Disclaimer: Harry Potter and his world belong to JK Rowling. I merely fool around with this world while waiting for book 6.

Albus Dumbledore ahnt nichts, Severus Snape kann es nicht vergessen und Sirius Black würde sich im Grabe umdrehen, wenn er es wüsste. Aber Harry Potter sollte es nie, nie, nie erfahren.

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Zaubern mit Links
von Clio

… im Sommer nach Harrys fünften Schuljahr …

(1) Der Vorfall mit der Wippe

Harry hätte es besser wissen müssen.

Niemals hätte er Dudley folgen sollen, als dieser ihn nach dem Tee gebeten hatte, mit ihm zusammen ein paar Schritte zu gehen. Er hätte wissen müssen, dass Dudley niemals mit ihm alleine über das Erlebnis letzten Sommer „mit diesen Demen-dingsbums" reden wollte.
Und trotzdem hatte er ihm geglaubt. Hatte glaubenwollen, dass das Dementoren-Erlebnis Dudley verändert hatte. Schließlich hatte Harry mitbekommen, dass Dudley nicht mehr ganz der Alte war, wie Tante Petunia manchmal bemerkte, wenn sie meinte, dass weder Dudley noch Harry zuhörte.
Dudley hatte die Bezirksschulmeisterschaft im Schwergewichtsboxen verloren. Er bekam Angstattacken wenn er im Ring stand. Und obwohl er auch dies nicht mitbekommen sollte, wusste Harry doch, dass Onkel Vernon Dudley zweimal in der Woche nicht zum Boxtraining sondern zu einem Psychologen fuhr, wo er Therapiesitzungen hatte. Für einen kurzen Moment jedenfalls hatte Harry Mitleid mit Dudley gehabt und war mit ihm hinausgegangen, um sich mit ihm ohne seine stets jeden Schritt belauernden Eltern zu unterhalten.

Aber jetzt war er hier auf dem Spielplatz an der Ecke Goldregen Weg/Ahornstraße, Piers Polkiss und Malcom Dobbins hielten ihn an seinen nach hinten verdrehten Armen fest, und Harry war klar, dass für Dudley ‚über die Dementoren reden' nur eins bedeutete: Harry würde für den vermeintlichen Angriff auf Dudley bezahlen. Zehnfach. Schließlich hatte Dudley das ganze Jahr Zeit gehabt, sich seinen Rachefantasien hinzugeben. Heute war der Tag, an dem er sie in die Tat umsetzte. Harry zweifelte nicht daran, dass, was immer gleich auf dem verwilderten Spielplatz passieren würde, Dudley mehr Selbstvertrauen zurückgeben konnte, als alle seiner Therapiesitzungen zusammen.

„Na, Harry willst Du uns kein Kunststückchen vorzaubern?" Dudley grinste hämisch. Seit dem letzten Sommer wusste er nur zu genau, dass Harry unter keinen Umständen in den Ferien zaubern durfte.

Piers und Malcolm kicherten albern. Sie hatte zwar keine Ahnung, wovon Dudley sprach, aber er war, auch wenn er nicht Bezirksboxmeister war, noch immer der stärkste und gemeinste Schläger im südlichen Little Whinging, und damit ihr unbestrittener Anführer. Und über die Witze des Anführers lachte man. Es war eine goldene Regel, wenn man nicht wie der kleine Mark Evans enden wollte, den sie vorletzte Woche krankenhausreif geprügelt hatten, nachdem er zu Dudley gesagt hatte, er sei 'Rocky' für Arme und Unterbelichtete.

Harry schloss die Augen. Vielleicht würden sie ihn in Ruhe lassen, wenn er sich nur ganz still verhielt. Bei Onkel Vernon wirkte diese Strategie jedenfalls. Ihn verwirrte die ungewohnte Passivität und Teilnahmslosigkeit, die sein Neffe seit Sirius Tod an den Tag legte, und er hatte deutlich weniger Freude daran, Harry herumzuschubsen.

