Solche Tage

Oh man, wie sie solche Tage doch hasste!

Mit einer letzten Bewegung ließ sie das inzwischen völlig durchnässte Handtuch noch einmal über ihren schmerzenden Nacken gleiten, ehe sie es achtlos in den Wäschesack warf.

Ihr war kalt. Trotz der heißen Dusche. Auch als sie ihre Schlafsachen berzog, wurde es nicht besser. Kein Wunder. Draußen herrschten bereits Minusgrade und noch dazu stand das Badezimmerfenster sperrangelweit offen. Eine Angewohnheit, die Vegeta wohl nie ablegen würde.

Bei dem Gedanken an ihn verfinsterte sich ihr Blick noch mehr.

Dieser Mistkerl. Als ob der Tag nicht schon schlimm genug gewesen wäre, musste er natürlich noch eins drauf setzen!

Wie ein Film liefen die letzen 20 Stunden vor ihrem geistigen Auge ab.

Gegen fünf Uhr war Bra heulend ins Elternschlafzimmer gerannt und hatte somit nicht nur für sie, sondern auch für Vegeta die Nacht beendet. Dass die Kleine seit Wochen unter Albträumen litt, beunruhigte sie schon ein wenig, zumal sie nicht mal in Papas starken Armen (ihrem auserkornen Lieblingsplatz) davor sicher zu sein schien.

Nachdem sie sich nach sechs dann endlich wieder beruhigt hatte, stand Weiterschlafen eigentlich nichts mehr im Weg - Bis die Haustür zuknallte! Und wenn man diese bis ins Schlafzimmer hören konnte, musste es schon sehr laut gewesen sein.

Noch ehe sie richtig verstanden hatte, was eigentlich los war, hatte Trunks die Schlafzimmertür aufgerissen und seinen Eltern lauthals verkündet, dass er schwul sei, und dass sie dagegen gar nichts machen könnten! Dann war er vorn bergekippt und hatte sich übergeben Er war sturzbesoffen.

Vegeta konnte gar nicht so schnell aufspringen wie er wollte, um seinem Sohn die Leviten zu lesen. Zumal seine Tochter wie ein Klammeraffe an ihm hing.

Damit war die Nacht natürlich vorbei gewesen. Das Geschrei schien ewig gedauert zu haben.

Während Bra mit tränenüberströmtem Gesicht am Nachhemd ihrer Großmutter hing, die zusammen mit ihrem Mann von dem Krach alarmiert aufgescheucht worden waren, machte sie sich daran, die unappetitlichen Überreste von Trunks letzter Mahlzeit zu beseitigen.

Diesen widerlichen Geruch hatte sie immer noch in der Nase. Sie bezweifelte, dass sie den so schnell wieder loswerden würde.

Mehreres ohrenbetäubendes Türknallen und ein riesiges Loch in Trunks Zimmerwand beendet die lautstarke Diskussion zwischen Vater und Sohn irgendwann.

Bra wurde zu den Großeltern ausquartiert und Vegeta fegte ohne ein Wort an ihr vorbei in den GR. Sie sprachen wenig miteinander. Gerade in letzter Zeit schienen ihm alle nur Ballast zu sein.

Und sie? An Schlaf war nicht mehr zu denken. Also hatte sie ihren Tag begonnen. Etwas früher zwar als sonst, aber das konnte eigentlich nur von nutzen sein.

Als ihr dann die gefüllte Kaffeetasse auf den Fuß fiel war sie sich dem nicht mehr so sicher...

Trotzdem hatte sie sich an ihre Forschung gesetzt - und versagt. Im Phasenunterbrecher gab es einen gewaltigen Kurzschluss, der Siliziumzerstäuber war komplett explodiert und wenn sie nicht im letzten Moment eingegriffen hätte, wäre ihr Vater am frühen Nachmittag an einem Stromschlag ums Leben gekommen. Parallel dazu erlitt ihre Mutter einen Nervenzusammenbruch, weil ihre Lieblingspflanze eingegangen war.

