständige Hund, wollte auch er dringend Gassi geführt werden. Er wollte nach draußen, hing mit seiner perfekt geformten Nase und dem nach wie vor schönen Gesicht nur noch an den dreckigen Fensterscheiben, stierte hinaus in den Schnee, beobachtete jeden Sonnenaufgang und stets den Anbruch der Dämmerung, wenn die Lichter im Ort Stück für Stück entfacht wurden. Bei jedem gemeinsamen Essen entdeckte er Mängel an Kreachers, nach Remus' Meinung wirklich nicht zu verachtender, Kochkunst und schwärmte von wilden Nächten auf den verzauberten Straßen Londons, während derer er in ihrer Jugend mit hemmungsloser Völlerei und ungebremstem Alkoholkonsum die geizig ersparten Reichtümer der Familie Black buchstäblich auf den Kopf gehauen hatte.
Manchmal hatte Remus an diesen Abenden das Gefühl, irgendeinem uralten Zauberer dabei zu lauschen, wie er von seinen ungestümen besten Jahren vor der Inhaftierung ins Altersheim referierte. Davon abgesehen schien er sich auch rasend schnell an die Anwesenheit seines Freundes Remus gewöhnt zu haben und wurde sofort argwöhnisch und launenhaft, sobald dieser ankündigte, auch nur für einige Stunden das Haus zu verlassen. Nicht einmal Besuche bei Nymphadora reichten Sirius bald als Ausrede und auch wenn Remus es sich kaum eingestehen konnte, mit Tatze allein in den mollig warmen Herrenhauswänden eingeschlossen zu sein, war weit aus weniger erfüllend, als er sich das vorgestellt hatte...
So kam es ihm nur sehr gelegen, dass sich in der späten Adventszeit der gesamte Weasleyclan zuzüglich Hermine und Harry (sie schienen inzwischen quasi adoptiert zu sein) zu Besuch ankündigte, sowie einige weitere Mitglieder des Phoenixordens. Besonders die Anwesenheit seines Patensohnes würde Sirius von der „Welt da draußen" ein wenig ablenken und ihn, Remus selbst, hoffentlich auch für eine Weile seinen Argusaugen entziehen.
Dementsprechend entspannt saß er an einer Stirnseite des langen, sonst so leer wirkenden Esstisches und ließ seinen Blick über die rotwangigen, vorweihnachtlich gestimmten Besucher gleiten. Trotz der ernsten Zeiten, in denen sie lebten war Remus erleichtert, ihre lachenden Augen und ihr leichtes Gemüt zu beobachten. Er selbst hatte stets versucht, seinem ganzen Leben eine beschwingte Seite zu geben, die ihm von Natur aus versagt schien. Der Fluch hatte ihn immer belastet und würde es auch weiter tun. Aber Schokolade half. Freunde. Und Liebe.
Remus wurde warm ums Herz und sein Mund formte sich ganz unweigerlich zu einem entspannten Lächeln, während Fred und George vor seiner Nase zum dutzendsten Mal an diesem Abend Snape explodieren ließen. Ein Klassiker, der wohl nie mehr aus der Mode kommen würde...
Just mit dem lauten KNALL klopfte eine kräftige Hand an die Tür, neben der das Portrait der verstorbenen Mrs. Black zu keifen begann:
„DUMBLEDORE, verdammter BLUTSVERRÄTER UND HURENSOHN!"
Alle Augen am Tisch richteten sich auffordernd auf Sirius, der schief grinsend abwinkte und aufstand, um die Tür zu öffnen.
„Wenigstens ist sie eine zuverlässige Empfangsdame. Ich weiß IMMER, wer vor der Tür steht."
Gespannt lauschte die Runde am Tisch den Geräuschen im Flur. Trotz der kleinen Versammlung war es stets etwas besonderes, wenn Albus selbst Zeit fand, bei den Treffen anwesend zu sein. Über die letzten Monate hatte er zumeist einem Mitglied bescheid gegeben, und seine Informationen überbringen lassen. Doch heute...
„Albus! Schön dich zu sehen."
Sie alle meinten, das Lächeln des Schulleiters in seiner Stimme hören zu können.
„Davon scheint deine Frau Mutter nicht so überzeugt, mein Junge.", warf er ein und dabei übertraf der volle Klang seiner Stimme mit Leichtigkeit das Gezeter der gerahmten alten Frau.
„Wenn sie jemals freundlich ist, dann weiß ich, dass Voldemort und seine Todesser höchstpersönlich zum Tee vorbeigekommen sind.", scherzte Sirius jovial, doch plötzlich schwieg er erstaunt.
„Oh, wir haben noch mehr Besuch...? Uhm... Kommt doch erstmal rein."
Die Tür fiel zu und wenig später betrat die große, schlanke Gestalt des weisen Zauberers das geräumige Esszimmer und sah sich einer Flut lächelnder Gesichter gegenüber, deren Blicke sich jedoch in Kürze zu seinem Umhangsaum hinab wandten.