Dudley dagegen schien keine Probleme mit dem mangelnden Widerstand seines Opfers zu haben. Er beugte sich nach vorn, so dass Piers und Malcolm ihn nicht hören konnten, und flüsterte Harry ins Ohr „Was Du letzten Sommer gemacht hast, das machst Du nie wieder. Du hast mir meine Boxkarriere versaut mit deinen Tricks. Aber damit ist jetzt Schluss. Für immer."

Laut sagte er: „Mal sehn, wie schnell der mit kaputten Fingern die Rosenbeete jäten kann", was ihm von Piers und Malcolm heulendes Gelächter einbrachte. „Na los, runter mit ihm."

Harry wurde zur Wippe geschleift, wo ihm sofort auffiel, dass der in den Boden eingelassene Autoreifen, der dort war, um den Aufprall des Balkens abzufedern, verschwunden war. Jemand, vermutlich Dudley und seine Gang, hatten was vom Gummi aus der Erde ragte abgebrannt, und auf dem rußigen Boden lagen jetzt zwei Backsteine unter der Wippe.

Harry wurde übel. „Nein. Das könnt ihr doch nicht machen!"

„Wir können noch ganz andere Dinge machen, wenn Du nicht gleich die Schnauze hältst", knurrte Malcolm und stieß ihn zu Boden.

Dann ging alles sehr schnell. Piers und Malcolm hielten Harrys rechte Hand auf die Ziegelsteine, und Dudley ließ mit Schwung den Balken der Wippe herunterknallen. Schmerz schoss durch Harrys Hand. Malcolm und Piers hatten ihn losgelassen und beobachteten interessiert, wie Harry reflexartig die Hand zur Faust ballte und gegen seine Brust presste.

„Ich glaube, das war nichts, Dudley", bemerkte Piers.

Dudley kam um die Wippe herum und kauerte sich neben Harry auf den Boden. „Zeig mal!"

„Nein! Seid ihr noch ganz dicht?" Harry drehte sich weg.

„Wenn Du noch ne Faust machen kannst, wird es so schlimm doch nicht gewesen sein, Sportsfreund", sagte Piers.

Dudley verzog sein Gesicht in angestrengtem Nachdenken. „Die Mistwippe ist zu leicht. Malcolm, stell dich mal drauf. Da, in die Mitte von dem Balken, und wenn ich es dir sage, gehst Du ein paar Schritte hier zu dem Ende hin."

Malcolm stand auf und Dudley nahm seinen Platz neben Harry ein.

„Was soll das denn bringen?" zischelte Piers.

Dudley verdrehte die Augen. „Wenn Malcolm draufsteht ist die Wippe schwerer, und außerdem gibt's dann noch Hebelkräfte, oder Fliehkräfte, oder so. Hast Du kein Physik in der Schule?!"

„Lasst mich endlich los, ihr Spinner!"

Piers und Dudley griffen wieder nach Harrys Armen. „Schnauze halten."

„Big D., da drüben ist Einer", murmelte Piers, und tatsächlich war zwischen den Häusern der Ahornstraße ein Mann aufgetaucht, der zu ihnen herüber sah. Der Fremde betrat den Spielplatz.

Es musste Fremder sein, denn keiner der Einwohner von Little Whinging hätte es je gewagt, sich in eine Konfrontation auf dem Spielplatz, der als Treffpunkt von Jugendbanden und Drogendealern galt, einzumischen. Die Erfahrung hatte die Anwohner gelehrt, sich in ihre Häuser einzuschließen und bestenfalls anonym die Polizei anzurufen.

„Mist, er kommt her."

Harry versuchte sich auf die Füße zu kämpfen. Es war schlimm genug, dass er Ärger mit Dudley hatte. Er wollte nicht, dass auch noch irgendein Spaziergänger in seine Probleme hineingezogen wurde. Dudley stieß ihm den Ellenbogen in die Rippen, und dann zwangen er und Piers Harrys Hand wieder auf den Backstein.

„Mach schon, Malcolm."

„Hört auf!"

