Valar morghulis.

Und herzlich willkommen, zu einer ganz spontanen Eingebung, die ein OS werden sollte und am Ende so eskalierte, dass sie BIS JETZT schon über 30 Seiten umfast. *lach*
Hier sind die Pferde wirklich gewaltig mit mir durch gegangen und aus einem OS entwickelte sich eine (mindestens) drei teilige Reihe an Two-Shots.
Die Idee zu dieser kleinen Geschichte kam mir, während ich an meiner anderen ASOIAF-FF geschrieben habe, weshalb sich einige Ereignisse, in den Storylines der beiden Geschichten, vermutlich etwas ähneln werden.
(Dennoch haben die beiden Projekte nichts mit einander zutun, stehen völlig selbstständig im Fanfic' Universum!)

Jedenfalls...
Hier noch ein paar kleine Anmerkungen, bevor ihr zu lesen beginnt.
Die Rechte von ASOIAF, den Charakteren, Orginal-Handlungen, Orten, Namen...usw. liegen selbstverständlich NICHT bei mir, sondern bei dem wunderbaren GRRM.
Aber das ist natürlich klar, sollte aber dennoch immer wieder erwähnt werden!

Zur Story an sich sei gesagt, dass es sich um eine 'Total-AU' Fanfic' handelt, die sowohl Elemente der Bücher, als auch der HBO Serie übernimmt.
Das gilt jedenfalls für den roten Faden Handlung. Was die Charaktere, Persönlichkeiten und deren Aussehen angeht, bevorzuge ich eindeutig und ganz klar die Darstellungen der Bücher, gegenüber der (natürlich dennoch wunderbaren und begabten) Schauspieler der Serie. Aber zum Glück ist es ja jedem selbst überlassen, seine ganz eigene wilde fantasie völlig auszuleben, während dem lesen und sich die Charaktere, ganz ungebunden, so vorzustellen, wie sie einem am besten gefallen! (Wer dennoch eine Vorstellung von meiner ganz persönlichen Lieblingsdarstellung SanSan's haben möchte, sollte sich unbedingt 'bubug' s Meisterwerke ansehen! bubug/art/Not-An-Embrace-624376452 )
Beim Alter der Charaktere vermischt sich ein bisschen was von beidem, bei Arya und Sansa halte ich mich zb eher an die Serie, (Arya - 16 Jahre, Sansa 19 Jahre,) während ich beim Altersunterschied von SanSan (14/15 Jahre) den Büchern treu bleibe.
Ihr sehr also, es wird eine bunte Mischung, die sich auch schnell im Verlauf der Handlung erkennen lässt.
Schnell werdet ihr merken, dass sich die Handlung sehr nahe am Verlauf der 7. Staffel (die Bücher sind ja leider noch nicht soweit,) entlang hangelt, jedoch viele Sachen von mir verändert, angepasst oder ganz weg gelassen wurden.

Die Story erzählt die Geschichte NUR aus den Perspektiven der beiden Stark-Schwestern.
Im ersten Teil geht es hauptsächlich um Sansa und Sandor.
Ab Teil zwei bekommen dann auch Gendrya immer mehr Auftritte! *Yey*
Mögliche Nebenpaare treten evtl. kurz auf, haben jedoch sonst nicht viel Einfluss, da ich mich hier ganz und gar auf meine beiden Lieblings Ships konzentriere.

Da ich zwar die HBO Serie (auch) auf deutsch gesehen habe, habe ich die Bücher ausschließlich auf englisch gelesen, genau wie so gut alle FF's die ich lese. Daher wird euch schnell auffallen, dass ich einen deutlichen Hang zu den Orginalnamen habe. Während ich mich, zum Beispiel, mit 'Kleinfinger' und 'der Ehr' ganz gut anfreunden kann, finde ich stumpfe Übersetzungen wie 'kleiner Vogel', 'Struppel' oder 'Stinker' einfach grausig und halte mich in solchen Fällen, einfach (aus pers. Geschmack) stur an die englischen Namen, also an 'little bird', 'Shaggydog' und 'Reek'. Ich habe dennoch mein bestes gegeben, den englischen Anteil gering zu halten und es so zu gestalten, dass es gut verständlich und nicht all zu 'strange' rüberkommt. *hehe* Ich hoffe, ihr stört euch nicht daran.

Auch noch wichtig zu erwähnen:

Jeder Textabschnitt, also jede leere Zeile zwischen zwei Textblöcken, stellt einen eigenen Zeitpunkt da. Eine Art Zeitsprung.
Absätze zwischen den Blöcken bedeuten, dass zwischen den Handlungen eine gewisse Zeit vergangen ist.
Wie viel ist ganz unterschiedlich. Oft ein paar Stunden, es kann sich aber auch um Minuten, Tage, Wochen, Monate handeln.

So. Jetzt habe ich aber wirklich genug geschwafelt...
Ich wünsche euch ganz viel Spaß und Freude beim lesen.
Es wäre wirklich toll, wenn ihr mir am Ende ein kleinen Feedback dalassen würdet und mir sagt, wie es euch gefallen hat!
Ich würde mich ehrlich freuen.

Eure Veela

The wolves of Winter - Teil I.

.Arya.

Es war ein kalter und düsterer Wintertag. Der Wind heulte durch die hohen, kahlen Bäume des Waldes, während die Hufe des rostbraunen Pferdes tiefe Spuren im frischen Schnee hinterließen.
Schon seit zwei Tagen trieb sie ihre Stute voran, immer Richtung Norden, hielt nur an um sich zu erleichtern oder sich die Müden Beine zu vertreten.
Die langsam fallenden Schneeflocken verfingen sich in ihren dunklen Haaren und auf ihrem langen, schwarzen Mantel. Doch die Kälte war ihr nicht unangenehm, schon sogar fast willkommen.
Während sie weiter und weiter durch den Pfad zwischen den hohen Baumstämmen ritt, kehrten unzählige, alte und schon lange verdrängte Erinnerungen an den hohen Norden, ihre Kindheit und ihre Familie zu ihr zurück. Vor ihrem inneren Auge sah sie die Burg, die mächtigen, hohen, grauen Mauern und runden Türme. Sie sah den Burghof, in dem eine Gruppe von vier Jungs Bogenschießen übte, der kleinste, Bran, schoss wieder und wieder daneben, bis sie es nicht mehr mit ansehen konnte und selbst einen schnellen, präziesen Pfeil in die rote Mitte der Zielscheibe schoss. Lachend war sie davon gerannt.
Im nächsten Moment sah sie die feurigen, roten Locken ihrer Mutter... oder die ihrer Schwester? Sie sah ihre leuchtenden Tully-blauen Augen, die schneeweiße Porzellanhaut der beiden Schönheiten...
Es hatte sie immer ein wenig betrübt, dass ihre Schwester all die Schönheit der Mutter geerbt hatte, wohingegen sie selbst immer schon wild, bubenhaft und zerzaust gewesen war.
Heute, nach allem was geschehen war, empfand sie anders. Sie vermisste Sansa sehr, träumte davon wieder ihre blauen Augen auf sich zu spüren, ihre große Gestalt in die Arme zu schließen... doch sie beneidete sie nicht mehr. Was hatte all ihre Schönheit schon genützt? Was hatte sie ihrer Schwester gebracht?
Leid, Schmerz und Verlust. Jeder hatte sie benutzen und in eine Zuchtstute verwandeln wollen. Sie hatten sie gefangen gehalten, mehrmals verheiratet und missbraucht (nach allem was man so hörte), um nicht nur ihr Erbe und Titel für sich zu beanspruchen, sondern ebenso ihre Schönheit und Anmut als Schmuckstück ihrer eigenen Sippe zu tragen.
Arya wusste nun, dass es nicht auf Schönheit oder Bewunderung ankam, es kam darauf an, ob man sich verteidigen und für sich selbst sorgen konnte. Man musste Stahl in den Knochen und Feuer im Herzen haben, wenn man in dieser Welt bestehen wollte, man durfte weder Schwäche noch Angst zeigen. Und das, das hatte sie sich selbst oft genug bewiesen, war ihre eigene, größte Stärke.
Sie war ein Wolf, aus Fleisch und Blut, von Wut und Rache getrieben und doch so eng verbunden mit ihrem Rudel, dass es sie weich und liebevoll werden ließ. Sie war lange zeit ein einsamer Wolf gewesen, doch erinnerte sie sich noch gut an die warnenden Worte ihres Vaters...'The lone wolf dies, but the pack survives.' Er hatte recht. Das hatte ihr Vater immer... Sie war ein einsamer Wolf, doch nun war es Zeit, zu ihrem Rudel zurück zu kehren.

Die Hufe ihrer Mähre hallten laut auf dem verschneiten Steinpfad, vor den Toren ihrer Heimat, auf.
Ihr Blick war starr und ungläubig auf den weit geöffneten Eingang gerichtet, an dem zwei grimmig dreinblickende Soldaten Wache hielten.
Sie konnte es kaum fassen. Hier war sie, nach all diesen Jahren, lebend und zurück in Winterfell.
Zurück zuhause...
Als sie schließlich vor dem Tor hielt und sich geschickt vom Rücken der braunen Stute schwang, starrten ihr die beiden Männer misstrauisch entgegen. Diese Würmer würden besser nicht versuchen, sie am Eintritt in die Burg zu hindern. Während sie den beiden kühl entgegen lächelte, mühelos hatte sie ihre steinerne, emotionslose Maske aufgesetzt, raste ihr Herz aufgeregt in ihrer Brust.

