Hallo erst mal! Ich glaube wir wurden einander noch nicht vorgestellt, oder etwa doch?

:verlegen am Kopf kratzt:

Nein, definitiv nicht...

Nun wie auch immer... das ist die erste Ff, die ich hier hochstelle... hab' allerdings schon einige geschrieben, keine Sorge! Kein Erstlingswerk!

Bevor ich euch auf das Kapitel loslasse, bitte ich euch, das Vorwort genauestens durchzulesen... ist nicht gerade eine Story, in der Jubel, Trubel und Heiterkeit herrscht... sehr düster...

Wie gerade eben schon erwähnt, ist das keine Geschichte, bei der man auf Wolke 7 schwebt. Das Rating habe ich nicht grundlos so hoch gestellt. Also alle, die es nicht so düster mögen: Bitte wegklicken!

Möchte ich euch bitten, die Warnungen, die eventuell vor dem Kapitel erscheinen, durchzulesen.

Und drittens: Mir gehört nichts, ich spiele nur ein wenig mit fremdem Eigentum.

Und nun zu etwas erfreulicherem... Der Summary :g:

Hermine hat ein Geheimnis, das keiner herausfinden darf. Seit ihrem ersten Jahr auf Hogwarts und auch schon zuvor muss sie die Rolle der fröhlichen, hilfsbereiten Hermine Granger spielen. Doch es fällt ihr immer schwerer sich zu verstellen und so langsam fällt es auf, dass sie sich verändert. Allerdings gibt es jemanden in Hogwarts, der ihre Probleme versteht und sie sogar teilt: Severus Snape.

Ruinen des Herzens

Kapitel 1

Hermine stand am See und betrachtete die winterliche Landschaft, die sich vor ihr ausbreitete. Sie fröstelte leicht und zog ihren Mantel noch enger um ihren Körper, in der Hoffnung, sie könnte so den eiskalten Wind abhalten, der ihr immer neue Schneeflocken ins Gesicht wehte. Von ihrem Gesicht konnte man nur die Augen sehen, da sie sich die Kapuze übergezogen hatte und zudem noch einen Schal trug.

Würde sie jemand so sehen, würde er sie garantiert für verrückt erklären, aber ihr war es egal. Sie hatte die weihnachtliche Stimmung im Gemeinschaftsraum einfach nicht mehr ertragen können. All das fröhliche Getue und das Gerede vom Fest der Liebe ging ihr auf die Nerven und sie konnte ihre Rolle einfach nicht mehr weiterspielen. Sie brauchte eine Auszeit.

So war ihr nichts anderes übrig geblieben, als sich ihren wärmsten Mantel zu schnappen und die Flucht zu ergreifen. Sie seufzte leise in ihren Schal hinein, als sie in die Richtung blickte, in der das Schloss lag. Sehen konnte sie es nicht – dafür war das Schneetreiben zu dicht – aber sie wusste, dass es dort lag.

Seit Jahren spielte sie nun die Rolle der eifrigen und strebsamen Hermine Granger und es fiel ihr von Tag zu Tag schwerer, sie beizubehalten. Immer lachen, fröhlich sein, anderen helfen... das war einfach nicht ihre Natur. Bevor ihre Eltern ermordet worden waren vielleicht, aber nun...? bestimmt nicht...

Sie schlenderte einige Meter am See entlang und obwohl sie keinen Tilgzauber gesprochen hatte, hinterließ sie keine Spuren. Sie war froh, dass sie alleine war, denn sonst hätte sie wieder einmal fest aufstampfen müssen, damit sie ihre Abdrücke im Schnee hinterließ.

Sie umrundete einen Baum, sodass sie an der windgeschützten Seite stand, wo sich noch kein Schnee festgesetzt hatte und lehnte sich an das alte Holz. Warum musste das alles nur so verdammt kompliziert sein?

Sie hob den Blick und starrte an den grauen Himmel, von dem nun schon seit Tagen weiße Flocken fielen. So wie es aussah, würde es auch nicht so bald aufhören zu schneien.

Auf einmal verschwanden jegliche Farben aus ihrem Sichtfeld und die Welt war in unwirkliche Grautöne gehüllt. Hermine erschrak nicht. Sie war es gewöhnt. Ohne dass sie ihre Augen auch nur einen Millimeter bewegte, wechselte das Bild.

