Kapitel 1. Sie waren Vier...
Das Feuer im Kamin brannte grell, und es war warm und gemütlich im Zimmer. Die Uhr tickte langsam und faul. Der Minutenzeiger fuhr plötzlich ein bisschen zusammen und erstarrte. Der Mann am hohen, hölzernen Tisch, der reich dekoriert und wunderschön blank war, schwenkte mit dem Zauberstab, und die Uhr setzten ihre Arbeit mit einem Knarren fort. Der Mann am Tisch war mit etwas unzufrieden, er bewegte seine Lippen und streichelte seinen langen schwarzen Bart. Seltsame Zeichnungen lagen vor ihm, und es muss darauf hingewiesen werden, dass niemand sich in ihnen auskannte, außer ihm, weil das schließlich seine eigenen Entwicklungsarbeiten waren. Sie sollten dann der Schule zum unbestreitbaren Vorteil werden. Der Mann setzte sich gerade und guckte ins Fenster, seinen Gedanken zu lächelnd. Alles war nicht umsonst, alle die Bemühungen, alle die Forschungen, alle die Hoffnung... Der Frieden in der magischen Welt wurde auf viele Jahre gesichert, es begann die Epoche der allgemeinen magischen Ausbildung, und er und seine Freunde waren immer noch kräftig und zu allem bereit, aber... die inneren Differenzen – das war die Sache, dass ihm schon seit langem Sorgen machte. Man brauchte kein Genie zu sein, um darauf zu kommen, dass der Bund der vier größten Zauberer der Welt nicht lange ausdauern wird. Der Mann wurde aufgeregt: er stand auf und fing an, auf und ab zu gehen. Was wird er tun, wenn er keinen anderen Ausweg haben wird? Sein Willen war stark, seine Vorsätze waren gut, aber was jetzt passierte, machte ihn und seine Gedanken unentschlossen und unbeständig. Dieser Mann hieß Godric Gryffindor.
Seit dem ersten seriösen Streit waren einige Jahre vergangen, und Salazar Slytherin wurde scheinbar ruhig. Wie dem auch sei, sprach er nie mehr über seine Ideen, drohte mit den uralten Flüchen auch nicht, trotzdem blieb Gryffindor jetzt fast immer auf der Hut. Es tat ihm wirklich leid, so einen guten Freund zu verlieren, Helga Hufflepuff versuchte ihn zu überzeugen, dass alles sich noch wiedergutmachen lässt. Liebe, gutmütige Helga. Für sich selbst hatte Gryffindor schon längst festgestellt, dass er Slytherin verloren hatte. Die Absichten vom letzten gaben ihm keine Ruhe. Rowena Ravenklaw wusste auch nichts, obwohl sie die einzige war, die das wissen konnte. Die Beziehungen zwischen ihr und Salazar waren kompliziert, aber hatten vieles durchgemacht. Immerhin gab sie keine Antwort zu allen Fragen, die ihr gestellt wurden, und zuckte nur die Achseln. Gryffindor hoffte nur darauf, dass sie nichts zu verheimlichen hatte.
Um sich abzulenken, vertiefte er sich wieder in seine Ausarbeitungen. Etwas bemerkte er aber ganz sicher: das Wetter hatte sich gewandelt, der Wind schlug mit wildem Zorn gegen die Fensterscheiben und zerriss die übriggebliebenen Herbstblätter auf den Bäumen. Die Alten achteten immer auf die Zeichen der Natur, nur dann gelang es ihnen, große Katastrophen für ihre Nachkommen zu verhüten. Godric Gryffindor saß noch für eine Weile, düster und wollte dann keine Arbeit mehr erfüllen. Er rollte die Pergamente zusammen, und gleich in diesem Moment hörte er Schritte auf der Treppe. Er kannte diese Schritte, sie waren schwer und schnell gleichzeitig. Gryffindor legte beide Hände auf den Tisch und stellte sich gleichgültig und gelassen.
Die Eichentür ging auf, und verärgerter Slytherin stürzte hinein. Er sagte keine Begrüßungsworte, ging sofort auf den Tisch zu und setzte sich. Er sah aber den nächsten Moment schon fast ruhig aus. Er verband seine dünnen, langen Finger und beobachtete seinen alten Freund. Gryffindor zahlte ihm mit gleicher Münze. Er ahnte nicht, wovon der reden wollte. Slytherin eilte aber nicht. Das war ein ziemlich schöner und wohlproportionierter Mann, seine Gesichtszüge waren edel, aber es gab einen seltsamen Ausdruck in seinen Augen, den Gryffindor erst vor einigen Monaten bemerkt hatte. Das war ein schwarzer Schatten, ein böses Vorzeichen, aber weder Gryffindor noch die zwei Freundinnen – Rowena und Helga – fragten ihn offen nicht, womit er sich in der letzten Zeit beschäftigte. Merlin schrieb in seinen letzten Werken, dass keiner Zauberer sich für die dunklen Künste interessieren kann, ohne dass von ihnen beeinflusst oder sogar erobert zu werden. Diese Werke waren natürlich Slytherin bekannt. Aber er war unermüdlich in seinen Forschungen und ließ sich nie umstimmen.
Also, was hat dich doch hierher gebracht, alter Freund? – erkundigte sich Gryffindor. – und in solch einer späten Stunde?
Ein Anliegen, Godric, ein Anliegen, - erwiderte Slytherin melancholisch.
Wenn es um unseres letztes seriöses Gespräch geht, kannst du dich nicht bemühen.
Wie kannst du so was denken? Dass Muggel dir lieb sind – wohl bekomm's! Ich habe mich schon daran gewöhnt, dass meine Meinung nicht geschätzt wird. Das wird sich aber später auswirken, kannst du mir glauben. Und jetzt... jetzt möchte ich was anderes vorschlagen.
Ist das ein Verbesserungsvorschlag?
Nicht ganz, - Slytherin schmunzelte geheimnisvoll und verstummte.
Gryffindor wartete. Er fing schon etwas Verdächtiges im seines Freundes Benehmen und bereitete sich dazu auf, unbekannte Angriffe abzuwehren.
Ah, Godric, warum glaubst du mir nicht? – Die Augen von Slytherin waren kalt, die Stimme trocken. – Hast immer noch Angst, dass ich dir irgendwann eine Opposition leisten kann?
Opposition? – rief Gryffindor erstaunt. – Was fällt dir nur ein? Warum soll ich denn überhaupt Angst haben? Salazar, ich begreife aber nicht, wozu du hergekommen bist. Um wieder zu drohen?
Das ist doch keine Bedrohung, und du weißt es, - Slytherin rückte sich plötzlich nach vorn, und seine Augen flammten auf. – Du kannst nicht gestehen, dass es überall Zeichen geben, aber du kannst auch nicht verneigen, dass die Zeit gekommen ist. Nicht wahr?
Ist das dein echter Grund? – Gryffindor bohrte den Gesprächspartner mit einem forschenden Blick. – Du siehst, dass der Himmel über den Bergen sich bewölkt hat, du weißt, dass schreckliche Kräfte aufgewacht sind, und du bittest jetzt um die Hilfe? Das glaube ich nicht, und ich sage dir warum: Wir haben den Frieden endlich gesichert, und du selbst hast dazu viel beigetragen. Diese Kräfte waren besiegt, jetzt existieren sie von selbst, in unbestimmten Formen. Wozu sollen wir dann sie wieder beunruhigen? Kein Mensch kann sie besetzen, ich habe es dir mehrmals wiederholt. Ich sollte ahnen, Salazar, dass du dich nicht beruhigen wirst. Ist das dein Anliegen? Du hast dich verlocken lassen und willst jetzt, dass wir dir helfen. Habe ich recht?
Du weißt nicht, was du sagst, - Slytherin beherrschte seinen Zorn und fuhr fort: - Übrigens, ich habe mich mit etwas die ganze Zeit beschäftigt. Der Berg schweigt, ja, aber das ist einstweilen. Wenn wir uns nicht eilen, passiert etwas, das wir ewig bedauern werden. Und du – in erster Linie.
Wirklich? – Gryffindor schaute finster drein. – Jetzt tust du so, als ob alles von mir abhängt. Du bist aber schon in Berührung mit solchen Dingen bekommen, die niemand von uns für annehmbare hält. Darum frage ich dich: was können wir dafür?
Wir sind doch alle vier Weltverteidiger, - antwortete Slytherin spöttisch. – Und wir sollten eigentlich diese Welt auch jetzt verteidigen, wenn etwas vorkommt. Und ich meine, dass etwas schon vorgekommen ist, während du dich um die Schule kümmerst und nichts mehr hörst und siehst.
Meinst du, dass Hogwarts blind und taub wurde, nachdem du ihn verlassen hast? – Gryffindor fuhr auf. – Jetzt sehe ich, Salazar: ich sehe den Glanz in deinen Augen und ich erkenne ihn! Du willst die Macht mit unserer Hilfe ergreifen. Aber überlege doch, ich beschwöre dich, ich nehme daran nicht teil, und du kannst zugrunde gehen. Wie alle, die ihre Macht mit niemandem teilen.
Du verstehst nichts! Du verstehst nicht, was für eine Macht ist das! – Slytherin beherrschte sich und stand auf. – Also kann ich mich auf dich nicht mehr verlassen, Godric?
In diesem „Anliegen" kannst du es vergessen.
Slytherin verbeugte sich verächtlich und verschwand. Godric Gryffindor setzte sich wieder und nahm die Hand von seinem Schwert langsam weg.
Nach einigen Minuten tritt Helga Hufflepuff ein.
Wozu war er hier?
Um mich zu überzeugen, dass wir uns ihm anschließen und den Berg überfallen sollen.
Hast du ihm geglaubt? – fragte sie erschrocken.
Natürlich nicht. Aber ich weiß nicht, wie es mit Rowena steht, - Gryffindor sah sie erschöpft an. – Helga, ich habe es nie gewollt, dass ihm so was passierte. Aber ich hatte immer einen Verdacht, dass es früher oder später passiert. Er hat doch seine Wahl gemacht, wie?
Ja, du hast aber so viel für ihn getan. Und jetzt müssen wir nicht mit ihm kämpfen, ich meine, er schafft das sowieso nicht.
Wie man's nimmt, Helga, er ist ja so weit eingedrungen, dass er sehr gefährlich geworden ist. Und für sich selbst auch. Wer nach der Macht strebt, strebt auch nach der Unsterblichkeit. Und das ist am schrecklichsten. Das, womit Salazar sich jetzt beschäftigt, entkräftet ihn, entzieht ihm die Kräfte und die Tugenden.
Und das ist sehr einseitig, - fügte Helga hinzu.
Er sieht das nicht... Helga, ich ahnte das, ich versuchte das zu verschieben, aber jetzt stehen wir wieder an der Schwelle des Krieges. Von mir hängt jetzt vieles ab. Und ich tue mein Möglichstes!
Schone aber deine eigenen Kräfte für eine Weile! Du meinst wirklich, dass er sich dazu erkühnt?
Er erkühnt sich dazu, - antwortete Gryffindor und sprach nicht mehr. Draußen fing das Gewitter an.
Nach einigen Monaten trafen sie sich wieder; schon als Gegner. Die grundlegende Veränderung an seinem alten Freund überraschte Gryffindor. Salazar Slytherin war sich selbst nicht mehr ähnlich. Die uralte Magie, die der Berg in sich hatte, konnte kein Mensch besiegen und beherrschen. Slytherin hatte aber einen Versuch unternommen. Die Abrechnung war aber zu hoch. Seine Kräfte gingen aus, und der hervorragende Zauberer fühlte, dass das Ende nah war. Er versuchte, sich am Leben anzuhaken, aber alle seine Bemühungen waren vergeblich. Das Große Böse lebte im Berg und entnahm seine Lebenskräfte. Nur teilweise gelang es ihm, sie zu unterwerfen. Aber auch diesen Teil konnte er nicht tragen, und sein ganzer Ehrgeiz half nicht. Die Luft bebte neben diesem Ort, den er als seine Besitzung gekennzeichnet hatte. Es gab bloß unwegsame Sümpfe überall, undurchdringliche Wälder und der Berg, der sich darüber erhob, dessen Spitze in den Wolken verborgen war.