Harry konnte den Mann nicht sehen, weil Dudley mit einer Hand seinen Kopf nach unten drückte, aber er konnte hören, wie er über den Kies zwischen den Schaukeln auf sie zukam. Bevor er jedoch bei ihnen war, donnerte das Ende der Wippe zum zweiten Mal auf Harrys rechte Hand. Er hörte es knacken, die Backsteine unter seiner Hand rutschen weg, und Schmerz explodierte in seinem Arm. Er merkte, wie Piers von ihm weggerissen wurde, aber er konnte nichts sehen, denn Tränen schossen ihm in die Augen.

„Seid ihr verrückt? Was macht ihr da?"

„Wir spielen, sir. Das ist doch ein Spielplatz hier, oder?" antwortete Dudley patzig.

„Aha. Spielen."

„Klar, wir sind alle Kumpel. Stimmt doch, Harry?" nuschelte Malcolm, der von der Wippe herunter gesprungen war und sich hinter Dudley postiert hatte.

Harry krümmte sich noch immer am Boden vor Schmerzen. Diesmal war definitiv etwas in seiner Hand kaputtgegangen.

„Das sind also deine Freunde." Die Stimme kam ihm bekannt vor, und Harry zwang sich die Augen zu öffnen und hoch zu sehen. Vor ihm stand, leicht verschwommen, aber eindeutig zu erkennen, Professor Snape in Muggelkleidung. In der einen Hand hielt er ein Stück silbrigen Stoff, und mit der anderen hielt er Piers Polkiss am Kragen fest.

Harry, unfähig zu antworten, schüttelte den Kopf.

Dudley trat einen Schritt auf Snape zu. „Klar ist das unser Kumpel. Geht halt manchmal ein bisschen rauer zu bei uns. Was geht Sie das eigentlich an?"

„Willst Du mich für dumm verkaufen? Ich habe doch gesehen, was ihr gerade gemacht habt."

„Gar nichts haben Sie gesehen. Wäre zumindest besser für Sie."

Snape zog die Augenbrauen hoch. Sein Gesicht nahm einen amüsierten Ausdruck an. „Drohst Du mir etwa?"

Harry, der schon zu viele Vorspiele zu Dudleys Prügelorgien gesehen hatte, wusste was gleich unausweichlich kommen würde. Mühsam zog er sich an der Wippe hoch, wobei er es vermied zu genau seine Hand anzusehen, wo seine Finger in unnatürlichen Winkeln abstanden.

Snape ließ Piers los und machte einen Schritt auf Harry zu, womit er sich genau zwischen Piers, Dudley und Malcolm manövrierte. Als routinierte Schläger ließen sich die eine solche Gelegenheit selbstverständlich nicht entgehen. Malcolm boxte Snape auf den Oberarm, und als dieser sich zu Malcolm umdrehte sprang ihn Piers von hinten an, um seine Arme festzuhalten, und Dudley hatte freie Bahn für das, was er gerne die Dampfhammer-Combo nannte. Ein linker Haken in den Unterleib, gefolgt von einer rechten Geraden in den Kiefer, hinter die Dudley sein ganzes Gewicht legte. Es war eine lange eingespielte Bewegungsabfolge, die Piers und Dudley durchzogen, seitdem sie in der Grundschule waren.

Erwartungsgemäß sackte Snape zusammen und ging zu Boden, was Malcolm nutze, um ihn kräftig ins Gesicht zu treten. Nach Harrys Erfahrung folgte jetzt entweder der schnelle Rückzug von Dudleys Gang oder das systematische Zusammenschlagen des Unterlegenen. Im Gegensatz zu Dudleys üblichen Opfern blieb Snape jedoch nicht am Boden liegen, sondern kam überraschend schnell wieder auf die Beine. Malcolm, Dudley und Piers stürzten sich sofort auf ihn, und es folgte ein Handgemenge, das jeder Hafenkneipe Ehre gemacht hätte.

Von Panik erfasst tastete Harry mit der linken Hand seine Taschen nach seinem Zauberstab ab. Natürlich durfte er ihn eigentlich nicht verwenden, aber er würde lieber wieder vor dem Wizengamot aussagen, als Dumbledore zu erklären, warum dieser sich einen neuen Zaubertränkelehrer werde suchen müssen. Vielleicht würde es Snape ja schon helfen, wenn er ein wenig mit dem Zauberstab vor Dudley herumwedelte, ohne tatsächlich Magie auszuüben.