Die Stelle am See, wo sie bis vor kurzem noch gestanden hatte... eine schwarze Schatten, der näher kam... Snape sah sich missmutig um... suchte nach etwas... oder jemandem...

Hermine stieß einen leisen Fluch aus. Jemand musste sie aus dem Schloss gehen gesehen haben! Mit einem leisen Knurren stieß sie sich vom Baum ab. Waren einige Momente Ruhe und Frieden denn zuviel verlangt?

°°

Snape schritt wütend durch das Schlossportal hinaus aufs Gelände. Warum sollte ausgerechnet er auf die Suche nach der besserwisserischen Granger gehen? Er war der Hauslehrer von Slytherin und hatte mit dem Gör nichts zu tun!

Er war keine fünf Meter gegangen, als ihm etwas merkwürdiges auffiel. Die Gryffindor hatte keinerlei Spuren hinterlassen! Er stieß einen Fluch aus, bei dem Voldemort errötet wäre und setzte seine Suche fort. Er ging hinunter zum See, in der Hoffnung, dass sie dort war und er schnellstmöglich in seine warmen Räume zurückkonnte und eine schöne Tasse heißen Tee trinken konnte.

Eine Viertelstunde später war er am Ufer angekommen und hatte nichts, noch nicht einmal einen Hinweis gefunden, dass die junge Gryffindor auf dem Gelände war. Er drehte sich suchend einmal im Kreis, doch er konnte nichts erkennen.

„Suchen Sie mich, Sir?", fragte auf einmal eine leise Stimme hinter ihm.

Ruckartig fuhr er herum und wollte schon seinen Zauberstab ziehen, als er die schlanke Gestalt der Gryffindor erkannte, die er suchte. Ein wütendes Knurren entwich seiner Kehle, als ihm bewusst wurde, dass sie ihn gerade vorgeführt hatte.

„Allerdings", zischte er und schritt mit wehendem Umhang auf sie zu. Den kalten Wind, der durch seine Kleidung drang, beachtete er in diesem Moment herzlich wenig. „Wieso, um Himmels Willen, mussten sie ausgerechnet heute bei diesem abscheulichen Wetter hinausgehen?", fauchte er und er war froh, dass er wieder zu seiner alten Form zurückgefunden hatte.

Am liebsten wäre sie ihm in diesem Moment gehörig über den Mund gefahren, aber sie hielt sich zurück. Sie hatte weder Geduld noch Selbstbeherrschung um eine Strafarbeit bei ihm zu ertragen. „Sir, ich wollte nur in Ruhe nachdenken und-"

„Nachdenken!", höhnte er sofort und gab ihr noch nicht einmal die Chance sich zu rechtfertigen. „Das musste natürlich hier draußen sein und nicht in der Bibliothek oder einem verlassenen Korridor!"

Sie spürte heißen, alles verzehrenden Hass durch ihre Adern pulsieren und zwang sich, leise bis zehn zu zählen. „Die Mauern engen mich ein", antwortete sie leise und zwang ihre Stimme zurückhaltend zu klingen.

„Und Sie konnten nicht einfach auf einen der Türme gehen, oder?" Entgegen seiner Bemerkung verstand er durchaus, was sie damit meinte. Er selbst konnte auch nicht einfach durch die Gänge spazieren, wenn er nachdenken wollte. Er brauchte dann frische Luft und die Gewissheit, dass er von niemandem beobachtet wurde.

Severus' Wut auf sie verrauchte allmählich, was ihm überhaupt nicht gefiel. Er knurrte unwillig und wandte sich zum Gehen. „Wie dem auch sei... Professor McGonagall möchte, dass ich Sie ins Schloss zurückbringe."

Sie wunderte sich, dass er ihr keine Punkte abzog oder noch irgendwelche fiesen Bemerkungen machte. Sie wäre zwar noch lieber etwas durch die Gegend spaziert, aber da sie ihr Glück nicht herausfordern wollte, folgte sie ihm lieber stillschweigend.

Auch das Wetter schien mit ihrer Entscheidung, wieder ins Schloss zurückzukehren, nicht einverstanden zu schein und strafte sie mit heftigen Schneeböen, die ihnen entgegenbliesen.

