Nicht gerade meine allererste FF, aber es ist schon eine Weile her – das Ganze spielt nach Teil 6 und ignoriert großzügig Informationen aus HP 7.
Die Figuren sind leider nicht meine Erfindung sondern die von JKR; ich habe sie geborgt, benutzt, wieder ordentlich abgestaubt und ins Regal zurückgestellt und auf dem ganzen Weg keinen einzigen Cent damit verdient.
Viel Spaß beim Lesen!
Teil I:
Snapes Geschichte
Spinner's End im Regen ließ es nicht gerade sympathischer wirken, aber seine düstere Ausstrahlung wurde durchaus verstärkt, auch wenn man eigentlich kaum die Hand vor Augen sah, weil der Regen wie ein dichter, nasser silbriger Vorhang unermüdlich niederprasselte und die Gestalt in einem schwarzen bodenlangen Kapuzenumhang unter Garantie bis auf die Knochen durchnässte.
Dadurch wurde allerdings ihre Geschwindigkeit nicht im mindestens beeinflusst, mal sah man den schwarzen Schatten unter einer erloschenen Straßenlaterne verharren, dann wiederum war das Gesicht dem alten Fabrikschornstein zugewandt, sodass man wenigstens eine Nasenspitze zu erkennen glaubte, was nichtmagische Menschen sicher ungemein beruhigt hätte, weil man ansonsten fast denken mochte, dass sich nichts unter dem Umhang befand.
Allerdings machte sich niemand derartige Gedanken über den huschenden Schatten, da es keine Zuschauer gab. Die Straßen lagen vollkommen düster und verlassen - wie ausgestorben- da.
In kaum einem Fenster war überhaupt Lichtschein hinter den zugezogenen Vorhängen zu erkennen, schließlich ging es bald auf Mitternacht zu, aber auch zu früherer Stunde wäre das Bild kaum ein anderes gewesen.
Schließlich blieb der Schatten vor einem verfallenen Haus stehen, aus dessen Fenster ein trüber und trostloser Widerschein einer Lampe fiel.
Als er sich über den überwucherten Gartenweg der Haustür näherte, schwang diese lautlos auf und im Rahmen stand eine drohend düstere Gestalt, wie der unbekannte Besucher in einen schwarzen Umhang gehüllt, allerdings verdeckte keine Kapuze das Gesicht, das aber wegen der diffusen Lichtverhältnisse schwer zu erkennen war.
Der Schatten erstarrte und schien zu erschauern, aber gleich darauf setzte er sich wieder in Bewegung.
Der Hauseigentümer lehnte sich gelassen gegen den Türrahmen und neigte leicht den Kopf, sodass etwas Licht aus dem Inneren der Wohnung auf sein Gesicht fallen konnte. Dabei wurde ein bleiches, markantes Gesicht enthüllt, das sich zu einem leichten spöttischen Lächeln verzogen hatte, wobei eine Augenbraue in die Höhe gewandert war.
Der Schatten verharrte stumm kurz vor der Tür auf dem Gartenweg und Severus Snape, ehemaliger Zaubertrank- und Verteidigung gegen die dunklen Künste–Professor und jetzt Mörder von Albus Dumbledore und nach Voldemorts Fall meistgesuchter Mann im Land sprach ihn mit leiser, dunkler Stimme an: „Ich hatte Sie schon früher hier erwartet, Miss Granger...war der Weg so schwer zu finden?"
Die Gestalt ließ ein leises Aufkeuchen vernehmen, was Snape mit einem Grinsen quittierte, während er ihr mit einer Handbewegung die Kapuze vom Kopf zog und dabei ein bleiches Gesicht mit zwei großen braunen Augen enthüllte, die noch größer waren, weil sie sie vor Schreck weit aufgerissen hatte. Das Haar klebte ihr tropfnass am Kopf.
Snape trat zur Seite, um sie eintreten zu lassen: „Ich will schließlich nicht daran schuld sein, wenn Sie sich heute Abend eine Lungenentzündung holen." Seine Stimme triefte vor Hohn und Hermine fühlte sich sehr detailgetreu an ihren grauenvollen Lehrer erinnert.
Zögerlich betrat die junge Frau das Haus und Snape führte sie in sein Wohnzimmer, wo er sie mit einer Handbewegung aufforderte sich zu setzten, aber sie blieb stur stehen. Er zuckte mit den Schultern und bot er etwas zu trinken an, aber sie schüttelte nur müde mit dem Kopf.
