Jinai: Zwei Wochen sind vorbei und wir haben diese Geschichte mit Leona Lewis begonnen, also beenden wir sie auch damit.
Raffael: Bist du sicher, dass es diesmal endgültig der letzte Teil sein wird? Oder überlegst du es dir mal wieder anders?
Jinai: Also, solange ich nicht einen der Hauptcharaktere abmurkse, wird es definitiv der letzte Teil sein. Ich habe mich mit ihm in eine ziemlich verzwickte Situation manövriert, die keinen anderen Ausweg zulässt. Und aufgeben will ich ihn natürlich auch nicht.
Yunaria: Yay, ich kann euch immer noch überraschen :D Jetzt bin ich glücklich.
Rated: T
Disclaimer: Das Lied 'I will be' ist von Leona Lewis und ich will ihr auch gar nichts wegnehmen, ich fand es nur als Titel passend. Wie immer gehört alles andere Katsura Hoshino, bis auf meine OCs, die gehören natürlich mir. Aber wer außer mir will die auch schon haben?
1. Erlösung
Jinai sank müde zu Boden, als der Dying Star, die letzten Überreste des Akuma, sich zu einer harten Kugel verfestigt und zu rotieren aufgehört hatte. Sie war müde, aber es war leider noch nicht vorbei. Das war nicht das einzige Akuma, das es hier zu zerstören galt, und dann gab es da noch diesen Wissenschaftler, mit dem sie sich auseinandersetzen mussten. Jinai hoffte nur, dass Kanda ihn im Auge behalten hatte, während sie weg gewesen war. Der Mann musste aufgehalten werden – eigentlich nicht unser Job, dachte sie in einem Anflug von Zynismus, der besser zu Kanda gepasst hätte. Unser Job ist es, Akuma zu töten, nicht Zivilisten.
Selbst dann nicht, wenn sie dem Grafen helfen?, fragte ihr Unterbewusstsein neugierig nach.
Selbst dann nicht.
Sie richtete sich unter Schmerzen auf und blickte an sich herunter. Das schwache Mondlicht, die letzten Strahlen der endenden Nacht, beleuchteten ihr ehemals weißes Hemd, das nun besudelt war mit dem Öl des Akuma. In der monochromen Nacht sah sie aus, als hätte sie ein Schwein abgestochen.
Was für ein reizender Vergleich.
Was soll's. Ich bin nicht hier, um einen Schönheitswettbewerb zu gewinnen, sagte sich Jinai und machte sich auf den Weg zum Ausgang.
Besser gesagt, dorthin, wo sie den Ausgang vermutete. Verwirrt blieb sie stehen. Von der Öffnung in der Höhlenwand, durch die sie gekommen war, war nichts mehr zu sehen. Nur noch Steine in allen Größen und Formen, die sich dort türmten.
Haben wir es mit dem Dying Star etwas übertrieben?
Wenn du nichts konstruktives beizutragen hast, sag besser gar nichts. Erschöpft breitete Jinai erneut die Flügel aus und flog zur Kuppel hinauf und durch das Loch darin ins Freie hinaus. Von den Akuma, die sie und Kanda vorhin belästigt hatten, war nichts zu sehen – sie hatten sich auch nicht in den Kampf zwischen ihr und Ai eingemischt, wie ihr jetzt auffiel. Der Himmel, in dessen Osten die Schwärze schon auseinanderbrach, war verblüffend leer.
Wo sind die alle hin?
Nicht fragen, dankbar sein, drängte ihr Unterbewusstsein.
Jinai zuckte mit den Schultern – obwohl es sie schon misstrauisch machte – und flog zum westseitigen Hang des Berges, wo sie den Einstieg vermutete, durch den Kanda und sie gekommen waren. Der Gang dahinter war zwar lang und mühsam, aber es war der einzige Weg, der ihr einfiel, jetzt wo der Durchgang aus der offenen Kuppelhöhle eingestürzt war.
