Es war ein wunderschöner Frühlingsmorgen. Alles Lebendige erfreute sich an den wärmenden Strahlen der Sonne, die gerade nach dem Winter umso wertvoller erschien. Unter ihrem Einfluss öffneten sich langsam alle Blüten, und Düsterwald erstrahlte in einem wunderbaren Farbenspiel.
Legolas stand auf dem Balkon seines königlichen Gemaches, genoss die leichte Brise, die den Blütenduft herüber wehte, und erfreute sich an der Schönheit seiner Heimat. Es waren schon einige Jahre ins Land gegangen, seitdem Sauron versucht hatte, Mittelerde ins Dunkel zu hüllen, und es waren kaum noch Spuren davon zu erkennen.
Trotzdem schweiften seine Gedanken zu eben jener Zeit ab, was wohl auch daran lag, das sich heute alle ehemaligen Gefährten hier treffen würden, da sie noch immer eine tiefe freudnschaft verband. Sein Herz wurde auch leicht bei dem Gedanken, sie alle heute zu sehen und sich davon überzeugen zu können, dass es ihnen gut ging.
Nur Frodo würde als Einziger fehlen, da er sich bereits auf die Reise in die Ewigen Landen gemacht hatte. Er fehlte ihm, aber er war sich auch sicher, dass es ihm dort gut gehen würde. Seine Schmerzen würden dort mit dem Schatten verschwunden sein, der seit ihrem gemeinsamen Abenteuer auf ihm gelegen hatte.
Dafür kamen aber die drei anderen Hobbits, deren Lebensfreude alle trüben Gedanken vertreiben würde. Außerdem hatten sie sicherlich viel zu erzählen. Sam hatte inzwischen selbst geheiratet, und Merry und Pippin würden ihn auf ihre liebenswürdige Art und Weise deswegen aufziehen, so wie sie es mit ihm kurz nach seiner Vermählung mit Ethuil gemacht hatten. Dafür war ihnen auch noch eine Rache sicher.
Aber Legolas musste zugeben, dass er sich am meisten auf Aragorn freute, denn ihre Freundschaft war die älteste und tiefste von allen. Ob ihn seine Familie begleitete? Oder waren Arwen und ihr Junge Eldarion zurück geblieben? Dabei wollte er doch unbedingt einmal den jungen Thronfolger kennenlernen, von dem er schon in so vielen Briefen gelesen hatte. Auch wenn dann der Wunsch nach einem eigegen Kind wieder unbezwingbar wurde.
Daher freute er sich auch auf Gandalf. Er würde einen Rat wissen, ob es weise war, jetzt schon eine Familie zu gründen, oder erst darauf zu warten, bis mit den letzten Spuren des Ringkieges auch die letzten Orks verschwunden waren, die immer noch Unheil über Mittelerde brachten, und deren genaue Zahl niemand kannte. Sie konnten jederzeit zu einer echten Bedrohung werden.
Doch dann würde er wieder mit Gimli an seiner Seite in die Schlacht ziehen. Sein Freund drängte ihn schon lange darauf, ihm die Reiche dim Inneren der Berge zu zeigen. Und er würde sie sehen, da er versprochen hatte, sich dorthin führen zu lassen. Bisher konnte er dieses Versprechen nicht erfüllen, da Unruhe im Düsterwald herrschte. Aber jetzt hatte er wenigstens die Gelegenheit, seinem Freund seine Heimat genau und in Ruhe zu zeigen.
Und so war sein Blick in die Richtung gerichtet, aus der er seine Freunde erwartete. Er wandte sich erst dann ab, als er Schritte hinter sich hörte. Ethuil war nun ebenfalls wach und gesellte sich zu ihm auf den Balkon, um ebenfalls den Horizont abzusuchen. Ein kleines Lächeln umspielte dabei ihre Lippen, denn die Freunde hätten keinen besseren Zeitpunkt aussuchen können.
"Was glaubst du, wer wird als Erster eintreffen?" fragte Legolas und schloss sie in seine Arme. "Es wird bestimmt Aragorn sein, denn sein Weg ist der kürzeste, und er ist von uns allen der beste Reiter."
