Die Idee zu dieser Geschichte ist neun Jahre alt. Sie war schon einmal in Teilen veröffentlicht, wurde dann von mir überarbeitet , doch es hakte immer noch irgendwie.
Jetzt habe ich sie noch einmal in vielen Bereichen überdacht und poste sie daher komplett neu. Ich habe gerade das Bedürfnis, Offenes zu beenden. Sie ist bereits fertig geschrieben, Updates werde ich schlicht von der Resonanz abhängig machen.

Die Handlung spielt einige Jahre nach dem Ende Voldemorts. Severus Snape hat schlicht mit viel Glück überlebt.


Prolog

Es war ein regnerischer Morgen, kalt und ungemütlich.
In den meisten anderen Städten hätte man darauf wetten können, dass sich weniger Menschen durch die verstopften Straßen drängten.
Nicht so in London.
Einwohner hasteten zur Arbeit, dazwischen bewegten sich unzählige Touristen. Sie schlichen über die Gehwege und blieben immer wieder im Weg stehen um hier und da ein unbedeutendes Foto zu machen, welches sie dann stolz ihren Familien und Freunden zu Hause zeigen konnten.
Die verschiedensten Reaktionen auf dieses Verhalten konnte man auf den Straßen finden. Es gab Menschen, die darauf ebenfalls blieben und geduldig warteten, einige lächelten die Besucher an, obwohl sie einen am schnellen Vorankommen im morgendlichen Chaos hinderten.
Andere verdrehten die Augen, verhielten sich dennoch still. Wieder andere fluchten lauthals.
Und ein Mann besaß die Frechheit, die Fotografierenden einfach beiseite zu stoßen.

Wie oft er an diesem Morgen schon zweifelnd, empört oder wütend angesehen worden war, er hatte es nicht zählen können. Von den letzten Jahren ganz zu schweigen.
Es bereitete ihm insgeheim Vergnügen. Doch ein Lächeln würde sich darüber nicht auf sein Gesicht stehlen. Severus Snape lächelte nicht, niemals.
Er hasste diesen Weg, quer durch die Innenstadt, durch die stickige, dreckige Luft dieser Großstadt.
Er hasste diese Stadt, dafür, dass sie so überfüllt war, dass er einen Marsch von 15 Minuten in Kauf nehmen musste, um sein Ziel zu erreichen, da es kaum eine Straße in der Nähe gab, die abgelegen genug war, um ungesehen zu apperieren.
Er hasste den Lärm den die Menschen und Maschinen verbreiteten.
Er hasste diese Menschen selbst.
Und er erinnerte sich beständig daran, dass es so war.
Er war ein Einzelgänger, war es schon immer gewesen.
Es hatte Zeiten gegeben, in denen er sich für andere eingesetzt hatte, doch diese waren längst vergangen. Inzwischen führte er das Leben, das er sich schon immer erträumt hatte, zurückgezogen, in einer ländlichen Gegend im Süden Englands.

Es war die reine, frische Luft, die er liebte. Und seine Nachbarn.
Dafür, dass die Nächsten mehr als 3 Meilen von ihm entfernt wohnten und abgesehen von den typisch englischen Höflichkeitsbesuchen, die sie ihm am Anfang gegen seinen Willen abgestattet hatten, keinerlei Notiz von ihm nahmen.
Vermutlich taten sie es doch, vermutlich zerrissen sie sich das Maul über diesen merkwürdigen, einsiedlerischen Mann, der sein Haus in deren Augen selten verließ, von dem keiner wusste, womit er seinen Lebensunterhalt verdiente. Doch sie belästigten ihn nicht mit ihren Ansichten.
Er war sehr stolz darauf, dass er es geschafft hatte, sich die Menschen ohne jeglichen Schutzbann vom Leibe zu halten. Ein paar „freundliche" Worte hier und da konnten so viel mehr bewirken, als ein Zauber.
Er war zufrieden, so wie er nun lebte.
Zu seiner Vergangenheit hatte er jegliche Brücken abgeschlagen, er brauchte sich keinen Fragen mehr zu stellen, keiner Verantwortung.
Auch wenn er es nicht für möglich gehalten hatte, er hatte es geschafft seine Aufgabe zu erfüllen, er hatte es sogar überlebt. Die Ereignisse lagen nun schon so viele Jahre zurück.

