Titel: Von Kaffee, Cookies und Kakao
Warnings: AU, Reader x Nation (wobei die Nation in diesem Falle gar keine ist, sondern nur ein normaler Teenager), die Beschreibung einer psychischen Krankheit und mein langweiliger Schreibstil.
In diesem Zusammenhang möchte ich natürlich anmerken, dass die Bipolare Störung von Betroffenem zu Betroffenem unterschiedlich verläuft und ich in dieser Fanfiction lediglich einen individuellen Verlauf schildere.
Warnung Nr. 2: Lemoniges am Ende
Personen: Alfred F. Jones (slightly OOC geraten) und Matthew, sein Bruder
Author's Note: Ich habe keine Rechtfertigung für diese Fanfiction und halte Schweigen demnach für das Beste!
Reviews und/oder Favoriteneinträge sind aber natürlich immer gerne gesehen ;-)
Von Kaffee, Cookies und Kakao
Draußen hat sich die unschuldig dreinschauende Wolkendecke binnen von Sekunden in einen wasserspuckenden Plagegeist verwandelt. Das Geräusch der dicken Tropfen, die gegen die großen Fensterscheiben des Ladens klatschen, lässt dich aufsehen und kurz beim Ausräumen der Spülmaschine inne halten. Zwischen deinen Fingern hältst du eine saubere, große Kaffeetasse, während dein Blick abschätzend nach draußen abdriftet.
Die dortige Welt besteht aus einem spätsommerlichen, nicht hellen und nicht dunklen Abendhimmel, an dem kein Stern, kein Mond und erst recht keine Sonne auszumachen sind. Das Licht ist künstlicher Natur, stammt von Laternen und Häusern, der breiten Straße sowie den grellen Reklameschildern, die sich die Gebäude hinauf hangeln.
Du seufzt und hoffst, dass sich der kräftige Regenschauer gelegt hat, wenn du in rund einer Stunde endlich Feierabend hast.
An und für sich arbeitest du wirklich gerne in der Spätschicht. Das liegt zum einen daran, dass der Großteil der Kunden morgens und mittags den Laden stürmt. Zum anderen ist die Arbeitsatmosphäre relativ angenehm. Deine Kollegen sind, trotz oder gerade wegen ihrer skurrilen Eigenarten, erträglicher als in jedem anderen Nebenjob, den du je über dich ergehen lassen musstest.
Dein Chef ist ein Mensch für sich: zu viel Geld und zu wenig Zeit. Deswegen ist er auf die glorreiche Idee gekommen, in dieser Straße von New York einfach mal einen Starbucks-Abklatsch zu eröffnen. Natürlich darf man ihm niemals unterstellen, dass das Wouter's auch nur annähernd Ähnlichkeit mit Starbucks aufweist. Sonst wird er ganz schnell ungemütlich (das hast du bereits am Beispiel eines Kollegen gesehen), selbst wenn euer Sortiment noch so sehr an Starbucks erinnern mag.
Ihr verkauft Kaffeegetränke mit Milch, ohne Milch, mit Aroma, ohne Aroma, mit Sahne, ohne Sahne, mit Sirup, ohne Sirup, mit Schokosplitter, ohne Schokosplitter und wahlweise auch mit/ohne Eiswürfel. Tee, Milchshakes, Cookies und Muffins haben selbstverständlich auch den Weg in euer Sortiment gefunden. Die Liste an Kombinationsmöglichkeiten scheint schier endlos und die Kuchenauslage trumpft jeden Tag mit hausgemachten Leckereien auf, die die Frau deines Chefs aus dem Ärmel zaubert. Sie backt nur, sie verkauft nicht. Sie hat genauso wenig Lust auf Kundschaft wie ihr Ehemann. Deswegen legen beide so großen Wert auf kundenfreundliches Personal mit einem ansprechenden Äußeren.
