Disclaimer: Ich habe (leider) keinerlei Rechte an allem, was aus dem Herrn der Ringe wieder zu erkennen ist, z.B. Personen oder Orte. Allerdings gehören alle erfundenen Charaktere (Silivren, Thalion, Tuilinn, Minuial und Ninim) mir, die Idee zur Story gehört mir, und die Story selbst. Mit der Geschichte wird kein Geld verdient (leider). Wer etwas davon benutzen will, schreibt mir eine E-Mail.

Sindarin Übersetzungen unten

Gedanken kursiv

Betonung von Worten: **

Prolog 60 VZ (viertes Zeitalter)

Dafür, dass es bereits Narbeleth war, war es ein herrlicher Tag. Die Sonne schien von einem fast wolkenlosen blauen Himmel, in ganz Minas Tirith schien gute Laune zu herrschen, und Aragorn hatte endlich einmal wieder Zeit, sich um seine Familie zu kümmern. Die Wochen zuvor waren für den König mit sehr viel Arbeit gefüllt gewesen, denn die Handelsverträge waren abgelaufen und hatten neu besprochen werden müssen. Natürlich war das im Fall von Rohan und dem Auenland nur eine Formsache, aber mit den Herrschern von Harad und Rhûn hatte er einige Diskussionen führen müssen. Selbst jetzt, da schon seit etwa zwanzig Jahren Friede herrschte, waren die Beziehungen zwischen den Ländern noch etwas angespannt.

Und so verbrachte der König seinen Nachmittag mit seiner Familie im Garten, obwohl von jener Familie nicht mehr viel übrig war. Die beiden ältesten Töchter waren verheiratet; Tuilinn, die Älteste, lebte in Pelargir und Silivren, die Zweitälteste, im Norden bei den Dunedain. Die dritte Tochter - Minuial  - würde bald heiraten und verbrachte ihre Tage mit Vorbereitungen, und Eldarion, der einzige Sohn und das älteste Kind, besuchte Legolas in Ithilien. Damit war nur noch Ninim übrig, die erst zehn und damit das Nesthäkchen war.

Die Ruhe wurde gestört von einem Boten, der keuchend und mit entsetztem Gesichtsausdruck in den Garten gerannt kam.

„Oh nein," murmelte Arwen. „Warum jetzt?"

„Immer mit der Ruhe, mîr nîn." erwiderte Aragorn. „Es muss nichts bedeuten."

Der Bote blieb abrupt vor dem Königspaar stehen, verbeugte sich - immer noch keuchend - und stieß hervor: „Herr - ich - ich habe schlechte Nachrichten. Eure Tochter... eure Tochter ist vor wenigen Tagen im Kindbett gestorben." Nach ein paar Sekunden Stille fügte er noch hinzu, „Es tut mir Leid."

Eine scheußliche, entsetzte Stille breitete sich aus; dann ließ Arwen sich leise schluchzend gegen die Schulter ihres Mannes sinken. Die Frage, welche Tochter es war, hatte gar nicht erst gestellt werden müssen, es war klar. Silivren.

Aragorn war derweil wie erstarrt. Er hörte sich selbst wie aus weiter Ferne sagen: „Schickt die Nachricht nach Pelargir und Ithilien. - Und zu Faramir."

Als der Bote weg war, schloss er die Augen und lehnte sich zurück. Der Schmerz war betäubend, es fühlte sich an, als habe er keine Kontrolle mehr über seinen Körper.

Wenige Tage später machte das Königspaar sich auf den Weg in den Norden, zur Beerdigung ihrer Tochter. Faramir würde so lange die Regierungsgeschäfte übernehmen.

Auch Silivrens Geschwister würden zur Beerdigung kommen. Eldarion und Tuilinn würden auf eigene Faust von Ithilien aus zu den Dunedain reiten, und Minuial und Ninim ritten mit ihren Eltern.

Minas Tirith lag in Trauer. Fast alle Einwohner hatten die Prinzessin gekannt, die seit ihrem 15. Lebensjahr täglich durch die Stadt gewandert war, und alle hatten sie geliebt.

Schließlich traf eine traurige, ein wenig gruselige Gruppe von Reitern bei den Dunedain ein. So hatte Thalion, Silivrens Mann, seine Schwiegereltern noch nie gesehen. Arwen war blass - blasser als sonst - und nervös; Aragorn hingegen hatte einen emotionslosen, etwas steifen Gesichtsausdruck aufgesetzt. Hinter dieser Maske versteckte er nicht zum ersten Mal seine wahren Gefühle, aber es war das erste Mal, dass es ihm so schwer fiel.