Hoffentlich hatte sich seit ihrem Weggehen nicht allzu viel verändert – wenn dieser Doktor ein Akuma erschaffen konnte, das genauso kämpfen konnte wie sie, genau wie er es angedroht hatte, was hinderte ihn dann daran, das gleiche mit Kanda zu machen? Es war ihm ja in Frankreich schon einmal beinahe gelungen. Jinai flog schneller.
oOo
Doktor Roberts indes hatte von dem Tumult gar nichts mitbekommen. Er war zuversichtlich, dass Ai die Exorzistin töten würde und dass sich die Fehlschläge unten im Verlies inzwischen um deren Partner kümmerten. Er hätte sie ja gerne rausgelassen, aber er konnte nicht riskieren, dass da draußen jede Menge Akuma herumliefen, die einem Exorzisten ähnlich sahen – ganz zu schweigen von denen, die nicht einmal richtig menschlich aussahen – und damit die Aufmerksamkeit des schwarzen Orden auf sich lenken.
Das hatte ihm der Graf unter allen Umständen untersagt und Roberts hielt sich daran, was er sagte. Sonst würde er nie bekommen, was er so dringend begehrte; geistesabwesend betastete er das Holz unter seinem rechten Hosenbein. Dieses Holzbein war umständlich und nicht im geringsten mit einem echten Bein zu vergleichen, doch darum musste er sich nicht mehr lange Sorgen machen. Sobald er dafür gesorgt hatte, dass die verkleideten Akuma in den Orden eingeschleust wurden und von dort aus seinen Geldgeber mit Informationen versorgten, würde diese ganze Angelegenheit hier nicht mehr von Bedeutung sein.
Damit ihn niemand falsch verstand: Doktor Roberts war stolz auf seine Arbeit, er liebte sie, und ganz besonders liebte er so wunderbare Kreationen wie Ai. Er hatte unendlich lange experimentieren müssen, um eine Akumahülle zu schaffen, die dem Original so nahe kam und dazu benutzt werden konnte, die Gaben dieses Akumas in eine Form umzuwandeln, die aussah wie das Innocence dieser Exorzistin. Ganz zu schweigen davon, dass sich dafür nur Akuma ab Level 2 eigneten und diese bereits einen Wirtskörper hatten; sie davon zu lösen und in den künstlichen Körper zu transferieren war eine der schwierigsten Aufgaben gewesen. Zum Glück hatte ihm der Graf auch genug Akuma zur Verfügung gestellt, damit er dieses Problem experimentell lösen konnte.
Jetzt, wo er Ai erschaffen hatte, musste er nur noch einen Partner für sie entstehen lassen. Es sollte nicht allzu schwer sein, diesen Exorzisten nachzubilden – DNS würde er genug haben, sobald er tot war. Die Herausforderung bestand darin, einen Weg zu finden, sein Innocence nachzuahmen. Aber dafür würde er viel Zeit haben – solange alle Welt glaubte, diese zwei Exorzisten irrten noch immer in der Sahara herum, suchte auch niemand nach ihnen.
Roberts betete nur, dass die Akuma ihm die Gehirne übrig ließen. Ohne die konnte er Ai und ihrem Partner nicht die Erinnerungen der Exorzisten geben und dann wäre der ganze Aufwand umsonst. Aber Ai hatte ja darauf bestanden, die unfreiwillige Spenderin ihres Wirtskörpers selbst zu töten, und wer war er, einem Akuma etwas abzuschlagen? Außerdem hatte man ihn informiert, dass dieser Exorzist mit den langen Haaren nicht so einfach zu töten sei – eine Kugel alleine würde ihn nicht umbringen. Akuma arbeiteten da gründlicher,
Hoffentlich lassen sie sein Gehirn übrig, schickte Roberts ein weiteres Stoßgebet gen Himmel, während er alles für die Entstehung einer neuen Hülle vorbereitete. Die DNS hatte er noch nicht, aber alles andere konnte er ja schon einmal bereitstellen.