Als er den Zauberstab endlich in der Hand hielt, traute er seinen Augen kaum. Der Kampf war zum Erliegen gekommen. Snape stand seinen drei Angreifern, die wie festgefroren wirkten, mit einem Klappmesser in der Hand gegenüber.

Dudley warf einen schnellen Blick auf Harrys Stab und Snapes Messer und quiekte: „Ich gehe Hilfe holen." Schneller als Harry ihm zugetraut hätte rannte er zum Zaun und schwang sich auf Malcolms Rennrad, das dort lehnte.

„So", sagte Snape, der sichtlich um Atem rang, „und was jetzt?" Er fuhr sich mit dem Ärmel seiner Jacke übers Gesicht, wo ihm von einer Platzwunde unter der Augenbraue Blut ins Auge lief.

„Big D. alarmiert die Bullen", informierte ihn Malcolm, ohne die Augen von dem Messer zu lösen.

„Sehr vernünftig!"

„Ach ja?"

Es klickte, und auf einmal hatte auch Piers ein schlankes Messer in der Hand. Er begann Snape zu umkreisen. Snape folgte seinen Bewegungen.

Harry hielt den Atem an. Piers hatte letztes Frühjahr zweimal vor dem Jugendrichter gestanden wegen Nötigung und Körperverletzung. Beide Male war er in eine Messerstecherei verwickelt gewesen. Harry bezweifelte, dass Snape so viel einschlägige Erfahrung mit Muggel-Springmessern aufweisen konnte.
Wieder wurde er überrascht. Zweimal stieß Piers erfolglos mit dem Messer nach Snape, der ihm auswich, beim dritten mal schaffte es Snape dank seiner größeren Reichweite, Piers Arm festzuhalten und ihm das Messer aus der Hand zu schlagen. Es fiel klappernd auf den Boden. Malcolm und Piers schauten sich entsetzt an und ergriffen die Flucht.

Sie waren noch nicht beim Zaun, als ihnen Dudley und Vernon Dursley entgegenkamen. Dudley hatte nicht, wie Malcolm gesagt hatte, die Polizei geholt, sondern seinen Vater, der mit dem Auto zum Spielplatz gefahren war. Malcolm und Piers begannen aufgeregt auf ihn einzureden.

„Potter, ist das dein Onkel?" fragte Snape.

„Ja. Und er mag Zauberer nicht besonders."

Snape wischte sich erneut das Blut aus dem Gesicht. Dann wanderten seine Augenbrauen nach oben. „Glaubst Du, ich würde mit dem Muggel nicht fertig werden?"

„Doch, sir, bestimmt. Aber ich habe auch so schon genug Ärger." Harry mochte gar nicht, wie weinerlich sich seine Stimme auf einmal anhörte.

Snape schaute ihn kritisch an. Dann nickte er und bückte sich, um die beiden Messer und das silbrige Stück Stoff, das sich bei genauem Hinsehen als Unsichtbarkeitsumhang entpuppte, aufzuheben. Bevor er den Umhang anzog warf Snape einen prüfenden Blick auf Harrys verletzte Hand, die Harry vorsichtig an seine Brust gedrückt hielt.

„Du musst zum Arzt, Potter. Sieh zu, dass dich die Muggel dahin bringen. Komm dann zu Arabella Figg. Und steck endlich deinen Zauberstab weg."

Mit einem leisen rascheln von Stoff verschwand Snape, und Harry stand alleine seinem Onkel gegenüber, der mit Dudley und seinen Freunden im Schlepptau zu ihm herüber stapfte.

„Da war ein Mann, Papa. Wirklich."

„Ich hab's ja gesehen."

„Harry, wo ist er hin, " fragte Malcolm mit gespieltem Erstaunen.

Harry entschied sich, mitzuspielen. „Weiß nicht. Welcher Mann?"

„Der, der uns hier vorhin angegriffen hat, Du Idiot", raunzte Dudley ihn an.

Harry schaute sich verwirrt um. „Der ist weggelaufen, glaube ich."

