Prolog:
Alyssa Smith, 19 Jahre alt, ließ ihren Kopf gegen die kalte Steinmauer fallen, nachdem ihr großer Bruder Eddy den Raum verlassen hatte. Sie konnte nicht glauben, was sie gerade, bis vor zehn Minuten, mit der Frau gemacht hatten, die nun tot vor ihr lag.
Eddy war wieder einmal sauer gewesen, wahrscheinlich auf sich selbst, weil er sich Vorwürfe machte, dass er seine Mutter nicht beschützen konnte, damals, als sie bedroht und anschließend erschossen wurde. Alyssa war zu der Zeit noch jung gewesen, sie hatte zusehen müssen, wie der Mann und sein Komplize ihre Mutter erschossen hatten. Monatelang hatte sie Alpträume und musste über Jahre hinweg von einem Psychologen betreut werden. Auch Eddy
musste sich in Therapie begeben, doch wie sich herausstellte, hatte es nicht geholfen. Eddy hatte schon viele Frauen umgebracht. Immer nur Braunhaarige, zwischen 30 und 40 Jahren, so sahen sie aus. Haargenau wie ihre verstorbene Mutter. Eddy war krank, er hatte eine Sucht und musste immer wieder töten. Es gab keinen Halt mehr.
Die Täter von über 10 Jahren wurden geschnappt, hatten lebenslänglich bekommen und sind bei der Überführung von Washington D.C nach New York geflüchtet. Zehn Jahre hatten sie sich verstecken können und waren unter verschiedenen Namen umhergereist, bis man sie letztendlich tot im Potomac gefunden hatte. Weit weg von ihrem Eigentlichen Ziel: Den Smiths. Alyssa wusste, dass Eddy hinter dem Tod der Männer steckte. Sie konnte es bloß nicht beweisen oder zur Polizei gehen. Eddy würde seine Schwester sofort umbringen, wenn er es herausfinden würde. Er ging nicht einmal davon aus, dass sie ihn verpfeifen würde. Er ließ sie machen, was sie wollte, aber einschließlich nur in dem großen Haus, dem Kellergeschoss und dem Grundstück. Überall waren Kameras angebracht, er bemerkte, wenn Alyssa eine Tür öffnete und war sofort an Ort und Stelle, um ihr auf Schritt und Tritt zu folgen. Es war ein Kontrollwahn, der so ausgeprägt war, wie das Gehirn einer Super- Genies.
Alyssa blickte in das bleiche Gesicht der verheirateten Frau und entschied sich, ihre Augenlieder herunter zu klappen. Sie konnte den Blick nicht abwenden, von den traurigen und angsterfüllten Augen, die sie anzustarren schienen. Das Mädchen legte sich auf den Boden und fing an, unaufhaltsam zu schluchzen und auf den Untergrund zu schlagen. Sie rollte sich zusammen, wie ein Embryo im Mutterleib und schrie. Schrie immer wieder nach ihrem Bruder, damit er sie aus den tiefen Depressionen und Schuldgefühlen holte, schrie über Stunden hinweg und es kam ihr vor, als wären es Tage gewesen.
Als Eddy endlich kam, schleifte er hinter sich die nächste Frau her und legte sie neben die Tote auf dem Boden. Er zog Alyssa hoch, schlug ihr ins Gesicht und sie verstummte. Sie sah ihrem Bruder in die Augen und erkannte darin die stille Bitte, die Neue zu mustern und zu untersuchen. Aber vor allem wollte er, dass Alyssa mit ihr ein Band spannte, damit das neue Opfer ihr vertrauen konnte.
Alyssa war die einzige Hoffnung für die Frauen, weiter leben zu können, und jede von ihnen dachte, dass sie Alyssa trauen konnte. Doch es war nicht das, was Eddy wollte und so musste Alyssa immer und immer wieder dabei zu sehen, wie ihre 'Freundinnen' um ihr Leben bettelten. Eddy brachte nur die schwächsten, er wollte sie richtig leiden sehen. Was er nicht wusste war, dass er Alyssa damit das Herz brachte. Sie kümmerte sich liebevoll um die Frauen und sprach ihnen Mut zu, doch es nützte nichts: Sie zerbrachen in ihrer Traurigkeit und schwiegen. Schwiegen für immer und ewig, hinterließen trauernde Kinder, Ehemänner, Mütter, Väter, Großeltern und Kollegen…