Sie kniff ihre Augen zusammen und blinzelte einige Schneeflocken weg, die sich an ihren Wimpern verfangen hatten.

Es dauerte nicht lange und sie konnte wieder das Schloss sehen, dass mit seinen dicken, steinernen Mauern für sie wie ein Gefängnis aussah. Sie spürte, wie sich eine eiserne Faust um ihr Herz schloss. Sie wollte nicht wieder in dieses alte, feuchte Gemäuer zurück. Sie wollte nicht schon wieder diese schrecklichen Rüstungen hören, wie sie ihre Weihnachtslieder sangen.

Snape schien ihr Zaudern bemerkt zu haben, denn er drehte sich einmal kurz um und bedachte sie mit einem seiner typischen Blicke, die so viel sagten, wie: Sie sind doch eine Gryffindor, da werden Sie doch wohl keine Angst haben wie ein Hufflepuff, oder etwa doch?

Sie biss die Zähne so fest zusammen, dass es ein unschönes Knirschen gab, was allerdings nur sie bemerkte. Dieser Idiot wusste überhaupt nichts! Auf einmal war sie froh, dass die Ärmel ihres Mantels bis über ihre Hände reichten, denn sonst hätte er sicherlich das Zittern ihrer Fäuste bemerkt.

Als sie durch das Schlossportal schritten, schlug ihnen eine Hitzewelle entgegen, die zumindest Hermine für einige Momente den Atem raubte. Für ein paar Sekunden hatte sie das Gefühl zu ersticken und musste gegen den Drang ankämpfen, direkt wieder kehrt zu machen und in das Schneetreiben hinauszurennen.

Sie wollte sich gerade auf den Weg in den Gryffindorturm machen, als sie die schnarrende Stimme von Snape hörte. „Nicht so schnell, Miss Granger. Ich möchte noch mit Ihnen reden, kommen sie bitte mit."

Augenblicklich drehte sie sich um und folgte ihm in den Kerker. Sie hatte zwar keine Ahnung, warum er mit ihr reden wollte, aber es schien nichts Schlimmes zu sein, da sie in seiner Stimme keinerlei Groll heraushören konnte.

Sie musterte den Mann vor ihr durchdringend. Sie wurde aus ihm nicht schlau. Bei jedem anderen konnte sie sagen, was er fühlte und zudem noch seine Gedanken erahnen, aber bei ihm versagte jegliche Menschenkenntnis, die sie aufzuweisen hatte.

Obwohl sie ihn nicht gut einschätzen konnte, war sie nur wenig überrascht, dass er mit ihr zu seinen Privaträumen ging. Wahrscheinlich verlangte es ihn nach einer heißen Tasse Kaffee.

Nachdem er endlich die etlichen Banne von seiner Tür genommen hatte, kam sie zum ersten Mal in den über sechs Jahren, die sie nun schon an der Schule verbrachte in die private Wohnung eines Lehrers.

Wortlos hängte er seinen Mantel an die Garderobe und forderte sie mit einer Handbewegung auf, das selbe zu tun. „Wollen Sie auch eine Tasse Kaffee?", fragte er, während er zu einer Tür ging, hinter der sich offensichtlich die Küche befand.

Hermine schüttelte den Kopf. „Ich trinke keinen Kaffee. Ein Glas Wasser wäre mir lieber", sagte sie leise aber deutlich, während sie ihm zögerlich folgte und dann im Türrahmen stehen blieb. So entging ihr auch nicht der überraschte Ausdruck in seinen Augen, als sie lieber Wasser wollte.

Sie beobachtete ihn stumm, während er sich selbst eine Tasse Kaffee zurecht machte und ihr ein Glas Wasser eingoss, welches er ihr dann entgegen hielt.

„Danke."

Snape nickte nur und ging zu zwei Sesseln, die direkt vor einem Karmin standen. „Setzten Sie sich", sagte er, als er sich selbst auf die Polster sinken ließ. Nachdem auch sie sich gesetzt hatte, fuhr er fort. „Was war nun der Grund, dass sie ausgerechnet bei diesem Wetter hinausgingen?", fragte er in neutralem Ton.