„Guck Papa, der Typ hat Harry wehgetan. Wir haben uns gewehrt, aber der war einfach stärker. Guck, was er mit Harrys Hand gemacht hat."

Vernons Schweinsäuglein wanderten misstrauisch über den Spielplatz, bis sie an Harrys Hand hängen blieben. Der Anblick der Verletzung ließ ihn seine Zweifel an der Geschichte seines Sohnes vergessen.

„Geh nach Hause, Dudley! Und ihr auch!" Er griff nach grob nach Harrys Schulter. „Du kommst mit mir. Ich fahre dich zum Krankenhaus." Unsanft zog er Harry zu seinem Auto. „Wenn das bloß nicht wieder eine von deinen Teufeleien ist."

Als Harry zweieinhalb Stunden später von Mrs. Figg in ihr Wohnzimmer gebeten wurde, die Hand dick verbunden und geschient, und den Arm in einer Schlinge tragend, traf er dort nicht nur Mrs. Figg an, sondern auch Mad-Eye Moody und Snape. Der Ex-Auror lehnte lässig am Türrahmen, während Snape auf dem Sofa saß und seine Beine auf dem Couchtisch vor sich platziert hatte. Auf sein linkes Auge gepresst hielt er etwas, was aussah wie ein in ein profanes Küchentuch eingewickelter Eisbeutel.

Während Snape sein Eintreten ignorierte, grüßte ihn Moody mit: „Alles klar, mein Junge?"

Harry zuckte mit den Schultern. „Mmh, ja."

„Du machst vielleicht Sachen! Hab' gehört Du hast dich gleich mit drei Jungs angelegt."

„Naja, nicht direkt angelegt ..."

Moody zwinkerte ihm zu. „Du solltest vorsichtiger sein, gerade mit Muggeln, aber ich sage immer, alles, was man mit ein wenig Skele-Gro zusammen flicken kann, ist halb so schlimm. Solange man noch seinen Zauberstab schwingen kann ..."

„Zauberstab?" würgte Harry hervor. Daran hatte er noch gar nicht gedacht. Wie sollte er einen Zauberstab halten, wenn er noch nicht mal die Finger seiner rechten Hand krumm machen konnte? Übelkeit stieg in ihm auf.

Mrs. Figg, die sah wie bleich Harry auf einmal wurde, griff ein. „Jetzt setz dich doch erst mal, Harry. Willst Du einen Tee?" Er wurde sanft zu einem der Sessel geschoben.

Moody löste sich von seinem Türrahmen und machte einige Schritte in den Raum hinein. „Nun, wenn Du deinen Zauberstab mit rechts nicht halten kannst, ...Kannst Du doch nicht, oder?" Harry schüttelte den Kopf, „ ... dann musst Du eben mit links zaubern."

„Aber ich bin doch Rechtshänder."

„Du wirst doch auch mit links ein paar Banne und Flüche zustande bringen!"

„Ich glaube nicht, sir."

Moody starrte für einen Moment an. „Bringen die euch denn heute in Verteidigung gar nichts mehr bei?"

Von Snapes Platz auf dem Sofa erklang ein verächtliches Schnauben.

Moody warf ihm einen irritierten Blick zu, bevor er seine Tirade fortsetzte. „Im Duellierclub und im Verteidigungsunterricht müssen sie euch doch die elementarsten Prinzipien der Selbstverteidigung beibringen. Ein Zauberer, der seinen Stab nicht mehr gebrauchen kann, ist verloren. Verloren, sag ich!"

„Moody!"

„Ist doch war, Bella. So schlampig wird unsere Jugend also auf den Ernstfall vorbereitet. Verteidigungszauber und ein paar offensive Flüche mit der Nicht-Stabhand gehören in jeden Verteidigungsunterricht. Und wenn man mich fragt sollten sie auch Voraussetzung für das Auror-Training sein."

„Dich fragt aber keiner, Alastor. Zumindest im Augenblick nicht, " warf Mrs. Figg ein, als Moody Luft holen musste. „Du hilfst uns auch gerade nicht besonders."

Moody warf ihr einen beleidigten Blick zu und ließ sich in einen der Sessel fallen.

