Through the Veil of Time
- Durch den Schleier der Zeit.
Anmerkung: Dies ist die Fortsetzung zu „A love born from steel", demnach ist natürlich wieder Mainewriter die Autorin. Ich übersetze nur. Viel Spaß.
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Kapitel 1
Mai, 2006
Jack stand in der Küche und räumte gerade die letzten Lebensmittel seines Einkaufs fort, als das Telefon klingelte. „Lazy L, hier ist Jack.", sagte er.
„Hey Babe.", hörte er Ennis' Stimme durch den Hörer.
„Dir auch Hey.", antwortete Jack und grinste in sich hinein. „Wo bist du?"
„Unten im Stall.", erwiderte Ennis.
„Du faule Sau!", lachte Jack. „Warum rufst du an?"
„Ich rufe an, weil ich dieses gottverdammte Handy habe, für das wir so viel Geld ausgegeben haben, und ich finde, dass es auch benutzt werden sollte.", sagte Ennis. Er hielt inne und fuhr dann fort. „Außerdem ruf ich an, weil ich einen Wunsch fürs Essen hab: Sandwichs mit Erdnussbutter und Marmelade."
„Erdnussbutter und Marmelade?", rief Jack aus. „Ich bin grad vom Einkaufen zurückgekommen und hab etwas Aufschnitt gekauft gekauft. Ich wollte dir gegrillten Schinken und Käse machen!"
„Guck mal auf den Kalender", erwiderte Ennis.
„Jack warf einen Blick auf den Kalender, der neben dem Telefon an der Wand hin. Es war der 15. Mai. "Oh, wir haben den 15. Mai.", sagte er. "Don-Wroe-Tag."
"Genau, Babe.", antwortete Ennis. Jack konnte sein Grinsen heraushören.
„Okay, dann gibt es eben Erdnussbutter und Marmelade mit Chips und Bier. Wann kommst du zum Essen?", fügte er hinzu.
„In etwa 15 Minuten.", sagte Ennis. „Ich muss noch ein paar Dinge erledigen.
„Gut, dann bis gleich.", erwiderte Jack.
„Liebe dich, Babe.", sagte Ennis, um das Gespräch zu beenden."
„Ich dich auch.", gab Jack zurück und legte den Hörer auf."
Jack musste lächeln, als er den Kalender ansah und über Ennis nachdachte. Ennis, der noch immer keine Uhr trug und ständig fragte, wie spät es war, schien eine kleine Stelle in seinem Gehirn zu besitzen, die die bemerkenswerte Fähigkeit hatte, wichtige Daten zu speichern. Er wusste alle Geburtstage ihrer Kinder und Enkel und meist war Ennis es, der Jack daran erinnerte, eine Karte oder ein Geschenk zu kaufen. Ennis hatte außerdem einen Speicher für jedes einzelne erinnerungswürdige Datum ihres gemeinsamen Lebens und verband jedes mit einem kleinen Ritual, mit dem sie es feierten. Don-Wroe-Tag zum Beispiel beinhaltete ein Mittagessen mit Erdnussbutter- und Marmeladensandwichs und außerdem einer Wiederholung von einprägsamen Erinnerungen an diesen lange zurückliegenden Tag. Später, so wusste Jack, würde Ennis einen Erdnussbutter-Blowjob erhalten.
Jack grinste immer noch vor sich hin, als er die Zutaten zum Essen zusammensuchte. Er erinnerte sich an den lange zurückliegenden Tag in Riverton, als sie Ennis' Dinge eingepackt hatten. Jack hatte ein Gebetbuch mitgenommen und alle Postkarten darin gefunden, die er Ennis je geschickt hatte, um ihre Angelausflüge zu planen. Jack war überrascht gewesen, sie nach all den Jahren wieder zu sehen und hatte so gelernt, wie romantisch und sentimental Ennis eigentlich war. Dieser sentimentale Charakterzug an ihm bestand auf all die vielen Rituale.