Gryffindor kam dorthin mit einer klaren Absicht an: er wollte noch einmal versuchen, den Freund dazu zu überreden, auf diese wahnsinnige Tat zu verzichten. Helga Hufflepuff und Rowena Ravenclaw begleiteten ihn. Aber es war schon spät. Der Berg war aufgewacht und atmete mit Feuer und Ascher. Es blieben einige Stunden vor dem Vulkanausbruch. Die ganzen Armeen von allerlei Kreaturen eilten hin und her und gruppierten sich im Tal links von den Mooren. Blutsäuger waren besonders bemerkenswert. Ihre Schilde und schiefe Schwerte glänzten im blassen Licht der weißen Sonne.
Was haben sie vor, zu tun? – fragte Helga nachdenklich. – Möchten sie wirklich ein Gefecht mit unserer Armee einleiten? Das wäre doch unvernünftig.
Salazar wird dann seine Macht über diese Länder bekräftigen, - erwiderte ruhige und majestätische Rowena. – Aber seht zum Horizont! Seine Zeit ist aus.
Sie blickten nach dem Osten. Er war purpurrot, obwohl die Sonne fast untergangen war. Die Gewitterwolken sammelten sich dort und näherten sich mit fürchterlicher Geschwindigkeit. Gryffindor sah sein Schwert an, er schimmerte und zitterte leicht.
Los! – sagte Godric Gryffindor kurz, und der erste Donnerschlag erschütterte das erschrockene, stille Tal.
Das war eine sehr grausame Schlacht, es dauerte aber nicht lange, gerade bis zum Ausbruch. Und die ganze Zeit suchten die Drei nach Viertem. Er kam dann aber selbst ihnen entgegen. Seine Augen brannten, seine Kleidungen, schwarz und grün, flatterten im Winde und in der Hand hatte er auch einen Schwert, einen schwarzen, als ob angekohlten Schwert. Er erklärte sofort, dass er seine Meinung nicht ändern wird, und es blieb Gryffindor nichts anderes übrig, als ihn zum Zweikampf herauszufordern. Slytherin willigte ein, ohne jegliches Nachdenken oder Bedauern. Und das war sein letzter Kampf.
Gryffindors Schwert streckte seinen Feind nieder und der fiel auseinander, wie aus der Asche gemacht. Die beiden Gegner waren verwundet, weiterer Kampf hatte keinen Sinn. Die Drei boten eine Versöhnung an, Slytherin wendete sich aber ab und ging ins Innere des Berges zurück. Der Berg tat sich auf, und der Feuerstreb strömte daraus. Die Heere ergriffen die Flucht und verschanzten sich in den anliegenden Wäldern. Der Krieg war aus.
Man vermutete dann, dass Slytherin während des Ausbruches gestorben war, aber das war nicht so. Er hatte eine Zuflucht im Berg und wusste über seine Besonderheiten. Außerdem wurde es danach bekannt, dass Rowena Raverclaw die letzte war, die Salazar Slytherin am Leben gesehen hatte. Gewisse historische Zeugnisse blieben erhalten, dass sie sich bald nach dem Ereignis getroffen hatten, Slytherin wurde aber nachdem nie gesehen. Und hier beginnen endlose Mutmaßungen und Legenden. Der Berg steht auch bis heute, wird als schlafender Vulkan bezeichnet und es gibt keine wesentlichen Gründe, dass er einmal erwacht. Es erschienen schon seit langem Legenden über die Schätze von Slytherin, die innerhalb des Berges verborgen sind. Viele glaubten und glauben immer noch an diese Legenden und begeben sich immer wieder nach den Grünen Mooren, wie dieser Ort genannt wird. Aber es wird immer weniger solche Waghälse auf der Welt, und da braucht man sich nicht zu wundern: dieser Ort steht auf keiner Karte, die Luft ist dort schwer und grün, die Moore sind unwegsam, und man sagt, dass diese Länder verflucht sind. Nur Vampire und riesige Raben leben dort, sonst gibt es in der Umgebung nichts Lebendiges überhaupt. Oder fast nichts... aber über diese Wesen sagt man nicht viel und meistens im Flüsterton. Die Ureinwohner, die der Zauberwelt gehören, erzählen durcheinander jedem, der sich so was anhören möchte, über den Geist von Slytherin, der im Berg lebt und auf seine Stunde wartet. Die Legende selbst lautete, dass bevor Slytherin starb, erfand er eine wunderbare Verschwörung, um am Leben zu bleiben. Obwohl er keinen Körper hatte und, inwiefern es bekannt war, keine Horkruxe geschaffen hatte, fand er einen Ausweg aus dieser Situation. Aber welcher Ausweg? Niemand wusste es, und niemand von Dreien hatte etwas darüber erwähnt, aber schließlich wurden gar nicht alle Manuskripte der Drei Großen Zauberer entdeckt und entschlüsselt. Kurz gesagt war das alles aus dem Gebiet der Sagen und es waren wenige, die daran noch glaubten. Es vergangen tausend Jahre, und der Berg hat sich nie wieder gemeldet. Kein Geologe konnte ihn durch die Luft erreichen, weil die Sichtbarkeit fast einer Null gleich war und da Felswände auf Schritt und Tritt waren. Das Apparieren war doch merkwürdigerweise nicht möglich, aber man kümmerte sich nicht besonders darum. Der Berg schwieg, und das war genug, um sich mit anderen Problemen zu beschäftigen. Die bösen Zauberer, die die Welt erobern wollten, lösten einander ab, und die magische Gemeinschaft hatte zum Beispiel im zwanzigsten Jahrhundert überhaupt keine Ruhe gehabt. Die Grünen Moore waren erfolgreich vergessen. Und wem konnte es nur einfallen, dass etwas sich dort befand? ... Etwas Schreckliches, das seit tausend Jahren seine Kräfte ansammelte und auf passenden Moment wartete? Vielleicht aber sieht das bloß wie eine Legende für Kinder aus, hier muss ich zustimmen.
Kapitel 2. Ein Mann mit einem Spazierstock.
Der September fiel kalt und regnerisch aus. Besonders in London war das Wetter schrecklich, wegen der Abgasen und des allgemeinen Nervositätszustand, der bezeichnend für alle Großstädte ist. Es regnete ununterbrochen, und besonders Staatsbeamten waren schlecht daran: ihre Arbeit hat sich verdoppelt. Die Tage waren düster, es gelang der Sonne nicht, sich den dicken Wolken gegenüber durchzusetzen, und die Leute waren alle bloß schlecht gelaunt und verließen ihre warme Wohnungen nur unwillig, um auf die Arbeit zu gehen.
An einem dieser Tage erschien ein Mensch in London. Er war sehr imposant und selbstbewusst. Seine Kleidung war einwandfrei, der Umhang war, meinetwegen, ein bisschen zu lang. Trotzdem kümmerte er sich nicht im Geringsten darum, und jeder, der ihn ansah, konnte sicher behaupten, dass dieser Mann genau weiß, wohin und was er will. Er war hoch, dünn und kahlköpfig, und hatte dunkelblaue Augen und dicke Lippen. Außerdem hatte er einen echten Spazierstock aus Esche – das war in London schon gar nicht mehr so üblich, wie zum Beispiel Ende des 19. Jahrhunderts. Wiederum fiel niemandem das ein, so sicher wirkte er. Immerhin möchte niemand, ihm in die Augen zu sehen, gerade sie wirkten abstoßend, niemand verstand, warum. Scheinbar kümmerte er sich auch darum nicht, er sah seinen Gesprächspartnern tapfer und vielleicht auch beabsichtigt in die Augen, und sie entweder willigten sofort ein oder fühlten seltsame Unruhe, auch wenn sie stark waren. Er hatte sich in der Rangordnung schnell und sicher durchgesetzt und niemand konnte erraten, was er im nächsten Moment tun wird, worauf er natürlich sehr stolz war.
So war Ferreus Holder, der Leiter der Abteilung für innere Angelegenheiten. Jetzt schwang er sorglos mit dem Spazierstock und begab sich nach dem Zentrum von London. Er überquerte Trafalgar-Platz mit bedächtigem Schritt und bog in Downing-Straße. Dann, nach einigen Metern, hielt er vor einem alten Gebäude, mit großen Fenstern, die dicht verhängt waren. Er stieg Marmorstufen empor und klopfte mit dem Stock an die Tür. Nach einer Weile öffnete die Tür sich etwas, und ein weibliches Gesicht betrachtete Mr Holder mit Erstaunen. In solch einer Stunde wurden wahrscheinlich keine Besucher erwartet.
Sind Sie Mr. Holder? – fragte die Frau in hoher Stimme.
Das stimmt, gnädige Frau. Bin vor zehn Minuten in London angekommen und habe es sehr eilig. Dienst, sehen Sie?
Selbstverständlich. Kommen Sie herein! Wir wurden schon längst darüber informiert. Wünschen Sie sich etwas?
Vielen Dank, aber, wie ich es schon gesagt habe, habe ich es eilig. Sie begleiten mich, nicht wahr?
Aber natürlich, heute habe nur ich Dienst hier. Folgen Sie mir bitte.
Mr. Holder verbeugte sich, sah sich um und folgte ihr eine enge Treppe hinunter. Die Treppe war sehr alt, aber man bewahrte sie im guten Zustand. Dieser Raum war ein Teil des großen Hauses und diente als eine ziemlich große Bibliothek, wo man auch Zauberbücher finden konnte. Das Ministerium hatte diesen Raum vor drei Jahrhunderten entdeckt und ihn mit allerlei Schutz versorgt. Hier wurden Verschlusssachen, uralte und verbotene Bücher, und endlich ein riesiges und ausführliches Archiv aufgehoben. Man ließ Ministerangestellte hinein nur wenn sie eine spezielle Erlaubnis vom Minister der Magie bekommen hatten, und das war gar nicht so leicht. Holder lächelte seinen Gedanken zu. Er hatte eine bestimmte Begabung dafür, andere Menschen zu überzeugen. Wie den heutigen Minister zum Beispiel. Kingsley Shacklebolt war gar nicht dumm, er war doch einer der besten Auroren und außerdem gab es viele Gerüchte, dass er dem Orden des Phönixes angehört hatte, und Holder meinte, es wäre die reine Wahrheit. Immerhin hütete er sich vor dem neuen Minister auf jeden Fall, und versuchte seine Aufmerksamkeit nicht anzulocken. Bisher war es ihm glänzend gelungen. Minister konnte ihn sicher daran hindern, seine ernsten Forschungen fortzusetzten, und dazu hatte er einige Gründe zugleich. Holder seinerseits hatte im Sinn schon einige Ausreden zugleich, um seine Absichten zu rechtfertigen. Schließlich, wenn er den Erfolg erlangt, wird er vielleicht selbst Minister der Magie. Diese Aussicht packte ihn immer mehr, dazu war das ganze Ministerium mit der Kriegsfolgebeseitigung sehr beschäftigt, und er konnte seine Aktivität ruhig entfalten und dabei nicht vergessen, eigene Arbeit erfolgreich zu erledigen. Und alle diese Probleme: Pauper, Arbeitslose, Gauner, zerstörte Städte und Dörfer – das alles ging ihn bestimmt auch an, alles sollte aber mit Maß sein, und er wusste dass er recht hatte, wenn er den Löwenanteil seiner Zeit verschieden Bibliotheken widmete.