"Aber seine Familie wird ihn begleiten", entgegnete Ethuil. "Sie werden sich dem Kind zuliebe Zeit lassen. Außer, sie sind extra deswegen früher aufgebrochen. Sie wissen ja nur zu gut, welcher Tag heute ist."
Vor zehn Jahren auf den Tag genau hatte Elrond diesen Rat einberufen, bei dem sie sich alle kennengelernt hatten, und wo ihr gemeinsames Abenteuer begann. Arwen hatte Aragorn ihren Abendstern geschenkt, und Legolas hatte Ethuil seine Liebe gestanden. Es war der Anfang eines großen Abenteuers und des Kampfes gegen Sauron gewesen, den sie mit viel Glück und noch mehr Mut gewonnen hatten. Es war auch der Anfang eines neuen Zeitalters.
"Lass uns doch einfach darum wetten", sagte nun Legolas mit einem spitzbübischen Lächeln in den Augen. "Wenn Gimli, Gandalf oder die Hobbits zuerst kommen, stehe ich einen Tag lang vollkommen zu deiner Verfügung, und keine Staatsgeschäfte können mich davon abhalten. Und wenn Aragorn als Erster kommt, erzählst du mir deine Gedanken, die dir schon seit Tagen nicht aus dem Kopf gehen."
Für den ersten Moment konnte Ethuil nichts entgegnen. Woher wusste er davon, wo sie doch so sehr versucht hatte, diese Gedanken zu verstecken? Oder hatte ihn genau das beunruhigt? Dabei gab es überhaupt keinen Grund dafür, vielmehr wartete sie auf den geeigneten Moment, um ihm davon zu erzählen, denn dies war nichts, das man einfach mal so nebenbei erwähnte. Dies war etwas, das ihn sehr glücklich machen würde, wie sie aus seinen Gedanken wusste.
"Gut, ich bin einverstanden", willigte sie nach einem weiteren Blick zum Horizont ein. Doch Legolas schmälerte die Augen, da er gleich wusste, dass diese Antwort einfach zu schnell gekommen war. Ethuil versuchte zwar, recht unschuldig auszusehen, aber er konnte immer noch Spuren eines wissenden Lächelns erkennen. Also drehte er sich nun auch wieder zum Horizont, und fast sofort erschien ein breites Lächeln auf seinem Gesicht, und Ethuil war für die Ablenkung dankbar.
"Sie kommen!"
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"Es wird ja langsam Zeit, dass sie und mal hierher einladen", zeterte Pippin, während er mit seinen Freunden das Tor zum Palsast durchritt und sich dabei ganz genau umsah. Sie mochten sich zwar im Düsterwald befinden, aber hier herrschte ein angenehmes Licht, das durch die Blätter der Bäume schien. Wie in Lothlorien hatte man auch hier um die Natur herum gebaut, aber trotzdem erschien alles viel heller, als ob auch die Gebäude ein geheimnisvolles Leuchten abgeben würden.
"Und es ist ja auch nicht so, als ob sie sich wegen ihres bescheidenen Häuschens schämen müssten", entgegnete Merry, und beide brachen in ein kurzes Gelächter aus, während Sam nur staunte, und Gandalf nach den Bewohnern dieses Palastes Ausschau hielt. Thranduil würde wohl keine Zeit haben, seine Gäste zu begrüßen, aber mit Legolas und Ethuil als Empfangskommitee würden sie sich mehr als nur begnügen.
"Kommt darauf an, ob sie aufgeräumt haben." Wieder ein Lachen, das aber abrupt ein Ende nahm, als nun endlich der Thronfolger und seine Frau zu ihnen stießen. Dies allein ließ sie nicht verstummen, doch wohl eher das Leuchten, das Ethuil zu umgeben schien und besonders von Gandalf wahrgenommen wurde. Die Hobbits hatten nur das Gefühl, dass sie noch nie so schön ausgesehen hatte, und wussten daher auch nicht, was dies zu bedeuten hatte. Nur Gandalf bemerkte es, und es erschien ein freudiges Lächeln in seinem Gesicht, das nicht nur von der Wiedersehensfreude kam.