Von außen sieht das Café relativ unscheinbar aus. Puristisch, wie dein Chef es nennt. Stinklangweilig und versnobt, wie Joe, einer deiner Arbeitskollegen, meint. Letzten Endes ist es dir egal. Du brauchst das Geld, denn immerhin bekommt man im Leben nichts geschenkt, also bist du ganz froh, eine feste Anstellung zu haben.
Für die meisten Leute ist das Café mehr oder weniger ein Insider-Tipp. Die übrigen Besucher verirren sich rein zufällig hier her. So wie der junge Mann, der just in diesem Moment die große Eingangstür aufstößt und ein hektisches „Verdammt, verdammt..!" verliert. Seine leichte Kleidung ist an den ausufernden Sommer angepasst und besteht aus einer hellen Jeans, einem T-Shirt, bequemen Turnschuhen und einer Reißverschlussjacke. Die Kapuze an dieser ist oben drauf schon ganz durchnässt. Der Rest seiner Kleidung macht nur einen bedingt besseren Eindruck.
Du räumst die letzten Tassen aus der Spülmaschine, derweil er sich die Kapuze vom Kopf zieht. Sein ganzer Körper ist in Bewegung, schüttelt sich wie ein junger Hund, der vom Regenspaziergang zurück ist. In deinen Mundwinkel schummelt sich ein verstecktes Schmunzeln, als du zwei benutzte Latte Macchiato Gläser in der Maschine verschwinden lässt, die Löffel ins vorgegebene Besteckkörbchen stellst und dann die Maschine schließt.
Mit einer Hand fährt sich dein momentan einziger Kunde durch die durcheinander geratene Frisur. Sein Haar ist weizenblond, vielleicht auch etwas dunkler. Die merkwürdigen Lichtverhältnisse in diesem Laden machen es gelegentlich schwer, eine Farbe genau zu definieren. Unter seinem linken Arm klemmt eine große Mappe im DinA3 Format. Über der anderen Schulter trägt er eine Umhängetasche von Converse. Der helle Stern hebt sich deutlich vom dunkelblauen Untergrund ab.
Seine rechte Hand benutzt er nun, um sich die Brille von der Nase zu nehmen und die Gläser notdürftig am Innenstoff seiner Kapuzenjacke abzuwischen. Spontan schätzt du ihn etwa auf 17 Jahre, plus/minus ein Jahr. Er ist hoch gewachsen und hat diesen robusten, gesunden Körperbau mit einem kräftigen Kreuz, breiten Schultern und langen, aber nicht schlaksigen Beinen. Sein Gesicht weist noch sehr deutlich kindliche Züge auf. Das Erwachsenwerden scheint sich erst all seine Glieder und Muskeln vorgeknöpft zu haben, ehe es sich mit seiner Miene begnügt.
Er verliert ein zögerliches Geräusch, als er abermals in den Regen hinaus blickt, dann seufzt und seine Aufmerksamkeit zur Theke – und somit auch zu dir – verlagert. Hinter den Gläsern seiner unscheinbaren Brille kommen seine wachen, blauen Augen optimal zur Geltung. Dennoch glaubst du, dass dein Lächeln ein Produkt reiner Kundenfreundlichkeit ist. Jahrelang von dir antrainiert und deswegen unerschütterlich.
„Hey", kommt er etwas näher und erwidert großzügig dein Lächeln. Die Geste lässt ihn gleich noch jünger erscheinen. Zumal er jetzt die weitläufige Tafel über der Theke studiert, auf der die verschiedenen Speisen und Getränke aufgeführt werden. Dabei sieht er aus wie ein Kind, welches an einer schier endlosen Eistheke steht und sich für keine Sorte entscheiden kann. Also tust du, was man dir beigebracht hat: beraten.
„Wir haben heute einen großen Wouter's Creamy Coffee mit einem Cookie nach Wahl im Angebot. Beides zusammen für nur $2,99!"
„Was ist'n in dem Creamy Coffee drin?", fragt er prompt zurück, ehe er sich feuchte Haarsträhnen aus der Stirn schiebt. Eine steht anschließend rebellisch nach oben ab.