Ganz in seinem Tun versunken bemerkte der Wissenschaftler nicht, dass sich in einer der ihn umgebenden Felswände am Boden ein kleiner Riss bildete, der Stück für Stück die Wand hinaufwanderte. Zeitgleich krabbelte ein zweiter Riss von derselben Stelle aus über den Boden und gebar viele neue Risse, die sich in alle Richtungen ausbreiteten. So entstanden auf Wand und Boden feine Netze aus Rissen, wie Bäume, die in Sekundenschnelle wuchsen, und erst als es bedrohlich zu knacken begann, merkte der Doktor auf. Den Riss sah er allerdings nicht – er schrieb das Knacken einer anderen Ursache zu.
„Wer sind Sie und was wollen Sie hier?", fragte er den Eindringling empört, der in genau dem Türrahmen stand, durch den Ai vorhin die beiden Exorzisten hereingeführt hatte. „Das hier ist ein privates Labor! Verschwinden Sie auf der Stelle!"
„Keine Sorge", sagte der Fremde mit beruhigender Stimme und ging auf Doktor Roberts zu, „es wird gleich vorbei sein."
Zwar trug der Kerl einen Umhang, doch Roberts erkannte, dass er einen Exorzisten vor sich hatte; der Umhang schwang auf beim Gehen und gab den Blick frei für schwarze Stiefel und schwarze Hosen mit silbernen Beschlägen. Schwarz und Silber, genau die Farben, die die beiden Exorzisten auch getragen hatten. Aber während er die erwartet hatte, konnte sich Roberts nicht erklären, woher dieser Exorzist kam.
Das war nicht eingeplant gewesen.
„Ich sagte, Sie sollen verschwinden!", begehrte der Wissenschaftler noch einmal auf, dann traf ihn eine Faust auf die Nase und Schmerz flammte auf. Fluchend hielt er sich die blutende Nase.
„Kein Akuma", stellte der Fremde unter seiner Kapuze ruhig fest.
„Badürlich bichd", blubberte Roberts. Einen Wimpernschlag später knackste es wieder in der Wand. Dann wieder und gleich noch einmal, in immer kürzeren Umständen.
Während Roberts sich noch umsah, hatte der Exorzist sofort begriffen, was die Geräusche bedeuteten. „Das macht es komplizierter." Er versetzte dem Doktor noch einen Schlag, der diesen das Bewusstsein kostete, und warf sich den ohnmächtigen Mann dann über die Schulter, um auf schnellstem Weg wieder dorthin zu verschwinden, woher er gekommen war. Hinter ihm bröckelten Steine aus der Wand und fielen zu Boden, schlugen weitere Steine aus dem Boden und verschwanden mit ihnen in dem bodenlosen Dunkel darunter. Glas klirrte, Flüssigkeiten schwappten über und Metall kreischte, als der Boden nachgab und die daran festgeschraubten Tische mitgerissen wurden. Die Höhle krachte unter großem Lärm ein und begrub alles, was sich darin befunden hatte, unter schweren Felsblöcken.
Der Exorzist setzte den Bewusstlosen in der großen Kuppel ab, in der die vielen Schaukästen standen, und sah durch die Tür das heillose Durcheinander aus verbogenen Tischen, ausgelaufenen Chemikalien und zerbrochenem Glas zwischen vielen hundert Steinblöcken aller Größen und Formen. Was auch immer dieser Wissenschaftler hier gemacht hatte, seine Arbeit war zunichte gemacht. Niemand würde aus diesem Chaos rekonstruieren können, was vorher nicht weniger chaotisch ausgesehen hatte.
Schnelle Schritte zogen die Aufmerksamkeit des Reisenden zu einer Wand, die er eigentlich verschlossen gewähnt hatte. Er hatte diese Höhle aber auch nicht besonders gründlich untersucht; sein Gefühl hatte ihm gesagt, dass die Zeit drängte, und es hatte ihn nicht getäuscht. Jetzt aber sah er durch einen vorher unsichtbaren Spalt in der Wand eine Person auftauchen – und diese bemerkte ihn ebenfalls.