Mrs. Klaus – so hieß die Bibliothekerin – begleitete ihn bis zur Tür, die in einen kalten Raum mit einem sehr niedrigen Gewölbe und zahlreichen Bücherregalen führte. Mr. Holder orientierte sich darin ausgezeichnet, so fing er sofort mit der Arbeit an. Stundenlang wühlte er in verstaubten Bänden, fand etwas oder nicht fand, rauchte, überlegte sich neue Informationen und wühlte wieder. Das Rätsel fand keine Antwort in seinem Verstand, und das brachte ihn aus der Fassung. Zum Glück war er aber ein ganz geduldiger Mensch, deshalb arbeitete er immer gewissenhaft und kannte es so gut jedes Aufsehen vermeiden. Es gab einmal eine Meinung, dass man gerade vor denjenigen Angst haben sollte, die unauffällig sind und deren Gedanken man ganz ruhig ablesen kann, mit Legillimenz oder nicht. Einige von diesen „Unauffälligen" konnten sich natürlich als Okklumenisten erweisen, aber da sollte man einfach „das Licht löschen" und sich um nichts mehr kümmern. Mr. Holder gehörte nicht zu „solchen", er konnte es einfach leicht, das Innere der Menschen zu sehen, weil er sich in der Menschheit ganz gut auskannte. Seine Umgebung glaubte nicht daran, die meinte, dass sie ihn auf Schritt und Tritt betrog. Die Sache verhielt sich aber ganz umgekehrt, Mr. Holder verhehlte aber diese Tatsache ganz geschickt. Alles lag darin, dass er seine Kenntnisse ausnutzte und niemand es bemerkte, weil er imposant, aber „mittelmäßig", willensstark aber „manchmal auch nachgiebig" wirkte. Alles hing nämlich davon ab, mit wem er verkehrte. Seine ehemaligen Freunde, mit denen er sich aus irgendwelchem Grund getrennt hatte, rieten allen, sich vor ihm zu hüten. Man horchte aber auf ihrer Meinung nicht besonders.
Es war schon Mitternacht, als er fertig wurde. Die Entdeckung war schon nah, er spürte das wie ein Jagdhund spürt den Hasen. Es blieb ihm nur ein Archiv übrig, und dann unternimmt er eine richtige Expedition mit treuen Leuten. Wer konnte aber wirklich treu sein? Er schüttelte den Kopf, nahm seinen Spazierstock und verließ die Bibliothek. Die Bibliothekerin sagte dazu nichts, „Imperius" hatte noch nie mit Muggeln versagt.
Das Nachtlondon wimmelte von Leuten und Autos. Mr. Holder beschloss so schnell wie möglich nach Hause zu geraten und apparierte in einen der Vororte von London, wo seine komfortable Wohnung sich befand. Er apparierte fast zu den Türen, fühlte sich aber plötzlich beobachtet und presste seinen Zauberstab in der Tasche leicht. Dann drehte er sich langsam um. Seine Schutzfertigkeiten waren gut, aber diese Beobachtung dauerte schon einige Wochen lang und ging ihm schon auf die Nerven. Konnte jemand denn wissen, womit er sich beschäftigte und was er zu tun hatte. Er fuhr zusammen bei diesem Gedanken. Niemand wusste es, nur etwas wussten die nächsten Gehilfen und dass jemand darauf kommen konnte – so was konnte er sich nicht vorstellen. Er flößte sich leicht ein, dass das seine politischen Gegner waren, aber an jenem Abend konnte er dabei aus unbestimmten Gründen kein Auge zudrücken und prüfte die Gegend vorsichtig mit dem Zauberstab. Niemand. Er konnte ein unangenehmes Gefühl nicht loswerden, dass das kein Mensch wäre.
Dann hörte er damit entschlossen auf und öffnete die Tür mit dem Schlüssel. Schon von der Schwelle aus verstand er, dass jemand ihn aufgesucht hatte. Die Sachen waren ebenfalls auf ihren Plätzen, etwas stimmte aber nicht. Er ging rasch zum Portrait, das an der Wand hing. Das Portrait schnarchte laut. Holder stieß ihn heftig mit dem Zauberstab und erreichte ein Ergebnis: der Alte mit einem blauen Hut wachte auf.
Wer war hier, als ich fort war? – forderte Holger.
Was?... hier? – das verschlafene Portrait konnte nichts erfassen.
Sind Sie zufällig nicht weggegangen? Ihre Aufgabe ist doch, mein Haus zu bewahren, nicht wahr?
W-eggegangen? Natürlich nicht! – jetzt sah das Portrait sehr beleidigt aus.
Mr. Holger war immerhin ein sehr umsichtiger Mensch, deshalb brauchte er nicht so viele Beweise in seiner Gerichtspraktik, wie die anderen. Natürlich kamen manchmal Fehler vor, aber das war nicht der Fall, darauf konnte er schwören. Deshalb richtete er seinen Zauberstab auf das Portrait und sprach eine sehr lange Zauberformel aus. Wie er es erwartete und befürchtete, wurde das Ende des Zauberstabes blau. So wurde es festgestellt, dass das Portrait unter dem Imperius stand. Holder verfluchte es und versuchte es zu entzaubern, aber alle seine Versuche scheiterten. Verdrossen und enttäuscht überprüfte er seine Sachen und stellte fest, dass nichts fehlte. Das machte ihn noch unruhiger. Wonach wurde es dann gesucht? Die Antwort lag von selbst nahe: man konnte alle die Informationen ruhig behalten und gar nicht mitnehmen, wenn man etwas verstehen will oder ein gutes Gedächtnis hat.
Mr. Holder ergab sich nicht so leicht, wie man es vermuten konnte. Er arbeitete die ganze Nacht, rauchte Zigarren, trank starken Kaffee und hörte sich klassische Musik an. Gegen Morgen setzte er ein Namensverzeichnis der mutmaßlichen Täter auf. Einige Namen waren ihm besonders lieb, aber gerade in diesen Fällen brauchte er schlagende Beweise. Das machte aber nichts aus, dachte er zufrieden. Er bestellte eine Aurorengruppe zu sich um sieben Uhr und hoffte darauf, dass jemand das Portrait entzaubert. Die Auroren kamen sehr schnell, aber sie alle haben ihre Ratlosigkeit gezeigt. Diese Tatsache betrübte aber Holder nicht so sehr: er strich fast zwei Drittel gleich und gewiss aus der Liste aus. Er sah die übrigen Namen durch und grinste: jetzt hatte er vor, eine Untersuchung anzuordnen. Das Übel war, dass alle diese „übrigen" irgendwelche Protektion hatten und einige auch von dem Minister. Er runzelte die Stirn. Man hielt Mr. Holder für einen der besten Geheimpolizisten für eine Zeit. Mit den Todessern hatte er aber weniger Glück. Er war aber klug genug, um es zu gestehen, dass er kein hervorragender Zauberer war. Ein guter, das schon, aber nicht hervorragender. Jetzt ergriff er aber wieder alle die Möglichkeit, an der Spitze zu sein und sich ruhig damit zu beschäftigen, was ihn interessierte.
Wie wäre der Befehl? – erkundigte sich der Hauptauror.
Ganz einfach: berichten Sie persönlich darüber dem Minister, bevor ich komme. Ich habe noch was zu tun.
Aber Mr. Holder, - der Auror erwiderte mit Bedenken. – Nichts wurde ja gestohlen...
Es war eine richtige Haussuchung, reicht es nicht? – fragte Holder kalt. – Sagen sie mal, halten Sie denn viel von ihrer Arbeit? Sie schätzen sie, nicht wahr?
Ja, sehr, - antwortete der Auror hastig. – Ja, natürlich...
Erfüllen Sie dann, was ich gesagt habe, - sagte Holder ruhig und zündete eine neue Zigarre gleichgültig an.
Nach dem Besuch des Ministers fühlte er sich mehr als zufrieden. Sein Traum war sehr nah dazu sich zu verwirklichen. Die passenden Worte waren gefunden, das eigene Misstrauen vom Minister war ausgenutzt, und es wurde auch mit der nächsten Umgebung des Ministers ausführlich und vertrauensvoll über die Sache gesprochen. Wie schnell lässt sich die gesellschaftliche Meinung verändern! Außerdem wenn der neue Minister nur seine ersten vorsichtigen Schritte macht und die Situation nicht so direkt und stark beeinflussen kann, wie diejenigen, die schon seit langem am Steuer sind. Dieser Gedanke brachte ihn in eine ausgezeichnete Laune, er besuchte einige seiner Büros zur Täuschung, veranlasste alles Notwendige und traf sich mit einigen maßgebenden Beamten. Danach fuhr er in den letzten Ort mit alle Art Hoffnungen überfüllt. „Die Karte existiert. Sie muss existieren! Wenn man zwei und zwei zusammenlegt, bekommt man entweder vier oder... Ich bekomme jedenfalls vier!"
Die Sache war erledigt. Er hat sie gefunden! Die Jahrzehnte waren dafür verbraucht, die Kräfte, die Gesundheit. Und er hielt sie jetzt in den Händen: ein altes, abgenutztes Papierstück mit seltsamen Zeichen. Eines auf der Karte war zweifellos: der große Berg, mit niedrigen Felsen umgegeben und die Moore, durch die man nicht gehen konnte. Grüne Moore... Holder unterdrückte sein Glück kaum. Wer konnte das ahnen? Die Karte existierte, er hielt sie in den Händen, und er konnte sich jetzt einen Urlaub leisten, einen sehr langen Urlaub. Und nichts konnte ihn jetzt stoppen... außer dem Tod. Ehrlich gesagt, glaubte Ferreus Holder wie auch jeder Mensch an den Tod nicht.
Kurz danach hatte er seinen ersten großen Fehler begangen. Er ging nach Hause zu Fuß und strahlte einfach den Triumph aus. So was war ihm nur einmal im Leben passiert: als er an der Aurorschule immatrikuliert worden war. Und nur deshalb war diese Regung entschuldbar. Er beruhigte sich doch schon nach fünfzehn Minuten, aber das war vollkommen genug, damit jemand etwas bemerkte. Er begriff das alles ziemlich schnell und wurde mit sich selbst sehr böse. Dann sperrte er die Karte in einen speziellen Panzerschrank, den nur er öffnen konnte, weil er ihn selbst erfunden hatte. Dann trank er Whiskey und dachte über alles noch einmal gründlich nach. Unterwegs hatte er nichts Besonderes bemerkt. Bedeutete das etwa, dass er von niemand bemerkt wurde? Natürlich nicht. Auf jeden Fall umgab er das Haus und den Panzerschrank mit zusätzlichen Schutzsprüchen, die meisten von denen auch für Auroren verboten waren, und setzte sich ans Klavier. Die Musik half ihm immer, sich zu entspannen und neue Pläne zu erarbeiten. Auch in diesem Fall kam er auf die folgerichtige Kette und schloss den Klavierdeckel. Ein bisschen abzuwarten, nur ein bisschen...
Am nächsten Morgen ging er zur Arbeit, sein Haus wurde jetzt von dreißig Auroren bewacht. Seine Laune hatte sich nicht wesentlich verschlechtert, aber ein unklarer Verdacht war schon aufgekommen. Dazu war das der erste sonnige Tag, und das war schon an sich verdächtig. Vor der Tür seines Hauptbüros sah er den einzigen Besucher. Er freute sich darüber, dass er war der einzige, aber er hatte es nicht besonders gern, mit Frauen zu sprechen. Die Frauen, die zu ihm kamen, beklagten sich ewig darüber, wie schlecht sie lebten, besonders in der letzten Zeit. Diese war aber eine richtige Edeldame mit vollkommener Haltung, groß und blond. Ihr Gesicht war mit dem Schleier bedeckt, aber er erkannte sie mühelos und fing an daran zu denken, wie er sie schnell loswerden konnte. Sie wendete sich aber zu ihm mit ganzem Körper und sagte schnell mit brüchiger Stimme:
Mr. Holder, entschuldigen Sie bitte die Störung, aber Sie haben mir versprochen...
Ich danke Sie sehr, Mrs. Malfoy, ich erinnere mich ganz gut daran, was ich jemandem verspreche oder nicht verspreche, - unterbrach er unzufrieden. – ich habe nur gesagt, dass ich mal sehe, was zu unternehmen ist. Aber man gestattet jetzt keinen Besuch mit solchen Häftlingen, wie Ihr Mann, und die Bewachung ist verstärkt. Es tut mir wirklich leid, aber ich kann Ihnen nicht helfen.
Tut das Ihnen leid? – rief Narzissa entrüstet aus. – Das waren doch Sie, Sie kämpften wie ein Löwe für ein strengeres Urteil mit Beschlagnahme! Können Sie sich nicht vorstellen, was ich und mein Sohn erleben mussten?
Warum denn, stelle ich es mir ganz gut vor, - erwiderte Holder höhnisch. – Ich stelle auch was deutlich vor: was diejenigen und ihre Verwandten erleben mussten, die von ihrem Mann irgendwann verletzt oder sogar getötet worden waren. Sie selbst mit Ihrem „einwandfreien" Sohn sind billig davongekommen!
