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Die gar nicht mehr so kleine Bella Swan

Edwards POV

Ein Klingeln an der Tür ließ mich lächeln. Das musste meine kleine Schwester sein. Schnell trocknete ich mir die Hände mit dem Geschirrtuch ab und lief zur Tür. Mit einem breiten Grinsen wartete ich darauf, dass sie oben ankam. Ich hatte Alice schon seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen. Das letzte Mal zu ihrem einundzwanzigsten Geburtstag. Erstaunt weiteten sich meine Augen. War es wirklich schon zwei Jahre her?

Durch die Tür vernahm ich gedämpfte Schritte. Die Schritte von klackernden Absätzen auf dem gefliesten Boden des Flurs. Genau vor meiner Wohnungstür verstummten die Schritte zögerlich, dann herrschte Stille. Mit Schwung riss ich die Tür auf und grinste breit in das Gesicht einer jungen Frau, wie ich mal annahm. Erschrockene rehbraune Augen starrten zu mir auf. Mehr war von dem Gesicht, das bis über die Nase von einem dunkelblauen Schal verdeckt war, nicht zu sehen.

Das war definitiv nicht meine kleine Schwester! Verwirrt musterte ich die Person, die mir in diesem Moment durchaus wie ein Bankräuber hätte vorkommen können – so vermummt wie sie war –, wären da nicht diese warmen, freundlichen Augen gewesen. An irgendwas erinnerten sie mich, aber ich konnte die Erinnerung nicht greifen, sie schwebte nur geisterhaft durch meinen Kopf und entwand sich immer wieder meinem Verstand, wenn ich nahe dran war, das Rätsel zu entschlüsseln.

Ich musste sie mehrere Momente so angestarrt haben, da sie sichtlich unruhiger wurde und mit einem nervösen kleinen Räuspern den Schal aus dem Gesicht zog. Zu den brauen Augen gesellten sich eine kleine, gerade Nase und volle Lippen. Das ganze Gesicht des Mädchens war herzförmig und eine leichte Röte überzog ihre vorstehenden Wangenknochen. Sie war... recht hübsch. Nicht atemberaubend schön, aber niedlich.

„Hallo", nuschelte sie schüchtern. Auch ihre Stimme – genau wie ihr Gesicht – kratzten an meinem Bewusstsein, aber ich konnte immer noch nicht sagen, was es war.

„Hey", grüßte ich zurück. Was sollte ich auch anderes sagen? Ich wollte nicht unhöflich sein und das einzige, das mir sonst noch einfiel war: 'Wer bist und was willst du hier?' Nicht sehr charmant!

Als wieder ein bisschen Zeit verstrichen war und wir nur nichtstuend voreinander gestanden hatten, seufzte sie. „Ist Alice da?"

Alice? Sie kannte meine Schwester? „Nein", sagte ich langsam.

„Oh."

„Sie... ihr Flug wurde gestern gestrichen, wegen zu dichtem Schneetreiben. Sie musste den Flug heute nehmen und müsste... jeden Moment ankommen", erklärte ich der mir Fremden, die meine Schwester aber zu kennen schien.

„Und Esme und Carlisle?"

„Die sind mit Emmett und Rosalie spazieren gegangen, während ich auf Alice warte." Wer war sie? Sie kannte offensichtlich meine ganze Familie. Daher sparte ich es mir auch, ihr zu erklären, wer Emmett und Rosalie waren.

„Oh", machte sie erneut.

„Ich will ja nicht unhöflich sein, aber... würdest du mir sagen, wie du heißt?", bat ich sie schließlich. Ob sie meine Familie wohl gut kannte?

Schüchtern begann sie zu lachen. „Ich hab mir schon gedacht, dass du mich nicht erkannt hast..., aber ich war schon davon ausgegangen, dass Alice gefragt hätte, ob es okay ist, wenn ich komme, oder mich wenigstens angekündigt hätte. Ich bin Bella", erklärte sie und wieder überzog eine leichte Röte ihre Gesicht. Bella? Ich runzelte kurz verwirrt Stirn, dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen.

„Bella Swan?", fragte ich überrascht. „Die kleine Bella Swan? Die Freundin meiner Schwester?"