Neben Albus Dumbledore stand noch jemand.
Eine schwarze Kapuzengestalt, die jedoch höchstens 1,40 m maß. Ihr Gesicht lag im Schatten und auch von Armen und Beinen war nichts zu sehen, da sie ganz in schwarzen Stoff gehüllt war.
Dumbledore nahm die verwirrten Blicke wahr, als hätte er sie längst erwartet und hob zum Gruß seine Hand, die Finger ganz entspannt abgeknickt.
„Guten Abend ihr Lieben. Wie ich sehe, haben wir das Essen bereits verpasst, Molly?", fragte er an die Köchin des Abends gewandt, die Kreacher mit sehr viel Geschick vertreten hatte. Zwar zweifelte niemand an Sirius' Autorität als rechtmäßiger Hausherr, doch hatte auch keiner der Gäste eine Kostprobe aus der Hand des hasserfüllten Hauselfen riskieren wollen.
Molly Weasley lächelte mütterlich wie immer.
„Für dich ist immer noch etwas Suppe im Kessel, mein Lieber. Hast du Hunger?"
Sie bekam ein ebenso mildtätiges Lächeln zurück, dann wandte der Zauberer sich an seine merkwürdige Begleitung.
„Vielleicht hat die junge Miss ja Lust, deine Kochkunst zu überprüfen?"
Doch die angesprochene Gestalt schüttelt nur hastig den kapuzenbedeckten Kopf.
„Nicht? Na gut... Dann setzen wir uns nur zu euch dazu, wenn es euch recht ist."
Sirius räumte bereitwillig seinen Platz an der Stirnseite gegenüber Remus für Dumbledore und machte Anstalten, einen Stuhl aus der Küche zu holen. Doch da hatte der alte Zauberer bereits mit einem Schwenk seiner Hand einen Silberlöffel vom Tisch in einen komfortablen Sessel für die „junge Miss" verwandelt.
Nachdem diese seiner Aufforderung, wenn auch widerwillig, gefolgt war, faltete er entspannt ausatmend die Hände ineinander und blickte in die erwartungsvollen Gesichter des Ordens.
„Ihr fragt euch sicher, warum ich heute Abend wider Erwarten doch noch angekommen bin, wenn auch...", er warf einen kurzen Blick auf die antike Wanduhr „...ziemlich genau drei Stunden zu spät. Und dazu mit unangekündigter Begleitung."
Wie auch sonst in der festlichen Atmosphäre der großen Halle, füllte die Stimme des alten Zauberers mit Leichtigkeit den Raum an, sodass jeder gespannt lauschen musste.
„Wie ihr alle wisst, hat sich innerhalb des letzten Jahres gewaltig viel verändert. Die Zeiten werden härter, auch wenn es theatralisch anklingen mag.", noch einmal lächelte der Schulleiter, ein kleinwenig schief, dann hob er seine weißen Brauen in die Höhe und räusperte sich.
„Wie dem auch sei, wir sollten uns im klaren sein, dass es momentan nur wenige Hexen und Zauberer auf unserer Seite gibt. Keiner mag uns...", sein Blick streifte insbesondere Harry, „... momentan Glauben schenken. Dennoch dürfen wir nicht aufgeben. Denn wir wissen es besser. Wir sind uns im Klaren darüber, wie ernst die Lage ist. Euch wird aufgefallen sein, dass noch jemand heute Abend hier fehlt,..."
„Kingsley und Mad-Eye.", sagte Arthur ruhig. In allen gleichzeitig schien sich ein mulmiges Gefühl auszubreiten. Doch zur Überraschung der anwesenden Ordensmitglieder schüttelte Dumbledore sein weißes Haupt.
„Hagrid?", stotterte Harry Potter.
„Nympha-" - „Tonks?", fragten Molly, dann Ginny.
Gemurmel wurde laut, gänsehautkalte Nervosität flatterte durch den Raum.
„Bill?" - „Fleur?" - „Charlie?"
Die Namen kreisten plötzlich über ihnen wie Aasgeiser, bis Albus einmal fest und laut schallend in die Hände klatschte.
„Meine Lieben, beruhigt euch. Noch ist der Name nicht gefallen."
Die Luft im Raum stand still.
„Ich spreche von Severus."
…
Sirius war der erste, der sich mit einem Schnauben zur Sache äußerte. Und auch alle anderen kamen nicht umhin, entspannt in ihre Stühle zurück zu sinken.
„Der ist doch nie dabei. Wenn ihr mich fragt, gehört er auch nach wie vor-"
„Sirius, im Moment FRAGT dich keiner. Also sei so gut.", schnitt der alte Zauberer ihm nun doch bestimmt das Wort ab. Er sah einmal tadelnd in die Runde seiner, großteils ehemaligen, Schüler. Sie alle fühlten sich für einen Moment wie bei einer dieser unausgesprochenen Strafpredigten, gerügt allein durch denenttäuschten Blick des Lehrers, Schulleiters, Mentors.