„Wer bist du?", fragte sie feindselig und breitete drohend die erneut aktivierten Flügel aus.
Der Exorzist schob die Kapuze vom Kopf.
„Jeremy!", stieß Jinai überrascht hervor.
„Hallo", lächelte der schwarzhaarige Junge verlegen und hob die behandschuhte rechte Hand, die eigentümlich schmal wirkte. Auch der Handschuh bestand nur aus drei Fingern.
„Wie kommst du – was machst du hier?", fragte Jinai und konnte sich nicht für eine Frage entscheiden. Als sie näherkam, stellte sie fest, dass von dem blassen, kraftlosen Jungen im Krankenflügel nicht viel übrig geblieben war: Er schien größer geworden zu sein, hielt sich gerade und strahlte eine Gelassenheit aus, die irritierend und gleichzeitig beruhigend war. Sie kam der Unverwundbarkeit gleich.
„Ich wurde vom Hauptquartier hierhergeschickt", erklärte Jeremy und zog den Handschuh aus. „Komui dachte, ihr könntet Unterstützung gebrauchen."
„Daran denkt er reichlich spät", bemerkte Jinai mit einem Anflug von Sarkasmus, verstummte aber sofort, als der Exorzist ihr die Hand auf die Stirn legte. „Jeremy, was – whoah!" Sie blieb wie erstarrt stehen, als seine dreifingrige Hand zu leuchten begann.
Eine Sekunde verharrten die beiden so, dann zog Jeremy die Hand zurück und das Leuchten verschwand. „Entschuldige", sagte der Exorzist. „Ich musste sicherstellen, dass du kein Akuma bist. Sonst hätte ich dich töten müssen."
„Du hast von der Sache mit den Doppelgängern gehört, oder?", meinte Jinai und erwartete das Nicken schon, das folgte. „Ja, das hat uns einige Probleme bereitet."
Und das ist noch untertrieben, ergänzte ihr vorlautes Unterbewusstsein im Geiste.
„Komui hat mich mit einem weiteren Auftrag zu euch geschickt", sagte Jeremy und nestelte am Verschluss seines Umhangs. „Das konnte ich dir nicht sagen, ehe ich nicht sicher war, dass du kein Akuma bist", fügte er entschuldigend hinzu.
„Kein Problem", winkte Jinai ab. „Aber Kanda sollte auch dabei sein. Wo ist er überhaupt?"
„Ich weiß es nicht. Ich habe ihn nicht gesehen."
Erst jetzt fiel Jinai die Gestalt auf, die hinter Jeremy an der Felswand lehnte. Sie erkannte den Wissenschaftler, der jetzt bewusstlos in einer Position dasaß, die ihm im wachen Zustand sicher Schmerzen bereitet hätte.
„Wie kannst du Kanda nicht gesehen haben?", fragte Jinai alarmiert. „Ich habe ihn bei dem Doktor zurückgelassen." Sie schob sich an Jeremy vorbei und blickte in das zerstörte Labor. „Bei allen Göttern", wisperte sie und wandte sich zu Jeremy um. „Jeremy, er war da drin! Was ist passiert?"
„Ich weiß es nicht", gestand der Exorzist. „Die Höhle ist binnen weniger Sekunden wie von selbst in sich zusammengefallen."
Jinais Augen weiteten sich entsetzt, dann fuhr sie herum und stürmte in das Labor, kletterte über Felsen und Scherben und rief immer wieder den Namen des Japaners. Jeremy half ihr dabei, jene Felsblöcke, die leicht genug waren, um sie zu zweit hochzuheben, aus der Höhle hinauszutragen. Aber egal, wie viel Geröll sie beiseite räumten, es schien nicht weniger zu werden. Und egal, wie viel sie von dem Einsturz beiseitigten, es kam kein Lebenszeichen von Kanda.