Jack strich Erdnussbutter auf die Brotscheiben und dachte immer noch über Ennis und seine Daten nach. Viele der Jubiläen, die Ennis so schätze, kamen aus ihrem ersten gemeinsamen Sommer in Quanah 1976. Natürlich gab es da besonders wichtige Daten: ihren Hochzeitstag am 4. Juli, den Tag, an dem Hal Lawrence gestorben war (24. August) und den Tag, den Ennis liebevoll „Tag der Mimosen" nannte – der 28. August, an dem Tom Lawrence Ennis mitgeteilt hatte, dass er von Hal die Farm erben würde. Aber da dieser Sommer der vierzigste Jahrestag von vielen dieser Daten werden würde, hatte Jack das Gefühl, dass Ennis auch die weniger Bedeutenden aufbauschen würde, wie etwa den „Brown Palace Hotel Tag" (25. Juli), an dem Ennis Junior und Jenny für ihren dreiwöchigen Besuch abgeholt hatte. „Der ist was Besonders.", würde Ennis dann sagen, „Weil ich so glücklich war, sie nach so vielen Wochen des Vermissens wieder zu sehen." Jack blätterte eine Seite um und berührte den Kalender mit dem Finger. Wie wär's mit dem „Ich-bin-gerade-wiedergekommen,-habe-Junior-und-Jenny-in-Riverton-abgeliefert-und-bin-so-geil-wie-die-Hölle-Tag"? Das wäre wohl der 16. August. Und dann am Ende des Sommers würde der "Der-Scheißkerl-Norm-Crocker-ist-tot/Die-Einweihung-des-Bettes-Tag", der auf den 15. September fiel, kommen. Jack mochte diesen Tag ganz besonders und er wusste, dass Ennis das auch so sah.
Jack machte die Sandwichs und legte sie auf eine Platte, dann kippte er eine Tüte Chips in eine Schüssel. Er ging ins Esszimmer und stellte beides auf den Tisch, dann kam er in die Küche zurück, wischte die Brotkrumen auf und stellte die Gläser mit Erdnussbutter und Marmelade in den Kühlschrank zurück.
Er schaute aus dem Fenster und sah, dass Ennis zum Haus hinüberkam. Groß und schlank, den Rücken gerade und mit seinen nur ganz leicht angegrauten Schläfen, war Ennis für Jack noch immer so gutaussehend wie an dem Tag, als seine Augen ihn zum ersten Mal vor Aguirres Wohnwagen erfasst hatten. Er spürte, wie sein Herz schneller zu schlagen begann und musste lachen. „Dreiundvierzig Jahre lang liebe ich diesen Mann nun schon und dreißig Jahre lebe ich mit ihm zusammen.", dachte er. „Und jedes Mal, wenn ich ihn ansehe, fühle ich mich wieder wie ein verliebter Teenager."
Ennis kam durch die Hintertür, zog die Stiefel aus, ehe er ins Haus kam und ließ sie auf der Treppe stehen. Er hatte ein paar Pantoffeln neben der Tür stehen, die er sich über die Füße zog, bevor er in die Küche kam. Ennis war es, der normalerweise den Küchenboden putzte und hatte vor langer Zeit erkannt, dass er sich selbst nur mehr Arbeit machte, wenn er den Schlamm und den Dreck aus dem Stall mit hinein schleppte.
Jack musterte Ennis. Er liebte seine Bewegungen, sein Aussehen. Ennis grinste ihn an. „Essen ist fertig.", sagte Jack. "Ein Gourmet-Essen von E&MS, dazu eine Schüssel Salz- und Essigchips und ein feines Budweiser Lager, serviert in einer dünnhalsigen, braunen Flasche."
„Verarschst du mich, Jack Mistkerl Twist", fragte Ennis lächelnd, während er die Küche durchquerte.
„Wer, ich?", fragte Jack und tat ganz unschuldig. "An so einem besonderen Tag wie dem Don-Wroe-Tag? Niemals!"
Ennis lehnte sich nach vorne und küsste Jack. "Ich liebe dich, Babe.", sagte er. „Einen fröhlichen Don-Wroe-Tag."
Jack lächelte. „Dir auch einen fröhlichen Don-Wroe-Tag, Liebling.", erwiderte er.
Auch wenn Jack Ennis ein wenig aufgezogen hatte, verstand er die Bedeutung des Don-Wroe-Tages. Dies war der Tag gewesen, an dem Ennis ja zum „süßen Leben" gesagt hatte und als sie sich entschlossen hatten, gemeinsam ein Leben aufzubauen. Der Name stammte von ihrem letzten „Angelausflug", als Ennis eine Hütte von seinem Freund Don Wroe organisiert hatte. Sie waren samstags angekommen, am 15. Mai. Jack, der seit einem Monat eine Krise gehabt hatte, hatte am Abend des 16. Mai einen furchtbaren Zusammenbruch gehabt. Ennis hatte den Rest der Nacht in einem Stuhl gesessen und seine Möglichkeiten überdacht, über sein Leben und ein mögliches Leben mit Jack sinniert. Schließlich hatte er seine homophoben Ängste ausgeklinkt und einem gemeinsamen Leben zugestimmt. In den folgenden Monaten hatte er dann festgestellt, dass es die beste Entscheidung gewesen war, die er hatte treffen können.