Die Krypta war genau so, wie sie sie in Erinnerung hatte.
Eiskalt, düster und schaurig war es hier unten. Schon als kleines Kind hatte sie es hier geliebt.
Die wenigen, hölzernen Fackeln, die an den grauen Steinmauern brannten, warfen düstere schwarze Schatten über die steinernen Gesichter der Statuen.
Es waren so viele... so viele tote Starks. In den letzten Jahren waren sogar noch viele weitere hinzu gekommen. Beinahe bildeten sich Tränen in ihren Augen, als sie ihren erschütterten Blick über die Gräber ihrer toten Familie schweifen ließ.
Lyanna, die Tante die sie nie gekannt hatte und die ihr doch so verblüffend ähnlich gewesen sein soll.
'Nur das sie als große Schönheit bezeichnet wurde, als sie in meinem Alter war.' Der Gedanke kam plötzlich, ein kleiner Schimmer ihres elfjährigen Ich's. 'Sie ist auch gestorben, als sie in meinem Alter war.'
Ihr Blick glitt weiter, über ihren Onkel Brandon, hin zu ihrem Vater.
Seine Statue war gut aber lange nicht perfekt getroffen. Seine leeren, steinernen Augen schienen auf sie hinunter zu sehen, während er die Hände fest um den Griff eines Schwertes geschlossen hatte. Eines... Es war nicht sein eigenes, es war nicht Eis, nur eine einfache, ungenaue Nachbildung.
Das Schwert war schon sehr lange und unwiderruflich verloren, genau wie ihr geliebter Vater.
Das Grab ihrer Mutter lag daneben, die gemeißelten Locken schienen ihr gerade zu über die Schultern zu fließen und ein warmes, liebevolles Lächeln lag auf Cat's Lippen.
Ein tiefer, verzweifelter Seufzer entfuhr ihr. Wann hatte ihre Mutter sie je so angelächelt? Sie konnte es nicht mehr sagen. Immer wenn sie Catelyn jetzt vor Augen hatte, sah sie besorgt und nachdenklich drein, oder rang sich ein schwaches, gequältes Lächeln ab, die Haut blass, mit tiefen Ringen unter den rotgeweinten Augen. Nichts im Vergleich zu dieser Darstellung.
Robb sah stattlich aus, jung, groß und erhaben ragte seine Statue auf.
Ob wohl wirklich seine Knochen in dem schweren Steinsarg ruhten? Ob sie es wirklich geschafft hatten, seine Gebeine aus den Klauen der Freys zu befreien? Sie bezweifelte es, war dennoch froh, dass man ihrem ältesten Bruder sein wohlverdientes Grab im Rahmen der Familie gewährt hatte.
Anders als bei den anderen Familienmitgliedern hielt er nicht nur ein Schwert, zu seinen Füßen ragte auch die unglaublich detailgetreue Abbildung seines geliebten Schattenwolfes, Grey Wind, auf.
Grey's Augen waren leicht zusammengekniffen, er wirkte ruhig und dennoch bedrohlich.
Ein schmerzlicher Stich durchfuhr sie. Der Anblick des Wolfes rief eine neue Erinnerung hervor, die Erinnerung an Nymeria und wie sie sie im Wald erkannt und doch verlassen hatte.
Neben Robb, etwas weiter hinten und weniger groß, als die Statuen der anderen Starks, erkannte sie zu ihrer Überraschung die Abbildung einer ihr fremden Frau.
Sie war schön. Ihr langes, schmales Gesicht und die großen fröhlichen Augen verliehen ihr ein exotisches Aussehen. Als sie die Frau eindringlich betrachtete, erkannte sie die deutliche Wölbung ihres Bauches.
'Robb's Frau...Lady Stark... Nein. Die Königin des Nordens und Robb's Erbe in ihrem Bauch.' Der Anblick schnürte ihr die Kehle zu. 'Der Grund, warum ihr Bruder hatte sterben müssen. Der Auslöser der roten Hochzeit. Der Auftakt zur Ermordung ihrer halben Familie... und doch... es tut mir ehrlich leid, sie und Robb's Kind nie kennen gelernt zu haben. Robb wäre ein toller Vater geworden. Stark, gerecht und ehrenhaft wie er war. Genau wie Vater.'
Als ihr Blick weiter über die Wand streifte und die nächste Statue erreichte, erstarrte sie.
'Nein!' Keuchend sah sie in die leeren Augen ihres jüngsten Bruders.
Rickon war älter, vielleicht zehn oder zwölf Jahre alt und größer auf seinem Abbild. Doch erkannte sie ihn sofort. Seine wilden Locken und sanften Gesichtszüge. Er hielt kein Schwert in den Händen, zu seinen Füßen thronte 'Shaggydog', grimmig und die zähne ein wenig gefletscht.
Als sie mühsam die aufkeimende Trauer unterdrückte, die sie bei der Erkenntnis seines Todes befallen hatte, sah sie sich weiter um. Zögernd, befürchtete sie doch, weitere Abbilder ihrer geliebten zu entdecken.
'Sansa? Bran?' Doch ihr Blick viel nur auf die alt bekannten, längst gestorbenen, früheren Verwandten. Keine weitere neue Statur war in Sicht. 'Noch nicht, jedenfalls...'

„Arya!" Der überraschte Ausruf ihrer kürzlich wiedergefunden Schwester drang nur entfernt an ihr Ohr.
Zusammen mit Sansa war sie aus der Krypta getreten, noch immer Arm in Arm und ungläubig, trotz der tiefen Freude in ihrem Herzen, wieder einen Teil ihrer Familie in die Arme schließen zu können.
Gemeinsam waren sie über den Hof geschritten, als sich plötzlich eine riesige Gestalt aus dem Schatten der Burg gelöst hatte und ihnen gefolgt war.
Blitzschnell hatte sie ihre Nadel gezogen, richtete sie nun ruhig und leise knurrend direkt auf seine Kehle.
Als sie ihn dunkel und bedrohlich lachen hörte, runzelte sie die Stirn.
„Was, zu den sieben Höllen, machst DU hier, Hound? Ich dachte, ich hätte dich damals am Trident zum sterben zurück gelassen?" Wieder lachte er tief und freudlos auf, beäugte sie aus seinen schmalen, stahlgrauen Augen. „Hättest es besser selbst beenden sollen, bitch."
Eine Weile starrte sie ihn an, überlegte Fieberhaft, was er hier zu suchen hatte, während Sansa weiter auf sie ein schrie. Die Stimme ihrer Schwester war schrill und zornig, trotzdem, oder vielleicht genau deswegen, blendete Arya sie aus. „Vielleicht." Erwiderte sie nach einer Weile, die Stimme kalt und spottend. „Vielleicht hole ich es noch nach."
Die gesunde Augenbraue in seinem vernarbten Gesicht hob sich amüsiert. „Noch immer so wild auf's töten, wolfs-bitch?" Ein seliges Lächeln zog sich über ihre Lippen, ihr Blick wurde glasig. „Mehr denn je." Gab sie nur wahrheitsgemäß zu und ließ schließlich langsam, aber noch immer misstrauisch, ihre dünne, glänzende Nadel sinken.
Schweigend, aus verengten Augen, ließ sie ihren Blick über den Hund gleiten.
Er sah besser aus, als damals, als er sie entführt und von einem Teil des Kontinents zum anderen geschleift hatte. Besser, aber noch immer grausam und hässlich, wie sie fand. Er war noch immer so groß und bullig, wie sie ihn in Erinnerung hatte. Die Stellen seiner Haut, die nicht von der tiefschwarzen Tunika bedeckt wurden, waren blasser als in den sonnigen Zeiten des Sommers. Überall entdeckte sie dicke Narben und an seinem Hals erkannte sie deutlich die alte Bisswunde, die sie selbst genäht hatte.
Sein Gesicht war kantig und entstellt, wie eh und je. Die dunkelroten Brandnarben zogen sich über die gesamte, linke Hälfte seines Gesichtes und seine langen, tiefschwarzen Haare bedeckten bewusst das größtenteils verbrannte Ohr. Doch war er gepflegter und besser gekleidet, als sie ihn je gesehen hatte.
'Was, zum vielgesichtigen Gott, ging hier vor sich?'

„Sandor, bitte...lass mich einen Moment mit ihr alleine."
„Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, little bird."
„Jetzt mach dich nicht lächerlich! Sie ist meine kleine Schwester! Sie ist mein Fleisch und Blut. Sie wird mir nichts tun. Ich weiß, dass du uns in die Krypta gefolgt bist. Trotzdem habe ich dich nicht abgehalten, um sicher zu sein, dass ich im Falle eines Betruges nicht schutzlos in eine Falle tappen würde. Doch jetzt, da wir wissen, dass es wirklich sie ist, meine Schwester, bitte ich dich, mir zu vertrauen und uns alleine zu lassen."
Gespannt lauschte Arya dem flehenden Geflüster ihrer Schwester.
'Sandor? Little bird?' Galle stieg ihr in die Kehle, als sie beobachtete, wie Sansa tatsächlich sanft eine Hand auf die Brust des Hundes legte und ihn zärtlich anlächelte. 'Widerlich.'
„Dein alter Wachhund kann vor der Tür warten." Platzte sie schließlich aus ihr heraus.
Die beiden sollten mal lieber nicht vergessen, dass sie noch immer anwesend war und sie hören und sehen konnte. Zustimmend nickte die rothaarige Schönheit, eine leichte Röte wich über ihre Wangen, Aryas Beleidigungen ignorierte sie schlicht.
Schnell ließ Sansa ihre Hand sinken, löste die Berührung und die Nähe zwischen ihr und dem Bluthund.
Eilig räusperte sie sich und trat ein paar Schritte zurück, in Aryas Richtung.
„Gut." Knurrte der Bluthund nur, lehnte sich grimmig an eine der kalten Steinmauern und beäugte Arya eindringlich. 'Er traut mir nicht. Er sieht was aus mir geworden ist. Gut so. Schlauer Köter.' Zufrieden grinsend folgte sie ihrer Schwester, der Lady von Winterfell, in das alte Schlafgemach ihrer Eltern.