Nach einer Weile kam Roberts wieder zu sich. Jeremy bemerkte gerade noch rechtzeitig, dass er fliehen wollte, und setzte ihm nach; schleifte ihn wieder zurück und fesselte ihn mit seinem eigenen Laborkittel. Während sie weiter schwere Steine aus der eingestürzten Höhle schleppte, berichtete Jinai dem Exorzisten geistesabwesend, was die Aufgabe des Wissenschaftlers gewesen war.
Sie endete mit den Worten: „Ich weiß nicht, was wir mit ihm machen sollen, aber über sein Schicksal soll der Orden entscheiden. Das ist nicht unsere Aufgabe." Dann wischte sie sich den Schweiß von der Stirn und arbeitete wieder stumm weiter, rief aber nach jedem Stein, den sie beiseite räumte, wieder nach Kanda.
Der Morgen kam und ging. Gegen Mittag brachte Jeremy die Exorzistin dazu, eine kurze Pause einzulegen, um zu trinken und etwas zu essen, aber sie bemerkte kaum, was sie aß, und stürzte sich sofort wieder auf die Arbeit. Jeremy wusste, was sie antrieb, und er fand keine Worte, um sie davon abzubringen. Innerlich hoffte er ja auch, dass Kanda sich irgendwo unter dem Schutt befand und noch am Leben war. Seine Hoffnung wurde allerdings mit jeder Stunde, die verging, geringer.
Er wusste ja nicht, was Jinai wusste. Sie arbeitete umso verbissener, weil sie wusste, dass Kandas Selbstheilungskräfte ihn vor allem bewahren würden und sie ihn nicht dort unten zurücklassen konnten. Die einzige Erklärung dafür, dass er noch nicht geantwortet hatte, fand sie darin, dass er in einer langen Ohnmacht lag – vielleicht, weil er zu wenig geschlafen oder gegessen oder getrunken hatte oder weil diese Chemikalien, die sich über die Felsblöcke verteilt hatten und wegen der sie manche davon nur mit ledernen Handschuhen angreifen konnten, nach unten zu ihm gesickert waren und Dämpfe verströmten, die seine Ohnmacht verlängerten … Jinai fand viele Erklärungen dafür, warum er nicht antwortete, und jede davon ließ sie nur noch umso beharrlicher Stein um Stein beiseite räumen.
Als Jeremy schon fast soweit war, Jinai zu sagen, dass sie aufgeben sollten, hörten sie ein Geräusch unter dem Geröll, das sich fast so anhörte wie ein gedämpftes Stöhnen. Beide hielten einen Moment lang inne, lauschten auf das Geräusch, dann schafften sie mit neu erwachtem Eifer die Felsblöcke beiseite. Irgendwo unter ihnen war Kanda, davon waren nun beide überzeugt. Und sie würden ihne finden.
Als sie dann schwarzen Stoff zwischen den Steinen hervorlugen sahen, beeilten sie sich noch mehr, doch dann hatten sie den Körper hervorgezogen und umgedreht, nur um festzustellen, dass es nicht Kanda war. Was auch immer es war, es sah dem Exorzisten sehr ähnlich, aber sein Gesicht war nicht das des Japaners – und hätten sie das nicht bemerkt, hätte sie das metallene Innere davon überzeugt, das an der Stelle zu sehen war, wo sein Arm abgetrennt worden war.
„Roberts muss auch Abbilder von Kanda erschaffen haben", sagte Jinai. „Das sieht mir ganz nach einer Schwertwunde aus, wenn mich nicht alles täuscht. Das war zweifellos Kandas Werk – bleibt die Frage, warum das Akuma nicht explodiert ist, wie sie es sonst immer tun."
„Das Akuma kann aber auf keinen Fall gestöhnt haben", meinte Jeremy. „Das ist komplett hinüber."