Am 4. Juli war ihr Hochzeitstag, doch Don-Wroe-Tag war der Start in ein neues Leben gewesen. Der 4. Juli wurde zu einer öffentlichen Feier mit Freunden und Familie aber der Don-Wroe-Tag war privat und sie nutzten die Zeit, um über ihr Leben nachzudenken, wobei sie ihre Liebe zueinander mit Worten und Taten bestärkten.
Sie hatten sogar mal vorgehabt, in Don Wroes Hütte zurück zu kehren. Fünf Jahre, nachdem sie nach Quanah gekommen waren, hatte Ennis Don kontaktiert und sich die Hütte eine Woche im November für einen Jagdausflug geliehen. Als sie jedoch dann dort waren, fanden sie die Hütte zu bewegend und die Erinnerungen zu frisch – für Jack außerdem zu schmerzhaft – als dass sie es hätten genießen können. Sie brachen den Trip rasch wieder ab, gaben Don die Schlüssel zurück und fuhren in den Süden nach Estes Park, wo sie ein paar Tage im Rocky Mountain National Park verbrachten und dann nach Quanah zurückkehrten,
Mit der Zeit waren die schlimmen Erinnerungen an diese Nach verblasst und Jack konnte zurückblicken und es als schöne Zeit akzeptieren. Das Tattoo, was Jack auf seinem rechten Oberarm trug, war sogar ein direktes Andenken an diesen Tag: das abgewandelte Zeichen der Circle E Ranch, erinnerte an etwas, was Ennis zu ihm gesagt hatte – „Ich hab dich gebrandmarkt, Cowboy." – während ihres 24stündigen Liebesmarathons. (Auf Ennis' Kalender war dieser 17. Mai der „Ich-ficke-dir-das-Hirn-raus-Tag")
Das Tattoo war entstanden, da Jack im Sommer 1976 gesagt hatte, dass er eines mit Ennis' Namen drauf haben wollte. Ennis hatte geglaubt, er würde scherzen, doch Jack hatte es vollkommen ernst gemeint. Er stellte es sich als ein Lasso vor, mit Ennis' Namen in der Mitte. Er hatte sich sogar ein paar Entwürfe hergestellt. Aber als es dann hart auf hart kam, hatte Ennis ihn gebeten, seinen Namen rauszulassen. „Es ist einfach zu persönlich, Jack.", hatte er gesagt. „Ich weiß, dass die Leute wissen, dass wir zusammen sind, aber was wenn wir mal… weiß nicht… in einem Hotel mit Pool sind oder irgendwo wo Fremde sind… das wäre mir peinlich." Der Kompromiss war dann das Circle E Ranch Tattoo, mit dem Jack am Ende sogar zufriedener war. Es war von Ennis' Tochter Jenny entworfen worden – ihre gemeinsame Tochter, wie sie mittlerweile fanden – die eine Künstlerin war und in Massachusetts lebte. Das Design war unwerfend und ungewöhnlich und jeder, der es sah, fand, es sei schön.
Jack rieb abwesend über die Stelle, wo das Tattoo saß und Ennis bemerkte es. „Circle E Ranch, ich hab dich gebrandmarkt, Cowboy.", lächelte er und sie setzten sich an den Esstisch.
Jack nahm sich ein Sandwich und ein paar Chips, dann begann er das Ritual, indem er sagte: „Diese Sandwichs schmecken gut."
„Camping-Essen.", erwiderte Ennis. „Das schmeckt in den Wäldern immer gut."
Jack lächelte. "Naja, dieser Teil, En, macht keinen Sinn hier in Quanah. Wir sind nicht im Wald, sondern auf einer Farm in Texas."
„Ich weiß, ich weiß.", sagte Ennis. „Aber spiel mit, ja?"
Jack lachte. „Gut, aber überspringen wir den Selbstmordscheiß und kommen direkt zum schönen Teil, okay?" Er hielt kurz inne, um sich an die richtigen Worte zu erinnern. „Ich will dich, ich will dich ganz, für alle Zeit. Ich will dich in meinem Leben. Ich will, dass du mein Leben bist."
Ennis sah ihn mit ernstem Gesichtsausdruck an. „Jack, das will ich auch."
„Oh Ennis.", sagte Jack sanft und erinnerte sich an die Worte. „Sei nicht so grausam."
