Disclaimer: Alle Figuren und Orte in meiner Story gehören Prof. Tolkien. Ich leihe mir sie nur aus und gebe sie unbeschadet zurück. Ich will mit dieser Story kein Geld verdienen, sondern schreibe nur aus Spaß an der Freude.

Vorwort:

„Dunedain des Nordens" ist die Fortsetzung zu „Das Herz einer Amazone". In der vorangegangenen Story wurde Faramir mit einer versiegelten Schriftrolle seines Vaters nach Lothlorien geschickt. Es stellt sich heraus, dass es sich um einen Traum Denethors handelt, der darin aufgezeichnet ist. Nur Heru, der älteste Elb Loriens, kann den Traum deuten. Doch er will dem Truchseß dies persönlich mitteilen. Die Elbenkriegerin Alatariel begleitet Heru und Faramir mit ihrer Truppe. Unterwegs verliebt sich der junge Mann in die Elbin. Denethor ist entsetzt, als ihm Heru den Traum deutet: einer seiner Söhne soll bald sterben. Doch Heru kann ihm nicht sagen, wer von den beiden das sein wird. Denethor ist verzweifelt: Boromir darf auf keinen Fall sterben. In seiner Not wendet der Truchseß sich an den Palantír, in welchem ihm Sauron in der Gestalt Annatars erscheint. Denethor weiß jetzt, was er zu tun hat: er will Faramir töten, um dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen. Inzwischen wird Faramirs Liebe von Alatariel erwidert. Die Beiden werden ein Paar. Denethor besorgt sich Gift von einer Hexe aus dem Druadan-Wald. Boromir kommt ihm auf die Schliche, lässt sich dann aber von seinem Vater breitschlagen, als ihm dieser von Herus Weissagung erzählt. Den junge Mann plagen Gewissensbisse, doch er bringt es nicht fertig, Faramir rechtzeitig zu warnen. Das Unglück nimmt seinen Lauf und Alatariel trinkt von dem vergifteten Weinkelch. Boromir kommt zu spät. Als Faramir merkt, dass ihn seine Familie verraten hat und Alatariel an seiner Stelle gestorben ist, erleidet er einen schweren Schock, der ihn an den Rande des Todes bringt. Erst Gandalf gelingt es, Faramir wieder ins Leben zurückzuholen. Faramir will nicht länger in Gondor bleiben, nach dem, was ihm seine Familie angetan hat. Gandalf möchte, dass sich Faramir den Waldläufern des Nordens unter Aragorn anschließt. Die Freundschaft zwischen diesen beiden Männern könnte wichtig für die Zukunft Mittelerdes sein...

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Dunedain des Nordens

Kapitel 1: Ankunft in Bree

Faramir und Gandalf waren bereits viele Wochen unterwegs. Sie hatten Rohan durchquert, ohne in Edoras Halt zu machen.. Dann waren sie auf der breiten Nord-Süd-Straße weitergeritten, bis sie den sogenannenten Grünweg erreichten, der nach Bree führte. Der junge Mann war schon ziemlich gespannt auf Aragorn, zu dem der Zauberer ihn bringen wollte. Gandalf hatte ihm schon viel von den Waldläufern des Nordens erzählt. Sie waren ganz anders wie die des Südens, deren Hauptmann Faramir gewesen war. Sie waren durch und durch Naturburschen, die keinen festen Wohnsitz hatten und immerzu, egal ob Winter oder Sommer, durch die Wälder des Nordens zogen und die Bewohner Eriadors beschützten. Gandalf ahnte, dass es Faramir bei diesen rauen Männern nicht einfach haben würde, aber er wollte, dass der junge Mann aus Gondor mit Aragorn Freundschaft schloß. Der Zauberer wusste, dass dies ein erster Schritt war,um Isildurs Erben dem Thron Gondors näher zu bringen. Und auch Faramir würde irgendwann wieder so weit sein, um nach Gondor zurückzukehren.

Der Grünweg war eine düstere Straße, nicht so gut befestigt wie der Handelsweg, der den Norden mit dem Süden verband. Faramir erblickte links von der Straße eine unheimliche Hügelkette, die halb im Nebel verborgen lag. Er spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten.

„Gandalf, was ist das?" fragte er leise.

„Das sind die Hügelgräberhöhen", murmelte Gandalf vor sich hin.

Seine Miene war plötzlich ernst und nachdenklich geworden. Faramir schluckte, als er das merkte.

„Da oben lauern Grabunholde", fuhr der Zauberer warnend fort. „Wer sich in der Nacht dort verirrt, ist verloren. Die Grabunholde ziehen den nichtsahnenden Wanderer in ein Grab hinein und schläfern ihn langsam ein."

„Das sind ja die reinsten Schauergeschichten", meinte Faramir mit einem verzerrten Lächeln.

Plötzlich lachte Gandalf auf.

„Du brauchst keine Angst zu haben, schließlich bin ich bei dir."

Trotzdem war Faramir froh, als sie am Abend die Lichter von Bree vor sich sahen.

Das Stadttor war zur nächtlichen Stunde verschlossen. Mit einem genervten Seufzer stieg Gandalf vom Pferd und murmelte irgendetwas von „überängstlicher Bevölkerung" vor sich hin. Dann klopfte er dröhnend mit seinem Stab an das Tor. Eine kleine Luke ging auf und ein schlechtgelaunter Nachtwächter blickte hinaus.

„Was gibt es?" knurrte er.

„Allmählich solltest du mich kennen, Malte Stechdorn!" brummte der Zauberer schlechtgelaunt.

