„Das macht nichts Schatz", rief Sarah John hinterher,
„wirklich! Das kann doch jedem mal passieren!"

Ich bin aber nicht jeder, dachte sich John Watson, Assistent des weltweit einzigen Consulting Detectives Sherlock Holmes.

Ich. Bin. Nicht. Jeder!

Aufgebracht verschwand er im Badezimmer und lief auf und ab. Vor dem Spiegel hielt er an, stützte sich mit beiden Händen am Waschbeckenrand ab und sah seinem Spiegelbild zweifelnd in die Augen.
„Was ist denn nur los mit dir?" fragte er sich gepresst.
„Da ist diese schöne Frau, die dir nach all deinen Torheiten noch eine zweite Chance gegeben hat und dir passiert SOWAS?" Bei seinen letzten Worten wanderte sein Blick an sich herab und blieb an seiner Körpermitte haften, wo sich zu seinem Leidwesen so gar nichts regen wollte.

Von seinem Gegenüber kam keine Antwort, er blickte ihn nur wieder unverwandt aus den aufgewühlten grauen Augen an.
Seine Hände verkrampften sich am Waschbecken, sodass seine Knöchel weiß hervortraten.
„Jetzt reiß dich zusammen, komm schon!" Er wandte sich vom Spiegel ab und lief wieder auf und ab, wie ein, auf zu engem Raum eingesperrter Tiger.

„John?" drang Sarahs Stimme zaghaft von jenseits der Tür. „Ist alles okay bei dir? Komm ins Bett, wir müssen morgen beide früh aufstehen. Außerdem", jetzt klang sie etwas ungeduldiger, „muss ich wirklich mal auf die Toilette".

Er betätigte die Spülung (im Ernst, wem wollte er hier was vormachen?), wusch sich die Hände, spritze sich etwas von dem kühlen Wasser ins Gesicht und verließ das Bad. Ohne ein Wort an Sarah, oder einen Blick in ihre Augen, lief er an ihr vorbei, die Treppe hoch ins Schlafzimmer und hörte noch, wie sie hinter sich die Badezimmertür schloss.

Er legte sich in sein Bett und schloss die Augen besonders fest, in der Hoffnung schon eingeschlafen zu sein, wenn seine Freundin ihm unter die Decke folgte. Was er jetzt nicht gebrauchen konnte, war ein Gespräch über das, was grade passiert, oder vielmehr nicht passiert war. Einige Minuten später, es war ihm noch nicht gelungen einzuschlafen und statt dessen starrte er in die Leere vor ihm, hörte er, wie unten das Wasser abgestellt wurde. Schnell dreht er sich auf die Seite und versuchte gleichmäßig zu atmen.

Leichte barfüßige Schritte näherten sich kurze Zeit später dem Bett. Sie hielten kurz inne und John konnte Sarahs Blick förmlich in seinem Rücken spüren. Er war sich ziemlich sicher, dass sie ihm den Schlafenden nicht abnahm, aber ein kurzes Zögern später, legten die barfüßigen Schritte die letzten zwei Meter zum Bett zurück, die Decke wurde angehoben und ein warmer Körper sank neben ihm auf die Matratze.

Es dauerte nicht lange, bis Sarah eingeschlafen war und John sich wieder auf den Rücken drehte. Kurz schaute er nach links, auf die Person, an die er eigentlich sein Herz verloren zu haben geglaubt hatte, aber jetzt, wo er ihr friedlich schlafendes Gesicht betrachtete, war die einzige Emotion, die sich in ihm regte, ein vages Gefühl von Trauer. Worum er trauerte war ihm nicht klar.
Dieses Gefühl war so eigentümlich und so fehl am Platz, dass er kurz den Kopf schüttelte, in der Erwartung, dass sich etwas ändern würde, dass falsch sortiertes an seinen richtig Platz zurück fände.
Er horchte erneut in sich hinein und stellte enttäuscht, aber wenig verwundert fest, dass die Gefühle in ihm, die gleichen geblieben waren.