Sie bekam keine Luft mehr. Ihre Augen waren voll Tränen.
Aber... Mr. Holder... Fünfzehn Jahre und kein einziger Besuch... er hielt nicht durch! Er wird nur das Schuldgefühl empfinden und das bringt ihn um! Er hat alles verloren, Sie sollen doch verstehen!
Ach was? – Holder maß sie, ungepflegt und veraltet, mit einem verächtlichen Blick. – Ich kann Ihnen doch ein bisschen Geld geben.
Sie verstummte und erstarrte. Dann drückte sie ihre schmalen blassen Hände an die Brust und rannte weg, vor Schluchzen erstickend. Holder sah ihr ohne jegliches Mitleid nach, sie belästigte ihn schon seit drei Monaten fast jeden Tag und seine Geduld war aus. Er betritt dann sein Büro, rief ein paar Male den Minister selbst an, wiederholte seine Bitte, hörte die neuen Anordnungen ab und vertiefte sich in die Gedanken. Der echte Grund zur seinen Behandlung von Narzissa Malfoy war folgender: er hasste alle Todesser mit allen Fibern seines Herzens. Übrigens die Muggel hasste er auch, aber das war eher Verachtung. Er selbst war ein Reinblut, seine Familie schloss sich aber Voldemort und seinen Nachfolgern nicht an. Dafür war seine ältere Schwester als Geisel genommen und dann getötet. Sein Vorbild war immer Bartemius Crouch bis zum Moment, als die Wahrheit über seinen Sohn aufgedeckt wurde. Er hatte danach kein Vertrauen zu ihm, hielt sich im Dunkeln und wurde immer grausamer, obwohl man es ihm nicht sah. Deshalb hinterließ er immer nur einen seltsamen Eindruck, und man konnte sich nie erklären, wovor man sich eigentlich hüten sollte. Mit einem Wort, lohnte es sich nicht, solch einem Mann in die Quere zu kommen, weil er nichts vergaß und seinen ganzen Einfluss benutzte, um einen zu vernichten.
Als er nach Hause kam, war es schon dunkel. Er erkundigte sich bei der Wache danach, ob alles in Ordnung wäre. Die Auroren beteuerten ihn, es wäre alles in Ordnung, aber er beschloss, alles noch einmal zu prüfen.
Im Haus war alles durcheinander. Er hielt auf der Schwelle und suchte mit den Augen nach dem Panzerschrank. Er lag auf dem Boden, war natürlich geöffnet, und die Karte war weg. Holder rief sie im Gedächtnis zurück, dann setzte sich und zeichnete sie fieberhaft genau, wie sie war. Das war also sein zweiter Fehler: keine Kopie gleich gemacht zu haben. Er überblickte das Zimmer noch einmal. Er hatte schon zwei verschiedene Handschriften der Verbrecher gesehen. Wären dass aber zwei Menschen gewesen? Seine unfehlbare Intuition deutete nachdrücklich darauf, dass das ein und derselbe Mensch war. Und er handelte so, um alles zu verwickeln. Holder holte seine Liste heraus, strich noch ein paar Namen heraus und entschied zum Angriff zu übergehen.
Kapitel 3. Fulmenhard.
„Ein Ziegel ist zuverlässiger, als ein Zauberstab:
er versagt nie!" (Ron Weasley)
Das Donnern des Weckers, der zerschlagen wird, hat erschallt, etwas hat explodiert, irgendwo wurde die Eingangstür zerschmettert... Ein ganz normaler Morgen in der besten Aurorschule aller Zeiten und Völker Fulmenhard. Sechs Uhr morgens.
Ron Weasley machte den Wecker mit einem kräftigen Schlag kaputt und schlief ruhig weiter. Auf dem Nachbarbett warf sich hin und her die Ortsberühmtheit mit einer Narbe auf der Stirn. Die Narbe brannte unbarmherzig, und Harry konnte nicht verstehen, ob er noch schlief oder nicht, Er träumte jedenfalls von nichts Gutem: von Askaban mit Dementoren, von grünem Licht, von Inferi usw. Darin schlich sich auch Gryffindors Schwert auf ganz unerklärliche Weise. Aber das Unbreiflichstes war die Höhle: mit einem sehr hohen Gewölbe, nass und schrecklich. Die Narbe platzte vor Schmerzen, Harry griff nach ihr, wachte auf, begriff dass die Narbe wirklich brannte und er wurde von Entsetzen gepackt. „Vorgekommen, vorgekommen, vorgekommen..." Der Schmerz ließ nach einer Weile nach, Harry steckte seinen Kopf unter das kalte Wasser, die Unruhe ging aber nicht weg. Er trocknete sich ab und ging ins Schlafzimmer zurück, um Ron zu wecken. Das war eine sehr komplizierte Aufgabe, weil Ron ihn mit den Füßen tritt und etwas nicht Einleuchtendes aussprach. Endlich ließ Harry ihn in Ruhe, er verstand, dass Ron ein ausgemachter Langschläfer wäre und es sich damit nichts machen ließ. Schließlich kam Hermine in ihr Schlafzimmer und richtete ihren Zauberstab ganz rücksichtslos auf Ron: „Aguamenti!"
Harry sah sie finster an, widersprach aber nichts. Sie war bestimmt schlecht gelaunt. Ron fuhr auf, spukte das Wasser aus und fing an, zu schimpfen. Sein Lexikon wurde hier, in der Schule, gründlich bereichert. Außerdem hatte er während der Ferien viel Zeit mit Fred und George verbracht. Hermine würdigte ihn eines verächtlichen Blickes, begrüßte den schon angezogenen Harry und verließ das Zimmer. Ron machte den Mund zu: in Streitereien mit Hermine verspielte er immer. Nachdem er auch fertig wurde, gingen die beiden zum Frühstück und dann zur Verwandlung. Das war jetzt Rons Lieblingsfach, obwohl sie hier viel schwerer war, als in Hogwarts. Aber Ron fühlte sich in Fulmenhard irgendwie sicherer und jetzt das war er, wer Harry immer aufmunterte. Harry fielen natürlich die Verteidigung gegen die Dunklen Künste und Zaubertränke am besten. Was Hermine betraf, hatte sie überhaupt alles lieb, und das war eigentlich auch selbstverständlich. Sie hatten jetzt viel mehr Zeit für selbstständige Arbeit, aber der Unterricht war sehr informativ und forderte ihre ganze Aufmerksamkeit.
Fulmenhard gefiel Harry. Diese Schule verfügte über keine solche Herrlichkeit, wie Hogwarts, aber es wäre sowieso überschlüssig. Einfache Planung, saubere, anspruchslose Klassenräume, strenge Disziplin – das alles schuf irgendwelche neue Atmosphäre, an die man sich einfach gewöhnen sollte, sonst nichts mehr. Das Wichtigste für Ron und Harry war doch ein riesengroßer Platz für Quidditsch. In den ersten Wochen erinnerte Harry sich an nichts mehr, nur an seinen ersten Flug über diesem Platz. Ron wurde als Hüter ins Team genommen, weil der da gerade fehlte. Harry hatte doch kein Glück, das Team hatte schon einen sehr guten Sucher. Ron war sehr empört und wollte zuerst das Team verlassen, Harry redete ihn aber davon ab, er wurde doch als ein Ersatzspieler aufgenommen. Natürlich hatte das Pech Harry betrübt, aber er hatte gar nicht so viel Zeit, um darüber lange nachzudenken. Er studierte fleißig und verpasste kein Training. Abends hatte er es sehr gern, Fulmenhard mit dem Besen zu umfliegen. Die Aussicht von da aus war ergreifend: ein niedriges Schulgebäude mit zwei hübschen Türmen und einer stolzen Fahne auf der Spitze des Zentralturms, dahinten endloses, fast immer stilles Meer, schillerndes, blau-grünes und beruhigendes. Hermine mag das Meer sehr nicht: sie hatte Seekrankheit. Harry wusste nicht, ob er sie auch hatte, aber das Meer schien ihm vertraut zu sein. Außerdem wehten Monsune von dort her: sie brachten Gerüche mit, Gerüche der Freiheit und Abenteuer.
Die Professoren in Fulmenhard waren sehr streng. Ihr Verhältnis den Studenten gegenüber unterschied sich sehr davon, was die drei Freunde in Hogwarts gesehen hatten. Sie benahmen sich irgendwie entfremdet, und es konnte den Studenten nicht einmal einfallen, dass man ein vertrauliches Gespräch mit ihnen anknüpfen konnte. Harry war das aber recht, so konnte er ruhig arbeiten und auf jemandes Beziehung keine Rücksicht nehmen. Er machte bestimmte Erfolge und hatte gar nicht vor zu stoppen. Er sah die weitgehenden Perspektiven, die von ihm lagen, erst jetzt. Es schwindelte ihn, als er sich das Studienziel angeeignet hatte, aber er wunderte sich dann darüber, dass das ihm einen richtigen Sporteifer beigebracht hatte. Hermine war darüber sehr froh, sie hatte schließlich keine Möglichkeit, sich um Ron zu freuen, weil er nur Quidditsch und den Laden von Fred und George im Kopf hatte. Manchmal ging er mit ihr spazieren, das war ihr aber gar nicht genug. Harry hoffte, dass ihre Beziehungen sich mit der Zeit normalisieren werden.
Ginny schrieb ihm jede drei Tage. Harry schrieb sorgfältig zurück, aber er war darüber sehr erstaunt, woher sie immer so viele Informationen fand. Er hatte einen scherzhaften Gedanken, ein paar Wochen gar nicht zu schreiben und dann ein ganzes Lacken dafür zu benutzen. Die Idee gefiel Hermine nicht, sie sagte, dass Ginny für so einen Witz keinen Humor zeigen wird. Harry dachte aber, dass es sich gegebenenfalls am rechten Platz erweisen kann. Er beklagte sich über diese Ginnys Äußerungen nicht, er konnte sie verstehen, aber er hatte noch nie im Leben jemandem so oft geschrieben. Am Wochenende trafen sie sich in Hogsmeade, wenn er keine ungeheuren Hausaufgaben und sie kein Quidditschtraining hatte. Die Hogwartstürme haben sich wenig geändert, waren bloß vollständig wiederaufgebaut. Harry ging gewöhnlich gerade zu Aberforth und traf dort viele Mitschüler, und sie plauderten bis zum Spätabend. Dort war Hagrid auch oft, er brachte dorthin selbstgebackte Kuchen und traurig bekannte Keksen, die niemand außer ihm aß und versank immer in lange Erinnerungen, die aus Wahrheit und Erdichtung bestanden. Das machte das alte Wirtshaus besonders gemütlich, und Harry besuchte es während des letzten Sommermonats sehr oft. Seine Geburtstagsparty am 31. Juli war ausgezeichnet, das ganze Zauberdorf zechte bis zum Morgen.
Das Schloss selbst hatte er aber nicht besucht. Wenn er Hagrid sah, fragte er über alles nach und nach aus. Einige Fragen stellte er sehr vorsichtig und bekam auch vorsichtige Antworten. Hagrid verstand ihn nicht und riet ihm ganz aufrichtig, nach Hogwarts selbst zu gehen. Harry konnte ihm seine Bedenken aber nicht erklären. Man sollte damit anfangen, dass er keinen Brief oder einfach Zettel bekommen und gesendet hatte, auch zum Geburtstag. Er erwartete es im Inneren nicht, wurde aber für einige Tage bedrückt. Ron meinte, es wäre zu selbstverständlich, um davon enttäuscht zu werden, aber genau diese Tatsache irritierte Harry am meisten. Er sah Hogwarts immer forschend an, fand aber keine Andeutung dazu, dass er dort erwartet wird. In Hogsmeade hatte man den Meister der Zaubertränke seit langem nicht gesehen. Hermine und Ron glaubten ganz ernst, dass das genau eine der Sachen war, die man einfach überleben sollte und nichts mehr. Harry konnte nicht umhin, ihnen zuzustimmen, aber Ginnys Haltung dazu brachte ihn in Schwanken. Ginny war immer darüber bewusst, wem sie jetzt ihr Leben zu verdanken hatte: sie hatte ihren Dank selbst nicht geäußert, das schon, aber sie konnte ihre Stellung nicht so einfach, wie Ron und Hermine, nehmen. Mit ihr sprach Harry über die Sache am meisten, und sie verstand ihn. Er erzählte ihr viel mehr und ausführlicher, als Ron und Hermine, und fragte nach einem Rat. Sie hörte ihn an, war aber ziemlich unschlüssig.
