Kapitel 1

Sein X-Flügler reagierte auf jede noch so kleine Bewegung des Steuerknüppels. Mühelos führte das kleine, wendige Kampfschiff jedes Manöver aus und beinahe tat es Poe leid, dass die Trägheitsdämpfer ihn davor bewahrten die waghalsigen Drehungen wirklich intensiv zu spüren. Lachend schoss er aus der Felsspalte heraus und hörte bereits über das Comm, wie das Bodenpersonal stöhnte.

„Dameron, wir haben die Maschine gerade aufgerüstet, mach sie nicht sofort wieder kaputt."

„Ach, Gehrth", grinste er und sah auf dem Übersetzungsbildschirm welche Flüche Beebe-Ate ihm entgegen schleuderte, dabei hatte der Droide doch eigentlich größtes Vertrauen zu ihm. „Beebee-Ate ist auch nicht begeistert, ich will mich nur gebührend von unserer Basis verabschieden. Und ja, das Teil reagiert besser als jemals zuvor. Gute Arbeit."

Ein Seufzen seines Ingenieurs ließ ihn noch breiter grinsen. Er war aber dennoch gleichzeitig froh, dass die Kameras am Rumpf des Schiffes nur für Testflüge montiert wurden um das neue Equipment gut überwachen zu können. Ansonsten hätten sie ihm sein Schiff vermutlich schon längst abgenommen. Der Bith war manchmal doch noch zu ängstlich. „Komm runter, der Neue ist aufgewacht."

Poe lächelte in sich hinein. „Und was soll ich dabei tun?" Er lachte, schoss aber mit dem X-Flügler sofort in die obere Atmosphäre. Er hatte den Planeten umrundet und jetzt war es spätestens Zeit wirklich zurückzukehren. Die Maschine flog einwandfrei, auch nach den Strapazen des letzten Einsatzes auf der Starkiller Basis. Finn war wach. Also musste er wieder da sein. Sonst kannte der hier auf der Basis doch niemanden.

Poe landete den Kampfflieger und noch bevor er das Cockpit hatte öffnen können, sah er bereits in der Anzeige, dass Beebee-Ate sich ausgekoppelt hatte. Aus den Augenwinkeln sah er den orange-weißen, quirligen Droiden vor dem X-Flügler auf und ab rollen. „Ich komme, Kumpel!", rief Poe ihm zu, als er den Sicherheitsgurt gelöst hatte und das Cockpit nach oben geschossen war. Poe beeilte sich aufzustehen und kletterte die Leiter herunter, die beim Landen ausgefahren war und ihm als Tritt diente. Als er festen Boden unter den Füßen hatte, tat es ihm beinahe ein wenig leid, aber Finn würde sicherlich einige Erklärungen einfordern und es wäre besser, wenn ihm die ein Bekannter überbrachte. Er hatte die Medics besonders darum gebeten, dass er dieser Bekannte sein sollte. Immerhin hatte er Finn mehr oder weniger in diese Situation gebracht. Poe nahm den Helm ab, reichte ihm einem Bodenassistenten und winkte Gehrth verschmitzt zu, als der auf ihn zukam. Wie immer fiel es Poe schwer das Minenspiel des Biths zu deuten, aber aus dem Tonfall, den der anschlug, hörte Poe genau, was der ihm sagen wollte.

„Damn... eron...", zischte Gehrth und Poe grinste breit, während Beebee-Ate ihm von hinten sanft in die Kniekehlen rollte um ihn zum Gehen zu motivieren.

„Ja, ich weiß. Super Arbeit. Ehrlich. Wird der neue Steuerknüppel in alle X-Flügler eingebaut?"

Gehrth schien schon jetzt besänftigt. Das ging ja schnell. Ein Lob, folgend auf ein waghalsiges Manöver glättete also die Wogen. Das musste er sich merken. „Sobald die geliefert werden, ganz sicher."