Sie musterte ihn kurz. Sie wusste, dass er ihr Zögern bemerkt hatte und dass er eine weitere Ausrede ihrerseits nicht dulden würde. Sie nahm einen kleinen Schluck aus ihrem Glas, bevor sie zu einer Antwort ansetzte.

„Ich bin geflüchtet. Die anderen Gryffindors sind total aufgekratzt wegen dem Ball heute Abend und tuscheln die ganze Zeit darüber, was sie tragen werden, etc, etc. Zudem sind sie der Meinung, dass man vor Weihnachten einfach gute Laune haben muss und da das bei mir nie der Fall ist..." Sie zuckte mit den Schultern und starrte ins Feuer. „Ich habe sie nicht mehr ertragen und bin kurzerhand nach draußen geflüchtet, weil ich gewusst habe, dass keiner der anderen mir folgen würde."

Severus nickte verstehend und musterte ihr Gesicht, auf dem die Schatten, die vom Feuer aufgeworfen wurden, wilde Tänze vollführten. „Wie kommt es, dass eine Gryffindor so düster ist?", fragte er nach einer Weile und beobachtete genauestens ihre Reaktion.

Diese Frage brannte ihm schon länger auf der Seele. Um genauer zu sein, schon seit Anfang des Schuljahres. Er hatte bemerkt, dass sie sich immer mehr von Potter und Weasley distanzierte, weniger lachte und auch dunklere Farben trug, - wie auch in diesem Moment, fiel ihm auf.

Er musterte sie kurz von oben bist unten. Ein schwarzer Pullover, eine dunkelblaue Hose und schwarze Winterstiefel. Hinzu kam noch der schwarze Mantel und der dunkelrote Schal, die beide an der Garderobe hingen. Was hatte diese Veränderung herbei geführt?

„Meine Eltern starben, als ich sechs war", sagte sie leise ohne den Blick von den Flammen abzuwenden. „Daniel und Jane Granger sind lediglich meine Adoptiveltern. Die letzten Jahre habe ich das fröhliche, brave Mädchen gemimt, aber dieses Jahr habe ich einfach nicht mehr die Kraft dazu, es vollkommen durchzuziehen."

Sie hatte keine Ahnung, warum sie ausgerechnet ihm gegenüber so offen war, aber es fühlte sich auf eine gewisse Art und Weise richtig an. Sie hatte – woher auch immer – die Gewissheit, dass er sie verstand.

„Wissen Ihre Freunde davon?", wollte er wissen, obwohl er sich sicher war, dass er die Antwort kannte. Wenige Momente wurde seine Ahnung bestätigt, als sie den Kopf schüttelte. „Warum haben Sie ihnen nichts davon erzählt?"

„Sie würden mich nicht verstehen", sagte sie mit einem leichten, bitteren Unterton in der Stimme, der kaum wahrzunehmen war. „Und sie würden versuchen, mich zu ändern." Sie hob das Glas zu den Lippen und nahm einen weiteren Schluck. „Sie würden versuchen, mich zu dem fröhlichen Menschen zu machen, den ich ihnen die ganze Zeit vorgespielt habe, aber das würden sie nicht schaffen."

„Das erinnert mich an Dumbledore", murmelte Snape und lehnte sich leicht in seinem Sessel zurück. Als er ihren fragenden Blick bemerkte, fuhr er fort. „Er will mir auch immer weis machen, dass ich mich nicht mehr mit der Vergangenheit auseinandersetzen muss und für meine Taten keine Rechenschaft ablegen muss, aber er versteht nicht das Grundproblem."

„Das Herz ist mit jeder Tat ein bisschen gestorben, bis es schließlich nur noch ein Haufen Ruinen ist, doch um es wieder aufzubauen fehlt sowohl die Kraft als auch die Liebe oder Unterstützung einer anderen Person, sodass man entweder nur weiter machen kann, es zu zerstören oder sich von seiner Umwelt isoliert."

Snape nickte überrascht, bevor ein forschender Ausdruck auf sein Gesicht trat. „Es war nicht nur der Tod Ihrer Eltern, habe ich Recht?" Sie nickte unbestimmt. „Wollen Sie es mir sagen?"

Hermine schüttelte den Kopf. „Liebern nicht. Es gibt Dinge, die bleiben besser unausgesprochen." Sie sah einige Augenblicke auf ihre Hände, bevor sie den Blick hob und ihm direkt in die Augen sah. „Ich hoffe, Sie verstehen das."