Das ist aber so kompliziert, Harry, - erwiderte sie. – Ich ahnte von Anfang an, dass er eine komplizierte Persönlichkeit ist, aber dermaßen... An deiner Stelle fühlte ich mich genauso unbestimmt. Ich meine aber, du solltest dich nicht aufdringlich machen. Das kann zu unangenehmen Folgen führen.
Das verstehe ich, Ginny, soll ich aber dann bis zur Götterdämmerung abwarten, oder?
Ich weiß wirklich nicht, Harry, ich sehe, dass du es jetzt nicht überwinden kannst. Ich kann dir nur eines sagen: denke nicht nur daran und auch nicht viel daran, und alles kommt richtig heraus.
Harry versuchte ihrem Rat zu folgen. Das fiel ihm schwierig, deshalb begann er eigentlich zu studieren. Und nur dann fing er an, Spaß am Studium zu finden. Doch abends kamen die Gedanken so sicher wie das Amen in der Kirche. Harry konnte zuerst lange nicht einschlafen, dann fand er sich mit der Lage der Dinge irgendwie ab. Er überzeugte sich selbst davon, dass Snape von ihm schon genug hatte. Und, da Snape über so was nie schriftlich berichten würde, konnte Harry jetzt nur daran denken, dass er darüber irgendwann vergisst. Die Tage vergangen, und er wagte nicht, an seinen ehemaligen Lehrer zu schreiben, weil er noch nicht begriff, was schlimmer sein würde: eine Antwort zu bekommen oder ignoriert zu werden.
An jenem Morgen ging Harry zur Verwandlung in gemischten Gefühlen. Einerseits trieb es ihm geradezu, jemandem über seinen Traum und seine Narbe, die schon allen – und ihm auch – zum Überdruss geworden war zu erzählen. Ron war schlecht gelaunt: nachdem Hermine ihn so taktvoll aufgeweckt hatte, wartete er nicht einmal auf sie, frühstückte allein und eilte zur Verwandlung davon. Für die Studenten speziell war Fulmenhard mit einer sozusagen Mensa versorgt, groß und hell. Die Bedienung war gut und höflich, die Professoren kamen selten vorbei, und das war ein anderer Unterschied von Hogwarts. Harry tröstete Ron, dass Hermine vielleicht bloß müde und dadurch geärgert war. Ron reagierte nicht. Er bohrte den unschuldigen Brei in seinem Teller mit so einem Blick, von dem das Hitlerdeutschland kapituliert hätte. Harry beschloss, ihn und Hermine mit seinen Problemen nicht zu belästigen. Und Ginny auch: genau sie war Mensch, dem er am wenigsten beunruhigen möchte. Seine inneren Gemütsbewegungen, seine Selbsterkenntnis - das interessierte sie sehr, und er konnte sie es nicht absagen, etwas darüber zu erzählen. Das war aber schon zu viel. So ging Harry zum Unterricht ziemlich zerstreut.
Die Verwandlung wurde von einem sehr strengen und sachkundigen Herrn unterrichtet. Er wusste alles von allem auf der Welt und, was besonders wichtig war, konnte es bis zur Studentenbesinnung bringen. Er hieß Gladius Netrow und war ein eleganter bejahrter Mann, der viel jünger sah, als er tatsächlich war, und auch elegante Brille trug. Er gab immer viel auf, prüfte alles pedantisch, war aber ziemlich nachsichtig, dabei ohne Hochnäsigkeit. Ron hatte ihn und sein Fach sehr gern, und Harry bevorzugte die Verteidigung und Zaubertränke, obwohl er sich mit den Professoren nicht ganz gut verständigte.
Diesmal hatte Harry fast alles erledigt und erhielt eine feste „Befriedigend". Er wollte das nach dem Unterricht in der Mensa feiern, Ron und Hermine leisteten ihm aber keine Gesellschaft und er blieb also sich selbst überlassen. Er trank eine Tasse Tee und ging allein zum Quidditschplatz. Dort gab es immer einige Studenten, die Harry Potter nicht leiden konnten. Im großen und ganzen – aus Neid. Deshalb störte es ihn nicht, spornte aber zum Sportkampf an. Und er besiegte alle übrigen Sucher-Kandidaten fast jede Woche, wenn er Lust hatte, und näherte sich dazu, später Nachfolger des heutigen Suchers zu werden. Auch an jenem Tag hatte Harry Glück, er gab sich fast keine Mühe, brachte dadurch fast alle seine Gegner aus der Fassung und verdiente neue günstige und ungünstige Einschätzungen bei vielen. Das bewegte ihn allerdings nicht, er kannte es schon sich von so was abschotten, und er amüsierte sich dann lange damit, hoch im Himmel zu schweben und wieder ans Meer zu sehen.
Der Moment kam plötzlich und kräftig: die Narbe entflammte, es wurde dunkel in seinen Augen, und seine zitternden Hände wären dem Besenschaft beinahe entglitten. Er erlangte mit Mühe die Balance wieder und ging zur Landung, hoffend, dass niemand darauf geachtet hatte. Das Herz klopfte wie verrückt. Er rannte ins Schlafzimmer, Ron war aber nicht da. Vielleicht bereitete er sich auf die nächste Stunde – Kräuterkunde – vor. Dann wäre er in der Bibliothek. Harry setzte sich aufs Bett und drückte seine Schläfen zusammen. Der Blutdruck ließ allmählich nieder. Harry legte sich hin, wollte aber keineswegs einschlafen. Er blickte auf die Uhr: er hatte noch fünfzehn Minuten Zeit, und das war zu wenig, um eine passende Entscheidung zu treffen, und zu viel, um ruhig zu bleiben. Harry griff nach seinem Konspekt in Kräuterkunde und blätterte darin, ohne etwas zu sehen. „Das ist falsch! – sagte er streng zu sich selbst. – Er ist gestorben! Unabsichtlicher Selbstmord, wie es wahrscheinlich im Nachruf steht. Und er kann nicht mehr zurückkehren." Die Erleichterung kam aber nicht. Harry ging zur Kräuterkunde, sah dort die versöhnten Ron und Hermine, und das wirkte auf ihn beruhigend.
Nach den Stunden gingen Ron und Hermine zusammen spazieren, und Harry blieb wieder allein, die Unruhe kam zurück und überkam ihn. Ron kehrte nach einer Stunde zurück, zufrieden und erweicht, und traf eine ungewöhnliche Szene an: der ganze Boden im Zimmer war mit Pergamentlisten besäet, Harry saß am Schreibtisch, neben ihm lagen einige gebrochene Federn und auch Papierfetzen.
Harry, - rief Ron vorsichtig an.
Uhm, was? – Harry wandte sich zu ihm mit einer traurigen Miene. – Sieh mal, ich sitze hier schon fast eine Stunde und weiß nicht, wie ich es schreiben soll!
Was für ein Problem hast du? Hast du dich mit Ginny entzweit?
Nein, warum denn mit Ginny?
Wem kann man ja noch so viel Zeit widmen? – Ron fasste endlich, dass er etwas missverstand. Dann machte er runde Augen und lächelte: - Harry, du wunderst mich! Ich habe dir schon mehrmals wiederholt, womit du ruhig anfangen kannst! So etwas wie „Sehr geehrter bla-bla-bla..." ist zu früh, genauso wie „Wie geht's?" Aber „Guten Tag" oder „Guten Abend" passt ganz gut, meiner Meinung nach.
Du hast gut zu lachen! – fauchte Harry boshaft. Er verstand, dass Ron spaßte, und es beleidigte ihn. – Ich muss, aber ich kann nicht.
Bringe lieber das Zimmer in Ordnung, wenn du es nicht kannst, - riet Ron ihm. – Stell dir vor, was passiert, wenn Hermine das sieht.
Das ist doch deine zukünftige Frau, wieso denn soll ich mich darum kümmern? – antwortete Harry bissig und schwang mit dem Zauberstab auf. Die Pergamentstücke wurden in den Papierkorb geworfen.
Ron schüttelte seinen rothaarigen Kopf und kam ans Fenster. Dann rief er plötzlich aufgeregt:
Harry! Sieh mal! Eine Eule von Hogwarts! Todsicher!
Was? – Harry rannte auch ans Fenster und riss es auf. Die schöne Eule landete auf seiner Schulter und ließ einen Zettel niederfallen. Harry gab ihr das Geld, und sie flog sofort davon. Er entfaltete das Papierstück und erkannte die kleine, enge Handschrift, die er vor mehr als zwei Jahren schon gut erlernt hatte. Dort standen nur einige Worte: „Potter, komm her nicht später als in zwei Stunden. Sehr wichtig. Komm allein".
Kapitel 4. De facto... de jure...
„Wenn du kein Stern am Himmel sein kannst,
sei wenigstens eine Lampe im Haus!"
(„Weise Gedanken")
Na, was ist das? – fragte Ron, Harrys erstarrtes Gesicht beobachtend.
Ron, ich muss fort.
Warum? – Ron geriet in Aufregung. – Wohin, nach Hogwarts?
Ja, sofort!
Warte mal...
Ich kann nicht warten! Ich fühle etwas, Ron... Etwas ist passiert, während ich dumm dreingeschaut habe!
Wie meinst du das? Warte mal, ich und Hermine gehen mit!
Das geht nicht. Ein anderes Mal. Bis bald... ich hoffe.
Harry nahm keinen Besen mit, er beschloss zu apparieren so weit, wie er es konnte und mindestens in zwei Stufen Hogsmeade erreichen. Ron ging hinter ihm nicht her, und Harry war ihm dafür sehr dankbar. Es war überhaupt nicht so leicht, aus der Schule unauffällig zu verschwinden, Harry setzte aber die ruhmvolle Tradition der Rumtreiber fort und untersuchte die erste Etage der Schule und den Keller zwecks heimlicher Durchgänge. Ron half ihm dabei, Hermine fand das unvernünftig. Es gab nur einen, der alt und zuverlässig schien. Harry benutzte ihn erfolgreich und tauchte schon im Wald auf. Nach ein paar Minuten war er schon in Hogsmeade. Er spürte sofort, dass etwas sich geändert hatte. Die Straßen waren leer, die Luft verdächtig kalt. Harry verstand. Sie waren aber noch weit. Er rannte schnell zum Schwarzen See, weil er vorhatte, ins Schloss heimlich anzukommen. Wozu brauchte man hier Dementoren? Was war doch passiert? Harry fühlte seine eigenen Beine nicht, als er sich im Schloss gefunden hatte. Er sah niemand, und das war schon gut. Er sah sich noch einmal um, und ging in den Verlies. Die bekannte Tür war dicht geschlossen, und er klopfte an sie unschlüssig ein paar Male.
Sie ging auf von selbst, und Harry nahm sich für eine Weile zusammen, bevor er eintritt. Dort war es dunkel. Es brannten nur einige schwarze Kerzen, und der Kamin prasselte nur schwach. Am Tisch war niemand. Harry drehte sich neben dem Tisch um, weil er den Blick auf sich spürte, und sah eine dunkle Figur am Kamin.
Guten Abend, Professor, - sagte er leise.
Kannst ihn für guten halten, Potter, wie du willst, - Snape bewegte sich nicht, und Harry konnte es nicht. Er wartete. – Man kann sich nur wundern, dass du so operativ warst.
Jeder auf meiner Stelle wäre doch operativ! – antwortete Harry empört. – Wenn man einen Brief so zusammenstellt.
Nana, - erwiderte Snape ruhig und trat etwas aus dem Schatten hervor. Harry bemerkte, dass er viel dünner und müder geworden war. Seine Haare wuchsen nach, die Gesichtszüge haben sich ein wenig geändert. Er machte den Eindruck, als ob er ständig gegen etwas kämpfte. Er kam plötzlich schnell auf Harry zu und zischte: - Ich habe gesagt: zwei Stunden, aber ich habe mich geirrt. Jetzt haben wir nur zwei Minuten, deshalb hör mir zu, Potter, und unterbrich mich nicht. Nach einigen Minuten kommt man, um mich abzuholen. Ich kann das nur bei dir lassen, ich glaube, du verstehst, das wird dann sicher sein. Ich werde nichts erklären, du verstehst alles selbst bald. Pass auf die Nachrichten auf, das möchte ich dir sagen!