Plötzlich lächelte er ein wenig, was ihn durchaus unheimlich erschienen ließ und er sagte: „Nun sagen Sie schon etwas...ich habe schließlich keine Fragen, aber wenn Sie sich nicht sehr verändert haben seit Ihrer Schulzeit, dann müssten Sie jetzt jede Menge davon haben und ich bin gewillt, sie auch zu beantworten...das sollten Sie ausnutzen...später mag das vielleicht nicht mehr möglich sein."
Hermine schien die letzten Worte als Drohung aufzufassen, denn sie zuckte merklich zusammen und wurde noch eine Spur blasser, bevor sie zu ihrem Gryffindor-Mut zurück- und ihre Sprache wiederfand.
„Woher wussten Sie, dass ich hierher kommen würde?"
„Sie enttäuschen mich, Miss Granger. Ich bin durch und durch ein Slytherin und dann glauben Sie in der Tat, dass sich jemand unbemerkt meinem Haus nähern könnte. Ich bitte Sie, alleine die Vermutung ist lächerlich..."
Sie seufzte: „Einen Versuch war es wert." Nach kurzem Schweigen fuhr sie fort: „Dann gehe ich richtig in der Annahme, wenn Sie auch wissen, weshalb ich hier bin oder?"
Er nickte und sie zog die Augenbrauen hoch.
Plötzlich standen in ihren Augen Tränen und sie schluchzte: „Sagen Sie mir, warum alle Recht hatten und Sie das tun mussten?"
Sein Lächeln wurde eine Spur traurig und er zog seinen Zauberstab aus seinem Umhang. Sie rührte sich nicht, schien aber in sich zusammenzusinken. Ein lässiger Schlenker und ihr Umhang und ihre Haare waren trocken. Erstaunen spiegelte sich ganz offensichtlich auf ihrer Miene und es wurde immer größer, als er mit einem weiteren Schlenker zwei Gläser und eine Flasche Rotwein auf den etwas altersschwachen Tisch zauberte.
„Nun setzen Sie sich endlich...ich möchte nicht alles im Stehen erzählen müssen." Plötzlich erinnerte er sie sehr an ihren griesgrämigen Lehrer, weshalb sie seiner Aufforderung folge leistete.
Er schenkte zwei Gläser Wein ein und trank ein wenig wie um ihr zu beweisen, dass er kein Gift beigemischt hatte.
Für einen Moment musterte er sie nachdenklich, dann sagte er leise: „Wissen Sie, Miss Granger, dass es mir wirklich Leid getan hat, Ihre gute Meinung, die Sie allen Umständen zum Trotz immer von mir hatten, zu verlieren?"
Sie schnaubte hörbar und fauchte dann: „Ich habe Sie immer verteidigt gegen alle Anschuldigungen und Vermutungen. Und? Am Ende hatte ich Unrecht...ich habe mich noch nie so in einem Menschen getäuscht wie in Ihnen!"
Wieder war da dieses traurige Lächeln, als er sagte: „Ich wünschte, ich könnte Ihnen begreiflich machen, dass Sie sich nicht ganz in mir getäuscht haben, aber würden Sie mir glauben? Würden Sie mir ernstlich ein zweites Mal vertrauen?"
Hermine zuckte die Schultern, sie fühlte sich unbehaglich unter seinem bohrenden Blick. Sie dachte an den Zusammenstoß mit dem Bergtroll im ersten Schuljahr, als sie Professor McGonagall erzählt hatte, dass sie glaubte, es alleine mit diesem Ungetüm aufnehmen zu können. Genauso fühlte sie sich auch jetzt... hatte sie wirklich gedacht, dass sie Severus Snape alleine, ohne Hilfe nach Askaban würde bringen können?
Er hatte ihre Gedanken ohne Mühe erraten und er verzog ungläubig und pikiert das Gesicht: „Miss Granger...ich bin erschüttert. Ihr Ansinnen in Ehren, aber das glaubten Sie wirklich alleine umsetzen zu können? Sie kamen noch nicht einmal unbemerkt bis vor meine Haustür..."
Sie machte eine hilflose Geste und erklärte: „Es ist doch sowieso alles egal...so viele sind gestorben, alles versinkt im Chaos und ich habe hier keinen Platz, weil ich nicht weiß, wie es früher war. Ich bin eben nur ein wertloses Schlammblut."
