Das ist meine Version wie sich Wesker und Jakes Mum kennengelernt haben. Ich versuch, alles möglichst authentisch darzustellen, aber wahrscheinlich wird Wesker ein bisschen OOC sein. :)

Viel Spaß beim Lesen.


Dezember 1991

Klirrende Kälte und ein ungewöhnlich schneereicher Winter hielten Raccoon City in diesem Jahr fest im Griff. Oft hörte man dieser Tage von Unfällen auf eisglatter Fahrbahn oder von Dächern, die unter der gewaltigen Schneelast zusammengebrochen waren.

Polizei und Feuerwehr waren im Dauereinsatz, so wie auch am Abend des 7. Dezembers, ein Mittwoch, als Albert Wesker sein Auto durch die vielbefahrenen Straßen lenkte.

Vor geraumer Zeit hatte er sich aus der Forschung in die Nachrichten- und Spionageabteilung von Umbrella versetzen lassen, weshalb sein Arbeitsplatz jetzt in Raccoon City und nicht mehr in den Arklay-Mountains-Laboratorien lag. Er hatte die Grundausbildung, zu der der Umgang mit Schusswaffen gehörte, abgeschlossen und führte jetzt eine Pistole mit sich. Die Waffe und seiner Dienstausweis lagen in seiner Tasche auf dem Rücksitz.

Sein früherer Kollege William Birkin führte die Forschungsarbeit am G-Virus zusammen mit seiner Frau Annette jetzt in einer neugebauten unterirdischen Anlage unter der Stadt fort.

Bereits vor einiger Zeit hatte sich Wesker aus der Labortätigkeit zurückgezogen und das Feld seinem langjährigen Freund überlassen. Obwohl er sich ab und zu über den Ergebnisstand informierte und durch seinen Kontakt zu den Birkins auf dem Laufenden gehalten wurde, hatte er persönlich wenig Interesse an dem G-Virus.

Seine Versetzung hatte er nicht ohne Hintergedanken beantragt. Seit ein paar Jahren schon hatte sich in ihm ein unerklärliches Misstrauen gegenüber seinem Mentor und Umbrella-Gründer Oswell E. Spencer breitgemacht und Wesker wollte herausfinden, warum der alte Mann wirklich an der Erschaffung biologischer Waffen interessiert war. Seine Hoffnung lag darin, über das Information Department an das heranzukommen, was ihn interessierte.

Die Firma Umbrella florierte stark seit Mitte der 70er-Jahre und hatte maßgeblich zum Wachstum und der Entwicklung von Raccon City beigetragen. Die Dominanz auf dem Arzneimittelmarkt, in der pharmakologischen Forschung, sowie zahlreiche Eröffnungen von Zweigstellen und das Expandieren in ein dutzend verschiedene Länder hatten ihren Umsatz auf mehrere hundert Millionen Dollar jährlich anwachsen lassen.

Die aufstrebende Stadt zog auf der Suche nach Arbeit und besseren Lebensbedingungen viele Leute aus dem In- und Ausland an.

Weskers neue Wohnung lag zentral in der Innenstadt und von seinem Balkon aus hatte er Blick auf den Stadtpark. Sie war für ihn angemessen und entsprach genau seinen Bedürfnissen. Er konnte sich nicht beklagen, denn immerhin zahlte Umbrella die Miete und kam für den Großteil seiner Kosten auf. Sogar einen Dienstwagen hatte man ihm gestellt. Er vermutete, dass diese Annehmlichkeiten nicht zuletzt seinem Stand bei Spencer geschuldet waren.

Er bog an der nächsten Ampel nach rechts ab und trommelte genervt mit den Fingern auf dem Lenkrad, als der Verkehr abermals durch einen unachtsamen Autofahrer zum Stillstand gekommen war.

Die Straßen waren links und rechts von hohen Schneemassen gesäumt und die Fahrbahn war eisig, sodass ein schnelles Vorankommen im Berufsverkehr praktisch unmöglich war. Der Räumdienst der Stadt kam dem Schneetreiben kaum hinterher.

Mit Blick auf die Uhr stellte Wesker fest, dass es bereits kurz vor sieben war. Eigentlich hätte er um sieben bei den Birkins sein sollen, aber so wie es aussah, konnte er die Verabredung nicht einhalten. Er musste nach Hause, seine Sachen nach oben bringen und sich wenigstens vorher umziehen.

Ein eisiger Wind fegte durch die Straße und Schneeflocken wirbelten durch die Luft, als Wesker sein Auto vor dem Gebäude abstellte.