„Kommt herein," bat er und führte seine angeheirateten Verwandten in das Haus, das er mit seiner Frau bewohnt hatte. Dort warteten schon die Zwillinge, ein Junge und ein Mädchen, die erst zwei Jahre alt waren. Sie waren noch zu jung um zu verstehen, was mit ihrer Mutter passiert war; alles, was die Kinder wussten, war, dass ihre Mutter nicht mehr da war. Das verwirrte sie natürlich - aber ihre Großeltern waren da, und das war immer ein freudiger Anlass. Beide sprangen von ihren Stühlen auf und liefen auf das Königspaar zu, um sich umarmen zu lassen.

„Wo ist Silivren?" fragte Arwen schließlich.

„Sie ist oben... und das Baby auch." erwiderte Thalion zögernd. Er wusste nicht, ob es eine gute Idee war, jetzt zu erwähnen, dass Silivrens Baby überlebt hatte - aber wann hätte er es sonst tun sollen?

„D-das Baby..." stammelte die Elbe.

„Es ist ein Mädchen."

„Nenn sie Silivren," sagte Aragorn plötzlich. Seine Stimme war ein wenig heiser; er schaffte es nicht, den Schmerz und die Trauer auch aus seiner Stimme zu verbannen, egal wie oft er es versuchte.

„Silivren?!" wiederholte Thalion, seine rotgeränderten Augen weiteten sich.

„Ja." Es war Unsinn, das wusste Aragorn selbst; aber irgendwie hoffte er, dass seine geliebte Tochter in dem Neugeborenen weiterleben könnte. Zumindest war es ein Strohhalm, an dem er sich festhalten konnte.

Alles andere ging sehr schnell. Silivren wurde noch am Tag danach beerdigt, und nur die Familie war anwesend. Es war eine sehr stille, sehr traurige Veranstaltung.

Als Aragorn wenige Monate danach sein Arbeitszimmer betrat, grüßte ihn der Anblick von mehreren Kisten, die übereinander gestapelt in dem sowieso schon überfüllten Raum standen.

„Die sind heute Morgen angekommen, Herr," sagte eine Stimme neben ihm.

Er fuhr ein bisschen erschrocken herum, er hatte nicht mit einer prompten Erklärung gerechnet, und sah eins der Zimmermädchen neben ihm stehen. Die junge Frau fuhr fort: „Man hat mir gesagt, Euer Schwiegersohn schickt sie, deswegen habe ich sie raufbringen lassen."

Mein Schwiegersohn... dachte Aragorn. Welcher von dreien?

„Danke sehr," er nickte dem Mädchen freundlich zu und wandte den Blick stirnrunzelnd wieder auf das Chaos. Dann werde ich meine Briefe wohl vergessen können... müssen.

Leise seufzend bahnte er sich einen Weg zu seinem Sessel und öffnete die nächstbeste Kiste, die von seinem Platz aus greifbar war. Darin lagen mehrere ledergebundene Bücher.

„Oh, bei Eru," murmelte er, als er die Bücher erkannt hatte. Es waren Silivrens Tagebücher, die sie seit ihrem 17. Lebensjahr geführt hatte, als sie ihre erste große Reise angetreten hatte. Nach ihrer Rückkehr hatte sie ihrem Vater einmal angeboten, ihm die Bücher zum lesen zu überlassen, aber damals hatte er abgelehnt. Er wollte nicht zu sehr in die Privatsphäre seiner liebsten Tochter eindringen. Auch wenn er es nie wirklich zugegeben hatte, schon gar nicht seinen Kindern gegenüber, Silivren *war* seine Lieblingstochter gewesen. Sie war praktisch eine weibliche Ausgabe von ihm selbst, abgesehen von ihrer Augenfarbe.

Oh, Silivren, warum musstest du uns so früh verlassen...

Sein Blick fiel wieder auf die Tagebücher, und die Entscheidung war gefallen. Sie würde ihm daraus keinen Vorwurf machen, selbst wenn sie es könnte, und vielleicht würde es ihm helfen, seine Tochter etwas besser zu verstehen.

Er nahm das erste Buch, das schon etwas heruntergekommen aussah, und schlug die erste Seite auf.

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Narbeleth - Oktober

Tuilinn - Schwalbe

Silivren - weiß glitzernd

Minuial - Morgengrauen

Eldarion - Sohn der Eldar

Ninim - Schneeblume

Mîr nîn - mein Schatz, mein Juwel

Thalion - Held, Unerschrockener

Eldarion - 30

Tuilinn - 25

Silivren - 23

Minuial - 20

Ninim - 10

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