Er zuckte zusammen, als hätte sie ihn geschlagen: „Miss Granger! Wie können Sie so was sagen? Es gibt nicht nur Gefahr, Mord und Tod auf dieser Welt! Jetzt haben Sie die Chance unsere Welt mitzugestalten; werfen Sie diese Chance nicht einfach weg! Und über Ihre Herkunft sollten Sie sich erst recht keine Gedanken machen, denn Sie haben Fähigkeiten, die die der meisten Reinblüter bei weitem übersteigen..."
Was war in Severus Snape gefahren? Sie hatte den fiesen und gemeinen Mörder erwartet und auf was traf sie? Einen feinfühligen Menschen, der ihr neuen Mut geben wollte.
Auch dieses Mal las er ihre Gedanken und er lächelte mit einem Hauch seiner alten Bösartigkeit: „Und woher wissen Sie, dass das alles keine Falle ist, Miss Granger?"
Sie lächelte unsicher zurück: „Intuition?"
„Dann vertrauen Sie darauf."
Beide schwiegen eine Weile und Hermine fühlte, wie die Situation aussichtslos wurde, aber nicht im Sinne von verzweifelt, doch am liebsten wäre sie aufgestanden, gegangen und nie wieder in die Nähe von Severus Snape gekommen, aber irgendwie spürte sie, dass dieser Abend noch sehr lange werden würde und schwer...schwer, voller Gedanken und Erinnerungen und sie wusste, dass Snape ihr Dinge erzählen würde, die sie nie hätte wissen sollen.
„Sie als eifrig lernende Hexe wissen, dass Albus Dumbledore im Jahre 1949 den Schwarzmagier Grindelwald besiegte. Er hat niemandem je davon erzählt, was genau damals passiert ist, aber die ganze Zaubererwelt hegte natürlich unter anderem wegen dieser Tatsachen große Hoffnungen, dass Dumbledore auch mit dem Dunklen Lord fertig werden würde. Aber Dumbledore suchte nie eine Konfrontation mit ihm."
Hermine konnte sich nicht zurückhalten: „Aber damals im Zaubereiministerium..."
Der Ansatz eines Lächelns lag auf Snapes Gesicht und er schüttelte den Kopf:„Ich wollte gerade dazu kommen, bevor Sie mich unterbrochen haben, denn das ist ein entscheidender Punkt."
„Verzeihung!", murmelte Hermine kleinlaut.
Snape nickte und fuhr fort: „Ja, damals im Zaubereiministerium... da stellte er sich Voldemort und dieser floh. Aber ich denke nicht, dass Sie wissen, was danach geschah?"
„Harry war bei ihm...aber ich weiß nicht, was zwischen ihnen abgelaufen ist..."
„Das meinte ich nicht... Stunden später war ich bei ihm und er erzählte mir von einem alten Zauber, den Voldemort gegen ihn aufgerufen hatte."
Hermine schaute ihn erschrocken an und flüsterte fast: „Aber er konnte ihn doch abwenden?"
Snape sah sie unglücklich an und schüttelte den Kopf: „Es gibt keinen Schutz vor diesem Fluch. Für Dumbledore war dieser Zauber schlimmer als der Todesfluch selbst."
Er schwieg einen Moment, wie um sich zu fassen und fuhr dann mit leiser, scheinbar krampfhaft ruhiger und ausdrucksloser Stimme fort: „Der Zauber kann nur gegen eine Person ausgesprochen werden, die einen anderen Menschen umgebracht hat. Für Dumbledore traf dies zu, da er damals vor vielen Jahren Grindelwald tötete. Er selbst bereute dies immer, weil ein Mord das Schlimmste ist, was ein Mensch tun kann. Mit diesem schweren Verbrechen weckt er das Böse, das in jedem Menschen steckt, auf und macht es lebendig."
Hermine war nervös geworden und knetete ihre Finger im Schoß. Snape bemerkte dies und sagte leise: „Nun sagen Sie schon, was Sie wissen wollen..."
Hermine zögerte, weil sie nicht wusste, wie sie das, was sie beschäftigte, am besten ausdrücken sollte, fast wünschte sie, dass er wieder ihre Gedanken lesen würde, aber diesen Gefallen tat er ihr diesmal nicht.
Sie druckste herum: „Sie...Sie sagten, dass ein Mord das Schlimmste wäre, was ein Mensch tun könne und dass damit das Böse in sich wecken würde, richtig?"
Snape nickte und sie sprach unsicher weiter: „Aber Sie haben doch auch Menschen umgebracht, Professor."