Das Feuer prasselte im Kamin. Nachdenklich starrte Arya in die Flammen, während sie den Becher mit dornischem Wein in ihren Händen drehte.
„Er hat dich gerettet, sagst du?"
„Ja." Sansas Stimme war leise, aber eindringlich. „Nach Joffreys Tod musste ich aus Königmund fliehen, sofort. Meine einzige Möglichkeit war es, Baelish's Angebot an zu nehmen, und mit ihm in das grüne Tal zu fliehen. Er brachte mich zu unserer Tante. Diese färbte mein Haar und man nannte mich Alayne Stone, Bastard-Tochter des Lord Protectors."
Überrascht hob Arya den Blick. „Du? Ein Bastard?" Ein leises, amüsiertes Glucksen entfuhr ihr und Sansa grinste breit. „Genau." Erwiderte sie nur und kicherte leicht.
„Ich war einige Jahre auf der Ehr. Auch nach Lysas Ermordung blieb ich dort, mit Baelish als meinem Beschützer. Er war immer bedacht darauf, mich all die kleinen Tricks und Schwindeleien zu lehren, die er selbst so ausgezeichnet beherrschte. Weißt du... es war nicht einfach, unter seinem Einfluss ich selbst zu bleiben...", Sansas Blick schweifte ab, wandte sich ebenfalls dem Feuer zu während sie sich an diese Zeiten zurück erinnerte.
„Ich habe mich selbst immer mehr verloren... bald war es, als wäre ich wirklich Alayne und als habe Sansa Stark nie wirklich existiert... ich habe Baelish bewundert wie einen Vater... jedenfalls bis er damit begonnen hat, mich immer wieder zu berühren. Erst dachte ich es wären Versehen, komische Zufälle...", ihre Stimme verstummte. Unsicher warf sie Arya einen schnellen Blick zu.
„Doch... es gibt keine Zufälle. Mir wurde schließlich klar, dass ich dort nicht bleiben konnte. Als ich dann eines Nachts ein Treffen zwischen Petyr und einigen fremden Männern belauschte, in dem er andeutete eine Stark an Roose Boltons Bastard zu verheiraten, begann ich meine Flucht zu planen.
Ich wollte in der Nacht des Namenstages unseres Cousins, Lord Robert, fliehen. Wenn alle abgelenkt und benebelt waren, durch das große Fest das stattfinden würde." Gespannt betrachtete Arya ihre Schwester, während diese tief durch atmete.
„Zu dem Fest waren viele Lords und Ladys angereist, sowie unzählige Musiker, Gaukler und Kämpfer. Vor dem großen Festmahl sollten einige, begnadete Schwertkämpfer einige Zweikämpfe abhalten.
Ich war so beschäftigt mit mir und meinen Fluchtplänen, dass ich ihn erst gar nicht bemerkte, als ich über den großen Burghof der Ehr schritt. Er hingegen hat mich natürlich sofort erkannt.
Noch bevor ich begreifen konnte was geschah, hatte er mich in eine kleine Kammer gedrängt und sich zu erkennen gegeben. Aus Vorsicht hatte er sein Gesicht mit einer dunkeln Maske verborgen. Ich war so erstaunt, als er so plötzlich vor mir stand. Oh, Arya. Du kannst dir nicht vorstellen, wie es mir in diesem Moment erging!" „Wurde dir schlecht? Hattest du angst?" Höhnte sie nur, verstummte jedoch sofort wieder, als sie Sansa`s scharfer Blick traf. „Nein. Natürlich nicht. Weißt du, auch wenn du mir nicht glauben willst, aber ich hatte schon damals in Königmund keine Angst mehr vor ihm. Jedenfalls gegen Ende nicht.
Während ich von Joffrey's anderen Männern täglich geschlagen, erniedrigt oder bedrängt wurde, war er immer da, um mich so gut er konnte zu beschützen.
Er war immer da, hat mir mehr als ein Mal das Leben und meine Tugend gerettet, während alle anderen nur darauf aus waren, eben dies zu zerstören." Sansa seufzte und Arya schüttelte langsam und nachdenklich den Kopf. Ihre kurzen braunen Haare wippten leicht um ihr spitzes Kinn.
„Er hat mir schon damals angeboten, mit aus Königsmund fort zu bringen, weißt du? In der Nacht, als das Schwarzwasser brannte, als Stannis die Stadt stürmen wollte. Er kam zu mir, in meine Gemächer, wollte mich mit sich fort nehmen, weg von den hungrigen Löwen. Natürlich war ich damals noch ein Kind. Zu verängstigt und eingeschüchtert, um zu verstehen, was genau er mir da Anbot. Sicherheit, Schutz und Hoffnung darauf, wieder nach Hause zu kommen... doch ich sah nur den Krieg draußen vor dem Fenster und das Blut auf seinem weißen Umhang. Ich konnte mich nicht auf seine Worte konzentrieren, hatte zu viel Angst vor seiner großen Gestalt, der schweren Rüstung und dem scharfen Stahl. Ich habe ihm nicht geantwortet und schließlich ist er gegangen. Ohne mich."
Während Arya schwieg, erkannte sie deutlich die Reue in Sansa Augen. „Ich hätte ihm antworten sollen." Flüsterte sie nur und schüttelte sich schließlich leicht, um sich wieder ein wenig zu fassen.
„Ich blieb also und er floh. Als wir und später in der Ehr wiedertrafen erzählte er mir, dass er dich entführt hatte, um dich zu Robb und Mutter und dann zu Lysa zu bringen." Sansa's prüfender Blick landete auf ihr und Arya nickte leicht. „Das hat er. Aber es war mir alles andere, als eine Freude. Er ist ein Mörder und ein garstiger, sturer Bock!" „Ich weiß. Aber... wer von uns ist heute noch unschuldig? Wer von uns kann von sich behaupten, kein Mörder zu sein?"
Zustimmend breitete sich ein trauriges Lächeln auf Aryas Lippen aus. Sie würde später noch einmal nachhaken müssen, worauf genau ihre Schwester da genau anspielte, konnte sie sich einfach nicht vorstellen, dass ihre süße unschuldige Schwester je einen Mord begangen haben konnte... doch jetzt im Moment waren andere Dinge wesentlich wichtiger.
„Aber ja, du hast recht. Er hat mich beschützt und dafür gesorgt, dass ich in der Wildnis überlebe. Trotz allem habe ich ihn im Stich gelassen. Aus Rache. Und bis heute verspüre ich keine Reue darüber. Es war richtig, jedenfalls für mich. Aus Strafe für seinen Mord an Mycha. Und doch komme ich her und sehe ihn lebend und wohlauf. Hier an deiner Seite. Ausgerechnet an deiner Seite!"
Kurz runzelte Sansa die Stirn. „Rache ist vielleicht für einen kurzen Moment befriedigend, Arya, doch ich denke, dass wir uns auch an die Gnade und Vergebung erinnern müssen. Jedenfalls bei denen, die es verdient haben. Wir alle haben Fehler gemacht, doch sollte jeder von uns nicht die Möglichkeit haben, diese wieder gut zu machen?" Arya schwieg, wandte den Blick wieder dem prasselnden Feuer zu, unfähig ihrer Schwester zu antworten.
„Und glaub mir, Sandor hat gebüßt, mehr als du es dir vielleicht vorstellen kannst.
Er hat mit aller Kraft versucht, uns beide zu beschützen und das, obwohl er keinen Grund dazu hatte. Er war immer da und auch wenn er nicht das gesamte Leid von unseren Schultern nehmen konnte, hat er doch sein bestes gegeben.
Weißt du, damals auf der Ehr, er war nur da, weil gerüchte von mir Erzählten. Von dem schönen, großen Bastard-Mädchen, mit den blauen Tully-Augen. Man erzählte sich, wie ähnlich ich den Tully-Schwestern sei und wie seltsam es war, dass keiner wusste, wer meine Mutter gewesen war.
Er konnte sich nicht sicher sein, dass es sich wirklich um mich handelte, bei dem Mädchen, das sich auf der Ehr versteckte. Und doch kam er, trat als Kämpfer an, um die Chance zu haben mich zu sehen.
Und kaum hatte er mich entdeckt, zog er mich zur Seite und machte mir zum zweiten Mal das Angebot, mich in den Norden zurück zu bringen.
Dieses Mal war ich nicht so dumm und verängstigt, seine Hilfe, seinen Schutz abzulehnen. Wir sind noch in dieser Nacht geflohen. Zusammen auf Strangers Rücken, durch das halbe land, hinauf in den Norden.
Unser Ziel war die Mauer. Jon. Doch es lief nicht alles so, wie wir es geplant hatten."
Wieder erstarb Sansas Stimme, Schmerz, Ekel und Horror glänzten in ihren Augen, als sie fortfuhr.
„Wir hatten uns im Wolfswald versteckt, versuchten unbemerkt an dem besetzten Winterfell vorbei zu kommen. Doch man fand uns. Diese verdammten Hund von Ramsay Snow. Riesige, blutrünstige Biester griffen uns an. Sandor konnte drei von ihnen töten, ehe ihn zwei weitere zu Boden rissen. Snow, inzwischen Ramsay Bolton, anerkannter Sohn des Wächters des Nordens, hatte kranke vorlieben. Er jagte arme, schreiende Mädchen mit seinen Hunden und Waffen durch die Wälder, bis sie erschöpft zusammenbrachen und entweder seine Hunde die Beute lebend zerrissen, oder er ihnen erst den Gnadenschuss verpasste.
Auf einer dieser Hetzjagden fand er uns, erschöpft schlafend unter ein paar alten Bäumen. Du kannst dir vorstellen, wie erfreut er war, als er erst Sandor und dann mich erkannte.
Sie schleppten uns hier her." Seufzend stand sie von ihrem Stuhl auf und ging zum Kamin, ließ ihre langen, eleganten Finger sanft über den Sims streichen.
„Hier her, nach Winterfell. Es war düster und halb zerstört in dieser Zeit. Ramsay war grade erst dabei, die Burg wieder aufzubauen. Begeistert berichtete er mir später, dass er Sandor zu den Hunden gesperrt hatte. Ein Köter gehört zu seines gleichen, höhnte er. Dann brachte man mich in einen hohen Turm, um meine Schwester wieder zu treffen...", Aryas erstaunter Blick haftete auf Sansa, als sich diese zu ihr umwandte.
„Ich erkannte auf den ersten Blick, dass es nicht du warst. Aber ich kannte das grün und blau geschlagene Mädchen sehr gut. Es war Jeyne. Jeyne Pool. Ramsay hatte sie schrecklich misshandelt, noch schlimmer als ich damals von Joffrey missbraucht worden war. Sie war geschunden, vergewaltigt und gebrochen worden und das alles, unter deinem Namen. Die ersten Tage sprach sie kein Wort, weinte nur bitterlich und schrie immer wieder. Am zweiten Tag öffnete sich die Tür und Ramsay kam herein, zusammen mit seinem... Geschöpf. Seinem Reek, wie er ihn nannte. Auch ihn erkannte ich auf den ersten Blick. Theon.
Als ich ihn sah schrie und tobte ich, schlug auf ihn ein, während er sich, ohne sich zu währen, zusammen kauerte und zu zucken begann. Ich schimpfte ihn einen Mörder, dachte ich doch, er habe unsere beiden kleinen Brüder getötet." Arya mochte sich irren, doch meinte sie, eine kleine einsame Träne aufblitzen und schließlich von Sansa's Kinn tropfen zu sehen. „Die Tage im Turm waren die schlimmsten, meines Lebens. Die einzigen Menschen die zu uns kamen, waren Theon und Ramsay. Theon um uns zu füttern, zu baden und unseren Schmutz weg zu kehren... Ramsay um uns zu schlagen, zu schneiden und... und um... um zu vergewaltigen. Jeyne... meine ich." Geschockt zog Arya ihre schmalen, dunkelbraunen Augenbrauen in die Höhe. Die Qualen und die Abscheu waren Sansa deutlich ins hübsche Gesicht geschrieben. Sie war sich sicher, dass ihre Schwester bei ihrem letzten Satz log, sie hoffte jedoch inständig, sie würde sich irren. Es dauerte eine ganze Weile, bis Sansa fortfuhr. „Es war scheußlich, grausam." Ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Er hielt mich vier lange Wochen gefangen. Wochen der Qualen und Unwissenheit. Ich wusste nicht ob ich je wieder aus diesem Turm kommen würde, ob ich das alles überleben konnte. Doch am schlimmsten war, dass ich mir von Tag zu Tag sicherer war, Sandor sei tot.
Nach über einer Woche begann Jeyne mit mir zu reden. Ich teilte ihr Leid und schon bald vertraute sie mir. Ganz so wie in alten Tagen... doch Jeyne hatte so viel länger als ich unter Ramsay gelitten. Ihr Lebenswille war gebrochen und ihre Kraft war nur noch sehr gering. Sie litt unter schrecklichen Albträumen und dadurch an hohem Schlafmangel. Jede Stelle ihres Körpers schmerzte und keiner durfte sie direkt berühren. Keiner außer Theon." Sansas Schilderungen ließen ihr einen eisigen Schauer über den Rücken laufen und sie trank schnell einen großen Schluck Wein, bemüht ihre übliche, emotionslose Miene beizubehalten. Erfolglos.
„In der Mitte der fünften Woche geschah es dann. Stannis Armee stand vor den Toren von Winterfell und Ramsay, blutrünstig wie er war, zog aus um sie alle mit Genuss nieder zu mätzeln, mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht. Jeyne und ich erkannten sofort, dass es unsere einzige Chance war.
Endlich war Ramsay fort und mit ihm jeder kampffähige Mann in der Festung. Als Theon also zu uns kam, um über uns zu wachen, begannen wir beide ihn an zu betteln und zu beschwören, uns zu helfen. Doch erst nach dem ich ihm klar machte, dass er mir etwas schuldete, nach dem er so viel Leid über meine Familie gebracht hatte, stimmte er zu. Vermutlich aus Schuld und Scham, über seinen fürchterlichen Verrat.
Das war der Tag, an dem er endlich ehrlich zu mir war und mir erzählte was wirklich mit Bran und Rickon geschehen war. Er hatte sie nicht getötet, da sie vorher schon aus Winterfell geflohen waren.
Theon befreite und aus dem Turm. Während er Jeyne stützte, die kaum noch alleine laufen konnte, trennte ich mich von den beiden. Ich musste einfach nach ihm suchen, nach dem Theon mir erzählte, Sandor wäre noch immer am Leben!" Die Augen ihrer Schwester blitzten kurz auf, als sie sich an den Tag ihrer zweiten Flucht aus der Hölle, erinnerte.
„Theon und Jeyne gingen zur Waffenkammer, wollten versuchen ein Messer oder ein Schwert zu stehlen. Draußen tobte die Schlacht und wir konnten nicht völlig Schutzlos aus der Burg fliehen und einfach auf das Beste hoffen. Ich rannte also alleine über die Burgmauer, wollte hinunter zum Hof, direkt auf die Zwinger zu. Ich erwartete nicht jemanden an zu treffen, denn fast alle hatten sich aus Angst vor der tobenden Schlacht in das innere der Burg zurück gezogen oder waren selbst auf dem Schlachtfeld."
Eine Weile lang schwieg Sansa, während ihr Blick glasig wurde.
Sie war weit weg von Arya und dem prasselnden Kaminfeuer.
Sie war zurück in den längst vergangenen Zeiten, zurück auf der Flucht vor Ramsay Bolton.
„Dann, kurz bevor ich mein Ziel erreichte, stand sie plötzlich vor mir. Myranda. Dieses Miststück!" Überrascht begann Arya zu lachen. Ihre Schwester fluchen zu hören war so surreal, dass sie fast meinte, es sich eingebildet zu haben.
„Sie war die Tochter des Zwingermeisters und dazu noch Ramsays Hure. Sein irres, brutales Wesen hatte völlig auf sie abgefärbt, oft begleitete sie den Bastard zu uns in den Turm. Ich wusste also sicher, zu was sie im Stande war... Als sie schließlich ihren Bogen hob und genau vor meinem Gesicht spannte, war ich mir sicher sterben zu müssen. Doch dann...", Sansas Blick glitt in weite Ferne und ihre Stimme wurde samtiger, fast träumerisch. „Er war da. Einfach so. Wie es immer gewesen war. Auch er hatte gewusst, dass diese Schlacht und die Abwesenheit der meisten Wachen unsere einzige Chance sein würde, aus dieser Hölle zu entkommen. Mit all der Kraft die ihm noch geblieben war, trotz des Schlaf-, Nahrungs- und Wassermangels, hatte er es geschafft, das schwere Eisentor des Käfigs zu zerbrechen und hatte sich hinaus geschlagen auf den Hof. Später erzählte er mir, dass er nicht wusste wo genau, in welchem der vielen Türme, er mich finden würde, also beschloss er über die Burgmauern nach einem zu suchen, der verschlossen und schwer gesichert war. Als er dann auf den Mauern stand, entdeckte er mich und die Hure sofort."
Ein schwaches Lächeln erhellte Sansas Gesicht, ließ sie jedoch noch immer niedergeschlagen und verletzt wirken. Arya's steinernes Herz wurde schwer, als sie ihre Schwester leise seufzen hörte. Sie hatte Sansa noch nie so erlebt...
„Inzwischen weiß ich nicht einmal mehr, wie oft er mir schon das Leben gerettet hatte, doch als er auf Myranda zu rannte, sie ohne zu zögern an den Haaren packte und ihren Kopf heftig nach hinten zog, bis er am Abgrund der Burgmauer angekommen war, konnte ich es, trotz allem, einfach nicht fassen.
Myranda fiel tief und zerschlug sich den hübschen Schädel auf dem harten Steinboden des Burghofes. Wir wussten beide, dass wir schnell sein mussten. Würde Ramsay zurückkehren und ihre Leiche entdecken, wäre er...", ihre Stimme erstarrte. Nach wenigen, nervösen Atemzügen fuhr sie fort.
„Wir rannten so schnell wir konnten, zu Jeyne und Theon. Die beiden hatten einen der fetten Wachen töten müssen und Theon war völlig voller Blut. Jedoch hatten sie es geschafft dessen Schwert und einen kleinen Dolch an sich zu nehmen, bevor auch sie vor einer Leiche geflohen waren.
Die Tore der Festung waren verschlossen, draußen tobte die Schlacht und plötzlich hörten wir nahende Hornstöße, die Ramsays Rückkehr ankündigten.
Durch das Tor konnten wir nicht, also liefen wir wieder hinauf auf sie Mauern. In einer Reihe kletterten wir auf die Zinnen und... Theon schlang die Arme um Jeyne, drückte ihren Kopf in seinen Nacken, so das sie die Augen schließen musste und... Sprang. Sandor und ich wussten, dass es die einzige Möglichkeit war, also folgten wir den beiden, hinunter in den Schnee.
Unser Aufprall war weitaus sanfter, als der der anderen beiden. Theon landete unglücklich auf Jeynes zerbrechlichem Körper und brach ihr dabei drei Rippen. Sie hatte fürchterliche Schmerzen und konnte sich kaum auf den Beinen halten. Immer wieder verlor sie kurz das Bewusstsein. Doch wir durften nicht halten, mussten weiter, so weit weg wie wir zu Fuß kommen konnten."
Besorgt betrachtete Arya ihre Schwester. Ob sie die erste Menschenseele war, der sie diese schreckliche Geschichte anvertraut hatte? Ob sonst noch jemand wusste, was diese Frau alles hatte durchstehen müssen? Mit Ausnahme des Bluthundes... Vielleicht war das der Grund, warum Sansa so sehr von ihm angetan war. Er war der einzige Mensch, der beinahe jedes schreckliche, brutale Ereignis in ihrem Leben mit erlebt hatte. Er war immer da gewesen... und somit war er vermutlich der einzige, der Sansa wirklich und wahrhaftig verstehen und nachvollziehen konnte.
„Wir flohen hektisch in den Wald, Theon und Sandor trugen Jeyne abwechselnd, während Stannis vernichtend geschlagen wurde. Auf seine Hilfe konnten wir also nicht hoffen. Zwei Tage versteckten wir uns zwischen den Bäumen und dem Schnee...Wussten nicht wohin wir gehen sollten. Zur Schwarzen Festung hätten wir es in unserem Zustand niemals geschafft, zurück in Richtung Winterfell konnten wir auf keinen Fall. Also verharrten wir, wo wir warten. Mitten im tiefen Wolfswald, mitten im Schnee. Wir waren halb erfroren und am Ende unserer Kräfte, als Bolton`s Männer uns fanden.
Doch wieder einmal hatten die Götter meine Gebete erhört. Sandor bekämpfte zwei von ihnen, tötete einen und verletzte den anderen sehr schwer, als ihn ein dritter Soldat außer Gefecht setzte... Ich war mir sicher, dass dies unser Ende sein würde, ich schrie und heule, Theon musste mich zurückhalten, damit ich nicht auf den schwer bewaffneten Mann zustürmte. Ich hatte das Gefühl, die Zeit würde stillstehen...bis... Wie aus dem nichts tauchte Brienne von Tarth auf. Sie ist so eine beeindruckende Frau! Sie und Podrick schlugen die drei weiteren, verbliebenen Männer zurück. Töteten sie schnell und präzise.
Alles ging so schnell, dass ich noch immer voller Panik war, als alle Angreifer und jede Gefahr beseitigt war.
Ich weiß nicht mehr viel von dem, was danach geschah, da ich kraftlos zusammen sackte und Ohnmächtig wurde... Aber Brienne berichtete mir später, dass Theon Jeyne aus dem Versteck holen wollte und schließlich scheußlich schreiend feststellte, dass sie ganz still und stumm da saß. Erfroren. Blau wie Eis. Die arme Jeyne war nach all den Wochen des Hungers und der Misshandlungen...sie war einfach nicht mehr stark genug. Sie kam gegen den harten Winter einfach nicht mehr an."
Nun war sich Arya sicher, dass Sansa weinte. Schnelle und sicher heiße Tränen rannten ihr über die Wangen, während sie den Blick von Arya abwandte.
„Theon war am Boden zerstört... nach ihrem Tod und nach dem er und Brienne Jeyne begraben hatten, hatte er einfach keinen Grund mehr, mit uns zu kommen, wusste er doch das ihm Jon nie verzeihen würde, was er unserer Familie angetan hatte. Also trennten wir uns. Während Brienne, Pod, Sandor und ich zusammen zur Mauer aufbrachen, machte sich Theon auf den Weg zu den Eiseninseln.
Wir erreichten die schwarze Festung nach zwei Wochen. Ich muss zugeben, es beschämt mich, dass ich so schrecklich schwach war, aber ich war die meiste Zeit der Reise ohnmächtig oder fiebrig, nicht fähig selbst zu reiten, oder auch nur aus eigener Kraft aufrecht zu sitzen. Zu meinem Glück mussten wir die beiden Pferde, von Brienne und Pod, sowieso unter uns vieren aufteilen und so viel ich nicht vom Pferd, dank Sandor, der hinter mir auf dem Pferd saß und mich aufrecht hielt, während ich döste."
Wieder leuchteten ihre Augen so seltsam und langsam bekam Arya das ungute Gefühl, dass Sansa wirklich etwas für diesen riesigen, verbrannten Widerling empfand. Bei diesem Gedanken lief ihr ein eisiger, ungläubiger Schauer über den Rücken.
„Jon, der inzwischen seine Wacht in der Nachtwache aufgegeben hatte, begrüßte uns mit offenen Armen und bot uns seinen Schutz an, als wir die schwarze Festung erreicht hatten. Auch wenn er nicht mehr der Lord Kommandant war, durften wir auf der Festung bleiben, planten von dort unsere nächsten Schritte. Jedenfalls nach dem ich mein hohes Fieber und die Erfrierungserscheinungen auskuriert hatte."
Sansa verstummte überrascht, als ihre Schwester plötzlich zu sprechen begann.
„Und dann habt ihr mit den Wildlingen und Baelish's Armee, aus dem grünen Tal, Winterfell zurück erobert. Ich habe Geschichten gehört."
„Genau." Erwiderte Sansa nur und seufzte schwer, während Arya sie eindringlich musterte.
„Und nun... nun sind wir hier. Und das ist der Grund, warum ich dich wirklich bitten würde, Sandor in Zukunft nicht mehr zu bedrohen."

