Weihnachtszeit, friedliche Zeit?
Staffel 4 / Episode 3
Der Schnee färbte die Straßen Londons weiß. Es war eine Woche vor Weihnachten und bitter kalt. Die Straßen waren kaum befahrbar. Dempsey und Makepeace saßen im Büro und tippten die Berichte der letzten Tage.
Chas hatte sich für die Woche krank gemeldet und die übrigen Kollegen arbeiteten im Außendienst. Sie waren alleine im Büro und Dempsey schaltete das Radio ein. „White Christmas" erklang und er lächelte. Er dachte an seine vergangenen Festtage im verschneiten New York. Zu lange war es her, dass er seine Familie gesehen hatte aber auch dieses Jahr würde er in London bleiben. Es war sein erstes Weihnachtsfest, dass er alleine mit Harry verbringen würde.
„Was machen wir über Weihnachten, Harry?", fragte er neugierig.
„Ich habe mir noch keine Gedanken darüber gemacht", log sie und grinste.
„Das ist nicht fair, Mrs. Makepeace", beschwerte er sich und zwinkerte ihr zu.
Sie führte etwas im Schilde, da war er sich sicher. Leider konnte er sich nicht vorstellen, was sie geplant hatte. Bereits seit Wochen machte sie ein großes Geheimnis daraus.
Spikings betrat das Büro und war froh, dass er dem Schneesturm entkommen war.
„Londoner Mistwetter", sagte er wütend und schüttelte die letzten Schneeflocken ab.
„Guten Morgen, Sir", begrüßte ihn Harry freundlich.
„An diesem Morgen ist nichts gut", seufzte er und ging in sein Büro.
Harry und Dempsey sahen sich überrascht an.
„Kommt in mein Büro, sofort", erklang Spikings Stimme.
„Das bedeutet nichts Gutes", befürchtete Dempsey.
Harry verzog deprimiert das Gesicht. Sie gingen in Spikings Büro und ließen sich auf einen Stuhl fallen.
„Ich bin froh, dass ihr wenigstens hier seid. Das Büro ist wie ausgestorben", stöhnte Spikings.
„Wir haben ab Morgen Urlaub, Sir", erinnerte ihn Harry.
„Gestrichen", sagte er kurz und nahm eine Akte aus seinem Koffer.
Harry wollte protestieren, wurde aber in den Anfängen abgeblockt.
„Eine Bande von Einbrechern versetzt die Stadt in Angst und Schrecken. Letzte Nacht hat man das Haus eines guten Freundes von mir ausgeraubt. Er hat mich persönlich gebeten, mich darum zu kümmern. Lord Warwick ist ein angesehener Richter und dieser Fall ist mir persönlich sehr wichtig. Alles, was ich weiß, ist, das diese Räuberbande keine Spuren hinterläßt. Sie brechen ein, wenn die Herrschaften schlafen und sind genauso schnell wieder weg. Bei einigen Hehlern sind bereits Schmuckstücke aufgetaucht aber keiner von ihnen kann eine Beschreibung abgeben. Drei der Hehler haben den Verkäufer als den Weihnachtsmann beschrieben, ist das zu glauben?", erklärte Spikings den nächsten Fall.
Harry schlug die Hände vors Gesicht und atmete tief durch. Sie hatte gehofft die Feiertage mit Dempsey zu verbringen und sie hatte eine Überraschung für ihn geplant.
„Es tut mir leid, dass ich euch die Feiertage vermiese aber ihr seid die einzigen, die verfügbar sind. Und nebenbei, ihr seid die Besten", entschuldigte sich Spikings.
„Wann sollen wir anfangen, Boss?", fragte Dempsey niedergeschlagen.
„Sofort, besser Gestern als Heute", sagte Spikings in Eile.
„Wie gehen wir vor, Sir?", fragte Harry trotzig.
„Ich habe ein Haus in Kensington für euch gemietet. Die Einbrecher schlagen vornehmlich in diesem Stadtteil zu. Ihr beide zieht für die nächsten Tage in die 17 Addison Road. Das Haus ist vollständig eingerichtet und ihr braucht nur noch ein paar persönliche Sachen mitzubringen", anwortete er angespannt.
„Wir müssen die kompletten Feiertage arbeiten? Der Urlaub war seit Wochen geplant", sagte Harry mit einem scharfen Ton.