Snape nickte und wandte seinen Blick wieder den Flammen zu. Er selbst sprach auch nicht über die Todessertreffen oder die Übergriffe auf Muggel oder muggelstämmige Zauberer und Hexen. Zu sehr griffen die Bilder seine Seele oder das, was davon noch übrig war, an. Dennoch wunderte es ihn, dass sie ebenfalls so etwas erlebt hatte.

Ein leises ‚Klong' riss ihn aus seinen Gedanken. Er hob den Blick und sah auf die Wanduhr, die über dem Karmin hing. Es war schon halb acht! In einer halben Stunde fing der Ball an und er saß hier und unterhielt sich!

Hermine war seinem Blick gefolgt und erhob sich nun. „Ich denke, ich sollte gehen", sagte sie. „Danke für die Unterhaltung." Sie ging zur Garderobe und nahm ihren Mantel sowie den Schal.

Snape war ebenfalls aufgestanden und hielt ihr nun die Tür auf. „Ich habe zu danken", erwiderte er und nickte ihr zu, als sie aus seiner Wohnung trat. „Wir sehen uns beim Ball", meinte er noch, bevor er die Tür schloss und wieder alleine in seinen Räumen war.

Ohne weiter nachzudenken ging er ins Bad und wusch sich erst einmal mit kaltem Wasser das Gesicht, um sicher zu gehen, dass er nicht träumte. Er wiederholte diese Prozedur noch in paar Mal, bis er sich sicher war, dass er auch tatsächlich wach war.

Endlich hatte er jemanden gefunden, mit dem er sich unterhalten konnte und von dem er zudem auch noch verstanden wurde.

°°

Hermine hetzte die Treppen hinunter zur Großen Halle. In weniger als fünf Minuten würde der Ball beginnen und sie hatte noch volle zwei Stockwerke vor sich. Ihr Schuhe hielt sie in der rechten Hand. Sie würde sie erst in der Eingangshalle anziehen, da sie sonst garantiert zu spät kommen würde.

Endlich kam sie in die Halle und schlüpfte schnell in ihre schwarzen Pumps, die rund acht Zentimeter hohe Absätze hatten. Auf einmal vernahm sie eine belustigt klingende Stimme, die von den Treppen zum Kerker kam.

„Wollen sie mit den Schuhen jemanden umbringen?", fragte Snape, der soeben in die Halle getreten war und gesehen hatte, wie sie ihre Schuhe anzog.

„Meine Füße", erwiderte sie nur und richtete sich auf. Erst jetzt bemerkte er das dunkelrote Kleid, das sie trug. Wenn er es nicht besser wüsste, würde er sagen, dass sie Stunden vor dem Spiegel gestanden haben musste, aber das konnte ja nicht der Fall sein.

Das Kleid hatte keine Ärmel und wurde nur von zwei schmalen Trägern gehalten. Der rote Stoff floss – ein anderes Wort passte an dieser Stelle einfach nicht – von ihren Schultern zu ihren Knöcheln und umschmeichelte ihre zierliche Figur. Anstelle der Ärmel waren jeweils zwei dunkelrote Bänder um ihre Arme geschlungen, die an ihren Handgelenken verknotet waren und deren Enden bei jeder ihrer Bewegungen leicht hin und her schwangen.

„Sie sehen bezaubernd aus", sagte er und bot ihr, als wäre es selbstverständlich, seinen Arm an, den sie auch sogleich annahm. Gemeinsam traten sie in die Halle, doch das fiel nur wenigen auf, da alle munter vor sich hin schwatzten. Um genau zu sein, bemerkten nur Dumbledore und McGonagall und beide waren nicht wenig überrascht.

Während Hermine zu ihren Freunden ging, die ihr freundlicherweise einen Platz neben Neville und Ginny freigehalten hatten, ging Severus zum Lehrertisch und setzte sich neben Dumbledore, der ihn jedoch nicht ansprach.

Das Essen verlief, wie es bei einem Festessen üblich war, äußerst schleppend, da jeder mit reden beschäftigt war und das Essen ausnahmsweise nur zweitrangig war. Doch nachdem dies endlich vorüber war, setzte die Musik ein und die Paare strömten auf die Tanzfläche. Hermine blieb an ihrem Tisch sitzen und beobachtete ihre Freunde beim Tanzen.