„Ich werde doch wohl noch meine Meinung sagen dürfen, oder? Außerdem wette ich, dass jeder vermaledeite Totesser die Grundlagen des Duellierens bestens beherrscht." Dabei ließ er seinen Blick vielsagend zu Snape wandern, der mit einem höhnischen Grinsen den Eisbeutel sinken ließ und sich leicht in Richtung Moody verneigte.

Harry konnte für einen Moment Snapes Gesicht vollständig sehen, und er erschrak. Sein linkes Auge war blutunterlaufen und vollständig zugeschwollen.

„Harry, mein Schatz, lass dich von Alastor nicht erschrecken", versucht Mrs. Figg ihn zu beruhigen.

„Ich kann ja mal probieren, mit links zu zaubern. Es muss ja nicht unbedingt mit meine Zauberstab sein, wenn das ein Problem wegen dem Ministerium ist."

„Nein, nein. Bloß nicht", beeilte sich Moody zu sagen. „Seit dem Zwischenfall mit den Dementoren letzten Sommer überwacht das Ministerium nicht nur deine Stabsignatur, sondern jede Art von magischer Aktivität hier. Wir wissen nicht, wer sonst noch alles an diese Informationen drankommt. Deswegen verwenden wir auch auf unseren Sicherheitpatroullien im Ligusterweg keine Magie."

„Oh."

Arabella Figg lächelte Harry an. „Erzähl doch erst mal, was der Muggledoktor gesagt hat, Harry."

Harry holte tief Luft. „Also, der Ringfinger und der mittlere Finger sind gebrochen, und der Ringfinger war auch ausgerenkt. Aber im Krankenhaus haben sie die schon wieder gerichtet. Sie wissen nur nicht, ob die Gelenkkapseln und Bänder kaputt sind. Deswegen muss ich morgen auch noch mal zu einer Untersuchung. So was ähnliches wie Röntgen, aber ich habe vergessen wie das heißt." Moody und Figg nickten offensichtlich beeindruckt.

„Ja, diese Muggel", bemerkte Figg versonnen.

„Morgen wollen sie dann auch die Hand eingipsen, haben sie gesagt. Die Schiene ist nur vorläufig."

„Hab ich's dir nicht gesagt, Alastor, wie bei meinem Bein damals." Mrs. Figg warf dem Ex-Auror einen triumphierenden Blick zu.

„Außerdem sind mehrere von den Mecar ... Merata ... Me-äh-"

„Metacarpalia, Potter. Mittelhandknochen!" warf Snape genervt ein.

„Ja, davon sind auch welche gebrochen", beendetet Harry seine Aufzählung etwas kleinlaut.

Mrs. Figg nickte ihm aufmunternd zu. „Ach, Harry-Schatz. Wenn die Muggel morgen alles untersucht haben, und deine Knochen alle gerichtet sind, dann nimmst Du einfach ein bisschen Skele-Gro, und dann bist du den Gips ganz schnell wieder los. Kein Grund dir um das Zaubern mit links Sorgen zu machen." Sie warf Moody einen vielsagenden Blick zu.

Der nickte. „Trotzdem solltest Du, sobald Du wieder in Hogwarts bist ein wenig mit deiner anderen Hand zaubern üben."

Mrs. Figg schaute ihn vorwurfsvoll an und stand dann auf. „Ich mach uns jetzt erst mal Tee!"

„Arabella, hast Du noch mehr Eis?" fragte Snape.

Mrs. Figg nickte und verschwand in der Küche.

Kaum war sie außer Sichtweite, beugte sich Moody vor. „Verdammt noch mal Snape, nimm endlich den Abschwelltrank und hör auf, hier so einen Zirkus zu machen. Das andere Zeug hast Du doch vorhin auch geschluckt!"

Erst jetzt bemerkte Harry dass sich mehre Zaubertrankfläschen auf dem Couchtisch um Snapes Füße herumgruppierten.

Snape bleckte die Zähne. „Zum letzten Mal, Moody, ich bin gegen das Bundinium-Sekret in dem Trank allergisch. Ich werde mir meine eigene Tinktur brauen, sobald ich wieder in Hogwarts bin."