„Hat sie dir je erzählt, was dort oben im Turm wirklich geschehen ist?"
Sie war schon immer gut darin gewesen, so leise wie eine Katze durch die Gänge von Winterfell zu schleichen, schon als kleines Kind. Doch jedes Mal wieder, wenn sie einen anderen so erstaunen oder gar erschrecken konnte, bereitete es ihr eine seltsames, gerade zu gehässiges Vergnügen.
Clegane keuchte und prustete laut, als er sich vor Schreck an seinem starken Wein verschluckte.
Wütend knallte er den nur noch halbvollen Becher auf den schweren Holztisch. „Verdammte Scheiße! Was soll das? Du verdammte Wolfsbitch!" Knurrte er bedrohlich und wandte sich langsam zu ihr um. Seine Augen blitzten vor Wut auf und die Venen an seinem Hals traten bedrohlich hervor. Ein anderer hätte nun vielleicht Angst gehabt, oder sich einschüchtern lassen, doch Arya grinste nur breit, schlenderte gelassen um den Stuhl herum, auf dem er in der dunklen Küche saß und hievte sich schnaubend auf die hölzerne Tischplatte. Ihre kurzen Beine baumelten in der Luft und ihre grauen Augen glänzten amüsiert, während sie ihn eindringlich beäugte. Noch immer wütend brummte er etwas, das sie nicht verstehen konnte und nahm wieder einen tiefen Zug aus dem hohen, vollgefüllten Becher.
Während sie ihn, noch immer grinsend anstarrte und auf seine Antwort wartete, gab er sich wohl die größte Mühe so zu tun, als wäre sie nicht da, als hätte sie ihn nie etwas gefragt. „Also?" Hakte sie ungeduldig nach und erntete einen weiteren, zornigen Blick, aus seinen blutunterlaufenen, dunklen Augen.
„Nein. Nie. Und ich hab' nie gefragt. War nich' nötig, hab' gesehen wie sie aussah, als sie da raus kam. War alles was ich wissen musste." Die Stimme des Bluthundes war rau und hart wie Sandstein, brüchig und schwerfällig, von zu viel dornischem Wein.
Seufzend ließ Arya ihren Blick durch den Raum schweifen. „Ich denke, sie hat mich angelogen. Ich kenne Geschichten über den Bolton Bastard. Er häutet seine Opfer lebend, nach dem er ihnen Gnade versprochen hat. Verführt Jungfrauen, nur um sie dann am Morgen danach nackt, mit Pfeil und Bogen bewaffnet und von 6 Jagdhunden begleitet, durch den Wald zu jagen. Bis seine Hunde die Mädchen schnappen und zerfleischen, oder er sie vorher mit einem seiner Pfeile tötet.
Dieser Fucker ist nicht nur ehrlos, er ist ein absolut mitleidloses Monster. Völlig irre. Es ist einfach nicht möglich, dass er die süße, hübsche Sansa in all den Wochen, da oben im Turm, völlig ausgeliefert vor sich hatte und sie nie..." Ein lautes Knurren ertönte aus seiner Kehle, ehe er zu bellen begann.
„Wär' es das erste mal, das sie dich belügt, bitch? Sie ist inzwischen viel besser darin geworden. Dank diesem schmierigen Wurm, oben in der großen Halle. Sie wird ihre Gründe dafür haben. Also lass sie lügen. Würd' sie wollen, dass wir die Wahrheit kennen, hätte sie was gesagt." Seine Stimme war heißer, bitter, scharf und schneidig wie valyrischer Stahl. Er gab sich alle Mühe unbeteiligt, gleichgültig oder auch nur ruhig zu wirken, doch Arya wusste es besser, konnte ihn lesen wie ein offenes Buch.
Ihre Worte hatten ihn tief erschüttert, so als habe sie genau das ausgesprochen, was er seit Monden vermutet, aber offensichtlich verdrängt hatte. Feuer loderte in seinen sonst so dunklen Augen.
Die Hand mit der er seinen, fast leeren, Becher hielt krampfte. Die dicken Adern an seinem Hals begannen pulsierend zu zucken, genau wie der linke, verbrannte Winkel seines schmalen, hässlichen Mundes.„Kleinfinger?" Überrascht hob Arya den Blick und ihre Brauen. „Ist er etwa noch immer hier?" Mürrisch nickte Clegane, nahm einen weiteren Schluck Wein. „Sie hört nicht auf mich. Hab' ihr mehrfach gesagt, dass sie sich von ihm fernhalten soll. Bin nich' blind, jeder kann sehen wie er sie anstarrt... nur sie nich'... Oder will es nich'..." Mitten im Satz verstummte er, blickte noch mürrischer drein, wenn das überhaupt möglich war. „Du bist ja eifersüchtig!" Ihr entfuhr ein hohes, hämisches Lachen. Zornig richtete sich der Bluthund in seinem Stuhl auf, zog schnell und knurrend einen langen, silbernen Dolch. Richtete seine Klinge genau auf ihr Herz. Überrascht entdeckte Arya die schlichten Verzierungen auf dem Messer. Drei rennende Hunde, auf der anderen Seite... ein winziger Vogel. „Hör genau zu du kleine, vorlaute Wolfsbrut! Darum geht es nicht!" 'Das war definitiv kein Nein.' Ihr höhnisches Lächeln wurde immer breiter, Clegane immer zorniger. „Ich will ihn nicht deshalb von ihr fern halten. Ich will sie davor beschützen, zu was dieser Mann fähig ist. Ich will sie davor bewahren, zu was er SIE machen wird! Er hat schon euren Vater hintergangen, was würde ihn davon abhalten, auch sie zu bescheißen, ohne mit der Wimper zu zucken?!" Bei diesen Worten verfinsterte sich Aryas Gesicht augenblicklich. „Was meinst du damit?" Ihre Stimme war emotionslos, kalt wie Eis, scharf wie der Dolch, den er noch immer auf sie gerichtet hielt.

