"Man sieht oft etwas hundert Mal, tausend Mal, ehe man es zum allerersten Mal wirklich sieht." - Christian Morgenstern

"Jeder sieht, was du scheinst. Nur wenige fühlen, wie du bist" - Nicollò Machiavelli


Anmerkung der Autorin:

Das ist die erste Version dieser Geschichte, inspiriert von meiner besten Freundin, nach der auch die Protagonistin, Johanna, erschaffen wurde. Ich würde mich echt über Tipps und Hilfe freuen.


An meinem 16 Geburtstag kam der Brief, der mein Leben komplett auf den Kopf stellen sollte.

An meinem 16 Geburtstag sollte ich erfahren wer, oder besser was ich eigentlich bin.

Mein Name ist Johanna Maier.

Und heute wird sich entscheiden, wie ich mein Leben leben werde.

Mein Geburtstag ist jetzt schon fast zwei Monate her. Es war der letzte ich von der Schule nach Hause gekommen bin, war er einfach in meiner Tasche. Der Brief. An mich adressiert.

Ich hab keine Ahnung wer ihn dort hin gepackt hat. Bis heute nicht.

Ich fange mal ganz am Anfang an:

Es war also der 30.7 etwa gegen 12 Uhr.

"Maamaa? Bist du da?"

"Ja, hier."

Sie stand in der Küche und rührte in einem Topf herum. Es roch nach Gebäck. Ich tippte darauf, dass es arme Ritter geben würde. Mir lief das Wasser im Mund zusammen.

Ich zog mir die Schuhe aus und stellte meine schwarze Tasche im Flur ab. Mit dem Satz "hier riecht es aber lecker" betrat ich die Küche. Rechts von mir der Tisch und dahinter an der Wand ein geräumtes Poster mit den Abbildungen aller nur erdenklichen italienischen Nudeln. Samt deren Namen. Links neben dem Tisch war die Tür zur Speisekammer geöffnet. Ich ging also in meinen dritt liebsten Raum im Haus um mir eine Flasche Saft aus dem Kühlschrank zu holen. Nachdem ich mir ein Glas eingeschenkt und ein paar Schlucke getrunken hatte, bat mich meine Mutter, den Tisch zu decken. Sie stellte währenddessen die Pfanne, Puderzucker und Apfelmus auf den Tisch.

"Holst du bitte deinen Bruder?"

"Ist der denn schon da?"

"Ja, er ist vielleicht drei Minuten vor dir gekommen."

"Bin gleich wieder da."

Ich nahm zwei Treppenstufen auf einmal. Schon während ich die letzten paar hoch sprang, rief ich seinen Namen: "Geeeeeeeoooooooorg!" Ich sprang auf den Treppenabsatz. "Es gibt Eeeesseeeen" irgendwo in seinem Zimmer rumpelte es und ein genervtes "Jahaa"
/war die Antwort. Ich zuckte mit den Schultern, drehte mich um und rannte zurück in die Küche. Wer zuerst da ist, bekommt halt am meisten. Und das bin ich. Ein paar Minuten später folgte mir auch Georg. Er, meine Mum und ich hatten die Pfanne schnell
leer gegessen.

"Na Schwesterchen, wie ist es so, sich offiziell betrinken zu dürfen?" - "Was?" Meine Mutter wirft Georg einen bösen Blick zu, ich grinse nur. Dann schaut sie mich an: "Wie ist denn das Zeugnis?" "Moment, ich hol es mal." Ich springe von meinem Stuhl
und gehe in den Flur zu meiner Tasche. Ich öffne sie und da sehe ich zum ersten den weiß, dass ich neben einem Block, meinem Mäppchen und einer Mappe für das Zeugnis eigentlich nichts dabei hatte. Ich wunderte mich und zog den weißen DIN A 4 Umschlag heraus. Da steht ganz deutlich mein Name, und mein Adresse...Eine Briefmarke oder einen Absender konnte ich aber nicht finden. Den schau ich mir später an, denke ich. "Johanna?!" rief Mama aus der Küche "ist alles okay?" Ich nahm die Mappe und ging zurück in die Küche und gab meiner Mum die Mappe. Sie öffnete sie und überflog die aufgelisteten Schulfächer mit den zugehörigen Noten. Auch mein Bruder warf einen Blick auf mein Zeugnis. "Gut gemacht, Kleine." Gepaart mit einem freundschaftlichen Schulterklopfen war das alles was ich von ihm als Reaktion zu erwarten hatte. Ich sah meine Mum an: "Ich lasse es mal hier, dass Papa auch ein Auge drauf werfen kann." "Alles klar, du gehst nach oben in dein Zimmer?" "Ja, genau. Endlich mein Schulzeug weg räumen." Mum und ich lächelten einander kurz an. Georg und ich räumten unsere Teller weg und verließen nacheinander die Küche.