Sie fanden noch mehr mehr oder minder akkurate Kopien von Kanda, alle im Inneren aus Stahl und Eisen und alle durch Schwerthiebe unschädlich gemacht. Von Zeit zu Zeit riefen sie nach dem Exorzisten, in der Hoffnung, dass er noch bei Bewusstsein wäre und ihnen antworten würde, doch es war nichts mehr zu hören. Jedes Mal, wenn sie etwas zwischen den Steinen fanden, hofften sie von neuem, dass es sich als ein Stück von seinem Umhang oder ähnliches handeln wurden, und jedes Mal wurden sie aufs neue enttäuscht.
Jeremy bot Jinai wieder zu essen und zu trinken an, doch sie lehnte ab. Ihre Hände waren bereits an mehreren Stellen aufgeschürft und Staub klebte in den offenen Wunden, Staub haftete überall an ihrer Haut, ihren Haaren und ihrer Kleidung, aber sie arbeitete verbissen weiter.
Und dann wurden ihre Mühen belohnt: Wieder einmal sahen sie etwas zwischen dem Geröll, das aussah wie Stoff, und wieder machten sie sich daran, die Steine beiseite zu schaffen und den darunter eingeklemmten Körper zu befreien. Jinais Hände wurden noch schneller in ihren Bemühungen, als sie bemerkten, dass gebrochene Knochen von selbst zu heilen begannen, sobald das Gewicht der Steine von ihnen genommen wurde. Das war Kanda, ohne Zweifel.
Schließlich konnten sie ihn unter dem Geröll hervorziehen und einigermaßen bequem auf dem unebenen Untergrund betten; Jeremys Umhang diente als Kissen für seinen Kopf. Der Japaner wachte nicht auf, als sie ihn bewegten. Sein Körper schien noch vollauf mit der Heilung seiner Verletzungen beschäftigt zu sein.
„Jeremy, sieh doch mal nach unserem wahnsinnigen Wissenschaftler", sagte Jinai geistesabwesend und strich Kanda ein paar Strähnen aus dem Gesicht. Sein Haarband hatten sie in dem Chaos nicht finden können – sie hatten es auch nicht unbedingt zu ihrer höchsten Priorität gemacht, danach zu suchen.
„Ich lasse dir das Wasser da", sagte Jeremy leise, legte den Lederschlauch neben die Exorzistin und verschwand leise. Er fühlte sich gerade mehr als überflüssig und wollte nicht stören; wenn Kanda aufwachte, wollte er ihn sicher nicht als erstes sehen.
Draußen saß immer noch Roberts, der ertappt aufsah, als Jeremy aus der Höhle kam – er hatte den Knoten in den Ärmeln seines Kittels fast gelöst und war drauf und dran, abzuhauen.
„Nicht so schnell", ermahnte Jeremy und band den Knoten neu. Diesmal fester. „Wir brauchen Sie noch."
„Von mir werdet ihr nichts mehr erfahren", spie der Wissenschaftler und kam sich wahrscheinlich sehr heroisch dabei vor. Auf Jeremy machte er nicht den Eindruck, als ob sein Widerstand lange halten würde.
„Dabei wollten wir doch erfahren, wie Sie es gemacht haben", sagte er freundlich.
„Wie ich was gemacht habe?"
„Na, wie Sie dieses Wunder vollbracht haben. Körper für Akuma zu erschaffen – alle Achtung, das hat selbst der Graf nicht geschafft. Er hat nur diese lausigen Skelette hinbekommen."
Das schmeichelte Roberts' Ego eindeutig. „Nun, es wahr nicht leicht", räumte er zufrieden ein."
„Und ich wette, wenn wir nur ein paar Tage später gekommen wären, dann hätten Sie auch das Problem mit der Innocence-Resistenz gelöst", fügte Jeremy lächelnd hinzu.
Roberts entglitten die Gesichtszüge; er starrte den jungen Exorzisten entsetzt an. „Woher weißt du das?", flüsterte er ängstlich.