Sein Apartment befand sich in obersten Stock eines nagelneuen, luxuriösen Mehrparteienhauses. Durch die gute Lage im Zentrum waren die Miet- und Kaufpreise für Häuser in dieser Gegend exorbitant hoch, weswegen hier hauptsächlich wohlhabende Leute lebten.

Wesker pflegte keinen Umgang mit seinen Nachbarn. Sein einziger regelmäßiger Kontakt bestand mit den Birkins, sonst hatte er kein Interesse, mit seinen Mitmenschen in Beziehung zu treten. Er genoss die Tatsache, dass die reichen Leute gern unter sich blieben.

Er nahm seine Tasche vom Rücksitz und kramte die Schlüssel hervor. Aufsperren war allerdings nicht nötig, denn die Eingangstür wurde von innen aufgestoßen und der Hausverwalter und eine Gruppe von Männern - ihrer Kleidung nach zu schließen Handwerker - traten heraus.

„Und bitte beeilen Sie sich! Bei den Temperaturen ..."

Wesker achtete nicht weiter auf die Gruppe und schlüpfte durch die Tür.

Er verzichtete auf den Aufzug und erklomm die Treppen in den dritten Stock. Das Treppenhaus kam ihm ungewöhnlich kühl vor, doch er schob es auf den Luftzug, der zur offenen Tür hereingekommen war.

Doch sobald er seine Wohnung betrat, fiel ihm sofort auf, dass tatsächlich etwas nicht stimmte. Es war fast so eiskalt wie draußen und ein Kälteschauer durchfuhr ihn, sodass er seine Jacke anbehalten musste.

„Was zum Teufel ist denn hier los?"

Er befühlte die Heizkörper und musste feststellen, dass sie kalt waren. Das Verstellen des Messreglers brachte keinen Erfolg.

„Großartig!", schimpfte er.

Zu allem Überfluss kam auch noch kein Wasser aus der Leitung, als er im Bad den Hahn aufdrehte.

„Das soll doch hier wohl ein Scherz sein, oder?!", fluchte er angenervt.

Wutentbrannt eilte er die Treppen wieder hinunter auf der Suche nach dem Hausverwalter.

Er traf den aufgeregten Mann auf der Kellertreppe.

„Was ist denn im Haus los?", fragte Wesker unfreundlich. "Die Heizung geht nicht und aus dem Hahn kommt kein Wasser."

„Es tut mir so leid, Mr. Wesker", stammelte der Mann von Weskers Auftreten eingeschüchtert und kleinlaut „aber die Heizung ist ausgefallen. Und im Keller sind die Rohre geplatzt, wir haben also kein Wasser. Entschuldigen Sie die Umstände. Wir haben schon jemanden angerufen, aber ..."

Ja, natürlich, dachte Wesker säuerlich.

Er achtete nicht mehr auf die Erklärungen des Hausverwalters und dessen hohle Phrasen, sondern kehrte verärgert in seine Wohnung zurück.

Er nahm sein Telefon und ließ sich, immer noch in Winterkleidung, in seiner Küche nieder.

Er hatte die Nummer der Birkins eingespeichert. Mittlerweile war es viertel vor acht.

Nach mehrmaligem Klingen meldete sich eine Kinderstimme.

„Hallo?" Es war ein kleines Mädchen. Wesker seufzte.

„Hi Sherry", sagte er betont freundlich. „Hier ist Wesker. Du kennst mich doch noch, oder?"

„Ja. Hi."

„Kannst du mir mal deine Eltern geben?"

„OK."

„Sherry, wer ist denn dran?", fragte eine Stimme im Hintergrund, Augenblicke später meldete sich eine Frau.

„Hallo?"

„Annette, hier ist Albert."

„Hey, Sherry entdeckt langsam das Telefonieren für sich. Wir fragen uns schon, wo du bleibst. Rufst du vielleicht an, um uns zu sagen, dass du später kommst?", fragte sie vielsagend. „Das Essen ist bereits kalt."

„Tut mir leid. Ich fürchte, ich komme gar nicht."

„Wieso? Ist was passiert?"

„Nein, erst hat mich der Verkehr aufgehalten und jetzt gibt es Ärger hier im Haus. Wir haben kein Wasser, weil es einen Rohrschaden gegeben hat, und die Heizung ist ausgefallen. Ich sitze hier in Winterkleidung in meiner Küche. Ich muss ins Hotel umziehen und ich fürchte, wir werden den Abend verschieben müssen."

„Verstehe. Kein Problem. Willst du ... derweil zu uns ...?"