Und das ist alles? – rief Harry. – Es ist nicht die Zeit für neue Rätsel, Professor! Ich habe auch was zu sagen...
Die Eingangstüren von Hogwarts klapperten laut.
Das sind sie, - merkte Snape kaltblutig. – Keine Zeit, Potter! Hier...
Wer – sie? Wohin abholen? – Harry hatte schon eine Vermutung, und Entsetzten entstand in ihm und blieb ihm im Hals stecken.
Hör bloß zu, Potter! – Snape reichte ihm den Zauberstab verärgert. – Behalte das. Und gib es niemandem, hörst du mich, niemandem, besonders einem aus dem Ministerium. Ich dachte, ich komme damit zurecht, dir alles eingehend zu erklären, aber du siehst, ich habe keine solche Möglichkeit.
Oben waren einige Stimmen zu hören.
Wann kehren Sie denn zurück, Professor? – fragte Harry erschrocken.
Wer weiß, - antwortete Snape, nach einem Zögern. – Denke daran nicht, jetzt hast du eine klare Aufgabe: alles zu tun, damit die Sache Herrn Holder aus dem Ministerium nicht in die Finger fällt. Er ist gefährlich, erinnere dich daran! Ich fast vermute, was er vorhat, aber er kann alles vernichten.
Jetzt waren zahlreiche Schritte auf der Treppe zu hören. Harry steckte den Stab in den Umhang.
Ich sollte dich früher informieren, jetzt kannst du viele Dummheiten begehen. So bist du, Potter, - Snape lauschte und sagte noch leiser: - Sei jetzt still, merke dir alles, was ich gesagt habe, hast du den Umhang bei dir?
Immer! – sagte Harry und demonstrierte den Tarnumhang. – Sir, wir beide finden hier ruhig Platz!
Geht nicht. Zieh an, jetzt!
Aber...
Jetzt!
Harry fügte sich. Snape stieß ihn in eine sehr dunkle Ecke seines Kabinetts und stützte sich gelassen auf das Kaminregal. Die Tür ging zum zweiten Mal auf, und mindestens eine Dutzend Auroren und Mr. Holder traten ein. Dann kam auch McGonnagal, sie sah schuldbewusst aus und sah Snape nicht in die Augen. Er achtete nicht auf sie, er sah Mr. Holder so verächtlich an, wie der selbst es nicht spielen konnte. Mr. Holder war voll kalter Wut. Er machte ein paar Schritte nach vorn und sagte:
Sind Sie Severus Snape?
Wie Sie sehen, - antwortete Snape frech.
Ich habe einen Haftbefehl für Ihren Namen und auch einen Befehl für Haussuchung!
Ich habe doch kein Haus, ein Kabinett bloß. Na ja, wonach suchen wir denn?
Sie wissen das sehr gut, wonach wir suchen! – rief Holder. – Es tut Ihnen besser, wenn Sie es jetzt gestehen und uns berichten, wo die Sache ist, die von Ihnen gestohlen wurde!
Habe keine bloße Ahnung, wovon Sie reden.
Ach so! Wunderschön. Sehr gut, - Holder lächelte so unangenehm, dass Harry sofort verstand, warum man diesen Menschen als gefährlich bezeichnete. – Kommen Sie mit! Sie erinnern sich daran sehr schnell, ich verspreche das.
Mr. Holder, das ist aber gesetzwidrig! – mischte sich McGonnagal mit zitternder Stimme ein. – Sie haben gar keine Beweise! Und dieser Einbruch...
Der Einbruch in mein Haus kann man auch kaum gesetzmäßig nennen, meine liebe Pr. McGonnagal. Wie dem auch sei, kommen die Beweise bald zum Vorschein, und mein „Einbruch" wird gleich gesetzmäßig. Warten Sie mal ab. Fangt an! – sagte er zu den Auroren.
Snape blickte rasch in die Ecke, wie Harry stand, und gab ihm ein Zeichen, dass er jetzt verschwinden sollte. Harry dachte aus allen Kräften, dass er es nicht tut. „Potter, die Sache soll WEG von hier sein, gehe jetzt dann weg! Du hilfst nicht!" Harry riss die Beine vom Boden ab und schlich sich vorsichtig zur Tür an Holder und McGonnagal vorbei. An der Schwelle blieb er stehen. Die Auroren brachten das ordentliche Kabinett der Zaubertränke in ein völliges Durcheinander. Holder beobachtete Snape nörglerisch, dessen Gesicht undurchdringlich war. McGonnagal zitterte vor Entrüstung, aber sie verstand, dass dieser Mensch sich sehr vieles leisten konnte. Und außerdem hatte sie wie Harry ein Gefühl, dass die Anklage nicht unbegründet war.
Die Durchsuchung hatte nichts offenbart. Snape sah Holder unverhüllt zufrieden an, und Harry fing an, um ihn richtig Angst zu haben. Holder zeigte seine Wut nicht mehr, er blickte auf die Uhr, gab dann ein Zeichen den Auroren, und sie legten dünne Handschellen Snape an. Diese Handschellen hatten eine Reihe von Besonderheiten, zum Beispiel legte man sie nur den besonders gefährlichen Verbrechern, nämlich den Rückfalltätern an und wenn einer zu entlaufen versuchte, brieten sie die beiden Handgelenke bis zu den Knochen. McGonnagal wollte etwas sagen, Snape schüttelte aber seinen Kopf verneigend. Das blieb Holger nicht verborgen, und er grinste wieder so, dass es Harry bange wurde.
Es ist gut. Ich sehe, Sie wissen, dass Sie es verdient haben. Wenn es so weitergeht, bekommen wir wenigstens ein Geständnis ohne Nachdruck. Noch was, wo ist Ihr Zauberstab? Soll abgegeben werden.
In der rechten Tasche, - erwiderte Snape gelangweilt.
Gut, - Holger holte Snapes alten Zauberstab heraus und übergab ihn dem Hauptauror. Dann beugte er sich Snape dicht zu und flüsterte (Harry strengte sein Gehör an und lauschte): - Merken Sie sich diesen Tag. Ich träumte so sehr davon, dass ich Sie persönlich haschte. Und jetzt ist es mir gelungen.
Ein Denkmal dafür kann man Ihnen nicht versprechen, - antwortete Snape spöttisch, - aber eine Medaille... kann sein, kann sein.
Hören Sie auf! – zischte Holder. – Sie werden Ihre Worte in den nächsten Stunden bedauern, das kann ich Ihnen sicher versprechen. Und Sie sagen mir alles. Und Sehen Sie mich nicht so herausfordernd an.
Er tritt zurück und nickte den Auroren. Die führten Snape weg. Harry folgte ihnen bis zu den Eingangstüren, vor Verzweiflung gepackt. Dann warf er den Tarnumhang ab, und McGonnagal schrie auf.
Harry! Was machst DU denn hier?
Ich war immer hier! Und Sie waren hier die ganze Zeit gewesen! Sie wussten was! Wie kam es so vor, dass SIE es zugelassen haben? – die Worte kamen von selbst. Harry stoppte, den Atem zu holen und sah McGonnagals traurigen Blick.
Er hat mich darum gebeten, nichts zu unternehmen.
Meinen Sie damit, dass er wusste?
Natürlich wusste er. Aber er ahnte, es würde viel später sein. Holder erwies sich zu klug. Ich verstand, dass Severus etwas angerichtet hatte, er erklärte aber fast nichts. Weißt du, Harry, in der letzten Zeit... Ich würde sagen... Ich hatte keinen Menschen in meinem Leben gesehen, der weniger Lust zum Leben hatte, als er.
Aber sie werden ihn foltern und einsperren! - Harry traute seinen Ohren nicht. – Das Leben in Azkaban? Ist das besser? Und mit dem Schuldgefühl? Wie?
Harry, ich kann nur sagen, dass er weiß, was er tut. Voll und ganz. Was hat er dir gesagt?
Harry gab sofort den Rückgang.
Habe fast nichts verstanden. Bloß ein neues Rätsel hinterlassen. Als ob ich es nicht genug von Dumbledore gehabt habe. Eine echte Epidemie! – Harry maß die Eingangshalle mit den Schritten und war mit der ganzen Welt böse und mit sich selbst am meisten. – Was tun, Professor? Haben Sie diesen Holder gesehen? Man kann ihn einen Menschen mit Mühe nennen!
In Azkaban erreichen wir nichts! – erwiderte sie überzeugt. – Er herrscht dort fast allein. Ich kann was mit Kingsley versuchen, aber du verstehst doch, sein Einfluss ist beschränkt.
Professor, - Harry näherte sich ihr zu und schaute ihr in die Augen. – Wenn Sie nichts erreichen, erreiche ich etwas. Er stirbt dort.
Sei nicht so sicher, - erwiderte sie, aber er sah, dass sie daran auch dachte. – Übrigens, was hast du jetzt vor, Harry? Jetzt muss ich auch auf dich aufpassen.
Nicht nötig. Jetzt gehe ich in die Schule, mich mit meinen Freunden zu beraten.
Sonst nichts?
Sonst nichts.
Sie sah ihn argwöhnisch an.
Harry, du kannst aber hierher immer kommen, hier werde ich auf dem Laufenden sein, wenn du kein Vertrauen zu den anderen Informationsquellen hast.
Sie können alle jetzt von Nutzen sein, ich meine. Und was meinen Sie, kann man mir einen Besuch erlauben?
Ausgeschlossen, Harry. Man soll um Erlaubnis Holder selbst bitten.
Versteht er etwa nicht? Nun gut, wenn es um mich geht, aber viele haben dort ihre Männer, Brüder, Väter, Söhne usw. Warum denn ausgeschlossen?
Sieh ihn dann noch einmal an! – sagte McGonnagal ungeduldig. – Barti Crouch war ein Engel ihm gegenüber. Die Todesser haben seine Schwester umgebracht, das ist alles, was man über ihn und seinen Hass tatsächlich weiß. Aber seine Handlungen... gehen immer zu weit... allen gegenüber.
„Er kann alles vernichten" – ertönte es in Harrys Kopf. Die Aussage passte irgendwie nicht nur mit den Todessern zusammen. Harry begann, das Ausmaß des Rätsels zu besinnen. Zu Hermine dringlich! Während er tat, wusste sie, was zu tun war. Er verabschiedete sich von Pr. McGonnagal hastig und rannte nach Hogsmeade. Von dort aus apparierte er wieder in den Fulmenharder Wald, versteckte den Tarnumhang und begab sich langsam nach der Schule. Alles verlief glänzend, und schon nach zehn Minuten machten Ron und Hermine überrascht ihre Münde auf und zu. Der Elder Stab lag in dieser Zeit auf Harrys Knie und er sah ihn mit immer ansteigender Verlegenheit an.
Hört aber zu! – unterbrach er sich selbst. – Was hat der Elder Stab mit der Sache zu tun? Er gehörte Holder nie. Pr. Snape konnte ihn doch nicht stehlen.
Meinst du denn, dass er wirklich etwas gestohlen hat? – fragte Hermine.
Ja, - antwortete Harry unwillig.
Also, nehmen wir das an. Dann ergibt es sich... Was ergibt sich?
Nichts, Hermine, wir sind wieder in einer Sackgasse! – Harry stampfte.
Warum denn in einer Sackgasse? – erwiderte Ron. – Wenn er ihn uns hinterlassen hat, gibt es hier einen Schlüssel. Das kommt so bei uns immer vor.
Was für einen Schlüssel siehst du denn hier?
Man sollte ihn natürlich nicht so einfach einsehen! Man sollte darauf kommen, - fuhr Ron überzeugt fort. – Sieh ihn dir an, Harry, hat er sich zum Beispiel nicht irgendwie geändert?
Ich habe ihn nie betrachtet, Ron! – erwiderte Harry verdrossen. Sie betrachteten aber den Stab zusammen aufmerksam, stellten aber nichts fest.
Was habe ich euch gesagt? Eine Sackgasse!