„Wow, so hast du mich also gesehen, was? Die kleine Bella?", fragte sie mit einem bitteren Unterton. Das war sie für mich tatsächlich gewesen. Bella war mit zehn nach Forks gezogen – nachdem ihre Mutter an Krebs gestorben war – und seitdem Alice' beste Freundin gewesen. Ich war damals dreizehn gewesen. Als ich sie das letzte Mal gesehen hatte, war ich achtzehn und sie noch fünfzehn. Damals erschien mir das wie Jahrhunderte. Heute waren drei Jahre nichts, was mich davon abhalten würde mich mit jemandem anzufreunden. Bevor ich antworten konnte, redete sie weiter. „Tja, aber ich bin nicht mehr so klein, Edward. Ich schätze, aus dem Windelalter bin ich raus."

Meine Augenbrauen wanderten nach oben. Wo kam diese plötzliche Feindseligkeit her?

„Es...", begann ich, doch sie fuhr mir über den Mund.

„Schon gut. Ich hab überreagiert... Ich gehe besser wieder. Sag Alice..." Sie schien zu überlegen. „Sag ihr... ich hätte sie gerne gesehen, aber das ist jetzt ihre eigene Schuld." Dann hielt sie mir eine Tasche hin. „Tust du mir den Gefallen und gibst das morgen deiner Familie? Es sind Geschenke. Die Namen stehen drauf. Frohe Weihnachten, Edward." Damit drehte sie sich um und ging davon. Verdattert sah ich auf meine Hand und die Tasche mit den Geschenken und setzte mich dann in Bewegung. Schnell lief ich ihr nach, ließ die Wohnungstür einfach offen. Kurz vor dem Aufzug holte ich sie ein.

„Bella, komm mit rein, ja? Ich war einfach nicht auf dich vorbereitet, okay? Ich dachte Alice stünde vor der Tür."

„Ist schon gut", wiederholte Bella achselzuckend. „Ich fahre einfach nach Hause und mache es mir da mit einem guten Buch gemütlich." Ihre Augen blickten liebevoll und ein leichtes Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. In dem Moment merkte ich, dass ihr das nicht mal viel ausmachen würde. Aber ich wusste auch, dass Alice mir den Kopf abreißen würde, wenn ich Bella jetzt gehen ließ und dass niemand an Weihnachten allein sein sollte... Auch wenn er oder sie es wollte und auch wenn ich das die letzten Jahre ähnlich zelebriert hatte.

„Bitte, Bella?", bat ich und setzte mein bestes Bettel-Gesicht auf, bei dem mir Mum nie widerstehen konnte.

Bellas Augen senkten sich auf meine leicht vorgeschobene Unterlippe, anschließend nickte sie schwach. Triumphierend führte ich sie in meine Wohnung und zeigte ihr den Weg ins Wohnzimmer.

Bella sah sich schweigend um, während sie langsam ihren eleganten, schwarzen Wollmantel aufknöpfte und ihn sich anschließend von den Schultern gleiten ließ. Darunter kam eine sehr schlanke, aber weiblich geformte Figur zum Vorschein, die in dem blauen langärmligen Kleid noch betont wurde. Der Stoff schmiegte sich eng an ihren Oberkörper und lief dann in einen weiteren, schwingenden Rock aus, der ihr bis kurz über das Knie reichte. Wirklich sehr hübsch.

Schnell nahm ich ihr den Mantel ab und hängte ihn an die Garderobe. Nicht, dass sie noch dachte, ich wussten nicht, was sich gehörte.

„Wie weit weg von hier wohnst du eigentlich genau?", fragte ich sie, als ich ihre Gestalt betrachtete, die sich neugierig in meinem Wohnzimmer umsah. Bellas Blick huschte zu mir. Ihre Stirn war gerunzelt.

„Nicht weit. Zwei Autostunden ungefähr... Ich muss also nicht hier bleiben, wenn..."

„Nein, nein", schnitt ich ihr rasch das Wort ab. „So war das nicht gemeint. Es... hat mich einfach interessiert." Das hatte es wirklich. Ich wusste ja nicht, wo sie wohnte. Woher auch? Ich hatte sie seit siebeneinhalb Jahren nicht gesehen, geschweige denn an sie gedacht.