Er wusste nicht wie lange er an die Decke gestarrt hatte und wann er es doch endlich geschafft hatte in den Schlaf hinüber zu gleiten, das nächste, was er bewusste wahrnahm war ein schrilles klingeln, dass an seinen Nerven riss und ihm signalisierte, dass er sich der Realität nun entgegen stellen musste.
Er griff rechts neben sich zu dem Handy auf seinem Nachttisch, um die Weck-Funktion zu beenden. Ein Blick darauf zeigte ihm eine eingegangen Nachricht.

Fall zieht sich hin. Hiesige Polizei noch unfähiger als Anderson und Donovan zusammen. Werde noch einige Tage weg sein. SH

Noch einige Tage also. Sherlock war seit vorgestern außer Landes um die Polizei in Deutschland zu unterstützen, die neben einer Entführung mit Erpressung und einigen kleineren Fällen, bei der Suche nach einem Verbrecher schier in Verzweiflung geriet.
Besonders an diesem Fall war, dass es sich um einen Einbrecher handelte, der weit über 20 Einbrüche begangen, dabei aber nie etwas gestohlen hatte. Er hatte vielmehr immer etwas hinterlassen.

„Ein Einbrecher, der nicht stiehlt sondern schenkt?", hatte Sherlock ohne jegliche Gefühlsregung seinen Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung gefragt, „Was soll ich da tun? Das ist doch kein ernstes Problem. Freut euch, dass nichts wegkommt und fertig!"

Das Interesse des Consulting Detectives hielt sich in Grenzen, selbst als die deutschen Polizisten ihm erklärten, dass es sehr wohl ein ernstes Problem sei, da die Einbrüche ausnahmslos in den bestabgesicherten Einrichtungen des Landes stattfanden. Interesse kam bei ihm erst auf, als die Information kam, dass es sich bei den Souvenirs des Einbrechers um einst gestohlene, oder verschollene Gegenstände handelte, meist Kunstwerke.
Das war auch der Grund, weswegen der Einbrecher in den Medien schon 'Der Samariter' genannt wurde.

Somit war Sherlock schon geraume Zeit weg und John hatte die Wohnung in der 221b Bakerstreet ausnahmsweise für sich allein.

Eigentlich war das eine angenehme Abwechslung. Sherlock war alles andere als ein einfacher Mitbewohner. Sicher, sie waren Kollegen und sicher auch so etwas wie Freunde, aber es war oft genug eine harte Geduldsprobe mit ihm zusammen zu leben und zu arbeiten.
Auch war Sherlock nie besonders zurückhaltend in seinem Verhalten gegenüber von Johns Freundinnen und was er von ihnen hielt (in der Regel nichts) versuchte er nicht einmal zu kaschieren, sondern sagte es, in seiner ihm so typischen, recht arroganten Art, einfach grade heraus.

Das hatte schon zu einer Menge Trennungen geführt, da John sich bei zahlreichen Ultimaten („Er oder ich, John. Du musst dich entscheiden!"), immer wieder für Sherlock entschieden hatte.

Er war dankbar für die zweite Chance, die Sarah ihm gegeben hatte, denn nach all der Zeit, die sie nun schon zusammen im Barts arbeiteten und nach allem, was sie zu Beginn ihrer ersten Beziehung durchmachen musste, war das Verhältnis zwischen ihnen beiden immer ein gutes geblieben und irrwitziger weise hatte sie sich schließlich auch mit Sherlock arrangiert. (Was ihrerseits wirklich bewundernswert war).

Der Gedanke nun ein paar Sherlock freie Tage mit ihr verbringen zu können hatte ihn wirklich gefreut, bis es anfing schief zu laufen.
Nicht nur er selbst merkte, wie seine Stimmung immer weiter gen Nullpunkt sank. Auch wenn er sich bemühte die Zeit zu genießen wurde er nach und nach immer ungehaltener.