Einen Moment lang erwiderte er nichts, sah sie nur mit gerunzelter Stirn an, wohl unsicher, was genau er ihr nun sagen sollte. „Hab diesem Wurm noch nie vertraut. Vor allem nicht, seit ich zum ersten Mal gesehen hab', wie er deine Schwester angestarrt hat. Jeder kennt die Geschichte, um ihn und eure Mutter.
Einmal, als euer gutgläubiger, beschissen ehrenvoller Vater noch Hand des Königs war, betrat ich den Thronsaal. Man hatte mich gerufen, es sollte eine Festnahme geben, bei der man meine Dienste erwartete. Als ich mich umsah war schon das ganze verdammte Chaos ausgebrochen. Die scheiß Königsgarde stachen auf die überrumpelten Starkmänner ein. Im Zentrum von allem stand Baelish und hielt eurem Vater ein Messer an den Hals. 'Ich sagte euch, ihr solltet mir nicht vertrauen!' Höhnte der Scheißer noch.
Er war es, der euren Vater verhaften und in den Kerker werfen ließ. Im Namen von Cersei und ihrem Inzest- Bastard von König."
Aryas Kehle verengte sich, ihr Mund wurde staubtrocken wie die dornische Wüste und ihr Herzschlag wurde so langsam, dass das Blut in ihren Adern heiß zu kochen begann.
„Hast du Sansa je davon erzählt?"
„Nein, nie." Mehr brauchte sie nicht zu hören, so schnell sie konnte sprang sie vom Tisch und stürmte aus dem Zimmer, geradewegs zu den neuen Gemächern ihrer Schwester.