„Er erweist uns einen großen Dienst, das sollte euch allen klar sein. Momentan befindet er sich, auf meine Anweisung hin, für mehrere Tage an direkter Seite Voldemorts. Da es über Weihnachten ist, brauchte er keine Ausrede, warum ich ihn hätte gehen lassen sollen und kann sich voll und ganz in die direkte Arbeit vor Ort...", er suchte nach Worten, „...einbringen. Er wird eine ganze Weile nicht in sein Elternhaus zurückkehren, was auch der Grund unseres Besuches ist. Denn er bat mich, im Gegenzug jemanden in Sicherheit zu bringen."
Langsam drehte Dumbledore seinen Kopf der Gestalt neben ihm zu und schenkte dem zögerlich aufblickenden Wesen ein ermutigendes Lächeln. Unter den viel zu langen Ärmeln rutschte ein blasses, kleines Paar Hände hervor, welches auch die bis dato tief ins Gesicht gezogene Kapuze zurück raffte. Darunter zum Vorschein kam...
Ein Kind. Kaum älter als 10 Jahre, ein rundliches Gesicht auf einem schmalen Hals. Unter der weißen Haut schimmerten die klaren, weichen Züge in sanftem Rosa.
„Ich darf euch Rosemary vorstellen. Sie hat bis vor ein paar Stunden bei Severus gelebt."
Ein Mädchen also. Die kurzen, zerzausten, fast weißen Haare hatten nicht direkt darauf schließen lassen, „Ich möchte dich, Sirius, bitten, ihr hier Obdach zu gewähren, so lange er selbst nicht in der Lage ist, sein eigenes Haus stets beschützt zu halten. Würdest du das für ihn... für uns tun?" Den letzten Teil des Satzes hatte Dumbledore rasch angefügt, wie um ein reflexartiges Nein vermeiden zu können. Doch Sirius Black schien in diesem Moment so verwirrt, sowohl von dem Mädchen selbst, als auch von der Tatsache, dass Severus ein Kind haben sollte, dass er gar nicht zu einer direkten Antwort im Stande war. Obwohl der alte Zauberer ihm das an der Nasenspitze ansehen musste, fuhr er in seiner Erläuterung eindringlich fort:
„Sie ist, soweit ich sie in den letzten Stunden kennen gelernt habe, eine äußerst genügsame und zurückhaltende junge Dame. Davon abgesehen verfügt sie über ein großes Talent in..."
„Schon gut, Albus!", unterbrach Remus seinen ehemaligen Lehrer und Vorgesetzten rasch, „Ich denke, du musst nicht weiter Werbung für sie machen. Das Haus ist schließlich riesig und Severus ein... Freund", er kam nicht umhin, kurz zu zögern, „Nicht wahr, Sirius?"
Mehrere Hälse im Raum schienen sich gleichzeitig angespannt zusammen zu ziehen, Fred und George schluckten gleichzeitig leise und hart und räumten mit ein paar Handgriffen ihre Überreste von „Snape explodiert" vom Tisch. Es war nicht lange her, dass Severus und Sirius sich noch in einem Streit um den Okklumentikunterricht für Harry Potter beinahe an die Kehle gegangen waren. Auseinandersetzungen wie diese waren keine Seltenheit, trafen die beiden überhaupt einmal aufeinander, und ihre Hergänge verbreiteten sich wie ein Lauffeuer im Rahmen des Phönixordens. Jedes Paar Augen im Raum schien im Moment an Sirius Black zu haften, der mit seinem eigenen zweimal blinzelte, den Kopf ein wenig zur Seite neigte, so dass einige der weichen, glänzenden Haarsträhnen ihm ins Gesicht rutschten, und seinen umstoppelten Mund zu einem Lächeln formte.
„Niemand weiß besser als Remus, wie sehr ich mich momentan über Abwechslung freue."
Das Mädchen blickte weiter ernst über den Tisch hinweg zu dem fremden Mann, nickte sehr langsam, stand von ihrem Löffelsessel auf und tapste zum hörbaren Entsetzen von Molly Weasley, barfuß hinüber zu ihm. Sie legte den Kopf in den Nacken, um zu ihm hochzuschauen, wobei der viel zu große Umhang ihr noch weiter die Schultern hinab rutschte und ein stück blaugrün karierten Flanells preisgab. Sie trug ihren Schlafanzug. Eine ihrer Hände hob sich Sirius entgegen und auf ihrem runden Kindergesicht zeichnete sich ebenfalls ein sehr vorsichtiges Lächeln ab. Angenehm überrascht umschloss der gutaussehende Mann ihre kleine Hand mit seiner großen.
„Danke, Mr. Black. Ich werde ihnen nicht weiter zur Last fallen, wirklich!"