Harry und Ginny, Ron und Lavender, Seamus und Parvati, Neville und Hannah... Sie lächelte leicht, während sie sie mit den Augen verfolgte. Sie hatten alle im Laufe des letzten Jahres zueinander gefunden und führten jeweils eine Bilderbuchbeziehung, nun ja, die meiste Zeit.

Sie selbst hatte bis jetzt jeden Interessierten erfolgreich abgewehrt, auch wenn ihr das den Ruf einer prüden Jungfrau einhandelte, doch das war ihr ehrlich gesagt herzlichst egal.

Außer ihr saß nur noch Dean am Tisch, doch er hatte seine Aufmerksamkeit einer hübschen Rawenclaw zugewendet, die am Nachbartisch saß und jedenfalls nicht abgeneigt zu sein schien. Keine fünf Minuten saß er neben ihr und führte eine angeregte Unterhaltung.

Hermine schüttelte den Kopf und ließ ihren Blick weiter wandern, bis sie schließlich beim Lehrertisch angekommen war. Hagrid trug wieder einmal seinen grässlichen Maulwurffellanzug mit der orangefarbenen Krawatte, McGonagall trug ein hoch geschlossenes, kariertes Kleid und Dumbledore glänzte mit einer mitternachtsblauen Robe, auf die silberne Sterne gestickt war.

Schließlich fiel ihr Blick auf Snape, der mit angesäuerter Miene die Schüler auf der Tanzfläche betrachtete. Für einen Menschen, der die Ruhe zum Nachdenken schätzte, war so ein Menschenauflauf die reinste Hölle. Zu allem Überfluss schien Dumbledore sich nun auch noch entschlossen zu haben, eine Unterhaltung mit seinem Zaubertrankprofessor führen zu wollen. Hermine konnte sich ein winziges Grinsen nicht verkneifen. Der Direktor war wirklich eine Nervensäge.

°°°

Derweil am Lehrertisch...

„Severus, wie kommt es eigentlich, dass du und Miss Granger erst so spät zum Fest gekommen?", fragte der Direktor in diesem Moment und begab sich somit direkt in ein Mienenfeld, was er durchaus wusste.

„Ich bin ihr in der Eingangshalle begegnet", antwortete Snape und wandte seinen Blick nicht von der Schülermenge ab. Was würde er in diesem Moment dafür geben, in aller Ruhe in seinem Lieblingssessel zu sitzen mit einem Glas Rotwein in der Hand und ins Feuer starrend. „Und außerdem hat es ziemlich lange gedauert, bis ich sie in dem Schneetreiben gefunden habe."

„Ihr habt euch nicht zufällig unterhalten?", hakte der Direktor nach und beobachtete, wie eine kleine Ader an Snapes Schläfe zu pulsieren anfing.

„Wenn du so wie so schon alles weißt, warum fragst du dann?", brauste er auf und bedachte den Direktor mit einem wütenden Blick, der aber keinerlei Wirkung zeigte.

„Ich mache mir Sorgen um Miss Granger. Sie ist dieses Jahr sehr viel schweigsamer und ernster als die Jahre zuvor. Und da du sie suchen gegangen bist, habe ich mir gedacht, du hast etwas herausgefunden", sagte Dumbledore und bedachte die junge Frau mit einem sorgenvollen Blick, den sie allerdings nicht bemerkte.

Snape seufzte leise. „Ja, sie hat mir einen Grund genannt, aber ich bin mir sicher, dass es nicht alles war. Und außerdem hat sie mir dies im Vertrauen gesagt und ich habe nicht vor, dies zu missbrauchen."

Der Schulleiter nickte verständnisvoll und sah weiterhin zu Hermine. „Das verstehe ich, aber dennoch würde ich es gerne wissen, damit ich ihr helfen kann."

Snape schüttelte den Kopf. „Du kannst ihr genau so wenig helfen wie mir, sieh es endlich ein."

„Ich verstehe euch beide nicht", gab Dumbledore zu und nippte an seinem Rotwein.

„Und genau das ist der Punkt."