Er hatte versucht mit einer Unternehmung die Zeit zu retten, aber Sarah hatte schnell keine Lust mehr auf erzwungene Heiterkeit und vorgeschlagen, dass sie lieber einfach einen Abend zuhause am Feuer genießen sollten. Das Ergebnis dieses ungezwungenen Abends spukte ihm nun, am morgen danach noch immer im Kopf herum.
Er erinnerte sich leicht schuldbewusst, dass er irgendwann in der Nacht begann Sherlocks Rückkehr, welche eigentlich für diesen Abend angedacht war, als Lichtblick und Ausweg (wenn auch zugegebenermaßen ein feiger) aus dieser Misere zu sehen.
Die Nachricht von seinem Partner jedoch, schien sich wie einen Wolke aus Enttäuschung in ihm auszubreiten.

Nun klingelte auch Sarahs Wecker, die daraufhin sofort aufstand und nach unten in Richtung Badezimmer verschwand.

John hörte, wie sich die Tür schloss, die Dusche anging, die Tür nach kurzem wieder geöffnet wurde und seine Freundin ihm zwischen dem Wasserrauschen etwas nach oben rief. „Schatz..ab...duschg...leer...deins...utzen?"
Von John kam lediglich ein gebrummtes „Mhm", was ihr aber zu genügen schien, da die Tür sich Augenblicke später wieder schloss.
Äußerst unmotiviert bei dem Gedanken in die Klinik zu müssen und einen ganzen Tag damit zu verbringen, jeglichen nicht beruflichen Kontakt zu Sarah zu vermeiden, quälte er sich mühsam aus dem Bett.

Er war schon in der Küche den Tee zubereiten, als er merkte, wie seine Freundin an ihm vorbei das Bad in Richtung Schlafzimmer verließ. Der Dampf, der sich beim Duschen angestaut hatte strömte nun aus dem Bad und floss durch die Wohnung. Er war wie elektrisierend, umfing John, griff mit ganzer Macht nach ihm und zog ihn in seinen Bann. Leicht benebelt wankte John der Quelle entgegen, drehte dann jedoch um und folgte Sarah nach oben ins Schlafzimmer. Dort stand sie unbekleidet, mit hoch festgestecktem Haar und ihm den Rücken zuwendend.

Während er sich langsam auf sie zubewegte, spürte er wie sein Blut in Wallung geriet, wie ein immer stärker werdendes, unbändiges Verlange in ihm empor kroch. Mit jedem Schritt konnte er mühsamer an sich halten. Und als er nur noch eine knappe Armlänge von Ihr entfernt stand streckte er zaghaft die Finger aus, aus Angst, dass zu eilige Bewegungen alles wieder zur Nichte machen würden.

„Bleib so", wisperte er ihr in den Nacken, als er ganz an sie herangetreten war. „Bitte beweg dich nicht, ich will diesen Anblick so in Erinnerung behalten". Unbewusst hatte er sich leicht breitbeinig hingestellt, so dass er nun etwas kleiner als seine Partnerin war. Er sog den Geruch, der von ihr ausging tief in sich hinein und legte seine Hände an ihre Oberarme, währen seine Lippen sacht ihren Hals berührten. Die Gänsehaut, die Sarah dabei überfuhr, bekam er gar nicht mehr mit, weil er von einer wahren Welle von Bildern und Gefühlen überrollt wurde.

Breite blasse Schultern, sehnige muskulöse Oberarme, ein Hals in den schwarze Locken fielen und ein tiefes kehliges seufzen. Noch eh er diese Überwältigenden Eindrücke wirklich verarbeitet hatte, spürte er schon, wie sein Körper darauf reagierte, wie sein Verlangen sich steigerte und er die Beherrschung und die Kontrolle über sich selbst verlor.

Er drückte Sarah mit sanfter Gewalt aufs Bett, entledigte sich rasant seiner Kleidung und begann, ohne auf ihre sichtliche Überraschung einzugehen, damit, ihre Beine zu spreizen.