Trunks war irgendwann am Abend wieder aufgetaucht und hatte den Kühlschrank geplündert. Dabei war er ihr erfolgreich aus dem Weg gegangen.

Es war echt nicht ihr Tag. Nicht nur dass ihr einziger Sohn sie mied - die Projekte hatten mehrere Jahre Forschung hinter sich und binnen ein paar Stunden war alles zunichte gemacht.

Nachdem Bra am Abend auch noch den Gravitationsraum entsichert hatte, um bei Papa die Gespenster des Tages zu vertreiben, und Vegeta dabei die Kontrolle über seine Kraft verloren hatte und seine Tochter um Haaresbreite verfehlte, war der Horror perfekt.

Ihr wurde jetzt noch ganz schwummerig bei dem Gedanken.

Es folgte, was folgen musste: Als Vegeta im unkontrollierten Ärger merkte, dass Bra bereits Tränen in den Augen standen, und er erkannte, wen er da anschrie, war er ins Haus zurückgestapft und hatte stattdessen sie angebrüllt. Das war soweit nichts Neues, aber dass er seinen Ärger auf andere an ihr ausließ war noch unbekannt.

Jedenfalls zwang er sie, den GR noch am selben Abend zu reparieren. Und während er schon längst im Bett lag, kniete sie immer noch an der Verkabelung der Außenhülle.

Dieser Mistkerl. Sie hätte zu gerne einmal gewusst, was ihn eigentlich so störte. Er hatte ein warmes Heim, zwei gesunde Kinder, musste sich um nichts kümmern ja, verdammt, er musste nicht mal alleine schlafen!

Er wusste, dass er sich jederzeit auf sie verlassen konnte. Und was war sein Dank dafür?

Mit einem wütenden Tritt schubste sie die Badezimmergarnitur quer durch den ganzen Raum.

Das konnte es doch nicht sein.

Mit einem letzten Blick zum geöffneten Fenster löschte sie das Licht und tapste zum Schlafzimmer hinüber.

Am liebsten würde sie sich jetzt ihr Bettzeug nehmen und auf die Couch auswandern. Sie wollte heute einfach nicht neben ihm schlafen! Doch sie hatte sich nichts vorzuwerfen. Er hatte schließlich angefangen, alles und jeden anzuschreien. Dass er sogar vor seiner Tochter, die ihm sonst mehr als heilig war, nicht halt machte, zeigte, dass ihm der Tag doch schon ganz schön an die Nieren ging.

Immerhin Erst kommt sein Liebling mitten in der Nacht heulend ins Zimmer und dann erklärte ihm sein Sohn, dass er Männer bevorzugte... Anschließend verfehlt er seinen Schatz um Zentimeter und wird dann von ihm gemieden, aus Angst, Papa könnte wieder losbrüllen. Ein derber Schlag für einen stolzen Kriegerprinzen.

Die Erlebnisse ihres Tages waren zwar auch nicht besonders rosig gewesen, aber im Großen und Ganzen konnte man das als "normal" einstufen. Auch wenn die niederschmetternden Gefühle diesmal doch etwas ausgeprägter waren.

Sie seufzte. Und schon war sie wieder dabei Entschuldigungen für ihn zu suchen.

Eine schlimme Angewohnheit. Zumal es ihr eh keiner dankte. Sie wusste selbst nicht, wie sie sich ausgerechnet in diesen Kerl verlieben konnte.

Sie seufzte ein letztes Mal, ehe sie die Schlafzimmertür hinter sich schloss und auf ihre Seite des Bettes kroch. Vegeta den Rücken zukehrend kuschelte sie sich unter ihre Decke.

Sie bereute es. Aber ändern konnte und wollte sie es eigentlich nicht

Oh man, wie sie solche Tage doch hasste!