„Kaffee nach Art des Hauses, aufgeschäumte Milch und Sahne. Bei den Cookies kannst du dir von denen hier einen aussuchen." Du beugst dich ein Stückchen über den Tresen, um in die weite Vitrine und zugleich auf die diversen, beinahe tellergroßen Cookies zu deuten. Damit scheinst du sein Interesse voll und ganz geweckt zu haben, denn er tritt gleich noch näher heran und strahlt förmlich übers ganze Gesicht.
„Oh, wow! Die sehen total lecker aus! Ich nehm so einen mit dunklen Schokostücken! Und den Kaffee natürlich auch! Kann ich da Haselnusssirup rein haben?"
„Klar! Macht dann $2,99!"
Er fummelt sein Portemonnaie aus der Gesäßtasche, während du dir eine große Tasse aus einem der langen Regale schnappst, um sie in eine der Maschinen zu stellen. Einen Tastendruck später beginnt die Maschine zu arbeiten, du kassierst ab und öffnest dann die Vitrine, um den gewünschten Cookies hinaus zu holen.
„Setz dich ruhig schon mal. Ich bring dir die Sachen."
„Okay, super! Danke!" Er verströmt mehr Wärme als es die Sonne den ganzen Tag über getan hat. Es ist dir so direkt nicht bewusst, aber du lächelst längst nicht mehr nur routiniert, als du ihm leichtfüßig seinen Kaffee und den Teller mit dem großen Keks bringst.
Er hat den Tisch im hinteren rechten Eck des Ladens gewählt. Von dort aus kann man zwischen hohen, kantigen Lampen durch die Fensterscheiben auf die Straße hinaus blicken, aber das Treiben ist zu weit weg, als dass es einen ablenken oder gar stören könnte.
Auf dem Tisch, der eigentlich für vier Personen vorgesehen ist, liegt seine Mappe. Die Umhängetasche hat er auf einen der freien Stühle gestellt. Kaum hast du Teller und Getränk serviert, zieht er auch schon die Kaffeetasse zu sich heran und tunkt den langstieligen Löffel in die Sahnehaube.
„Hmm..!" Verschwindet der Löffel mit einem Schwung Sahne in seinem Mund. „Ich wusst' gar nicht, dass es den Laden hier gibt!"
„Das geht den meisten Leuten so."
„Aber ich lauf hier jeden Tag vorbei!"
„Mein Chef hält nicht viel von Werbung..." Und er kann es sich leisten. Aber den Kommentar behältst du lieber für dich, indessen du ihm fasziniert dabei zuguckst, die große Tasse an den Mund zu heben, bis dir dämmert, dass das nicht gut gehen kann!
„Vorsicht, der Kaffee ist sehr-!"
„Autsch!"
„Heiß..."
Deine Warnung kommt zu spät. Umgehend stellt er die Tasse wieder ab und wedelt sich Luft in den leicht geöffneten Mund. Du kratzt dich schuldbewusst hinterm Ohr und weißt eigentlich nicht, warum du noch neben seinem Tisch stehst. Es liegt sicher daran, dass er gerade der einzige Gast ist...
„Meine Zunge..." Winselnd greift er wieder zum Löffeln, um etwas von der Sahne abzuschöpfen und sie sich kühlend auf die Zunge zu streichen. Dass auf seiner Oberlippe ein feiner Film aus Milch und Sahne klebt, scheint er nicht zu bemerken. Dich fesselt in erster Linie, was für eine unbedarfte Ausstrahlung er besitzt. Die verbrannte Zunge scheint im Nu vergessen, ebenso wie der Regen. Mit einem erwartungsvollen „Mal sehen, wie der Cookie ist!" beißt er herzhaft in den Keks und ist sofort Feuer und Flamme. Krümel fallen auf die unifarbene Tischplatte und zu dem schmalen Milchbärtchen gesellt sich ein winziger Schokofleck auf seiner Unterlippe. Der Keks ist schneller weg als du gucken kannst.
