Autor: OgaShi
Kapitel: 0 von ?
Disclaimer: Tief in unseren Herzen wissen wir doch alle insgeheim, dass Beyblade den Fans gehört. v.v Nur leider haben meine immer wiederkehrenden Besuche bei der Bank endgültig bestätigt, dass ich auch damit kein Geld verdiene.
Prolog
Kirschblüten
Mit der verschlingenden Geräuschlosigkeit lebendig auf und ab schlagender Schmetterlingsflügel wirbelten die Kirschblüten durch die tiefe, pulsierende Nacht, um der Welt einen transparenten Vorhang aus pastellfarbenem Blassrosa zu verleihen. Vom milden Wind zum letzten Tanz aufgefordert, vereinigten sie sich zum flotten Frühlingsballett und strauchelten in sporadischen, ausladenden Serpentinen auf das erfrischend junge Gras herab, welches sich wie ein uferloser Teppich über die geduckten Hügel der Flur wälzte, um sich in ungewisser Ferne in der opaken Finsternis aufzulösen. Die kolossalen Kirschbäume, deren majestätische Wipfel nicht nur tagsüber wahre Paläste für brütende Spatzen, diebische Elstern und pechschwarzer Amseln boten und deren Stämme aus kräftigem, aufstrebendem Holz von Würmern und Insekten jeglicher Art beheimatet wurden, prägten wie ein offenes Labyrinth, ein Irrgarten der blendenden Schönheit und fliehenden Vergänglichkeit, das überschattete Gefilde.
Die Flüchtigkeit des glühenden Lebensfunkens spiegelte sich in ihrem harmonischen Tanz wieder, mit schwungvollen Bewegungen schrieben sie in das antike Buch des Schicksals und erzählten indem atemberaubende, ergreifende und faszinierende Geschichten vom Leben und vom Tod. Hoch über diesem einsamen Feld, das zwischen der vergänglichen Pracht der Kirschblüten und den längst vergessenen Ruinen eines einst magischen Ortes lag, zwischen lilienweißen, verkommenen Monolithen, die sich hinter den Bäumen zu vier ineinander gefassten Kreisen zusammenschlossen, erstrahlte zu dieser Zeit ein silbern flammender Schleier irrealer Wolkenschwaden am mitternachtsblauen Firmament. Sie zogen an der entseelten Scheibe des Vollmondes vorüber, dessen kaltes, bleiernes Licht von den würdevoll aufragenden Monolithen reflektiert wurde.
Geisterhaft stierten sie mit leichenblassen, steinernen Mienen in die Nacht hinein, ihre starren Blicke auf das Auge ihrer konzentrischen Anordnung gerichtet, wo vor einer Einlassung aus mit zahlreichen Gravuren versehenem Marmor ein vom Unglück gepeitschter Mensch saß. Seine salzigen Tränen, die sich mit dem Blut einer weiteren Gestalt, einem Jungen, dessen erschlaffter Leib in den Armen des anderen lag, vermischten und in die fruchtigen Urgründe der Erde sickerten, drangen mit den unterdrückten Schluchzern des anderen aus seiner schmerzenden Kehle. Die herzzerreißenden Laute wurden wie die schmetterlingsgleichen Blütenblätter vom Wind davon getragen, hinaus in die Endlichkeit, zurück ins Nichts, aus dem sie geboren wurden.
Eine Böe trug die Stimme eines jungen Mannes durch die Kirschbäume; eine Stimme, aus der die blanke Erleichterung sprach. Doch diese Erlösung, sie sollte nicht lange anhalten, denn er, der vom Elend gestraft auf seinen Knien kauerte, hörte nichts als das ohrenbetäubende Schweigen des Herzens und das tosende Versagen des Pulses Takaos, und sah durch seine Tränen verschwommenen Augen nichts als die glasklare Klinge des Kukri, einer messerartigen Blankwaffe, welche im schrägen Winkel zu der Hand des Jungen lag und deren gebogene Klinge vom eisigen Mondlicht einen unheimlichen, beinahe übernatürlich schönen Glanz verliehen bekam. Nur dieses fürchterlich bezaubernde Blut zeichnete hässliche, dunkle Flecken auf sein makelloses Silber und den mit detailreichen Einlegearbeiten verzierten Griff aus tiefschwarzem Horn …
„Max!", schallte es erneut von scheinbar weiter Ferne um seine verschlossenen Ohren, einer Kehle entstammend, die seinen Namen schon zu oft voll Verzweiflung in diese lauwarme Nacht heraus gerufen hatte, als dass sie eine eintretende Heiserkeit noch zu umgehen gewusst hätte. Zwei in knielange Mäntel gehüllte Gestalten eilten aus den Schatten der Kirschbäume, sahen den Jungen auf der Erde liegen, spürten ihre Balance schwinden, als ihre so behütet geglaubte Realität in eine schlingende Spirale der Verzweiflung stürzte und dem Besitzer der aufgeregten Stimme fassungslose Tränen in die Augen jagte.