Beinahe wäre er der Falle erlegen, die ihm sein Geist schon so häufig hatte stellen wollen. Aber nein, er würde nicht zurück denken, was zählte war das hier und jetzt.
Er bog in die Straße ein, die sein Ziel darstellte.
Tatsächliche konnte er das Schild schon erkennen, welches in einem fürchterlich hässlichen und aufdringlichen grün eine Schlange darstellte, die sich um einen Stab wand. Eine grüne Schlange, wie passend.
Ja, Severus Snape war auf dem Weg zu einer Muggelapotheke. Wie schon so oft in den letzten Monaten, Jahren.
Er arbeitete an einem Projekt in dem er Muggelheilmittel mit denen der magischen Welt vereinigen wollte. Er hatte mit der Zeit gelernt, dass selbst diese unwissenden Menschen zu eigenen, wenn auch kleinen Wundern in der Lage waren. Diese Wunder wollte er sich nun zu Nutze machen.
In den letzten Jahren hatte er sich ganz und gar seiner Obsession gewidmet, dem Tränkebrauen, er hatte Artikel in den bedeutendsten Magazinen der magischen Welt veröffentlicht, selbst in Übersee war sein Name inzwischen ein Begriff.
Zumindest der, unter dem er heute arbeitete. Doch er tauchte nur in den Journalen auf, wenn er es für richtig hielt. Interviews ließ er nicht zu. Es brauchte keiner zu wissen, wer dieser geheimnisvolle „Tiberius Anderby" war.
Hin und wieder gab er sich der Versuchung hin und erwarb eine Ausgabe der Hexenwoche. Es war einfach zu köstlich, in welch blumigen Worten die weibliche Welt von ihm schwärmte, sich das Gehirn darüber zermarterte, wer er wohl war, wie er wohl aussah, ob er wohl vergeben war...

In diesen Gedanken erreichte er endlich das Geschäft.
Als er es betrat drang ein lautes Stöhnen aus seinem Mund. Hatte ganz London beschlossen, die Hippokrates Apotheke aufzusuchen?
Es war voller als in den letzten Wochen.
Gerne wäre er auf ein kleineres, weniger stark frequentiertes Geschäft ausgewichen, doch hier bekam er wirklich alles was sein Herz begehrte.
Anfangs war er in den Geist einer der Angestellten eingedrungen und hatte dort erfahren, was er benötigte, um auf unauffälligem Weg alle Medikamente zu erlangen, die er benötigte. Er hätte einem jeden in diesem Geschäft mit Magie soweit manipulieren können, dass sie ihm alles gaben, was er wollte, bis hin zu den Tageseinnahmen, aber unauffällig wäre das Verschwinden von verschreibungspflichtigen Medikamenten eben nicht gewesen. Es gab Überwachungskameras und irgendwann wäre aufgefallen, dass immer dann Medikamente verschwanden, wenn die dunkle, boshafte Gestalt da gewesen war. Nein, auf diesem Weg hätte er ständig ein neues Geschäft aufsuchen müssen. Und ganz nebenbei war das Manipulieren von Mugglen per Gesetz verboten.

So trat Tiberius Anderby auch hier in Erscheinung und legte seinen gut gefälschten Arztausweis vor, der ihn legitimierte, bis auf Betäubungsmittel alles zu verlangen, was die Schränke und Regale hergaben. Und er verlangte es in einer für ihn typischen Manier.
Er hatte einst ein Spiel begonnen, vor Jahren schon, er konnte sich nicht daran erinnern, wann sie das erste Mal hier gewesen war. Sie, die junge Frau, die damals als Neuling in diesem Geschäft begonnen hatte. Als er damals an diesem denkwürdigen Tag das Geschäft betreten hatte, hatte sie ihn so angstvoll angesehen, wie es seine Schüler in seinen besten Tagen auf Hogwarts getan hatten. Sie hatte gewirkt, wie ein verschreckter Hufflepuff.
Er hatte sofort erkannt, dass ihr sehnlichster Wunsch in diesem Moment der gewesen war, dass nicht sie diejenige sein musste, die ihn bediente. Er hatte sich daraufhin bewusst in die Schlange gestellt, die an ihrer Kasse endete, die längste, und so hatte ihre erste Begegnung damit begonnen, dass er sich über ihre viel zu langsame Arbeit beschwert hatte.
Und was hatte sie gesagt?