„Okay", machte sie achselzuckend und drehte sich einmal um die eigene Achse, um den ganzen Wohnraum in Augenschein zu nehmen. „Du bist ziemlich schön eingerichtet für einen Mann." Plötzlich war ihr Tonfall neckend. Bella schlenderte zu meinem Bücherregel und ließ ihre Finger über die Buchrücken der dicken Einbände gleiten. „Und einen guten Büchergeschmack hast du auch, Herr Musiklehrer." Woher wusste sie von meinem Beruf?

„Musiklehrer?", fragte ich ausweichend und ging nicht auf ihre Ausspielung mit den Büchern ein.

„Alice spricht viel über dich." Das erklärte allerdings, warum sie das wusste und warum sie noch so viel mehr zu wissen schien. Irgendwas an ihr machte mich unruhig. „Und willst du gar nichts zu den Büchern sagen?" Wieder diese flirtende Ton. Was zum Teufel sollte ich denn dazu sagen? Diese Bücher standen nur hier, weil ich mir ziemlich sicher war, dass niemand wissen würde, was es für welche waren. „Ich meine, 'Lady Chatterley', 'Justine oder Die Leiden Der Tugend', 'Das Bildnis des Dorian Gray'...? Wow. Interessante Zusammenstellung." Bella grinste. „Du magst also erotische Literatur?"

Verdammt. Woher wusste sie so gut darüber Bescheid? „Und wie hast du das erkannt, wenn ich fragen darf?" Sie musste sie ja auch gelesen haben.

„Ich habe Literatur studiert und einer meiner Kurse hieß: 'Die Thematik der Unzucht in den Werken der vergangenen Jahrhunderte'. Glaub mir, ich erkenne einen solchen Roman, wenn ich ihn sehe. Also, was ist deine Ausrede?"

Mit erhobener Augenbraue musterte sie mich amüsiert grinsend.

Wenn ich ehrlich war, hatte ich keine. Eine meiner Ex-Freundinnen hatte einen ähnlichen Kurs am College belegt gehabt und mich dazu überredet eines ihrer Bücher zu lesen. Und ehrlich gesagt fand ich es wirklich gut und bildete mich letztlich selbst auf diesem Gebiet weiter. Allerdings wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass jemand, den ich kannte, so was las oder davon wusste. Aber das würde sich bald ändern. Denn sobald Bella es Alice erzählt hatte, wusste es fünf Minuten später auch der Rest der Familie – spätestens. Das würde ein erniedrigendes Weihnachtsfest werden.

„Ich bilde mich in jeglicher Richtung fort. Wie du unschwer erkennen kannst, stehen dort auch Werke von Shakespeare, Chaucer, Austen... – und jede Menge neuzeitliche Literatur. Und nur weil dir die Bücher nicht gefallen haben, heißt das ja nicht, dass sie literarisch nicht wertvoll sind", versuchte ich so unbeeindruckt wie möglich zurückzugeben. „Willst du vielleicht ein Glas Wein?"

Abwesend nickend sagte sie: „Ja, das wäre nett." Ich machte mich also auf den Weg in die Küche und nahm ein weites Rotweinglas aus einem meiner Hängeschränke, um den bereits geöffneten Wein einzugießen. Dann nahm ich sowohl ihr als auch mein Glas, das ich mir schon vorher eingeschenkt hatte, und trat zurück zu ihr. Mittlerweile saß sie auf meinem Sofa – ihre schlanken Beine übereinandergeschlagen – und fuhr sich mit ihrer linken Hand kokett durch das Haar. Aber vielleicht fand auch nur ich in dieser Geste etwas Anziehendes. Vor allem, wenn man bedachte, dass sie mit dem Rücken zu mir saß und nicht wusste, dass ich in der offenen Tür stand.

Ich ging nun vollends zu ihr und machte dabei mehr Lärm als nötig.

Dankend nahm sie mir das Glas ab, bevor ich mich zu ihr gesellte. Schnell nippte sie an ihrem Wein und schnurrte genießerisch. „Mhmmm, der ist gut."

„Ja, nicht?", gab ich lahm zurück. Irgendwie war ich nicht in Hochform heute.

Wir schwiegen uns an, was mich dazu brachte still zu beten, dass Alice oder der Rest meiner Familie ja bald auftauchen würden. Es dauerte noch einen Augenblick, dann passierten zwei Dinge gleichzeitig. Es klingelte an der Tür und in der Küche piepte die Eieruhr. Abwägend stand ich auf und überlegte, was ich zuerst machen sollte.