Der Götterhain war genau so, wie sie ihn in Erinnerung hatte.
Der breite, rotblättrige Wehrholzbaum leuchtete im hellen, weißen Schnee und dicke Schneeflocken wirbelten um sie herum, als sie an Sansas Seite neben ihrem Bruder platz nahm. Es war wirklich seltsam. Bran war seltsam.

Als sie ihn wieder gesehen hatte, konnte sie nicht anders als ihn fest in ihre Arme zu schließen, doch der Junge hatte ihre Umarmung nicht erwidert. Still und ausdruckslos saß er in seinem hölzernen Stuhl, ein trauriges, schwaches Lächeln auf den Lippen.
„Ich hätte dich hier nicht erwartet, als ich dich das letzte Mal sah, warst du noch auf dem Königsweg. Auf dem Weg Richtung Süden, um die Königin von deiner Liste zu streichen." War alles, was er auf ihre freudigen Ausrufe erwiderte. Keine Worte der Freude, keine Worte der Zuneigung. Nichts.
„Bran hat jetzt... Visionen. Er sieht Dinge." Besorgt warf Sansa ihrem kleinen Bruder einen prüfenden Blick zu. „Was für Dinge?" Überrascht, aber auch interessiert wandte sich auch Arya zu Bran um.
Seine Augen waren so anders... ausdruckslos, gefühllos, er schien weit, weit entfernt zu sein, obwohl er genau hier neben ihr im Götterhain, unter dem Wehrholzbaum saß.
„Ich bin der dreiäugige Rabe. Ich sehe alles was war und alles was ist. Hier und überall auf der Welt."
Nachdenklich runzelte Arya die Stirn, während Sansas Blick noch besorgter, schon fast betrübt wurde.
Es hatte Zeiten gegeben, in denen sie keines seiner Worte geglaubt hätte. Damals hätte sie ihn ausgelacht und aufgefordert, sie nicht zu verscheißern, ihr nicht Nan's alte Märchen als Wahrheiten vorzugaukeln.
Doch jetzt... nach allem was sie in Westeros und Braavos selbst schon gesehen hatte; nach den roten Priestern des Herren des Lichts, nach Menschen die von den toten wiederkehrten, mehrere Male und nach den gesichtslosen Männern, die ihre Gesichter wechselten, wie ihre Kleidung...
Was war schon unmöglich in diesen Zeiten, in dieser verrückten Welt?
Die Tatsache, dass Bran genau wusste wo und wann sie sich befunden hatte... Aryas Kopf schmerzte vor lauter wirren Fragen und Gedanken.
Sie ließ, ohne noch etwas zu erwidern, zischend, durch die zusammen gepressten Zähne, die Luft aus ihren Lungen entweichen. Als Bran plötzlich unter seinen Mantel griff und einen wunderschönen, schwarzen Dolch hervor zog, stutzten die beiden jungen Frauen verblüfft und unsicher. Was hatte er nur vor?
„Baelish gab ihn mir, zusammen mit einer Geschichte. Er erzählte mir, dass dies der Dolch gewesen sei, mit dem man mich damals hatte töten wollen. Er behauptet nicht zu wissen, wem dieser Dolch zu dieser Zeit gehört haben soll." „Und glaubst du ihm?" Arya beäugte den Dolch eindringlich, während Bran nur weiter, wissend lächelte. „Das ist valyrischer Stahl! Baelish würde nie etwas so wertvolles verschenken, ohne einen Hintergedanken dabei zu haben." Sansas Stimme war kühl und Arya meinte, einen gewissen besorgten und misstrauischen Unterton in ihren Worten zu erkennen.
Vielleicht irrte sich Clegane. Vielleicht war ihre Schwester doch nicht mehr so naiv und gutgläubig, dass sie wirklich noch an Kleinfingers gute Absichten glaubte und ihn unbedingt in ihrer Nähe haben wollte.
„Ich muss euch etwas erzählen." Brummte Arya schließlich.
Nervös fuhr sie sich durch die Haare, sah von Bran zu Sansa und wieder zurück. „Sansa. Ich denke du hast einen großen Fehler damit gemacht, Kleinfinger zu gestatten, hier auf der Burg zu bleiben."
Sansas Augen verengten sich. Sie mochte keine Kritik, so war es schon immer gewesen, vor allem wenn diese Kritik aus ihrem Mund geäußert wurde.
„Ich war vorhin unten in der Küche und habe Clegane getroffen."
Bei diesen Worten sah sie ihre Schwester kurz an, wandte sich jedoch schnell ihrem Bruder zu, war seine ausdruckslose Miene doch sicher leichter zu ertragen, als der Sturm an Gefühlen, der sich nun auf Sansas Gesicht abzeichnete.
„Wir haben uns unterhalten und er erzählte mir etwas, das mir ganz und gar nicht gefallen hat... Ich denke, du kannst diese... ähm, Gabe kontrollieren, oder?" Als ihr Bruder zustimmend nickte setzte Arya einen düsteren Blick auf und fuhr fort. „Gut, dann musst du mir einen gefallen tun..."

Die Versammlung war laut und in vollem Gange. Gelangweilt beobachtete sie, wie sich die Lords und Ladys des Nordens in der großen Halle drängten, wild durcheinander riefen und Sansa sich mit einer erstaunlichen Autorität Gehör verschaffte.
Während sich ihre Schwester um die Sorgen und Belange von Jons Untertanen kümmerte, konnte Arya nicht anders, als zu bemerken, was für eine gute Herrscherin Sansa geworden war.
Oft kühl und streng, dann wieder einfühlsam und besorgt, jedoch immer sachlich und scharfsinnig. Hoffentlich würde ihr diese Position nicht zu Kopf steigen. Sansa mochte jetzt zwar den Titel 'Lady von Winterfell' tragen, doch musste sie bedenken, dass nach Jon's Rückkehr wieder er der Herrscher des Nordens sein würde. Arya beschloss, sie später darauf anzusprechen und sie zu warnen, sich nicht zu sehr in diese Rolle hinein zu steigern.
Langsam löste sie schließlich den Blick von der erhabenen Lady, zu der Sansa geworden war und ließ ihn über die Menge gleiten. Als sie schließlich in einer der dunkleren Ecken Cleganes riesige, monströse Gestalt entdeckte, konnte sie nicht anders als zu schmunzeln.
Es war wirklich unglaublich amüsant für sie, zu sehen, wie sich dieser furchteinflößende Bluthund wie ein kleines Schoßhündchen verhielt, wenn es um ihre Schwester ging.
Er folgte ihr oft auf Schritt und tritt. Immer wieder erwischte sie ihn dabei, wie er Sansa verstohlen anstarrte und jedes ihrer Worte in sich auf sog.
Wann immer sie ihn so sah, wurde sie unwillkürlich an all die Male erinnert, in denen er während ihrer gemeinsamen 'Reise', von Sansa gesprochen hatte. Damals war sie zu jung gewesen, um die Bedeutung hinter diesen simplen Worten zu verstehen, doch heute war sie sich im klaren darüber, dass dieser riesige Fucker schon immer verrückt nach Sansa gewesen war.
Sogar auf seinem 'Totenbett' hatte er nur an sie Gedacht, hatte selbst seine reuevollen Tränen nicht bei sich halten können, während er Arya von seiner Zeit mit ihr in Königsmund erzählte.
Auch wenn er nicht ihr den Anschein machte, so einschüchternd und blutrünstig er sein konnte, der alte Hund hatte ein Herz und dieses schien einzig und allein für Aryas ältere Schwester zu schlagen.
In den ersten Wochen hier, zurück zuhause, hatte es Arya angeekelt und verstört, doch jetzt, nach dem etwas Zeit vergangen war, amüsierte es sie nur noch.
Zu gerne beobachtete sie ihn dabei, wie er so offensichtlich nach ihr zu gieren schien und dann doch bei jeder ihrer Berührungen zusammenzuckte, bei jedem ihrer Blicke davon sah. 'Dummer, alter Hund.'
So offensichtlich sein Verhalten auch für sie war, Sansa hingegen schien völlig ahnungslos zu sein.
Seufzend zog Arya ihren Dolch aus dem Halfter an ihrem Gürtel. Geräuschvoll schob sie ihren Holzstuhl zurück, schwang die Füße auf den langen Tisch, lehnte sich zurück, ignorierte Sansas zornige Blicke und begann damit, den Dolch gelangweilt in ihrer Hand zu drehen.