„Nein, nein", winkte Wesker sofort ab. „Keine Umstände. Ich nehme mir ein Hotelzimmer."

„War ja nur ein Angebot", sagte Annette und Missfallen war aus ihrer Stimme zu hören, da Wesker sie so schnell abgewürgt hatte.

„Wir telefonieren", sagte Wesker entgültig und legte auf.

Gleich darauf packte er eine Sporttasche mit Kleidung, Toilettenartikeln und ein paar Sachen von der Arbeit und verließ seine Wohnung.

Wenigstens machte seine Auto keine Probleme, schoss es im durch den Kopf, als er den Motor startete.

20 Minuten später erreichte er das nächstgelegene Hotel. Er hatte wahllos ausgewählt. Es war ein Sternebetrieb und hatte die kürzeste Entfernung zu seiner Wohnung. Für die nächsten Tage würde es schon ausreichen.

Er ärgerte sich. Er schätzte es, wenn die Dinge reibungslos verliefen, und solche Vorfälle mochte er gar nicht. Außerdem verspürte er das dringende Bedürfnis nach einer Dusche, frischer Kleidung und einer Mahlzeit.

Da der Hausverwalter ihm keine Auskunft gegeben hatte, wie lange die Reparaturarbeiten dauern würden, checkte er auf unbestimmte Zeit ein und bestellte sich gleich darauf ein Abendessen aufs Zimmer. Er ignorierte die seltsamen Blicke, die ihm immer zuteil wurden, wenn er abends oder in geschlossenen Räumen seine Sonnenbrille nicht abnahm.

Er fuhr mit ein paar anzugtragenden Geschäftsleuten im Aufzug nach oben, doch bis zu seinem Stockwerk, waren alle bereits ausgestiegen. Er trat auf einen verlassenen Gang und wandte sich nach links.

Seine Schritte wurden von einem dicken, roten Teppich, der den Boden bedeckte, gedämpft. Am Ende des Flures befand sich ein Getränkeautomat. Ein Wäschewagen stand auf der rechten Seite.

Während er den Gang entlang ging, wandte er den Blick nach unten und sah auf den Schlüsselanhänger mit seiner Zimmernummer, sodass er für den Bruchteil einer Sekunde abgelenkt war.

Gerade in dem Moment, als er an dem Wagen vorbeiging, nahm er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Er konnte nicht mehr reagieren und stieß mit jemandem zusammen.

Mit einem Klirren fiel der Schlüssel zu Boden.

„Oh, entschuldigen Sie vielmals, Sir", sagte die Frau sofort betroffen. Von dem Schreck griff sie sich an die Brust. „Ich habe Sie nicht gesehen."

Sie bückte sich sofort und hob seinen Schlüssel auf.

Wesker, für einen Moment perplex von ihrer plötzlichen Erscheinung, betrachtete sie.

Sie hatte langes rotes Haar, das sie in einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Sie hatte ein hübsches Gesicht mit sanften Zügen und grüne Augen. Sie war schlank und zierlich und reichte ihm gerade mal bis zur Brust.

Sie trug eine weinrote Bluse, einen dazupassenden Rock und eine weiße Schürze - eine Zimmermädchenuniform.

Sie lächelte ihn freundlich an.

Ihre Blicke trafen sich und für einen Moment schien die Zeit stillzustehen. Sie sahen sich in die Augen. Wesker beschlich das Gefühl, das ihr Blick durch seine Sonnenbrille hindurch ging ...

„Ihr Schlüssel", sagte die Frau schließlich und riss ihn damit in die Wirklichkeit zurück.

Er nahm ihn mit einem Nicken entgegen.

„Tut mir Leid, ich habe nicht aufgepasst", sagte sie noch mal. Sie hatte einen seltsamen Akzent, den er nicht zuordnen konnte. Es klang irgendwie osteuropäisch.

Ich habe mich zu entschuldigen ... My Lady."

Ohne eine weiteres Wort schritt Wesker von dannen. Sein Zimmer befand sich nur ein paar Meter weiter. Ohne auf seine Begegnung zurückzublicken, betrat Wesker den Raum und schloss die Tür hinter sich.

„My Lady?", murmelte die Frau vor sich hin und sah dem Fremden hinterher, der eben in seinem Zimmer verschwunden war. Dann schüttelte sie den Kopf und wandte sich wieder ihrer Arbeit zu.

Als er sich auf seinem Bett niederließ, fragte sich Wesker ernsthaft, was er da gerade eben gesagt hatte.