„Geh du in die Küche. Ich lasse den Besuch rein", schlug Bella vor, stand auf und ging an mir vorbei. Als sie mich gerade passiert hatte, blieb sie stehen und warf mir einen Blick über die Schulter zu. Ihre Augen funkelten belustigt. „Ach und ich habe nie gesagt, dass ich die Bücher nicht mochte. Einige davon waren sehr... inspirierend." Sie schlug ihre Augen nieder, wandte sich dann ab und lief zur Tür. Das war zu viel! Ich schluckte krampfhaft. Ich wollte so auf keinen Fall von Bella denken, aber meine Fantasie lief Amok. Sofort ersetzte mein Hirn Bella mit den weiblichen Heldinnen der Romane und das half mir gerade gar nicht. Wie hatte ich sie nur niedlich finden können? Sie hatte es faustdick hinter den Ohren. Aber sie war doch Bella. Die Bella, die ich dabei gesehen hatte, wie sie die Pubertät erlebt hatte. Sie war schon immer hübsch gewesen, aber nun war sie... begehrenswert... und ich fühlte mich extrem zu ihr hingezogen, wenn ich ehrlich war.

Kopfschüttelnd lief ich rasch in die Küche, um den Braten, den meine Mum vorhin in den Ofen geschoben hatte, rauszuholen. Nicht, dass der wegen meiner unvernünftigen Gedanken noch verbrannte.

Aus dem Flur hörte ich Quieklaute und Gemurmel. Das erstere ließ auf jeden Fall auf Alice schließen. Und genau sie sah ich auch, als ich zu den beiden Frauen kam. Sie standen glücklich lächelnd voreinander und redeten. Um auf mich aufmerksam zu machen, räusperte ich mich.

„Edward", rief Alice überschwänglich und warf sich mir an den Hals.

„Hey, Al", lachte ich und drückte sie fest an mich. Ich hatte sie ja so vermisst.

Nachdem wir beiden uns zu Ende begrüßt hatten, drehte Alice sich wieder ihrer Freundin zu.

„Du bist also schon angekommen. Ich hoffe, ihr habt euch gut verstanden?", fragte meine kleine Schwester zwischen uns hin- und herschauend.

„Klar. Nachdem wir geklärt hatte, wer ich bin und was ich hier will, lief es super." Der Seitenhieb auf Alice hatte gesessen. Diese zog das Gesicht verziehend den Kopf ein. „Aber ich kann dich beruhigen. Es war sehr lustig mit deinem Bruder. Wir haben uns über seine literarischen... Vorlieben unterhalten. Ich habe da ein paar Werke gefunden, die ich sehr interessant fand." Bella blickte mich unschuldig an, aber mir entglitten trotzdem die Gesichtszüge. Das hatte sie gerade nicht gesagt! Auch wenn ihr Tonfall einem Plauderton glich, ich hörte definitiv eine Zweideutigkeit heraus.

Alice lachte herzlich. „Oh Edward, du müsstest mal dein Gesicht sehen. Bella, hast du etwa seine Sexhefte gefunden?"

Die Angesprochene lachte mit ihrer Freundin. „Ach so ein Quatsch. Edward hat doch keine Sexhefte. Das ist unter seiner Würde, da bin ich mir sicher", kicherte sie und zog ihre Freundin mit sich ins Wohnzimmer. „Wo hast du Jazz gelassen? Ich hatte gehofft, ihn hier wiederzuseh..." Mehr hörte ich nicht mehr. Oh mein Gott! Bella war ein kleiner Teufel. Wo war das schüchterne Mädchen von früher geblieben? Mit der alten Bella konnte ich umgehen. Die neue, erwachsene Bella machte mich fertig. Sie war so begehrenswert... Moment mal! Wer zum Teufel war dieser Jazz?

Kopfschüttelnd folgte ich den Damen, die unaufhörlich weiterplapperten. Aber bevor ich mich zu ihnen setzen konnte oder auch nur ein Mal zu Wort gekommen war, klingelte es wieder und der Rest meiner Familie kam herein und ab dann ging es drunter und drüber. Ich war mittlerweile uninteressant geworden. „Schön, dass ihr mich so vermisst habt", murmelte ich kopfschüttelnd, aber trotzdem belustigt. Dafür stürzten sich alle auf meine Schwester und Bella, die beide gleichermaßen herzlich behandelt wurden.