„Nun mach schon auf!"

Gehorsam öffnete der Nachtwächter das Tor und ließ die beiden Reiter ein. Neugierig betrachtete Malte den unbekannten jungen Mann, den Gandalf diesmal dabei hatte. Seine Kleidung wirkte auf den ersten Blick schlicht, dennoch war die edle Verarbeitung der abgewetzten Lederrüstung Faramirs nicht zu übersehen für jemanden, der ein Auge für so etwas hatte. Und so Einer war der Nachtwächter Malte Stechdorn. Am nächsten Morgen würde die ganze Stadt erfahren, dass Gandalf einen feinen jungen Herrn aus dem Süden bei sich hatte.

Faramir und Gandalf durchquerten die gepflasterten, nächtlichen Straßen der Stadt. Hier wirkte alles viel ländlicher als in Gondor. Die niedrigen Fachwerkhäuser waren mit Stroh gedeckt und der Marktplatz wirkte beschaulich klein. Auf den Straßen trieb sich allerlei Gesindel herum. Zum ersten Mal in seinem Leben erblickte Faramir Halblinge. Staunend sah er den kleinen Gestalten, die sich um ein paar Kohlköpfe zankten, hinterher.

„Das sind Hobbits", erklärte Gandalf gelassen. „Bis auf ein paar Ausnahmen sind das gefräßige, faule und streitsüchtige Zeitgenossen. Du wirst hier im Norden öfters welche von denen sehen."

Endlich erreichten sie das Gasthaus „Zum tänzelnden Pony".

„Hier treffe ich mich immer mit Aragorn", erzählte der Zauberer. „Doch heute abend wird er, fürchte ich, nicht hier sein. Wir werden also auf ihn warten. Und du wirst dich, so wie wir besprochen haben, einstweilen Faron nennen."

„Faron" war Sindarin und bedeutete so viel wie „Jäger".

Gandalf betrat das Gasthaus als Erster. Faramir hielt sich dicht hinter ihm: er hatte die Kapuze seines Umhangs sicherheitshalber aufgesetzt. Der musternde Blick des Nachtwächters war ihm eine Warnung gewesen. Als der junge Mann den vollbesetzten Schankraum betrat, wurde ihm fast übel von den verschiedenen Gerüchen, die ihm entgegenschlugen. Es roch nach schlechtem Essen, verschütteten Bier, Tabakrauch und Unrat zugleich. Faramir hatte auch schon in Minas Tirith Tavernen besucht. Aber dort war es entschieden sauberer zugegangen als hier. Als erstes fiel ihm die schwarze Katze auf, die ihn vom Tresen aus mit ihren giftgrünen Augen anstarrte.

„Seid gegrüßt, Gerstenmann Butterblume!" rief Gandalf dem Wirt freudig zu.

Butterblume, ein unansehnlicher, bärtiger Mann umrundete den Tresen und begrüßte den Zauberer überschwänglich.

„Ihr wart lange nicht hier, Gandalf", meinte er besorgt. „Ich hoffe, Ihr habt keine bösen Dinge erlebt."

Faramir senkte kurz den Kopf, weil er an Alatariels Tod denken musste. Es war alles noch zu frisch. Er hatte diese Elben-Kriegerin so sehr geliebt.

„Ich sehe, Ihr habt Besuch mitgebracht", meinte Butterblume gutgelaunt und klopfte auf Faramirs Schulter. „Ihr seid gewiß einer von Streichers Männern, oder?"

„Das ist Faron, und er kommt von weit her", erzählte Gandalf kurzangebunden. „Habt Ihr nicht ein Zimmer für uns beide?"

Butterblume rief seinen Knecht Tonda herbei. Der junge Mann zeigte den beiden Gästen ein Zimmer, in welchem sie übernachten konnten.

Faramir war froh, endlich mal wieder in einem weichen Bett schlafen zu können. Deswegen hielt er sich auch gar nicht lange im Gastraum auf, sondern legte sich gleich schlafen.

Gandalf war das ganz recht: er wollte sich umsehen, ob nicht zufällig einer der nördlichen Waldläufer irgendwo in Bree herumlief. Er verließ daher das Gasthaus noch einmal und streifte durch die nächtlichen Straßen. Es dauerte nicht lange, und er hatte Glück: Maruvan, einer der Gefährten Aragorns, lief ihm über den Weg. Gandalf hielt ihn sofort an.

„Könnt Ihr mir sagen, wo sich Aragorn derzeit aufhält?"

Maruvan war ein typischer Waldläufer des Nordens: sein Gesicht war von Wind und Wetter gegerbt. Sein langes Haar war dunkel und etwas verfilzt, und seine Kleidung wirkte schäbig.

„Aragorn wird in zwei Tagen nach Bree kommen: genügt Euch das, Zauberer?" erwiderte Maruvan etwas ungehalten.

Der Waldläufer mochte Gandalf nicht: meistens brachte der Zauberer keine guten Nachrichten, wenn er nach Eriador kam. Und viel zu oft, seiner Meinung nach, brauchte er Aragorn für seine merkwürdigen Zauber-Machenschaften.

Gandalf jedoch beachtete den unwirschen Tonfall des Waldläufers nicht. Er freute sich und dankte Maruvan. Dann ging er sofort ins Gasthaus zurück. Als er in das Zimmer kam, das er sich mit Faramir teilte, sah er, dass dieser schon fest schlief. Zufrieden lächelnd begab sich der Zauberer nun auf seine eigene Lagerstatt.