Es scheint dir zu gefallen, sich in einer Sackgasse zu befinden, - sagte Hermine unzufrieden. – Morgen haben wir frei, richtig?
Richtig, na und?
Fahren wir dann nach London?
Wen haben wir denn dort?
Ollywander, natürlich!
Das ist eine Idee! – schrie Ron.
Aber, Hermine, ist das nicht gefährlich?
Nicht, wie werden doch bei dir sein.
Na, meinetwegen... Er wird begeistert sein!
Außerdem kannst du zu diesem Holder gehen. Er weiß doch nicht, dass du dort warst.
Ich hoffe sehr, dass er es nicht weiß, - Harry dachte nach. Er war froh, dass sie jetzt wenigstens einen Plan hatten, aber die Sache mit seiner Narbe gab ihm keine Ruhe. Was, wenn das alles übereinstimmt? Harry fuhr zusammen. Es konnte nicht wahr sein, und doch es war. Trotzdem erwähnte er darüber nicht. Er hatte immer noch zu wenige Informationen. Etwas wusste er ganz fest: Mr. Holder missfiel ihm sehr.
Diese Nacht schlief Harry nicht. Er baute Pläne, und sie alle schienen schnell zu scheitern. Er schlummerte für einige Minuten ein, wachte aber gleich auf: er sah wieder die Höhle, und ein winziger See darin. Und etwas war dort, in diesem See, etwas Zähes und Dunkles. Sonst sah das wie gewöhnliches Wasser aus. Daneben gab es ein Felsen, auf deren Spitze ein großer Gegenstand war. Harry verstand nicht, was für ein, aber sein Herz fing an zu klopfen, als er sich das angesehen hatte. Er schrie auf und erwachte...
Kapitel 5. Treffen.
Die Sonne spielte auf der Bettdecke. Harry setzte sich und rieb sich die Augen. Er erinnerte sich daran, was für eine Aufgabe er heute hatte, und er schaute mit einem düsteren Blick aus dem Fenster hinaus. Das Meer war höhnisch still. Ron schnarchte nebenan. Harry stand auf und ging wie gewöhnlich ins Badezimmer, jede Minute einen neuen Schmerzanfall in der Narbe erwartend. Der Anfall kam nicht, und seine Laune stieg ein bisschen. Während des Frühstückes wurde es viel diskutiert, aber alles lief darauf hinaus, dass sie an Ort und Stelle handeln mussten. Hermine war darüber gar nicht froh, doch wollte sie auch nicht zurücktreten; Ron strahlte, er hat das Wort „Abenteuer" einige Male wiederholt, wodurch er Hermine endgültig aus der Fassung gebracht hatte.
Abenteuer? – kreischte sie auf. – Dieses Abenteuer kann schon heute enden, wenn das dich interessiert!
Hermine, du denkst zu viel, - erwiderte Ron.
In der Vergangenheit hast du es dir auch oft übelgenommen! Aber wenn ich an vieles nicht gedacht hätte, sprächen wir jetzt miteinander nicht!
Also los! – sagte Harry unerwartet und ging zum Ausgang.
Na, was habe ich dir gesagt? – folgte Hermine. – Ein Psychopath!
Hermine, beruhige dich. Und überhaupt ist eine Frau auf dem Schiff zum Unglück. Bleibe deshalb hier, - Ron stand auch auf und verließ die Mensa.
Ja, Flöte pfeifen! Jemand muss doch auf euch aufpassen, ihr, „Männer"! – Hermine unterließ nicht, sich auch auf den Weg zu machen.
Harry gab Ginny Bescheid gleich nach dem Aufwachen und hoffte sehr, dass sie sich aus „Fuchsbau" mühelos herausfinden wird. Um zehn Uhr morgens erreichten die drei Freunde schon London mit Hermines Hilfe, weil sie es sehr genau ausgerechnet hatte, wohin sie apparieren sollten. London war wie immer in dieser Stunde einem großen Ameisenhaufen ähnlich. Sie fuhren mit der Metro zu einem bestimmten Ort und gerieten von dort aus in die Winkelgasse, dann konnten sie schon frei tun, was sie wollten. Der Laden von Ollywander stand da, wieder geöffnet, Ollywander wollte wirklich nicht Rentner werden. Ron und Hermine bezogen die Wache nicht weit von der Tür, und Harry tritt vorsichtig ein. Draußen war es dunkler, als er den Laden zum ersten Mal besucht hatte. Nichts verriet die Anwesenheit des Meisters. Harry räusperte sich und wollte schon rufen, als die Regale mit Zauberstäben in Bewegung kamen und auseinandersprangen. Harry sah den bekannten Alten, er war sicher damit beschäftigt, Ordnung zu schaffen. Ollywander sang etwas vor, umarmte einige Schachteln wie kleine Kinder und stellte sie sorgfältig auf. Plötzlich drehte er sich um und traf Harrys ungeduldigen Blick.
Mr. Potter! – rief er begeistert auf. – Das ist aber eine schöne Überraschung! Ich wundere mich aber, was ich für Sie tun kann?
Sie können mir etwas erklären, - antwortete Harry etwas nervös, dann richtete den Stab auf die Eingangstür und sagte „Muffliato". – Ich will nicht, dass jemand uns lauscht, - erklärte er schon ruhiger zu erstarrtem Ollywander, - weil ich eine heikle Frage habe.
Dann... sehen wir mal, - antwortete Ollywander unsicher, stelle die Schachteln auf den Tisch und setzte sich. – Na, was haben Sie?
Erinnern Sie sich daran, worüber ich Sie damals ausgefragt habe?
Und sehr gut, mein Junge, - Ollywander richtete sich auf, sein Blick wurde ernst und traurig. – Sie haben sich für das Schicksal des Elder Stabs interessiert. Dann gab es Gerüchte, dass dieser Stab bei Dunklem Lord war, als er von Ihnen besiegt wurde, und dass Sie ihn dann nicht benutzten und in Hogwarts versteckt haben. Dann wurde er angeblich von Todessern gestohlen, und dann verschwindet seine Spur schon wieder... Dort gab es vielleicht eine gute Arbeit mit den Massenmedien, wie?
Genau, - Harry sah keinen Sinn, es zu verneigen. – Mr. Ollywander, ich denke, Sie möchten einmal diesen Stab sehen und in den Händen halten?
Ollywander wurde ganz Ohr. Er klammerte sich mit den Fingern an der Tischplatte und starrte Harry an. Dann sagte er mit ausgetrockneten Lippen:
Haben Sie ihn mit? Haben Sie?
Harry nickte. Dann holte er das bewusste Säckchen, das er an der Brust trug und das jetzt dank der fünften Dimension genug erweitert wurde, um den Elder Stab zu unterbringen. Er legte den Stab auf den Tisch, und Ollywander griff danach mit zitternden Händen. Er schien von Harry total vergessen zu haben. Harry wartete, während der Alte den Stab allseitig betrachtete. Endlich erinnerte sich Ollywander an seinen Gast, und seine silberschimmernden Augen hielten auf Harrys Gesicht.
Das ist verwunderlich, mein Junge. Ich... ich dachte nie, dass ich ihn sehen werde, obwohl ich voll und ganz überzeugt war, dass er existierte. Sie können meine Neugier verstehen, nicht wahr?
Meinetwegen, - antwortete Harry unschlüssig. – Aber ich brauche bestimmte Informationen. Ich dachte, Sie können es erfahren. War dieser Staub in der letzten Zeit irgendwie bezaubert oder nicht? Irgendwelche Spuren: sichtbar oder nicht? Das ist sehr wichtig für mich, und ich bin überzeugt, dass Sie mehrere Weisen wissen, um das aufzuklären.
Sehr wichtig, also? – Ollywander sah Harry sehr aufmerksam an, der hielt seinen Blick fest aus. – sie haben recht, mein Junge, es gibt mehrere Weisen, das aufzuklären, nicht alle sind mir leider bekannt.
Sie können doch versuchen.
Ja, ich kann natürlich, - Ollywanders Stimme bebte schon ein bisschen vor Ungeduld. Er holte seinen eigenen Stab heraus und fing an, irgendwelche komplizierten Manipulationen über den Elder Stab zu leisten. Der Stab änderte sein Äußeres nicht, Ollywander sah aber gar nicht enttäuscht aus. Harry wartete gespannt. Es kam ihm immer vor, dass er etwas Wichtiges verpasst hatte und noch verpassen konnte. Endlich hörte Ollywander mit dieser Probe auf. Er starrte Harry an und sagte ruhig: - Ich kann hier nur eines vermuten, Mr. Potter: entweder wurde er nicht verzaubert, ober gibt es irgendeinen sehr einfachen Spruch, der das zum Schein bringt.
Welcher denn?
Irgendeiner. Denken Sie sich hinein! Der Spruch soll aber vom Stab selbst ausgehen. Also, das ist aber nur wenn Sie ganz sicher sind, dass etwas dahinter steckt. Sonst können Sie ganz ruhig leben und ihn benutzen. Aber ich würde dann sagen, es wäre eine sehr spitzfindige Zauberei.
Ich danke Ihnen sehr, - sagte Harry und versteckte den Elder Stab rasch. – Ich habe nur noch eine Bitte: niemand soll wissen, dass ich hier war und den Stab gebracht habe. Kann ich mich auf Sie verlassen?
Ja, - nickte Ollywander einfach. – Sie haben mich gerettet, und ich werde es nie vergessen, außerdem kann ich daran leicht glauben, dass Sie nichts Schlechtes vorhaben.
Danke, - wiederholte Harry und schluckte. Er war gar nicht sicher, dass er nichts Schlechtes vorhatte. Er verabschiedete sich und huschte eilig weg.
Dann gingen sie drei gerade zum Ministerium, und alle drei zogen sich zusammen, als sie sich daran erinnern mussten, womit ihr letzter Besuch des Ministeriums geendet hatte. Jedenfalls waren sie dort diesmal irgendwie gesetzlich und konnten jetzt das Gebäude ohne Angst, ertappt zu werden, betreten. Daran glaubten sie im Inneren nicht. Harry sah sich in der bekannten Eingangshalle um. Dort gab es jetzt eine sehr erweiterte Rezeption, an der sich zahlreiche Mitarbeiter und Besucher häuften. Hermine wurde sofort nervös: sie hasste all diese Schlangen, wo man auch manchmal gar nicht genau wusste, ob er in den rechten Ort gekommen war. Harry stand an, und Ron zog Hermine weg, um ihr irgendwelche Plakate zu zeigen. Harry versuchte seine Nervosität abzubauen, doch es fiel ihm schwer: der Elder Wand über dem Hemden drückte auf ihn wie eine Fliese. Es kam ihm vor, dass es überhaupt nicht möglich ist, so was zu verbergen. Er wurde plötzlich durch eine Frage des Sekretärs aufgewacht und antwortete stammelnd:
Ich... ich brauche Mr. Holder, die Abteilung für innere Angelegenheiten. Wann hat er frei?
Frei? – der Sekretär schmunzelte. – Er hat nie frei. Und man soll sich im voraus einschreiben, Mr. Potter. Vor einem Monat, würde ich sagen.
Einem Monat? Ist das ein Spaß? – Harry konnte nichts mehr hinzufügen. In diesem Moment war er mit Hermine voll und ganz einverstanden: das Warten wäre die schlimmste Sache auf der Welt.
Nein, das ist die reine Wahrheit. Wenn Sie aber eine spezielle Erlaubnis vom Minister erhalten, geht es schneller, aber das ist auch nicht so leicht. Harry Potter... mhm, wir können es aber versuchen. Er ist am Platz.
Ja, bitte, das ist sehr wichtig!
Ich schwöre Ihnen, junger Mann, dass Tausende hierher jeden Tag kommen, die etwas Wichtiges zu ihm haben. Er hat nicht einmal einen Stellvertreter, sehen Sie. Weiß nicht, weshalb, aber... also warten Sie bitte.
Harry atmete auf: die Sache hatte eine Möglichkeit gewonnen, erledigt zu werden. Der Sekretär sagte ein paar Worte in den Hörer und wartete. Dann hörte Harry nur seinen Namen, der Sekretär sprach ja leise. Man erwiderte etwas, und er legte den Hörer ab.