„Bella, Liebes! Ich freue mich so dich zu sehen. Du siehst toll aus", schmeichelte ihr meine Mutter – zurecht –, während sie Bella in ihren Armen hielt. Mein Vater und Rose begrüßten sie genauso herzlich. Nur Emmett schoss mal wieder den Vogel ab, indem er sie hochhob und sich über die Schulter warf, was Bella mit einem gekicherten „Nicht schon wieder" quittierte, als Emmett begann sich wild im Kreis zu drehen.

Es kam mir so komisch vor. Ich lebte nun schon lange nicht mehr mit meiner Familie zusammen und wusste nicht, was in den letzten Jahren alles bei meiner Familie passiert war. Natürlich hatten wir ab und zu telefoniert und uns von Zeit zu Zeit gesehen, aber wir redeten ja nicht über alles... – und vor allem nicht über Bella. Also, welche Rolle hatte sie in meiner Familie?

Das fragte ich mich auch noch als wir an meinem Esstisch saßen und den Weihnachtsbraten verspeisten. Ich war immer wieder abgelenkt von Bella – die mir gegenüber saß – und ihren Lippen, die sich immer wieder sinnlich um ihre Gabel schlossen.

„Also, Alice... Erzähl schon! Wie läuft es mit Jazz?", fragte Bella mit einer abwartend erhobenen Augenbraue und einem Lächeln auf den Lippen. Alice strahlte geradezu.

„Es läuft toll! Du kennst ihn ja. Wie könnte es da nicht toll laufen. Jasper wollte ja eigentlich mit mir über Weihnachten wegfahren, aber..." Sie seufzte. „Ich wollte dich unbedingt an Weihnachten sehen... und er musste zu seinen Eltern. Also fahren wir über Silvester weg", erklärte sie ihrer Freundin.

„Grüß ihn auf jeden Fall ganz lieb von mir und sag ihm, dass ich ihn nächste Woche wieder anrufe. Ich weiß, dass er vor ein paar Tagen versucht hatte mich ans Telefon zu bekommen, aber ich hatte so viel zu tun. Ich hole das nach", versicherte Bella. Sie schien diesen Jasper ja sehr gut zu kennen. Aber wer war der Typ?

„Wer ist eigentlich Jasper?", fragte ich deshalb verwirrt. Sofort lagen die Blicke aller Anwesenden auf mir. Meine Eltern und Rose blickten verwundert, Emmett war zutiefst belustigt, Alice schnalzte missbilligend mit der Zunge und Bella hatte einen Ausdruck, den man nur mit 'Ist der Mann geisteskrank?' übersetzen konnte, auf ihrem hübschen Gesicht.

Dann wandte sie sich zögerlich an Alice, die neben mir und somit schräg gegenüber von ihr saß.

„Hast du Edward nichts von ihm erzählt?", fragte sie verwirrt und beäugte mich skeptisch aus dem Augenwinkel.

„Hätte ich bestimmt, wenn sich mein Lieblingsbruder in letzter Zeit nicht so rar gemacht hätte."

„Hey", protestierte Emmett schmollend, was ihm nur ein leichtes Schultertätscheln von seiner Freundin Rosalie einbrachte.

„Ja, schon gut. Ich weiß, dass ich mich öfter hätte melden sollen", gab ich verlegen zu. Ich hatte keine Ahnung, wie es passiert war, dass ich so den Kontakt verloren hatte. Aber ich arbeitete viel und danach fiel ich meistens müde ins Bett und es begann wieder von vorn. Dabei hatte ich nicht viel Zeit meine Familie zu vermissen...

„Und Bella? Wie läuft es bei dir so?", fragte mein Vater meine Gegenüber.

„Ach, ganz okay. Ich jobbe immer noch in diesem Tierheim und demnächst soll mein erstes Buch veröffentlicht werden. Aber es ist nichts Spektakuläres. Die Auflage ist sehr gering. Also werde ich damit sicher nicht reich", zuckte sie gleichgültig die Schultern. Sie schrieb Bücher?