.Sansa.

Seufzend lehnte sich Sansa aus dem weit geöffneten Fenster ihres Schlafgemaches. Draußen war es bereits seit einigen Stunden tiefste Nacht und nur der helle, weiße Schnee erleuchtete die Umgebung im schwachen Licht des Mondes.
Es war totenstill in und um die Burg. Alle lagen schlafend in ihren Betten, alle außer sie selbst.
Vor einer Stunde hatte es zu schneien aufgehört und ein heulender, eisiger Wind hatte eingesetzt.
Kälte hatte noch immer eine seltsame Wirkung auf sie. Nach all den schrecklichen Jahren im Süden genoss sie die beißenden Temperaturen des Nordens. Keiner konnte sich so sehr über einen stürmischen, schneebedeckten Wintertag freuen, wie sie.
Ein leises Klopfen ließ sie zusammen fahren. Nervös wandte sie sich ab vom weit geöffneten Fenster und der verschlossenen Tür zu. „Ja?" Rief sie schließlich laut und streng aus, nicht bereit ihre Tür zu entriegeln, ehe sie nicht wusste, wer davor auf sie wartete.
Brienne, die als ihr geschworenes Schild, ihr Leibwächter, fungierte beendete ihre Wacht um die Zeit des Wolfes und so konnte sie nicht sicher sein, dass ihr der späte Besucher kein leid zufügen wollte.
„Ich bin es." Als sie seine raue, dunkle Stimme erkannte machte ihr kleines, dummes Herz unwillkürlich einen heftigen Satz.
'Sei nicht so kindisch, Sansa. Reiß dich zusammen!' Ermahnte sie sich streng, während sie schnell zur Tür schritt, um diese zu entriegeln und ihn ein zu lassen.

„Dachte mir, dass du nicht schlafen kannst." Als er in ihre Gemächer trat und seinen Blick zum weit geöffneten Fenster schweifen ließ, sah sie, wie er mürrisch die Stirn runzelte.
„Du hast zu viel Zeit unter freiem Himmel zugebracht, little bird. Hier ist es eiskalt."
„Ich mag die Kälte", erwiderte sie nur leise und zuckte die Achseln.
Langsam und so anmutig sie konnte ging sie zu einem der beiden großen Sessel, die vor ihrem prasselnden Kamin platziert waren. Nach dem sie sich darauf niedergelassen hatte, beobachtete sie ihn, wie er zu einem der kleinen Tische schritt und den prall gefüllten Weinflakon in die Hände nahm.
Sansa hasste Wein. Und dennoch hatte sie jeden Abend eine volle Flasche in ihr Gemach bringen lassen. Nur für den Fall.
Es kam nicht oft vor, dass er sie hier besuchte, jedenfalls in letzter Zeit.
Zu Anfang ihrer Zeit auf Winterfell hatte er sie häufig besucht.
Zu seltsam war es, nach beinahe zwei Jahren der Gemeinsamkeit, auf der Flucht, plötzlich nicht mehr ständig zusammen zu sein. Nicht mehr nebeneinander zu schlafen und neben dem anderen aufzuwachen...
„Warum bist du hier, Sandor?" Fragte sie schließlich neugierig, nach dem er auch nach weiteren Minuten noch nichts gesagt hatte.
Am Anfang ihrer gemeinsamen Zeit war es Sansa erschreckend schwer gefallen, ihn direkt an zu sprechen, zu unsicher war sie sich gewesen, wie genau sie ihn betiteln sollte. Keine der von ihr gewählten Möglichkeiten schien ihm zu gefallen. Nannte sie ihn „Hound" verfinsterte sich sein Blick und er begann damit, ihr lange Zeit keinerlei Beachtung zu schenken. Nannte sie ihn „My Lord" wurde er zornig und wies sie an, mit ihren ständigen bedeutungslosen Höflichkeiten aufzuhören. „Clegane" gefiel ihm genau so wenig. Es ließ Sansa wirklich verzweifeln. Doch dann, eines Abends, als sie gemeinsam am Feuer saßen, nannte sie ihn das erste Mal bei seinem Vornamen, auch wenn es ihr unschicklich erschien, einen Mann (der nicht ihr Ehemann war) so zu benennen. Und zum ersten Mal hatte er weder geknurrt, noch gebellt.
Er hatte schlicht den Blick gehoben und diesen, tatsächlich grinsend, mit dem ihren verschmolzen.
„Brauche ich denn einen?"
„Nein. Aber ich kenne dich und du weiß genau, hast immer einen Grund."
Schnaubend lachte er auf, während er einen Schluck aus dem vollgefüllten Weinglas nahm.
„Aye, little bird. Das habe ich wohl." Ungeduldig zog sie die schmalen, roten Augenbrauen in die Höhe, wobei sich ihre sonst flache Stirn zu tiefen Falten verzog.
„Ich... hmm." Überrascht stellte sie fest, wie nervös er war. Mit großen Augen betrachtete sie, wie er nachdenklich zögerte. Es kam nicht oft vor, dass ihn etwas aus der Fassung brachte und ihn nun so zu sehen, war ein Stück weit beängstigend, war er doch sonst immer ein perfektes Beispiel der Selbstbeherrschung.
„Ich bin hier, weil ich mich entschuldigen möchte. Bei dir, little bird." Wieder ein tiefes Räuspern und ein verzweifeltes Stöhnen, ehe er sich nervös durch die langen, schwarzen Haare strich.
„Wofür?" Ihre Stimme war sanft und beruhigend, ein samtener Hauch. Sofort fühlte sie seinen erneut eindringlichen Blick. Wie Feuer brannte er auf ihrer blassen Haut.
„Dafür, dass ich es dir nicht erzählt habe. Das mit Kleinfinger und deinem Vater. Ich... wusste nicht wie."
Lange schwieg sie, wandte den Blick von ihm ab und dem Feuer zu.
Es hatte sie wirklich entsetzt, dass sie nichts davon gewusst hatte. Das er ihr in all diesen Monaten nie etwas davon erzählt hatte, es dann aber Arya gegenüber schon nach wenigen Stunden des Wiedersehens herausplatzte.
„Ich habe gedacht, wenn ich dich nur gut genug vor ihm beschütze, dann könnte ich dir den Schmerz ersparen. Ich...", wieder fehlten ihm die Worte und in Sansas Herz rührte sich etwas.
Er war besorgt um sie. Natürlich war er das, seine Handlungen sprachen klar dafür... doch... zu hören, wie er es ihr ganz offen sagte, ihr zu erklären versuchte, dass er ihr nicht wehtun konnte, in dem er es ihr erzählte, ließ etwas in Sansas Herz schmelzen.
Langsam erhob sie sich aus ihrem Sessel und ging auf ihn zu. Erst als sie dicht vor ihm stand, dichter als es sich vielleicht gehörte, blieb sie stehen. Interessiert sah sie ihn an und ihre hellen, blauen Augen blitzten auf. „Früher hat es dich auch nie gestört, mir die bittere und harte Wahrheit klar zu machen. Mir genau zu sagen, was die Löwen und höfischen Schlangen um mich herum im Schilde führten."
Sein Blick traf auf ihren. Innig und so stark, dass sie glaubte, er könne direkt in ihre Seele sehen.
„Aye, girl. Früher." War alles, was er erwiderte. Seufzend schenkte sie ihm ein liebliches, aber doch betrübtes Lächeln. „Sandor, du kannst mich nicht vor der ganzen Welt beschützen. Keiner kann das."
„Aber ich kann es versuchen, little bird." Plötzlich wurde sein Blick weicher, seine harten Gesichtszüge glätteten sich ein wenig, ließen ihn wesentlich weniger bedrohlich erscheinen.
Noch immer lächelnd überbrückte sie auch den letzten, geringen Abstand, der zwischen ihnen lag.
Als sie ihre langen Arme um seinen Nacken schlang und sich fest an ihn drückte, spürte sie, wie er geschockt erstarrte. Sansa sehnte sich danach ihn endlich wieder zu berühren. Die Hitze zu spüren, die von ihm ausging und seine stählernen Muskeln unter ihren Fingern zu spüren, wenn auch nur für einen kurzen Moment. Auf ihrer langen Reise durch das Land, Richtung Norden, waren sie sich oft so nahe gewesen.
Sei es auf Strangers Rücken, wo er beschützend einen starken Arm um ihre Mitte geschlungen hatte, oder während den kalten Nächten, unter freiem Himmel, in denen sie sich dicht in seine wärmende Umarmung gekuschelt hatte. Diese Nähe war nichts neues für sie und dennoch, auf eine gewisse Weise war sie es...
Seit sie zu Jon geflohen waren, hatte sich ihr Verhalten und ihre Beziehung zu einander deutlich geändert. Zum schlechteren, wie Sansa fand.
Nun da sie wieder in der Zivilisation waren, unter den neugierigen Blicken ihrer Familie und der anderen Lords und Bannermännern zu bestehen hatten, durften sie es sich nicht erlauben Misstrauen oder Gerüchte zu erwecken, in dem sie ungebührliche Intimitäten in der Öffentlichkeit austauschten.
Sansa war die Lady von Winterfell, in Jons Abwesenheit die Wächterin des Nordens. Sie musste sich an die Regeln und Vorschriften des höfischen Lebens halten und durfte keinen Zweifel an ihrer Ehre oder Tugend aufkommen lassen. Es war allgemein bekannt, dass ihre Ehe mit Tyrion nie vollzogen wurde und sie so eine unberührte, keusche Jungfer zu sein hatte... jedenfalls unter den Augen ihres Königs, ihres Volkes.
Nach dem die Umarmung lange Zeit keine Wirkung auf ihn zu haben schien, ließ Sansa enttäuscht die Arme sinken, wich schnell einen Schritt zurück. Doch plötzlich schien er aus seiner Schockstarre zu erwachen, sein erschütterter Blick härtete sich und schneller, als sie es begreifen konnte, hatte er selbst die Arme nach ihr ausgestreckt und zog sie zurück an seine Brust.
Als sich seine starken Arme um sie schlossen und sie ihr Gesicht an seiner harten Brust verbarg, schien etwas in ihrem inneren zu explodieren.
Bewegt schloss auch sie die Arme fest um seinen Oberkörper, genoss die Wärme und seinen einzigartigen Geruch, nach Zedern und Regen, nach Pferd und der starken Poliercreme, mit der er seine Waffen säuberte. Sanft vergrub er eine seiner großen Hände in ihrem wilden Haar, drückte ihren Kopf etwas fester an seine Brust und platzierte, zu ihrer großen Freude und Überraschung, einen sanften Kuss auf ihrem feuerroten Scheitel.