„Oh, das war doch ganz eindeutig. Die Akuma unter ihrem Labor haben mich darauf gebracht", erklärte der Junge und lächelte Roberts immer noch so wissend an, dass dem Wissenschaftler ganz anders wurde. „Das Innocence konnte sie zwar zerstören, aber für gewöhnlich explodieren Akuma, wenn sie davon verletzt werden. Und wozu hätten sie sonst Kandas Schwertscheide gebraucht, wenn nicht, weil sie ebenfalls gegen die zerstörerische Wirkung von Innocence immun ist?"
„Wie …"
„Ich bin nicht dumm, das ist alles", sagte Jeremy, nun in einem ganz anderen Tonfall als zuvor – geradezu stählern. „Und die Leute im Schwarzen Orden sind Ihrer lächerlichen alchemistischen Kesselrührerei hier um Jahrzehnte voraus. Sie wollen Akuma-Kopien von Exorzisten erschaffen, um unsere Stützpunkte zu infiltrieren? Die würden nicht einmal über die Türschwelle kommen, das versichere ich Ihnen. Gewiss, diese kleinen Spielereien von Ihnen – die, die aussehen wie Tiere – die könnten lästig werden, aber das sind Mücken auch. Dafür gibt es Fliegenklatschen. Geben Sie uns ein, zwei Jahre, und es wird so aussehen, als hätten ihre Monster nie existiert."
„Wer bist du?", flüsterte Roberts beinahe andächtig vor Angst.
„Ich bin nur ein Exorzist", lächelte Jeremy und in diesem Moment merkte man nichts mehr von der bedrohlichen Aura, die ihn eine Sekunde zuvor noch umgeben hatte. „Nur einer von vielen mit der Gabe, alle Ihre Bemühungen zu funkenschlagenden Müllhaufen zu reduzieren."
Roberts klappte den Mund auf, klappte ihn wieder zu und machte ihn wieder zu. Er sah aus wie ein Fisch auf dem Trockenen, was nicht zuletzt der Gestalt geschuldet war, die in dem Augenblick hinter Jeremy auftauchte. Der Exorzist drehte sich um.
„Du bist wieder wach, das ist g-"
„Wer bist du?"
„Was?", fragte der jüngere Exorzist verblüfft.
„Gib dir keine Mühe, Jeremy", sagte eine dünne Stimme hinter Kanda. „Er erkennt uns nicht." Jinai trat hervor, einen Ausdruck auf dem Gesicht, wie Jeremy ihn lange nicht mehr bei ihr gesehen hatte.
„Wie ist das möglich?"
„Er hat sein Gedächtnis verloren."
Raffael: Dun-dun-daaaah! Deine Vorliebe für fiese Cliffhanger hast du auch in den fünften Teil mit rübergenommen, nicht wahr?
Jinai: Meine Seitenanzahl war bei diesem Satz zufälligerweise schon zu Ende.
Raffael: Zufälligerweise.
Jinai: Ja, ganz zufällig. auf die Zeile genau.
Raffael: Dir kann nicht mehr geholfen werden. *seufz*
Jinai: Ach, papperlapapp. Den Lesern gefällt es doch. Aber ich, ähm, muss euch vorwarnen. Ich habe gerade ein kleines Kreatief, eine winzige Schreibblockade und bis auf das nächste Kapitel noch nichts geschrieben. Nur Ideenfetzen in meinem Kopf, die ich noch sortieren und zu einem großen Ganzen verbinden muss. Ich gebe es ehrlich zu, genau weiß ich noch nicht, was ich aus diesem Teil machen will, aber das wusste ich beim letzten auch nicht und davor auch nicht und das wusste ich eigentlich noch nie :D Kann sein, dass ich morgen einen Geistesblitz habe, kann sein, dass das erst in zwei Wochen der Fall sein wird (ich hoffe es aber nicht), wir werden sehen. Das nächste Kapitel kriegt ihr auf jeden Fall nächsten Sonntag, ganz fest versprochen.
Raffael: Und versucht, sie bis dahin nicht zu lynchen, Leute.