Harry konnte sich ein dümmliches Grinsen nicht ganz verkneifen. Auch bei seinen Quidditch Verletzungen, den üblichen Quetschungen und Prellungen, musste Madame Pomfrey auf Abschwelltränke verzichten, weil er sie nicht vertrug. Vielleicht sollte er mal fallenlassen, dass es möglicherweise am Bundinium lag?

„Findest Du irgendwas lustig, Potter?" fragte Snape gereizt.

„N-nein. Ähm, im Muggelkrankenhaus haben sie mir was gegeben, damit meine Hand nicht anschwillt. Vielleicht würde das bei Ihnen auch helfen."

Harry zog ungeschickt mit der linken Hand zwei kleine Schachteln Tabletten aus seiner Hosentasche und reichte sie Snape. Nach kurzem Zögern nahm dieser sie und warf einen Blick auf die Aufschriften.

„Das hier", Snape warf eine der Schachteln Harry sofort wieder zu, „sind Schmerztabletten, Potter."

Die zweite Schachtel untersuchte er eingehender, um sie aber auch nach kurzer Zeit wieder Harry zurückzugeben.

„Die Tabletten würden sich nicht mit den anderen Tränken vertragen."

„Mit einem Dankeschön würdest Du dir nichts vergeben, Snape, " sagte Moody und verschränkte die Arme.

Snape warf Moody einen kalten Blick zu. „Wofür?"

„Der Junge wollte Dir helfen!"

„Ich habe aber nicht angenommen."

„Na, wenigsten bist im Einstecken genauso gut wie im Austeilen, Snape!" nuschelte Moody.

„Was soll das heißen?"

„Du hast doch heute ganz schön was Einstecken müssen, als Du dich von den drei Muggelkindern verprügeln lassen hast. Oder etwa nicht?"

„Muggelkinder?"

„Na, Moody, " sagte Arabella, die gerade wieder den Raum betrat, „als Kinder würde ich die drei nicht gerade bezeichnen."

Moody zuckte mit den Schultern. „Sie sind nicht volljährig also sind sie Kinder. Sie können nicht zaubern, also sind sie Muggel."

„Alastor, die Kinder, wie Du sie nennst, terrorisieren hier die ganze Straße. Sie habe meine Katzen auch schon mit Knallfröschen beworfen. Wenn die so weitermachen, feiern sie ihren achtzehnten Geburtstag im Jugendgefängnis."

Moody schnaubte. „Mit kriminellen Halbstarken kennst Du dich ja bestens aus, was Snape. Weckt das nicht Erinnerungen an alte Zeiten?"

„Das muss ich mir von einem jemanden, der bei den Auroren rausgeflogen ist und dann ein Jahr in seiner eigenen Reisetruhe verbracht hat, nicht bieten zu lassen!" Snape war im Begriff aufzustehen, wurde aber von Mrs. Figg sanft wieder auf die Couch gedrückt.

„Hier ist dein Eis, Severus." Mit einem bissigen Ausdruck nahm Snape den frischen Eisbeutel von Mrs. Figg entgegen.

Moody warf Snape einen giftigen Blick zu. „Ich glaube, ich gehe dich jetzt mal offiziell bei der Patrouille ablösen, Professor Snape"

Auf dem Weg zur Tür schnappte er sich seinen Unsichtbarkeits-Umhang, der auf einer Stuhllehne lag. „Igitt, Snape, da ist ja Blut dran. Den zauberst Du mir wieder sauber!"

Auch Harry stand auf, aber Mrs. Figg winkte ab. „Bleib ruhig noch ein wenig, und trink deinen Tee aus, Harry. Ich bringe dich später rüber zu den Dursleys, wenn Du willst."

Mrs. Figg begleitete Moody zu Tür. Harry drehte sich etwas unsicher zu Snape um, der in nachdenklich anschaute.

"Potter, welcher der drei war dein Cousin?"

„Der Dicke. Der Anführer."

„Macht er das häufiger?"

„Was denn? Er hat mit noch nie wehgetan, wenn Sie das meinen. Zumindest nicht so richtig."

Snapes Miene verdüsterte sich. „Was soll das heißen, nicht richtig?"