„Ich bin nicht grausam, Jack, ich sage dir die Wahrheit. Ich liebe dich Jack, so einfach ist das."
Jack fühlte Tränen in seinen Augen aufsteigen, wie immer bei dieser Erinnerung. „An diesem Punkt, Cowboy.", sagte er sanft. „Weiß ich nicht mehr weiter. Reichen dir ein paar Tränen für heute?"
Ennis nickte, seine Augen waren ebenfalls glänzend und feucht. „Jap, ein paar Tränen reichen." Er griff mit der Hand über den Tisch hinweg und verschränkte seine Finger mit Jacks. „Ich liebe dich, Cowboy. Das hab ich immer und werde ich immer."
"Ich liebe dich auch.", sagte Jack leise.
Sie saßen eine Weile einfach da, sahen sich an und fühlten die Gegenwart des anderen. Dann schüttelte Ennis den Kopf, lächelte Jack zu und nahm sich ein weiteres halbes Sandwich. Er biss hinein. „Also, können wir jetzt feiern?"
"Glaub nicht.", sagte Jack. "Um eins hab ich einen Ausritt und hast du heute Nachmittag nicht noch ein paar Reitstunden?"
„Ja, du hast Recht.", erwiderte Ennis. Eins ist dieses Phillips Kind, ein widerlicher kleiner Kerl."
Jack grinste in sich hinein. Aus irgendeinem Grund beschwerte sich Ennis heimlich am meisten über die Kinder, die er beim Reiten am meisten mochte. „Sag sowas nicht, En.", sagte Jack mit nur einem kleinen Anflug von Missbilligung in der Stimme. „Diese Kinder sind unser Einkommen."
„Naja, sie mögen unser Einkommen sein, aber manchmal könnte ich wegen ihnen die Wand hochgehen.", erwiderte Ennis. Er hörte sich ernst an aber Jack sah, dass er lächelte und wusste, dass dies alles noch ein Teil derselben witzigen Unterhaltung war, die sie jeden Tag ihrer dreißig Jahre geführt hatten. „Weiß du, Jack", fuhr Ennis fort, „wenn ich das damals gewusst hätte, wäre ich doch Baumwollfarmer geworden."
„Hm, Cowboy, aber wenn du Baumwollfarmer geworden wärst, könnte ich dich doch nicht mehr Cowboy kennen und wie würdest du das finden?"
„Das wäre eine gottverdammt unbefriedigende Situation.", lachte Ennis und stand auf, um das Geschirr abzuräumen. „Also muss ich wohl aufhören, mich über das Pferdegeschäft zu beschweren und den Mund halten, nicht?" Sie gingen gemeinsam in die Küche, wo Ennis das Geschirr auf die Ablage stellte.
„Stimmt.", erwiderte Jack, öffnete die Spülmaschine, neigte sich herunter und begann, die Teller hineinzustellen. „Aber die Zeit geht bestimmt heute Nachmittag schneller vorbei, wenn du dich auf das freust, was heute Abend kommt."
„Und das wäre?", fragte Ennis, sah zu, wie Jack den Rest Geschirr einräumte und zog ihn dann in seine Arme.
„Du weißt doch.", sagte Jack. „Es ist Don-Wroe-Tag. Das Ritual…"
„Du meinst den rituellen EB Blowjob?", fragte Ennis und warf Jack einen sexy Blick zu.
„Genau das hab ich gemeint.", grinste Jack zurück.
Ennis griff hinunter und rieb Jacks Glied durch den rauen Stoff seiner Denim Jeans hindurch. „Cowboy", begann er sanft, „sieht aus, als wäre ich nicht der einzige, den es erregt, wenn er an den Spaß denkt, den man mit Erdnussbutter haben kann."
Jack beugte sich nach vorne, um ihm einen tiefen Kuss zu geben. Er genoss das Gefühl von Ennis' Zunge, die seinen Mund erforschte. Er löste sich und schaute auf die Ablage hinter sich, wo noch die Platten mit Sandwichs lagen. Er grinste. Da war noch eine Hälfte eines Erdnussbutter- und Marmeladensandwichs übrig. Er nahm es, brach eine Ecke ab und steckte sie in Ennis' Mund, dann presste er schnell seine Lippen auf Ennis' und fischte ein Stück des Brotes mit seiner Zunge heraus.
Ennis grinste. „Was bin ich denn, die Vogelmama?", fragte er.
„Jap, und du fütterst dein kleines Babyküken.", grinste Jack und gab ihm einen weiteren Kuss.