„Verzeihung, Sir."

Diesem vielversprechenden Auftakt war eine Vorstellung von Severus Snape par exellence gefolgt.
Er hatte seine Wunschliste um ein paar Zutaten erweitert, er hatte immer mehr in immer schnellerer Folge gefordert. Als sie ihn schließlich gebeten hatte, einzelne Punkte zu wiederholen, war sie über seine Erwiderung darauf, die leise gesprochen nur für ihre Ohren zu hören gewesen waren, in Tränen ausgebrochen.

"Sind Sie sicher, dass dies Ihr Arbeitsplatz ist? Vielleicht reicht Ihr Verstand noch nicht einmal aus, um dieses Geschäft vom benachbarten Bäcker zu unterscheiden. Mehr als drei Anliegen können Sie sich ja augenscheinlich nicht merken."

Zunächst hatten sie ihr nur in den Augen gestanden, doch der Kommentar, dass er sich bei ihrem Vorgesetzten beschweren würde, da er Personal beschäftige, dass noch nicht einmal in der Lage war, ihm Heparin auszuhändigen, hatte sie in die Flucht geschlagen.
Er hatte ihr Schluchzen deutlich aus dem Nebenraum gehört.
Seit dem suchte er immer diese junge Frau auf.
Er war grob und unhöflich, doch er schaffte es kein zweites Mal sie aus der Fassung zu bringen. Seine Versuche doch genau das zu erreichen, waren inzwischen zu einem wöchentlichen Spiel geworden, mit kurzen Unterbrechungen, wenn sie einmal nicht im Laden war, sicher für Urlaub oder krankheitsbedingt.
Immer lächelte sie ihn freundlich an, während er ihr sogar die Begrüßung verwehrte.
Sie war sehr gut auf ihrem Gebiet geworden, sie konnte nahezu immer seine Wünsche erfüllen, selbst wenn sie noch so kompliziert waren. Nur hin und wieder musste sie ihm erklären, dass einzelne Präparate einer Bestellung bedurften. Seinen Beschwerden über damit verbundene Lieferzeiten begegnete sie mit offensichtlich aufgesetztem Verständnis. Manchmal derart aufgesetzt, dass er sich fragte, ob dies nicht ihre Art der Revanche war, ob sie ihm nicht wohlmöglich bewusst etwas vorenthielt.
Am Ende seiner Einkäufe versagte er ihr den Dank, dafür bedankte sie sich freundlich für seinen Besuch und wünschte ihm noch einen schönen Tag.
Es hatte Zeiten gegeben, in denen sie erleichtert ausgeatmet hatte, wenn er sich von ihr abgewandt hatte. Das war inzwischen lange vorbei.
In letzter Zeit war er sich sogar sicher, dass sie so manchen seiner Kommentare mit einem spöttischen, statt einem entschuldigenden Lächeln quittierte. Doch er hoffte auf den Tag, an dem er sie noch einmal aus dieser betont zur Schau getragenen Ruhe bringen konnte.
Auch heute war ihm das nicht gelungen. Dennoch verließ er die Apotheke mit deutlich besserer Laune als bei seinem Betreten.
Er wunderte sich schon lange nicht mehr über diesen Stimmungswandel, der sich stets bei seinen Besuchen einstellte.
Anfangs, da hatte er es getan. Doch als seine Überlegungen zu keinem zufriedenstellendem Ergebnis geführt hatten, hatte er es schließlich aufgegeben.
So genoss er nun einfach die warmen Sonnenstrahlen, die sich inzwischen durch die Wolken gekämpft hatten, an diesem klaren Morgen und schlenderte zurück zu seinem Apperierpunkt.