Harry schwieg. Von der Tür her hörte er, wie sich Mrs. Figg und Moody leise miteinander unterhielten.

"Und dein Onkel? Was sagt der dazu?"

„Wozu?"

„Stell dich nicht dümmer als Du bist, Potter", herrschte Snape ihn an. Harry wich einen Schritt zurück.

„Tut dein Onkel dir weh?"

„N-nein"

„Lüg mich nicht an."

Snape stand auf und war mit drei schnellen Schritten bei Harry. Bevor dieser ausweichen konnte, packte ihn Snape am Kinn und presste seinen Kopf gegen die Wand.

„Sag mir die Wahrheit, Potter!"

Snapes unverletztes Auge funkelte böse, und Harry hatte zum ersten Mal seit langer Zeit Angst vor seinem Lehrer.

„Schlägt dich dein Onkel? Nähert er sich dir sexuell?"

„Was?"

„Du weißt, was ich meine, Potter!"

„Nein!"

„Und dein Cousin?"

„Nein! Was soll das … was geht Sie das überhaupt an?"

Offenbar war dies die falsche Antwort, denn Snape's Lippen bewegten sich tonlos, und Harry wusste, dass er im Begriff war, in seine Erinnerungen einzudringen. In Snape's schraubstockartigem Griff gelang es ihm jedoch nicht, den Augenkontakt zu brechen.

Wie in den Okklumentik-Stunden im letzten Schuljahr huschten Erinnerungsfetzen an Harrys innerem Auge vorbei.

... Dudley schubste Harry beim Fernsehen vom Sofa ... auf dem Klassenausflug bewarfen ihn die anderen Kinder mit Kastanien ... Onkel Vernon knallte die Tür zum Verschlag unter der Treppe zu, nachdem Harry einen Teller fallengelassen hatte ... ein hochgewachsener, hakennasiger Mann zog seinen Gürtel aus der Hose ... Dudley stellte ihm auf der Treppe ein Bein ... Onkel Vernon richtetet die Jagdflinte auf Hagrid ... der Mann wickelte den Ledergürtel um seine Faust ... Tante Petunia nahm Harrys schmutzige Wäsche aus dem Wäschekorb der Familie und schmiss sie ihm vor die Füße ... Onkel Vernon nagelte Harrys Fenster zu... der Hakennasige erhob die Hand mit dem Gürtel zum Schlag ... ... Vernon ohrfeigte Harry ... Dudley zwang Harrys Hand unter die Wippe ... der Ledergürtel sauste herunter ... „Severus!"

Die Bilder stoppten. Mrs. Figg stand in der Tür.

„Severus, was machst Du da!"

Snape starrte Harry aus seinem weit aufgerissen Auge an. Für einen Moment waren sich ihre Gesichter so nahe, dass Harry die Spuren von getrockneten Blut in Snapes Haaransatz sehen konnte, und er seinen stoßweisen Atem auf seinem Gesicht spürte. Dann ließ Snape die Hand, mit der er Harry noch immer festhielt, sinken.

„Harry?" rief Mrs. Figg.

„Alles O.K., " antwortete er automatisch; seine Gedanken kreisten um den Mann mit dem Ledergürtel. Die Erinnerung konnte auf keinen Fall seine eigene gewesen sein.

„Severus, Du weißt, dass Albus es nicht gerne sieht, wenn Du Legilimentik bei Ordensmitgliedern anwendest."

Snape trat einen Schritt zurück und schien sich kurz zu sammeln bevor er sich zu Mrs. Figg umdrehte. „Potter ist kein Mitglied des Phoenixordens, und ich brauche niemanden, der mich an Albus Anweisungen erinnert. Er hält sich doch selber nicht daran."

Mrs. Figg seufzte. „Severus, ich glaube der Junge hat heute schon genug durchgemacht. Und Du hattest auch einen langen Tag."

Zu Harrys Überraschung lenkte Snape ein. „Ich werde besser jetzt nach Hogwarts zurückkehren."

„Ja, ich denke auch. Und ich bringe Harry nach Hause."

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Nicht meine erste fanfic, aber meine erste auf Deutsch! Was denkt ihr?