"Was für ein Tag. Total stressig! Ich glaube so viel bin ich noch nie durch die Gegend gerannt. Wie kann Roderich nur glauben, mir entkommen zu können. Egal wie oft er auch wegläuft, ich finde ihn immer." grinste Gilbert zufrieden.

Er setzte sich auf einen Baumstumpf und schaute durch die dichten Büsche in das gegenüber liegende Haus. Es war Roderich´s Haus, dass er beobachtete. Immerhin wurde es schon dunkel und sein Opfer machte sich fertig und ging schlafen.

"Was mache ich jetzt? ich bin noch gar nicht müde." seufzte er gelangweilt. Auch wenn er etwas erschöpft war, hatte er noch genug Energie um einiges zu tun. Aber was?

"Beobachtest du wieder Leute?" fragte eine nette und fröhlich klingende Stimme aus einem der Büsche hinter Gilbert. Erschrocken drehte dieser sich um. Der Besitzer der Stimme stand auf und kam aus seinem Versteck hervor.

"Was willst du denn hier, Ivan?" fauchte Gilbert den jungen Russen an.

"Ich habe Geräusche aus den Büschen gehört und wollte nachsehen, was es ist. Und wie ich es mir dachte, bist du es gewesen. Warum beobachtest du Roderich eigentlich immer? Das versteh ich nicht."

"Das soll dir doch egal sein! Und nun verschwinde endlich!"

"Warum?" lächelte Ivan nur entgegen.

"Weil du mich nervst. Außerdem habe ich zu tun."

Ivan blickte zu den Fenstern, aber überall waren die Lichter schon erloschen. Da er wusste, dass dies das Haus von Roderich war und er auch wusste, dass Gilbert jeden Tag und zu jeder zeit dein Österreicher beobachtete, war ihm auch klar, dass hinter diesen Fenstern die Zimmer von Roderich versteckt sind.

"Hey, Ivan! Hörst du überhaupt zu?" unterbrach Gilbert seine Gedanken.

"Was ist?"

"Hast du mir überhaupt zugehört? Ich habe gesagt, du sollst endlich verschwinden. Sonst entdeckt mich noch jemand!" knurrte der junge Preuße.

"Tut mir Leid. Ich wollte dir nur etwas Gesellschaft leisten. Immerhin ist heute Abend nicht mehr viel los." lächelte Ivan in seiner typischen naiven Weise und zeigte mit dem Finger auf die dunklen Fenster.

Nur ein leises Seufzen war von Gilbert zu hören. Er schien jetzt aufzugeben. Soll es wirklich so einfach sein, ihn von seiner Meinung abzubringen. So kannte Ivan seinen Gegenüber gar nicht.

"Und was genau soll diese Gesellschaft sein? Warum sollte ich dich überhaupt hier haben wollen und lassen? Wegen dir wird man mich noch entdecken!"

"Wenn du weiter so laut bist, könnte das durchaus sein. Aber ich wollte nur einen netten Abend mit dir verbringen. Sonst spionierst du nur Roderich nach oder streitest mit mir. Heute möchte ich, dass wir uns nicht streiten. Ich mag keinen Streit."

"Seit wann das denn? Du siehst doch immer so aus als würdest du es genießen, wenn du mich um meine Nerven bringen kannst."

"Gut möglich." flüsterte Ivan nur.

"Was hast du gesagt?!" wurde Gilbert wieder lauter. Er schien das Geflüster verstanden zu haben.

"Nichts weiter. Ich habe mich nur gefragt, wie du auf eine solche Idee kommst." wedelte Ivan nur ab. "Ich habe sogar etwas zu Trinken mitgebracht."

Aus seinem Mantel holte der Russe zwei Flaschen Wodka. Gilbert war sichtlich verblüfft und starrte den anderen nur an. Logischerweise bemerkte Ivan das und musste darüber ein wenig Lächeln. Gilbert sah so lustig aus. Große verblüffte Augen und ein starrer Blick, der auf Ivan´s Mantel hing. Sein Mund war ein kleines Stück geöffnet und nun war es Ivan, der Gilbert anstarrte. Allerdings nicht in seine Augen oder in sein Gesicht. Sondern auf Gilberts Lippen.

Sie waren so lieblich Rosa und schienen so weich. ´Ob Gilbert schon einmal jemanden mit diesen Lippen geküsst hat oder ob er schon einmal geküsst wurde?´ Am liebsten würde der Russe es sofort überprüfen wollen, doch das konnte er nicht tun. Nicht jetzt. Jetzt noch nicht.

Ivan wandte seinen Blick von Gilbert und nahm eine der beiden Wodkaflaschen und öffnete sie. "Hier. Die ist für dich." lächelte er während er die Flasche zu Gilbert hielt. Dieser nahm die Flasche skeptisch entgegen. Ivan schien etwas im Schilde zu führen, doch konnte der Preuße nicht genau sagen, was das wäre.

Ivan nahm daraufhin die andere Flasche und öffnete auch sie. Mit einem Lächeln hielt er die Flasche in die Luft und sagte "Prost." Dann nahm er einen großen Schluck vom Wodka. Gilbert riss ihm die Flasche aus der hand und nahm auch einen Schluck daraus. Verwundert und voller Verständnislosigkeit schaute ihn Ivan an.

"Was ist? Ist doch klar, dass ich nichts aus einer Flasche trinke, die du mir gegeben hast und nichts draus getrunken hast. Du könntest ja wer weiß was alles hinein getan haben." erklärte Gilbert mit scharfem Unterton.

Der Russe musste darüber lächeln und nahm die volle Flasche Wodka, die eigentlich für Gilbert gedacht war, und nahm einen Schluck daraus. "Dann trinkst du eben aus meiner Flasche und ich aus deiner." lächelte Ivan freundlich und gütig zurück. Daraufhin wurde Gilbert etwas rot und schaute zur Seite. Nachdem beide ihre Flasche geleert hatten, zückte Ivan zwei weitere Flaschen aus seinem Mantel. Wieder war Gilbert verblüfft.

"Ich trage einen großen Mantel. Ich habe also genug Platz für Flaschen. Mach dir also keine Sorgen. Für Vorrat ist gesorgt."