„Geil!" Grinst er übers ganze Gesicht und füllt den Raum mit seiner lebendigen Zufriedenheit aus. Du nimmst den leeren Teller an dich und verlässt mit einem gezwinkerten „Ich werd's weitergeben!" den Tisch, um so zu tun, als hättest du an der Theke noch massenhaft zu erledigen. Es gehört sich nicht, so lange bei einem Gast zu stehen. Aber normalerweise sind deine Gäste auch irgendwie anders.
Da gibt es die Geschäftsleute, die in völliger Eile herein platzen und ihren Kaffee am liebsten schon runtergestürzt hätten, bevor sie ihn überhaupt gekauft haben. Sie haben keine Zeit, erst recht nicht für so niedere Bedürfnisse wie Hunger und Durst. Dann gibt es noch die Studenten, die gelegentlich von der nahe gelegenen Universität hier her strömen und sich stundenlang mit einer kleinen Tasse Kaffee hinter ihrem MacBook verschanzen. Und dann gibt es noch jene, die sich her verirren. Aber so was wie den jungen Mann, der soeben seine große Mappe öffnet und einen Stoß Skizzen hervorholt, hast du noch nie gesehen. Weder hier noch sonst wo.
Unterm Tisch wippt sein rechter Fuß zur leisen Musik aus dem Radio. Anstatt mit einer Schleife, sind seine Schnürsenkel doppelt geknotet. Die rebellische Strähne steht immer noch von seinem Kopf ab und es scheint ihn nicht im Geringsten zu scheren, dass er an einem öffentlichen Ort ist. Aus der Umhängetasche zaubert er ein Mäppchen mit verschiedenen Bleistiften hervor und ist keine Minute später ins Zeichnen vertieft. Woran er so fieberhaft arbeitet, kannst du leider nicht sehen. Aber sein ganzer Körper ist in den Prozess eingebunden und lebt voll und ganz für sein momentanes Tun. Das Radio spielt einen grandiosen Number One Hit nach dem nächsten, seine Lippen begleiten die gesungenen Worte flüsternd. Von ihm selbst beinahe unbemerkt.
Du läufst leise hinter der Theke auf und ab. Gibst vor, dieses wegzuräumen und jenes in Ordnung zu bringen. Draußen ist noch das konstante, aber doch weitaus leisere Pladdern des Regens zu hören, als du dich auf die Zehenspitzen stellst und den toten Winkel zu deinem Komplizen machst. Deinem Gast heimlich über die Schulter lugend, ist es dir möglich, die Skizzen in Augenschein zu nehmen. Mit viel Liebe fürs Detail erstrecken sich dort präzise Zeichnungen von Sternenkonstellationen, die dich dermaßen gefangen nehmen, dass du um ein Haar dein Gleichgewicht verlierst. Auf der Innenseite der Mappe entdeckst du außerdem ein kleines Namensschildchen: Alfred F. Jones steht dort geschrieben.
Als sein iPhone, das zwischen zwei großen Skizzenpapieren verschollen ist, plötzlich vibriert, drehst du dich eilig weg und gibst vor, etwas vom Boden aufgehoben zu haben. Alfred scheint dich allerdings nicht zu bemerken. Seine rechte Hand rutscht suchend unter die Blätter und dann gleitet sein Daumen übers Display. Ohne dass seine Lippen aufhören sich zur Musik zu bewegen.
Auf dem Heimweg beginnst du zu summen, als über deine Ohrstöpsel Musik in dein Bewusstsein dringt und dich in ungeahnte Tagträume versetzt. Du weißt nicht, wann du zuletzt, mitten in der Straßenbahn stehend und all jene verklärt anlächelnd, deren Skepsis dich zu obduzieren versucht, vor dich hin gesummt hast. Du weißt nur, dass es dir heute ausgesprochen gut geht.