Poe nickte und legte Beebee-Ate eine Hand auf. „Ist ja gut,", beruhigte er den Droiden, der aufgeregt piepte. „Ich muss los. Wann wird der Flieger aufgeladen?" Er würde mit Finn im großen Transporter fliegen, während die Kampfflieger auf mehrere Frachter verteilt werden würden. Das sparte einiges an Treibstoff.

„In ein paar Stunden," antwortete Gherth und ließ den Blick prüfend über den schwarzen X-Flügler streifen.

„Okay... ich muss zu Finn", erklärte Poe und nachdem Beebee-Ate eine Runde piepend um ihn herum gerollt war, beeilte er sich zur Krankenstation zu kommen.

Poe musste sich beeilen um mit Beebee-Ate gleichauf bleiben zu können. „Beebee, was ist los mit dir?"

Der Droid schickte ihm ein paar laute, lang gezogene Pieplaute und Poe musste lachen.

„Ich glaube, dass ich nichts dafür kann, dass meine Beine nicht so lang sind." Der Droide war frech wie eh und je und Poe war froh ihm dieses Programm verpasst zu haben, das von Artoo-Deetos Persönlichkeitschip inspiriert war, nur noch eine Spur sarkastischer. Sie kamen bei der breiten Tür an, die zur Krankenstation führte und die Tür glitt auf, sobald Beebee davor stand. Poe folgte ihm und musste sich nicht nach Finn umsehen. Der ehemalige Sturmtruppler saß in standardisierter Ausrüstungskleidung auf dem einzigen noch belegten Bett. Die anderen mussten schon alle verlegt worden sein. Poe hob grüßend eine Hand, als die Heilerin an ihm vorbei ging und Beebee-Ate stürzte regelrecht auf Finn zu mit einer unübersichtlichen Salve aus Worten in seiner Binärsprache, die Finn sicherlich nicht verstand.

„Hey", grüßte Poe, als er lächelnd auf den jungen Mann zuging, den er in den letzten Tagen täglich aufgesucht hatte, auch wenn der es nicht mitbekommen hatte. Er fühlte sich seltsam verantwortlich für ihn. „Ausgeschlafen?"

Finn verzog das Gesicht. Das künstliche Koma in das er während er Heilungsphase versetzt worden war, hatte deutliche Spuren auf dem doch so ansehnlichen Gesicht hinterlassen, auch wenn er sich bemühte sich das nicht anmerken zu lassen. „Was will Beebee?", fragte Finn anstatt auf Poes flapsige Frage einzugehen.

Poe folgte Finns Blick zu dem runden Droiden, dessen Sensoren zwischen Poe und Finn hin und her glitten, bevor er wieder ein paar kurze Binärlaute ausstieß, die Poe zum Lachen brachten. „Er will wissen, wie es dir geht", grinste Poe und legte seinem Weggefährten eine Hand auf den spährischen Kopf, um ihm zu bedeuten, dass er endlich ruhig sein sollte.

Finn runzelte die Stirn, schien Poes Antwort aber hinzunehmen. Der aufgeregte junge Mann, den Poe bei der Flucht vom Sternenzerstörer kennengelernt hatte, war mit einem Mal so viel ernster und Poe gefiel das ganz und gar nicht. „Ganz okay...", sagte Finn leise und setzte sich auf, dabei verzog er wieder das Gesicht. Die Wunde, die Ren ihm beigebracht hatte, war zwar offensichtlich verheilt, hatte aber dennoch Spuren hinterlassen. „Wo ist Rey?"

Wieder meldete Beebee-Ate sich zu Wort, bevor Poe auch nur Luft holen konnte. „Darf ich?" Poe zog einen Hocker heran und ließ sich darauf nieder, ließ dabei aber den Beebee nicht aus den Augen. „Er versteht dich sowieso nicht, also lass mich das machen." Der langezogene, deutlich tiefere Laut brachte Poe dazu die Augen zu verdrehen, dann sah er Finn an, der seinen Blick mit großen Augen erwiderte.

„Geht es ihr gut?"