„Dennoch habe ich es mir erlaubt, für dich ein Weihnachtsgeschenk mit den anderen Professoren zu suchen." Er kramte etwas aus seinem Umhang. Einen Umschlag. „Ein zweiwöchiger Urlaub in New York. Ein Hotel haben wir dir zwar nicht reserviert, aber dafür haben wir etwas Geld gesammelt, sodass du dir darüber keine Gedanken machen musst."

Auf einmal war Snape froh, dass er seine Maske so gut beherrschte, denn anderen Falls hätte er den Direktor in diesem Augenblick fassungslos angestarrt. „Das ist nicht dein Ernst!"

Dumbledore nickte begeistert. Anscheinend hatte er Snapes Kommentar falsch gedeutet. „Doch! Und weißt du, was das beste ist? Du wirst mit einem Flugzeug dorthin fliegen! Ist das nicht toll?"

Snape zwang sich ruhig zu bleiben. „Danke, das ist wirklich ein wundervolles Geschenk", presste er zwischen den Zähnen hervor und nahm den Umschlag entgegen. „Wenn du mich bitte entschuldigen würdest, ich will kurz frische Luft schnappen."

°°°

Kurz zuvor hatte auch Hermine beschlossen, dass sie es in der Halle keine Minute länger aushalten würde und war zum zweiten Mal an diesem Tag geflüchtet. Sie zauberte sich ein dünnes Tuch herbei, das sie sich um den Oberkörper schlang und ging hinaus in die Kälte.

Es schneite immer noch, doch das kümmerte sie herzlich wenig. Sie ging die Treppe hinunter und sah zu Hagrids Hütte, die verlassen dalag. Auf einmal wurde ihre Sicht – wie schon am Nachmittag – grau und sie sah Snape aus dem Portal kommen. Und tatsächlich wenige Momente später hörte sie, wie das Tor geöffnet und wieder geschlossen wurde.

„Wollen Sie sich erkälten?", fragte Snape, als er zu ihr getreten war und ebenfalls das Gelände überblickte. Es hatte ihn nicht im Geringsten überrascht, sie ebenfalls hier anzutreffen.

„Das nicht, aber ich wollte auch nicht länger in der Halle herumsitzen", erwiderte sie und musterte ihn von der Seite. Sie hatte deutlich den säuerlichen Unterton herausgehört, aber sie war sich sicher, dass sie nicht der Auslöser für seinen Zorn gewesen war.

„Was hat der Direktor gesagt, dass sie so wütend sind?", fragte sie nach einer Weile.

„Er meinte wieder einmal, sich in mein Leben einmischen zu müssen und hat mir eine Reise nach New York geschenkt", erwiderte er. „Als ob ich mich für diese Stadt interessieren würde."

„Es ist durchaus eine schöne Stadt", meinte Hermine und schüttelte leicht den Kopf um die Schneeflocken loszuwerden. „Und außerdem gibt es dort einige Bücher, die man hier in England nicht bekommen würde."

„Sie waren schon einmal dort?", fragte er überrascht.

Hermine nickte. „Ja. Um genau zu sein, habe ich dort eine Wohnung, die ich von meinen Eltern geerbt habe. Ich bin gebürtige Amerikanerin", fügte sie erklärend hinzu. „Sehen Sie es doch einfach als die Chance, an Bücher oder Zaubertrankzutaten zu kommen, für die Sie sonst um die halbe Welt hätten reisen müssen." Sie machte eine kurze Pause. „Ich denke, es ist besser, wenn ich jetzt gehe. Draco Malfoy sucht nach Ihnen."

Bevor er noch etwas sagen oder sie zurückhalten konnte, war sie auch schon verschwunden und als er sich umdrehte, war sie bereits am oberen Ende der Treppen. Wie machte sie das nur immer? Und woher wollte sie wissen, das Draco nach ihm suchte? Ihm blieb nichts Anderes übrig als verständnislos mit dem Kopf zu schütteln.

Er genoss noch einige Momente lang die Stille, die auf den Ländereien herrschte und wollte sich gerade wieder auf den Weg in die Halle machen, als ihm tatsächlich Draco entgegen kam. Woher hatte sie das nur gewusst?

Ich würde mich wirklich über ein paar Rückmeldungen freuen, damit ich weiß, ob ich weiterschreiben soll...