Ihr Name

Sie wartete.

So lange schon, so unendlich lange.

Seit sie denken konnte und manchmal glaubte sie, sie hätte es schon vorher getan.

Jede Nacht stand sie am Fenster und blickte zu den Sternen.

So vertraut und doch so fremd.

Als hätten sie sich irgendwann verändert, seitdem sie wartete.

Und doch waren sie da.

Für alle Ewigkeit.

Sie würden auf sie herab scheinen und ihr zuflüstern.

Bald…

Doch wann war bald?

Sie konnte nicht mehr warten.

Sie musste ihn finden.

Ihn, den einzigen auf den sie wartete.

Ihn, den sie nicht kannte und an den sie sich nicht erinnerte.

Ihn, von dem sie wusste, dass er da war.

Irgendwo dort draußen.

Doch man würde sie nicht gehen lassen.

Sie musste in diesem Haus bleiben.

Weil sie zu oft das Bewusstsein verlor.

Man würde es nicht riskieren das sie auf offener Straße zusammenbrach.

Es war zu gefährlich für sie.

Doch sie hatte keine Angst.

Nicht davor ohnmächtig zu werden.

Denn dann war sie bei ihm.

Beschützte ihn, trauerte um ihn, freute sich mit ihm.

Sie war frei.

Der Himmel war ihre Welt, ihre Heimat.

Er wusste es.

Und er ließ sie frei.

Er betete sie an.

Er vertraute ihr.

Nein, sie hatte keine Angst.

Sie hatte nur Angst ihn nicht zu finden.

Von ihm getrennt zu sein.

Bei ihm zu sein und nicht mit ihm zusammen zu sein.

Ihn traurig zu sehen.

Ihn nie mehr lächeln zu sehen.

Das Lächeln, das so kostbar und selten war.

Das Lächeln, das nur ihr galt.

Und dem Jungen der ihm alles bedeutete.

Der Junge den er um jeden Preis beschützte.

Vor allem Bösen.

Vor sich selbst.

Der Junge den auch sie beschützen musste.

Die Sonne ging auf.

Nahm ihr den Schutz der Nacht.

Brachte die Realität zurück.

Die Realität die so trostlos und kalt war.

-

Sie hörte die Worte ihrer Freundin.

Es war ein Scherz, doch er offenbarte ihr die Wirklichkeit.

Ein Scherz darüber das sie immer bei den spannendsten Duel-Monsters Kämpfen Ohnmächtig wurde.

Sie sah sich die Wiederholung an.

Und da war es.

Es, sie, was auch immer.

Wunderschön, majestätisch, mächtig.

Stählernes weiß auf dem sich das Sonnenlicht brach.

Eiserne Krallen und Fänge die Todbringend waren.

Eine Attacke so stark und leuchtend wie ein Blitz, wie pures Licht.

Augen so hell wie der Himmel und so kalt wie Eis.

Doch voll Liebe und Treue für ihren Rufer und Beschützer.

Für ihn.

Sie wusste es.

Wusste auf wen sie gewartet hatte.

Wusste wohin sie ging, wenn die Dunkelheit sie holte.

Wusste wer er war.

Sie rannte.

Man war hinter ihr her.

Man rief nach ihr.

Doch sie hörte nicht.

Sie rannte weiter.

Bis sie gegen jemanden stieß.

Bis sie fiel.

Bis jemand sie festhielt.

Bis er sie losließ.

Bis er sie fassungslos anstarrte.

Ungläubig, verwirrt, geschockt.

Ein Spiegelbild ihrer eigenen Gefühle.

Sie kannte ihn.

Kannte ihn nicht.

War ihm vorher begegnet.

War ihm nicht begegnet.

War bei ihm geblieben.

War von ihm getrennt.

In einem anderen Leben.

In diesem Leben.

Ein kurzes Rascheln seines langen Mantels.

Ein Windstoß in seinem braunen Haar.

Ein Flackern des Erkennens in seinen blauen Augen.

Er schloss sie in die Arme.

Immer noch verwirrt.

Und dann flüsterte er ihren Namen.

Ihren Namen aus einer anderen Zeit.

Aus einer Zeit die er hatte vergessen wollen und nie wirklich konnte.

Aus einer Zeit die nun vorbei war.

Sie weinte.

Sie hatte ihn vermisst.

So furchtbar, obwohl sie bei ihm gewesen war, immer.

In anderer Gestalt.

Doch nun waren sie zusammen.

Und diesmal würde man sie nicht trennen.

Nie wieder.

Die Vergangenheit war endgültig Geschichte.

Sie würde sie beide nicht mehr jagen.

Er wusste es, ebenso wie sie.

Er war dankbar dafür.

Dankbar für eine zweite Chance.

Bereit dafür.

Genau wie sie auch.

Noch einmal flüsterte er ihren Namen.

„Kisara."