Poe nickte. „Ja, sie und Chewbacca haben dich hierher gebracht." Er verschränkte die Arme vor der Brust und wünschte sich eine Lehne herbei, damit das hier wenigstens etwas bequemer wurde. „Die Karte zu Skywalker ist komplett. Rey ist mit Chewbacca im Falken zu ihm um ihn wieder zu holen, aber niemand weiß, wann sie wieder kommen." Er legte den Kopf schief und beobachtete Finn, der mit einem Mal erleichtert wirkte. „Ihr habt viel zusammen durchgemacht, he?" Ein kleines Lächeln breitete sich auf Poes Lippen aus. Er selbst hatte nicht mit Rey gesprochen, ehe sie aufgebrochen war, aber nach allem was er gehört hatte war sie offensichtlich eine ganz besondere Frau.

Finn hob die Schultern, nickte aber. „Als ich sie auf Jakku getroffen habe, wollte sie mich vermöbeln, weil Beebee ihr gesagt hat, ich hätte deine Jacke gestohlen."

Poe lachte, beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Knie. „Tut mir leid das zu hören", antwortete er. „Die ist übrigens ruiniert, habe ich gehört."

„Hm", machte Finn und warf einen Blick zu der schmalen Konsole auf deren unterem Regalboden ordentlich gefaltet die Kleidungsstücke lagen, die Finn getragen hatte, als er hierher gebracht worden war. „Schade um die Jacke."

Mit einem Grinsen sah Poe zu dem jungen Mann auf. Ihm verdankte er sein Leben wusste er, ebenso wie er wusste, dass auch der Widerstand Finn viel schuldete. Die Frage war nur, wie es ab hier weitergehen würde. „Stand dir gut", erklärte er und faltete die Hände. „Pass auf, der Widerstand wechselt die Basis, weil die Erste Ordnung jetzt sicher weiß wo wir sind und wir können nicht warten, bis sie sich genug erholt haben um uns anzugreifen."

Finn nickte bedächtig mit einem Blick, der Poe schon jetzt sagte, was sein Gegenüber dachte.

„Bleibst du bei uns?", fragte er, spürte die Antwort aber schon im Raum schweben. Trotzdem fuhr er fort. „Du warst eine riesige Hilfe, aber niemand wird erwarten, dass du hier bleibst, nur weil du von der Ersten Ordnung desertiert bist."

„Klar bleibe ich hier!" Finns Antwort überraschte Poe nicht. Ganz sicher nicht.

„Okay", sagte Poe und stand auf. „Wie sieht's aus? Kannst du laufen?"

Finn nickte, kam aber nur langsam auf die Füße. Jede Bewegung schien er zu spüren und Poe spürte einen leichten Stich. Dass Finn mit einem blauen Augen davongekommen war, war ihm mehr als klar, aber das hieß nicht, dass alles in Ordnung war. „Wie kommen wir von hier weg?"

Poe trat näher an Finn heran, damit der sich an ihm abstützen konnte, wenn es sein musste und nicht zum ersten Mal fiel ihm auf, dass Finns Nähe ihm würde gefährlich werden können und das galt es zu unterbinden. „Mit einem Truppentransport", erklärte Poe, als er die Kleidungsstücke aufnahm, die noch da lagen. Die Heilerin hob eine Hand, wie zum Gruß. Ein paar Droiden hatten bereits angefangen die ersten Betten abzubauen und aus dem Raum heraus zu schaffen.

„Lass den Kram hier...", bat Finn leise. „Oder lass ihn mich wegwerfen... ich will das Zeug nicht mehr sehen."

Poe hob eine Braue und machte Anstalten die Sachen in den bereitstehenden Müllbehälter fallen zu lassen, als Finn eine Hand hob. „Die Jacke nicht."

Mit einem kleinen Lachen drückte Poe Finn die Jacke vor die Brust, der zwar scharf die Luft einzog, das Kleidungsstück aus Leder aber festhielt. „Die stand dir auch ganz gut", grinste Poe. „Vielleicht kann man die ja doch noch retten."