In einer halben Stunde ist Mr. Holder frei. Für Sie persönlich. Sie werden aber nicht mehr, als fünfzehn Minuten haben, sein Sekretär wird Sie begleiten. Warten auf ihn hier, neben der Fontäne.
Danke! – sagte Harry mit Ausdruck und gab Ron und Hermine ein Zeichen.
Gemeinsam gingen sie zur Fontäne und setzten sich auf eine kleine Bank. Harry äußerte eine Befürchtung, dass er etwas falsch sagt, weil er überhaupt nicht mehr wusste, was zu sagen war. Hermine sicherte ihn, dass er es schaffen wird, er sollte nur nichts über den Stab und über seine Beiwohnung der Verhaftung erwähnen. Übrigens sah sie sehr besorgt aus.
Was hast du, Hermine?
Ich... Findest du das nicht merkwürdig, dass man dich so einfach empfängt, wie einen willkommenen Gast? Erinnerst du dich an dein erstes Treffen mit diesem Herren?
Und ob! Meinst du eine Falle? – fuhr Harry zusammen.
Wohl kaum, - Hermine sah die stillen Aufzüge an, - aber du sollst sehr, SEHR aufmerksam sein, du hast doch eine Erfahrung im Umgang mit Ministeriumsbeamten.
Ich meine, das hilft mir nicht, Hermine. Wirklich.
Sei nicht so unsicher, Harry, - munterte Ron ihn auf. – Du bist doch der Junge-der-niemand-weiß-wie-viel-Heldentaten-begangen-hat! Das ganze Ministerium soll dir nur siezen und sich beugen.
Dafür bedanke ich mich bestens! – prustete Harry los. – Auch wenn ich selbst Minister werde, wird das ganze Ministerium nur spucken und Rachepläne schmieden.
In solcher Weise hatten sie eine halbe Stunde diskutiert. Dann öffnete sich einer der Fahrstühle, und ein großer unattraktiver Mann im schwarzen Anzug ohne Umhang stieg aus und suchte nach Harry mit den Augen, die hinter der schwarzen Brille versteckt waren. Harry fühlte sich unbequem, doch ging er mit diesem seltsamen Menschen. Ron und Hermine drückten ihm schweigsam den Daumen.
Während dieser kurzen Fahrt sprach der Mann kein Wort, und Harry bekam ein aufdringliches Gefühl, dass die Brille nicht bloß zum offiziellen Stil gehörte. Der Fahrstuhl hielt, die weibliche kalte Stimme erklärte: „Siebte Stock. Die Abteilung für innere Angelegenheiten", und die beiden gingen hinaus. Harry dachte, dass Holder ein sehr anspruchsvoller Mensch sein sollte, wenn er den ganzen Stock für seine Abteilung gewonnen hatte. Der Sekretär führte Harry in ein großes, teures Kabinett, mit hochmodernen Möbeln und prachtvollen Bildern an den Wänden ein und verschwand. Am Tisch saß Holder und blätterte in einer Mappe. Harry wusste nicht, ob er sich räuspern oder einfach sich setzen sollte. Deshalb blieb er einfach stehen und fing an, Holder zu betrachten. Das war genau die unangenehmste Sache für Holder, denn er hob seinen Blick sofort und wies Harry den Stuhl ihm gegenüber. Harry setzte sich. Holder lächelte zufrieden und schloss die Mappe.
Also, Mr. Potter. Ich bin sehr froh, Sie zu sehen.
Harry konnte über sich selbst nicht dasselbe sagen, deshalb lächelte er zurück und nickte.
Ich dachte, Sie kommen viel früher, - fuhr Holder fort. – Aber ich muss irgendwie einen ungünstigen Eindruck auf Sie gemacht haben, darum konnten Sie sich vielleicht nicht entscheiden.
Harry wollte erwidern, aber Holder lehnte diesen Versuch ab. Er sah Harry in die Augen, und der hielt es nicht aus: so kalt waren sie.
Die Hauptsache ist, dass wir uns endlich kennenlernen können. Sehen Sie, ich habe es leider immer eilig, ich könnte Ihnen viel mehr Aufmerksamkeit widmen, wenn Sie einen Termin festgesetzt hätten, aber Sie haben berichtet, dass Sie eine wichtige Sache haben. Da bin ich ganz Ohr.
Ja, Sir, es ist sehr wichtig, - Harry nahm sich zusammen und unterdrückte das Zittern in der Stimme. – Ich wurde über die Verhaftung von Severus Snape informiert und ich hielt es für notwendig, mit Ihnen persönlich darüber zu sprechen.
Ach was, - Holder grinste, wie es Harry vorkam, triumphierend. – Das sollte ich ahnen. Das waren Sie, wer am meisten seine Nichtschuld verteidigt hatte. Ich kann damit nicht streiten, es ist Ihnen viel mehr bekannt, als mir, das schon, etwas kann doch relativ oder rechtfertigend sein, auch der Mord (hier grinste Holder wieder) wahrscheinlich, aber gesetzwidriges Eindringen, der Diebstahl von sehr wertvollen Dokumenten...
Hat er es gestanden? – unterbrach Harry.
Er wird es gestehen, Sie können daran nicht zweifeln.
Woher können Sie denn wissen, dass das er war?
Ganz einfach. Reine Logik. Er versuchte, mich zu täuschen, aber ich habe ihn von Anfang an verdächtigt, weil das erste Eindringen von einem sehr starken Zauberer gemacht worden war. Das zweite auch, obwohl es mir davon überzeugen sollte, es wäre ein anderer Mensch. Ich hatte nichts mehr als fünfundzwanzig Kandidaten, die das machen könnten. Nach dem zweiten Mal, auch als keine Fingerabdrücke überhaupt aufgefunden wurden, wusste ich es ganz genau, besonders, als ich feststellte, dass er Hogwarts nicht zu verlassen vorhatte. Er wurde also ganz sicher, dass ich ihn nicht ermitteln werde. Das ist eine der schlechtesten Angewohnheiten, die Todesser immer gehabt hatten.
„Du hast alles gut ausgerechnet, - dachte Harry. – Aber nicht die Ursache. Ich kenne ihn besser als du. Aber verstehen – das geht über meine Kräfte!"
Glauben Sie mir aber nicht? Er ist schon seit vielen Jahren kein Todesser. Er handelte nach dem Befehl von Professor Dumbledore, und das ist unbestreitbar.
Wie dem auch sei, wurde Dumbledore von ihm getötet. Und wenn Sie meine Meinung hören möchten, gibt es keinen Todesser auf der Welt, der völlig und ganz bereuen kann. Und außerdem können Ihre Worte die Tatsache der zweien obenerwähnten, sozusagen frischen Verbrechen nicht außer Kraft setzen. Es gibt noch keine schlagenden Beweise, aber sie werden erscheinen. Bloß eine Frage der Zeit.
Und des Drucks, - fügte Harry kalt hinzu.
Holder antwortete nicht, er lehnte sich zurück und starrte Harry fast mitfühlend an. Dieser Hohn brachte Harry aus der Fassung, und er konnte die Worte nur mit Mühe finden.
Sie geben also nicht nach?
Aber ich bitte Sie, Mr. Potter, aus welchem Grund denn? Nur weil Sie sich eingesetzt haben? Das ist doch lächerlich. Und Sie besinnen die ganze Gefahr nicht, können Sie mir glauben. Alles, was ich will, ist die magische Gemeinschaft zu verteidigen, von zukünftigen Eingriffen zu retten, und nichts mehr. Wenn Sie dazu Beitrag leisten möchten, werde ich das nur begrüßen. Aber wenn Sie das irgendwie verhindern wollen, ist das mein Pflicht, sie zu stoppen. Ich denke aber keineswegs, dass Sie so was wollen, Mr. Potter. Sie sind bloß ein Betrugsopfer, die ganze Gesellschaft leidet darunter, deshalb ist es jetzt sehr wichtig, gerade jetzt, wer am Steuer ist. Sie sollten schon bemerkt haben, dass es wenige in der letzten Zeit gegeben hat, die einen wesentlichen Widerstand dem Bösen und der Gewalt leisten konnten. Sie gehören nämlich zu denen, die konnten und die immer noch können. Und es ist sehr traurig, wenn solche Leute wie Sie sich täuschen lassen, so einfach und so fest. Verstehen Sie doch, ich habe das Problem durchaus studiert, und die Psychologie der Verbrecher, insbesondere der Todesser auch. Der Fall ist klar: dieser Mensch hat sich sehr früh daran angewöhnt, zu betrügen und betrügt zu werden. Man kann sich nicht auf seine Worte und auch auf seine Handlungen verlassen. Ich werde es natürlich nicht behaupten, dass ich seine Persönlichkeit bis zum Ende enträtselt habe, aber es gibt eine klare logische Tatsache, und ich werde sie beweisen, mit den Mitteln, die ich für vernünftig und nötig halte.
Mit derselben Gewalt, zum Beispiel? – fauchte Harry.
Wozu sagen Sie so was? – Holder brachte in ein hartes Gelächter aus. – Die Ermittlungsprozedur nimmt so was nicht an. Sie wissen aber, dass es ganz besondere Fälle gibt, und das ist nicht gesetzwidrig, wissen Sie. Das können Sie frei herausfinden, der Notstand wurde ja von niemandem noch aufgehoben. Tatsächlich braucht man ihn schon nicht, aber wer weiß doch?
Dann klar. Darf ich ihn wenigstens besuchen? Nur noch ein Mal? – Harry verstand, dass die Schlacht verloren wäre.
Sie sind doch hartnäckig, Mr. Potter, - Holder lächelte nicht mehr. – Was ist Ihnen eingefallen? Soviel ich weiß, wart ihr nie in guten Beziehungen gewesen. Sie können es nicht verneigen.
Kann nicht, aber..., - Harry stotterte.
War das eine Entdeckung, eine außenordentliche Entdeckung, ich meine? – bekam Holder heraus.
Das hat mit der Sache nichts zu tun, - Harry schlug die Augen nieder.
Also was Persönliches? Ja, ja.
Harry vermutete, woran Holder denken konnte. Scheinbar an nichts, was sich nah zur Wahrheit erweisen konnte. Obwohl diese Wahrheit nichts Kriminelles enthielt und vielleicht auch Holder anders stimmen konnte, betrachtete Harry es für seine Pflicht, kein Wort darüber zu sprechen. Er wartete.
Es steht auch im Gesetz, dass man solche Verbrecher nicht besuchen darf, Mr. Potter. Auf keinen Fall.
Und nach der Gerichtsverhandlung?
Erst recht. Die Verhandlung findet im November statt. Ich könnte ein Treffen bevor organisieren...
Könnten Sie? – Harry konnte sein Erstaunen nicht verbergen.
Natürlich, ich bin doch ein Vollmachtinhaber.
Warum?
Haben Sie eine negative Antwort erwartet? Ja, für alle anderen wäre sie negativ. Aber für Sie kann der Minister sicher eine Ausnahme machen, und dagegen wird niemand protestieren. Also, was sagen Sie dazu? Sagen wir, am 20. Oktober.
Ja, bitte! – Harry glaubte immer noch nicht.
Dann gut, ich informiere Sie bald ausführlicher über den Termin und Bedingungen, geht es?
Ja, vielen Dank.
Nichts zu danken, Mr. Potter. Ich habe doch gesagt: niemand wird protestieren. Niemand außer mir natürlich. Aber es wäre meinerseits unvernünftig. Also, auf Wiedersehen!
Sie drückten die Hände zum Abschied, und Harry verließ das Kabinett. Der Lulatsch mit der Brille begleitete ihn bis zum Sprungbrunnen, und Harry erzählte alles den Freunden.
Hat er wirklich um Nichts als Ersatz gebeten? – wiederholte Hermine zum zweiten Mal.
Wirklich, na und?
Merkwürdig. Sehr. Und er willigte zu leicht ein. Du wirst noch an meine Worte denken, das hat was zu bedeuten.
Wer kann ihn doch entziffern? Also, womit fangen wir an? Das ist doch unerträglich, bloß zu warten!
Du bist mit Ginny verabredet! – mahnte ihn Ron.
Ja, richtig! Sie wartet draußen. Wir brauchen nur ruhig zu sitzen und nachzudenken, - fasste Harry es zusammen, und sie gingen zu einem der Zauberkamine.