Unbewusst benutzte sie seinen alten Titel, wie um ihrer Frage die Respektlosigkeit zu nehmen und ihm deutlich zu machen, dass sie wieder Achtung, wenn auch kein Verständnis, für ihn hatte.
Er nickte stumm leicht mit dem Kopf: „Nur einen, Miss Granger. Im Dienste Voldemorts habe ich mich immer geweigert – ich kann die Cruciati, die ich dafür ertragen musste, gar nicht zählen. Dumbledore wusste von diesem fatalen Fluch, der auf ihm lastete, und arbeitete ein Jahr wie besessen an einem Schutz dagegen. Nach einem Jahr hatte er eine Möglichkeit gefunden."
Hermine riss die Augen auf; ihr wurde so einiges klar, aber sie ließ Snape ausreden.
„Er sprach diesen Zauber über mich und befahl mir, ich solle ihn umbringen, um Draco Malfoy zu retten, was ich auch tat."
Hermine sah ihn stumm an und wartete, dass er weitersprechen würde, aber er schwieg.
Vorsichtig fragte sie nach einiger Zeit: „Professor?"
Er war offensichtlich tief in Gedanken versunken gewesen, denn er zuckte heftig zusammen, als sie ihn ansprach.
„Miss Granger, ich bin kein Professor mehr, das wissen Sie nur zu gut."
Sie nickte, sagte aber: „Sie mögen nicht mehr unterrichten, aber nachdem ich zumindest ansatzweise verstehe, warum Sie so und nicht anders gehandelt haben, kann ich Sie auch wieder mit Ihrem Titel ansprechen."
„Wenn Sie meinen, aber lassen Sie das besser niemanden hören oder man wird Sie als Verräter bezeichnen."
Sie schnaubte und entgegnete: „Das ist mir egal."
Er lächelte spöttisch: „Typisch Gryffindor."
Sie lächelte schwach zurück und sagte dann leise: „Sie haben mir nicht gesagt, welcher Fluch das war, den Voldemort über Dumbledore sprach."
„Ich hatte gehofft, dass Sie das nicht würden wissen wollen: Es ist ein Fluch, der das Böse, das durch den Mord aufgeweckt wurde, zur vollen Entfaltung bringt. Dumbledore kämpfte stets dagegen an, er war sehr stark, aber er spürte, dass er diesen Prozess nicht ewig aufhalten würde können und er war sich auch darüber im Klaren, dass er schlimmer werden würde als Voldemort oder Grindelwald oder beide zusammen. Mit seinen Kräften hätte ihn niemand aufhalten können. Ich weiß nicht, wie oft Sie Dumbledore vor seinem Tod gesehen haben und wie gut Sie ihn kannten, aber er wirkte oft erschöpft und alt, was früher ganz undenkbar gewesen wäre. Das lag an seinem Kampf gegen den Fluch."
Hermine nickte schwach, sie wirkte entsetzt und erschüttert... für sie war es immer unmöglich gewesen, dass Dumbledore irgendeine Schwäche hätte oder irgendein Zauber ihn so angreifen hätte können.
„Dann muss ich Ihnen danken."
Snape schien auf zynische Art amüsiert, aber er erhob keinen Einspruch. Wortlos stand er auf und holte aus einem der Schränke einen versiegelten schweren Pergamentumschlag, der nicht adressiert war. Mit den Worten: „Machen Sie den Inhalt publik!" drückte er ihn Hermine in die Hand.
„Was steht da drin?"
„Das, was ich Ihnen gerade erzählt habe. Dumbledore hat die Geschichte aufgeschrieben, um mich vor Askaban und dem Tod zu retten. Allerdings hatte ich... keine Gelegenheit mich darum zu kümmern. Deshalb bitte ich Sie, dass Sie das für mich tun. Ich will mich nicht mehr verstecken müssen nach allem, was geschehen ist. Ich will endlich, dass alle die Wahrheit erfahren!"
Hermine sah ihn an und widersprach entschlossen: „Warum sollte ich das alleine tun? Gleich Morgen früh werden wir beide zum Zaubereiminister gehen und ihm die Geschichte erzählen."
Snape lachte leise und bitter: „Wie stellen Sie sich das vor? Das ich einfach durch London spaziere und ins Zaubereiministerium gehe?"
Plötzlich lächelte Hermine spitzbübisch: „Ich denke, Sie sind ein Slytherin durch und durch...dann wird Ihnen etwas einfallen, nicht wahr?"