„Du... hast ein eigenes Buch geschrieben?", wollte ich völlig fasziniert wissen. Das war so... beeindruckend. Ich meine, wer konnte schon von sich behaupten ein Buch geschrieben zu haben, welches dann auch noch veröffentlicht wurde?

„Ja, aber ich würde nicht drauf wetten, dass es dir gefällt", antwortete sie mit einem frechen Grinsen, welches mir kurzzeitig den Atem raubte. Denn erstens machte sie dieses Lächeln noch attraktiver und zweitens machte sie hier eine Anspielung auf meinen ihrer Meinung nach speziellen Geschmack vor meiner Familie.

„Ach was! Bella schreibt die besten Thriller, die ich kenne", bekräftigte Alice mit einer Stimme, die keine Widerrede zuließ. Bella schien das eher zu amüsieren.

„Du bist ja auch voreingenommen", grinste sie.

„Die vom Verlag sind das aber sicherlich nicht", steckte Alice ihrer Freundin unladylike die Zunge heraus.

„Hmpf...", war Bellas einzige Reaktion, die mir zeigt, dass neben dem Selbstbewusstsein, das sie offensichtlich aufgebaut hatte, auch immer noch ein kleiner Rest der scheuen Bella übrig war.

Das Essen war nun bald beendet und so räumten wir, weil es schon ziemlich spät geworden war, die Möbel in meinem Wohnzimmer beiseite, damit wir alle unsere Schlafmatten dort platzieren konnten. Da meine Wohnung nicht so groß war, hatte ich keine Gästezimmer. Also würden wir alle gemeinschaftlich im Wohnzimmer auf Schlafmatten und in dicke Decken eingehüllt schlafen.

Alle begannen sich nach und nach bettfertig zu machen, während Bella noch kurz nach draußen zu ihrem Auto lief, um ihre Tasche hochzuholen. Als sie wieder im Wohnzimmer war und diese öffnete, stöhnte sie genervt auf.

„Mist, ich hab meine Schlafsachen vergessen."

„Ich leih dir was, Bella", bot Emmett netterweise sofort an, stand auf und wollte gerade etwas aus seiner Reisetasche ziehen, als ich ihn unterbrach.

„Nein, ich mach schon", wiegelte ich ab, bevor ich mich selbst bremsen konnte. „Komm mit. Wir suchen dir was raus."

Also führte ich sie in mein Schlafzimmer, wo sie sich auf mein Bett fallen ließ und mir dabei zusah, wie ich unter ihrem Blick meinen Kleiderschrank durchforstete.

„Danke. Ich würde ja in Unterwäsche schlafen, aber ich will Emmett nicht in Versuchung führen. Rose wird so leicht eifersüchtig", hörte ich sie hinter mir kichern, was es nur noch schwerer machte, mich darauf zu konzentrieren ihr Klamotten rauszusuchen.

„Er wäre bestimmt nicht der einzige, der in Versuchung geführt werden würde", murmelte ich leise vor mich hin.

„Was?", fragte sie nach.

„Ach nichts." Damit zog ich eine Boxershorts und ein altes T-Shirt hervor und drehte mich zu ihr um. „Das sind die einzigen Sachen, die dir nicht vom Körper rutschen dürften."

„Klasse, danke noch mal", lächelte sie süß und ging dann an mir vorbei aus dem Raum. Doch als sie an mir vorüberging, streiften sich unsere Unterarme und eine elektrische Schlag durchzuckte mich. Sie musste es auch gespürt haben, denn sie blieb abrupt stehen und drehte sich noch mal zu mir um. Ihre Augen waren verschleiert, während sich eine tiefe Falte auf ihrer Stirn bildete.

„Wow, man könnte fast meinen, wir hätten uns Luftballons an den Haaren gerieben. So aufgeladen sind wir", lachte ich angespannt. Als wäre es das gewesen! Innerlich verdrehte ich die Augen. So wie sie auf mich wirkte, war es ein Wunder, dass keine blauen Funken sprühten.

„Ja, das wird es wohl sein", pflichtete sie mir bei, wandte sich um und verschwand endgültig aus meinem Schlafzimmer.


So das war Teil 1 des Twoshots. Eigentlich war das als Oneshot gedacht, aber ich fand es dafür zu lang.

Wie gefällt euch die selbstbewusste Bella?

Der 2. Teil kommt in ein paar Tagen.

LG