„Keine Widerworte, Sergeant. Ihr übernehmt den Fall", ordnete Spikings ihnen an.
Sie verließen sein Büro.
Deprimiert nahm Harry ihr Jacke und hängte die Handtasche um.
„Wieder mal Arbeit, Arbeit, Arbeit", stöhnte Dempsey und zog seine Jacke an.
„Ich hole dich später ab, ich habe noch etwas zu erledigen", erklärte sie traurig.
Sie nahm den Schlüssel für das Haus in Kensington aus einem Umschlag.
„Weihnachten in einem fremden Haus. Das habe ich mir wirklich gewünscht", spottete sie.
„Das kann aber auch sehr spannend werden", sagte er und versuchte sie aufzumuntern.
Nachdem sie das Gebäude verlassen hatten, trennten sie sich und fuhren in entgegengesetzte Richtungen.
Harry fuhr durch den Schnee in die Stadt. Dieser Fall hatte ihre Pläne durchkreuzt und sie musste sich beeilen, um die Überraschung nicht komplett platzen zu lassen. Währenddessen packte Dempsey einige persönliche Sachen zusammen und stellte seinen Koffer in den Flur. Kurze Zeit später klingelte es bereits. Er öffnete und ließ Harry hinein. Sie war von Kopf bis Fuß durchnässt.
„Was ist denn mit dir passiert?", fragte er und lachte.
„Ich musste noch was Dringendes erledigen und das war der Dank dafür. So ein idiotisches Taxi ist durch eine Pfütze gefahren....dumm, dass ich genau daneben stand", erklärte sie ihm ihren Zustand.
„Du warst schnell, hast du schon Sachen gepackt?", fragte er überrascht und gab ihr ein Handtuch.
„Ich war schon immer schneller, als du...zumindest, was das Packen betrifft", neckte sie ihn und gab ihm einen Kuss auf die Lippen.
Er nahm das Handtuch und trocknete ihre Haare. Sie ging ins Schlafzimmer und zog sich trockene Sachen an. Mittlerweile hatte er Platz für ihre Sachen in seinem Schrank gemacht.
„Hast du dir die Akte durchgelesen?", rief sie ihm zu, während sie sich umzog.
„Dafür hatte ich keine Zeit", gab er ehrlich zu.
„Was hast du gemacht?", fragte sie ernsthaft.
„Sachen gepackt und....Sachen gepackt", stotterte er verlegen.
Als sie aus dem Schlafzimmer zurückkehrte, schaute sie auf seine kleine Reisetasche.
„Bist du Mary Poppins?", fragte sie und lachte herzlich.
„Ich dachte mir, dass wir die Akte gemeinsam mit einem guten Glas Rotwein durchgehen", schlug er vor und lächelte sanft.
„Du bist unmöglich, Lieutenant. Manchmal fragte ich mich, ob du überhaupt lesen kannst", neckte sie ihn und küsste ihn sanft auf seine weichen Lippen.
„Aber küssen kannst du", seufzte sie und dachte deprimiert an die nächsten Tage.
Dempsey nahm seine Tasche und sie verließen das Haus. Draußen schneite es noch immer und die Straßen waren glatt. Harry fuhr ihr eigenes Auto. Sie fühlte sich sicherer, wenn sie bei diesem Wetter selber fuhr. Sie lenkte den Wagen durch die verschneiten Straßen Londons. Außer ihnen waren kaum Menschen auf der Straße. Eine gute halbe Stunde später bog sie in die Addison Road und stoppte vor der Hausnummer 17.
„Das sieht doch sehr vielversprechend aus", stellte Dempsey fest und stieg aus. Er ging einen Schritt und geriet ins Wanken. Der Bürgersteig war vereist und er konnte sich nicht mehr auf den Füßen halten. Er stürzte schmerzhaft zu Boden.
„Sehr vielversprechend", wiederholte sie und sie riss sich zusammen, um nicht zu lachen. Langsam ging sie zu ihm und half ihm aufzustehen.
„Ich hasse das Wetter in London", sagte er wütend.
Gemeinsam gingen sie langsam zum Haus und Harry schloß die Tür auf. Eine angenehme, wohlige Wärme schlug ihnen entgegen. Zumindest wurde das Haus geheizt.