Max' unkontrolliertes Aufschluchzen schmetterte ihnen eine schmerzende Erkenntnis entgegen, grausam und unverhofft grub sie sich in ihre Herzen – Rei, der Worte der Bestürzung herausschrie, ohne zu wissen, was er sagte, fiel Max an die Schulter, ihm zu helfen, ihn zu umarmen, doch ehe er sich versah, versenkte sich blitzschnell ein spitzer Ellenbogen in seiner Magengrube, der ihn grob von sich stieß. Rei stolperte zurück, stürzte hart auf seine Schulter; nur aus dem Augenwinkel nahm er unwirklich wahr, wie Max' bebende Hand über den regungslosen Leib Takaos fasste und ohne zu zögern nach dem Kukri fasste, um dessen anmutigen Körper sich das Gras schlang. Seine Finger legten sich um das schlanke Horn wie sie es so oft getan hatten, doch Rei wusste, dieses Mal würde er das Messer nicht zurück in die Scheide aus purpurrotem Leder gleiten lass, welche er an seinen Gürtel befestigt hatte, um sie hinter weiter Kleidung verbergen zu können – dieses Mal war sein Kopf leer –
In Reis Kopf begannen die wirren Gedanken zu stürmen. Wieder öffnete sich sein Mund, doch was herauskam war nicht mehr als ein Krächzen; die Welt stellte sich erbarmungslos Kopf, als er versuchte wieder sicheren Fuß zu gewinnen, sich aufzurappeln – hilflos musste er mit ansehen, wie Max, dessen Schluchzen verstummt war, den Kopf senkte und sanft die Leiche seines Freundes küsste, ehe er sich geistesabwesend lächelnd seiner Jacke entledigte und seine bleichsüchtige Haut an den flüsternden Wind auslieferte. Seine langsamen Bewegungen waren unscheinbar aber bestimmt, längst hatte er sich in eine andere Welt zurückgezogen, die Tränen vergessen, die sein blutleeres Antlitz benetzten …
Rei sah nach oben. Es war Kai, der neben ihm kniete und seine zitternde Schulter festhielt, und jetzt fahrig den Kopf schüttelte, ihm stumm verdeutlichte, was für Max das Beste war. Und es war Kai, der ihn an seine Brust zog und grob Reis Kopf in seinen Mantel presste, um ihm den Anblick zu ersparen – den Anblick eines Max', der den linken Unterarm über Takao ausstreckte, den unnatürlich leuchtenden Kukri in die rechte Hand nahm und zielsicher auf der Pulsschlagader ansetzte …
Kai kniff die Lippen zusammen und vergrub sein verzerrtes Gesicht in Reis Schopf, als sich das Silber der Blankwaffe durch Max' bleiche Haut bohrte und tief im dichten Gewebe des Jungen versank, um seinen dicklichen, vom Mondlicht geschwärzten Lebenssaft herausquellen zu lassen. Von sicherer Hand geführt bahnte sie sich aufwärts in Richtung Armbeuge einen Weg durch lebendiges Fleisch, die geöffnete Pulsschlagader tränkte Takaos Brust in feuchtes Rot, welches in Strömen den jungen Arm verschlang. Rei weinte erstickt in den warmen Stoff, seine Hände krallten sich schmerzvoll und anklagend in Kais Brust, nachdem ihm jegliche Befreiungsversuche unselig missglückt waren … aber ja, JA, Kai hatte recht, für Max war es zu spät zum Leben, seine Uhr hatte ihre letzten Sandkörnchen entbehrt, so sehr es ihn auch quälte und so lang es ihn auch verfolgen würde – er stand am Abgrund zur Hölle und musste selbst entscheiden, ob er sprang oder umkehrte …!
Es dauerte nicht lange, bis sie das dumpfe Geräusch zwei aufeinander treffender Körper hören konnten, Reis Schluchzen in aggressive Hysterie ausartete und er sich fauchend gegen Kais Griff zu wehren begann, doch als er sich endlich freigekämpft hatte und Kai stöhnend im Gras lag, da hatte längst der zweite Pulsschlag in der Blüte dieser Nacht inne gehalten, die Lebensuhren zum Stillstand gebracht und endgültig das Echo eines fröhlichen Herzens verhallen lassen.
Sie durften nicht, und taten es trotzdem, sangen die stetig tanzenden Kirschblütenblätter und ihr wispernder Gesang wurde vom Wind zum weißen Mond getragen, sie liebten sich, sie küssten sich, sie verabscheuten sich, sie starben für einander, und doch immerzu eine Einheit, ehedem, augenblicklich und baldig …