"Wir haben durchaus aufgeräumt, zu Ehren unserer Freunde" musste Legolas einfach erwidern, während er die Hobbits zur Begrüßung umarmte. Merry und Pippin verloren sich in einem betretenen Schweigen, während es nun Sam war, der lachte. Auch Ethuil umarmte sie und drückte ihnen noch einen Kuss auf die Stirn, was sie dann wieder gesprächiger machte. Der Düsterwald und auch der Palast wurden in den höchsten Tönen gelobt, doh Legolas achtete nicht auf sie, sondern begrüßte Gandalf mit einer ehrenvollen Verbeugung.
"Ich freue mich, euch wiederzusehen", sagte Gandalf daraufhin und verbeugte sich ebenfalls. "Und ich freue mich über diese Freude in eurem Haus, worauf ich, ehrlich gesagt, schon eine ganze Weile warte." Er zwinkerte den beiden zu, aber Legolas sah ihn nur fragend und verwirrt an, und von Ethuil kam ihm leichtes Entsetzen und Panik entgegen.
"Euer Besuch ist uns natürlich eine große Freude, auch weil dies so selten geschieht", entgegnete Ethuil schnell und flehte ihn mit Blicken an, ja keine Fragen zu stellen. Erst da fiel Gandalf auf, dass er das Geheimnis ein wenig zu früh entdeckt hatte. Und dass er jetzt schnell mitspielen musste, da Legolas schon misstrauisch genug war.
"Ihr solltet uns einfach öfter einladen und nicht erst auf irgend welche Jahrestage warten", erwiderte er jetzt mit einem Lachen und sah den Hobbits hinterher, die bereits den Palast erkundeten. "Oder wir kommen das nächste Mal einfach so vorbei, auch wenn ihr dann vielleicht nicht aufgeräumt habt." Er folgte den Hobbits und schüttete nur den Kopf, als er ihre Stimmen hörte, wie sie sich bereits mit einigen Palastwachen anlegten.
"Ich hoffe, du erzählst mir davon, bevor es die halbe Welt weiß." Legolas hatte nur geflüstert, doch das allein reichte aus, dass Ethuil ihn daraufhin erschrocken ansah. Er ging weiter in den Palast hinein, um das Missverständins zwischen den Wachen und den Hobbits zu klären, aber sie blieb an Ort und Stelle stehen, um ihm nachzusehen.
Wie hatte sie nur so dumm sein können zu glauben, dass er nichts merken würde? Besonders, da sie ihre Gedanken vor ihm verschloss, und nun sogar Gandalf schon davon wusste. Aber sie musste es selbst erst einmal begreifen, was dies überhaupt bedeutete. Und da war ja noch die Frage des richtigen Moments. Dass es Gandalf schon wusste, dafür konnte sie ja nichts. So, warum war er trotzdem verärgert?
"Redet ihr über alte Zeiten, ich werde die Zeit für einen Spaziergang nutzen", übermittelte sie ihm über ihre Gedanken und machte auf dem Absatz kehrt, um einen wirklich langen Spaziergang zu machen und über einige Dinge nachzudenken. Jetzt konnte sie ja sowieso nur zuhören, und die Laune von Legolas wäre eine Qual.
Dieser schaute ihr etwas ungläubig hinterher, obwohl er den Ernst in ihrer Stimme vernommen hatte. Und fast hätte er sich bei ihr entschuldigt, aber er verstand nun einmal nicht, warum sie ihre Gedanken vor ihm verschloss. War es so, weil er sich wegen irgend etwas nicht beunruhigen sollte? Aber diese Verschwiegenheit beunruhigte ihn nur noch mehr. Sicherlich hatte sie ein Recht darauf, aber er spürte auch, dass es etwas war, dass er wissen sollte.
"Legolas, können wir etwas Lembas-Brot bekommen?" riss ihn plötzlich Merrys Stimme aus den Gedanken. "Ich habe schon so lange keines mehr gegssen, dass ich gar nicht mehr weiß, wie es schmeckt."
"Ich kann das Zeug nicht mehr sehen", stöhnte daraufhin Sam. "Selbst nach all der Zeit nicht."
"Ich lasse welches bringen und auch andere Köstlichkeiten, schließlich ist es ja Zeit für das zweite Frühstück, nicht wahr?" Legolas schob die dunklen Gedanken beiseite und würde nun erst einmal für seine Gäste da sein. Er konnte auch noch später mit Ethuil sprechen. Einige der Vorteile, wenn man unsterblich war.