'Dunkle Schwingen, dunkle Worte.' Hallte die warnende Stimme ihrer Mutter in ihrem Kopf wieder.
Auch wenn dieses alte Sprichwort nicht wirklich auf den schneeweißen, krächzenden Raben vor ihr zutraf, fand sie es doch passend.
Sie hatte in den letzten Jahren eine tiefe Abneigung gegen jeden Brief und jede Nachricht entwickelt, die ihr von einem Raben zugetragen wurde. Nur selten hatten diese Vögel erfreuliche Nachrichten zu überbringen.
Und auch jetzt, als sie die hastig geschriebenen Worte von Jon überflog, sah sie sich in ihrem 'Hass' bestätigt.
Seufzend las sie die kurze Nachricht erneut. Wütend und zitternd vor Zorn und Enttäuschung faltete sie das Blatt Pergament zusammen und schob es in ihren Ausschnitt. Dort würde er vor neugierigen Blicken geschützt sein.
Ihre Schritte waren hastig und laut in Winterfell's stillen Gängen.
Immer wieder und wieder ging sie Jons Bitte in Gedanken durch, unsicher, was sie unternehmen sollte.
Als sie schließlich ihr Ziel erreichte, hielt sie sich nicht weiter damit auf anzuklopfen.
Überstürzt platzte sie in Aryas Gemächer und erstarrte kurz darauf vor Schock und Entsetzten.
Arya hockte im Schneidersitz auf dem großen, grauen Teppich in der Mitte ihres Zimmers. In ihren Händen hielt sie etwas, das aussah wie... echte menschliche Haut. Ein Gesicht.
Langsam ließ Sansa den Blick über ihre Schwester und ihre Umgebung schweifen. Auch um Arya herum entdeckte sie einige weitere, seltsam echt aussehende 'Masken'.
„Arya!" Keuchte sie schließlich und das Mädchen hob ihren Blick. „Ja?" Erwiderte sie nur, zog skeptisch eine ihrer dunklen Augenbrauen in die Höhe. „Was, bei den Göttern, ist das?"
Sansas stimme zitterte ein wenig, während sie ausladend auf die Masken deutete. „Das...", meinte Arya plötzlich grinsend, „sind meine Gesichter!"
Sansa wartete auf mehr, auf eine Erklärung, doch stattdessen fragte ihre Schwester nur: „Was suchst du hier?" Missbilligend schüttelte Sansa den Kopf, beschloss jedoch, Arya nicht weiter zu drängen.
„Eben kam ein Brief!" Langsam zog sie den Zettel aus ihrem Kleid und reichte ihn Arya. „Von Jon!"
Hastig nahm diese den Brief entgegen und faltete ihn auf. Während ihre Augen schnell über Jon's Worte schweiften, wartete Sansa. Als Arya endlich zu ende gelesen hatte und das Schreiben, tief in ihre Gedanken versunken, zusammen faltete, erhob Sansa erneut die Stimme.
„Das ist Wahnsinn? Oder nicht? Das können sie nicht ernsthaft vorhaben, er kann nicht wirklich verlangen..." „Doch, Sansa. Das kann er. Er ist unser König, dein König ebenso wie meiner und jedes anderen im großen Norden. Egal ob Halbbruder oder nicht. Er ist unser König und wenn er ruft, müssen wir folgen."
Aryas Blick war warnend und unerbittlich. Verzweiflung überflutete Sansas Herz und Verstand.
Mit einem leidenden Seufzer fuhr sie sich durch die feurigen Locken.
„Sie werden in drei Tagen in Weißwasserhafen sein, von da aus brauchen sie etwa fünf Tage bis Hornwald. Dort werden sie auf ihn warten. Von hier aus braucht man zu Pferd drei Tage." „Dann hast du noch fünf volle Tage mit ihm, ehe er aufbricht um Jons Ruf zu folgen." Mehr erwiderte Arya nicht, runzelte nur die Stirn und wandte sich wieder der Säuberung ihrer geliebten Gesichter zu.

„Auf keinen Fall! Bugger that, little bird! Niemals." Seine Stimme dröhnte laut und bedrohlich von den hohen Mauern ihrer Gemächer wieder. „Sandor, bitte." Verzweifelt und flehend sah sie ihn an, wollte nach seinem Arm greifen um ihn zu beruhigen, doch er wich zurück, wehrte sie ab.
„Hör zu. Hör mir ganz genau zu, girl!" Donnerte er, während er drohend auf sie hinunter sah, die Augen zu schmalen Schlitzen verengt, die Lippen zitterten vor Zorn. „Auf keinen Fall werde ich dich hier alleine zurück lassen! Nicht mit dem schleimscheißenden Kleinfinger, deiner wild gewordenen Wolfs-Bitch von Schwester und allein, nur mit der verklemmten fucking Tarth und ihrem kleinen, feigen Knappen, um dich zu beschützen! Niemals."
Seine Stimme war so zornig, so endgültig, dass es Sansa das Herz brach.
„Sandor, bitte. Glaub mir doch, ich will genau so wenig, dass du gehst..."
„Gut. Damit wäre das geklärt. Ich gehe nicht und... Verlange so etwas nie wieder von mir. Hast du verstanden?" Gerade hatte er sich abgewandt von ihr und lief mit schweren, polternden Schritten auf die Tür zu, da explodierte Sansa innerlich. Wütend und entnervt erhob sie erneut die Stimme.
„Sandor, WARTE! Hör mir zu!" Wie zu Eis gefroren blieb er stehen, wandte sich jedoch nicht zu ihr um.
„Glaub mir, ich will nicht, dass du gehst, aber wir haben in dieser Sache leider keine Wahl!"
„Natürlich haben wir die, man hat immer eine verschissene Wahl!" Brummte er nur.
„Lass mich ausreden." Sansas Stimme hatte jede Sanftheit und Wärme verloren. Kalt und scharf wie Stahl ertönte sie, während sich ihre sonst so hellen Augen bedrohlich verdunkelten.
„Wir dürfen in dieser Angelegenheit nicht auf unser selbstsüchtiges Herz hören, Sandor. Jon ist unser König. Meiner, genau so wie deiner, seit du hier auf Winterfell lebst und dich unserer Familie verschworen hast. Er hat uns damals gerettet, uns aufgenommen, für uns gekämpft. Er hat sich als fähiger König und guter Freund und Bruder bewiesen und nun ist es an uns, an dir genauso wie an mir, uns zu beweisen und ihm unser Vertrauen zu schenken." Als sie sah wie sich der Widerspruch in seiner Brust bildete, funkelte sie ihn kurz und genervt an, keine weitere Unterbrechung seinerseits duldend.
„Jon hat Daenerys Targaryen von seinem Vorhaben überzeugt. Sie hat ihm ihre Unterstützung zugesichert. Doch Daenerys alleine reicht nicht aus. All ihre Unbefleckten und Dothraki reichen NICHT aus! Wenn wir diese kommende lange Nacht überleben wollen, müssen wir ALLE zusammen arbeiten! Der Norden, genau so wie der Süden. Ganz egal, was es uns kostet. Sonst wird es bald schon nichts mehr geben, worüber irgendeiner von uns noch herrschen, oder gar kämpfen könnte!" Auch wenn sie selbst nicht voll und ganz überzeugt war, von Jons Vorhaben und ihren eigenen Worten, sie wusste, dass Arya recht hatte.
Jon war ihr König und es war ihre Pflicht ihn zu unterstützen, mit allem, was er verlangte.
„Jon und die Gruppe Männer, die er für diesen Auftrag ausgewählt hat sind auf dem Weg nach Ostwacht. In fünf Tagen wirst du dich auf den Weg Hornwald machen. Jon braucht jede Unterstützung für diesen Zug hinter die Mauer, die er bekommen kann und er hat dich, den besten männlichen Krieger unter seinen Gefolgsmännern auserwählt ihn zu begleiten. Also wirst du seinem Ruf folge leisten und deine Pflicht tun, wie jeder von uns. Kurz vor den Toren der Stadt werden sie auf dich warten und schließlich wirst du meinen Bruder in den tiefen Norden folgen. Ob es dir gefällt, oder nicht."
Sie gab sich alle Mühe so autoritär und bestimmend zu klingen, wie sie konnte.
Wollte sie ihn dazu bewegen, Jon zu unterstützen, durfte sie jetzt nicht klein bei geben.
„Wie ihr befehlt... My Lady." Seine Stimme war eiskalt und scharf wie Stahl, seine Worte trieften vor Verachtung. Geschockt zuckte Sansa zusammen, als er mit weiten Schritten zur Tür ging und diese schließlich knallend hinter sich ins Schloss warf, nach dem er, ohne ein weites Wort zu ihr, das Zimmer verlassen hatte. Als sie realisierte, dass er gegangen war, sank sie in sich zusammen.
Bittere Tränen rannen aus ihren Augenwinkeln, über ihre dichten, schwarzen Wimpern und verfingen sich in dem tiefen, flammenden Rot ihrer Haare.
Während die ganze Wucht der unterdrückten Trauer, Verzweiflung und Angst über sie herein brach, heulte sie verzweifelt auf und sank zitternd und schluchzend noch weiter in sich zusammen.

-Ende Kapitel 1-