* Die fremde Haut*
Lange hats gedauert bis ich trotz des Irrsinns, welcher den harmlosen Namen "Alltag" trägt, mal wieder eine Story zuende gebracht habe und hier ist sie nun.
Die Story ist in Sequenzen aufgebaut und ist abgeschlossen.
Wie
immer bei solchen Geschichten gehört das Potterverse mitsamt seinen
Figuren J.K.R . Ich habe sie nur kurz geliehen, um sie in eine
haarsträubende Geschichte zu verwickeln.
Ich danke meiner
allerliebsten Freundin und weltbesten Beta "Tamsyn" für
ihre Geduld und Mühen. Ein weiterer Dank an alle, die diese Story
lesen und mir ein Rewiew hinterlassen.
Wir befinden uns im siebten
Schuljahr, jedoch außerhalb der Geschehnisse der Bücher 6 und 7.
Diese Story ist eine SS/ HG Geschichte.. obwohl..eigentlich ja auch
wieder nicht... oder doch ? Aber das lest ihr am besten selbst. Viel
Spaß !
Ein
lauter Knall ließ Hermione erschrocken herum fahren und entlockte
ihr ein genervtes Seufzen, als sie sah, dass gerade ein großer
Karton mit Osterdekorationen von einem der zahllosen Stapel hinter
ihr, herunter gefallen war und der Inhalt sich nun über den
staubigen Dielenboden des Speichers verteilte.
Wahrscheinlich war
sie irgendwie daran gestoßen, als sie sich mühsam einen Weg durch
das vorherrschende Chaos zu bahnen versuchte. Nun musste sie, neben
der eigentlichen Aufgabe welche sie hier zu erledigen hatte,
auch noch diese Kiste wieder einsortieren, und Merlin allein wusste,
wie Hermione sie hinterher wieder auf den beinahe deckenhohen Stapel
bekam.
Bunte Eier kullerten durcheinander und ein kleines,
kitschiges Küken piepste blechern seine Osterwünsche. Dieser Karton
gehörte zweifelsfrei dem Schuldirektor, soviel war sicher. Hermione
kannte keinen weiteren Menschen mit ähnlich schlechtem Geschmack bei
Dekorationsartikeln.
Mit leisem Groll zog sie den großen Karton
nun zu sich heran und begann damit, wahllos Gegenstände vom Boden
aufzuheben und sie wieder in die Kiste zu werfen.
`Hermione,
Hermione ..Du solltest endlich lernen, dass es Situationen gibt, in
denen es sinnvoll wäre, einfach den Mund zu halten!`, dachte sie
kopfschüttelnd, während sie eine Handvoll schreiend bunter
Plastikeier zurück in den Pappkarton beförderte.
Leider hatte
sie es weder in den vergangenen sechs Schuljahren , noch in diesem ,
ihrem letzten, geschafft, ihre Hilfsbereitschaft unter Kontrolle zu
bekommen, und so hatte sie sich ohne zu zögern bereit erklärt , für
Professor Dumbledore auf dem Schulspeicher nach den Kisten mit der
Weihnachtsdekoration zu suchen.
Ein schwerer Fehler, wie sich nach
erstem Blick herausgestellt hatte, denn der Dachboden der Schule war
nicht nur riesig, sondern zudem von der Tür bis zum anderen
Ende mit unzähligen Kartonstapeln vollgestellt , die sich
teilweise bis zur Decke türmten.
Vor ihrem Ausflug auf den
Speicher hatte sie sich niemals gefragt, weshalb diejenigen Schüler,
die sich zuletzt für diesen „kleinen Gefallen" gemeldet hatten,
diesmal keine Anstalten gemacht hatten, ihre Hand zu
heben.
„Hermione? Alles in Ordnung?", drang Harrys besorgte ,
körperlose Stimme von weiter hinten , zwischen dem Kartonchaos
hervor.
„Ja, nichts passiert.", antwortete sie ihm ein wenig
gereizt und schloss gerade den Deckel des Oster-Kartons.
„Schon
was gefunden, Jungs?", richtete sie nun das Wort auch an Ron, der
ebenfalls irgendwo in den engen Gängen unterwegs sein
musste.
„Nein", tönte es zweistimmig zurück und im nächsten
Moment war wieder das leise Rascheln zu hören, welches verriet, dass
sich jeder wieder mit seiner Aufgabe beschäftigte.
Hermione hatte
gerade den nächsten Karton hervorgezogen, in dem sie hoffte, endlich
Glaskugeln und Girlanden zu finden, als ein leises Klirren sie zu
Boden sehen ließ. Zarte Kettenglieder ringelten sich über ihrer
Schuhspitze und ein ovaler silberner Anhänger glänzte leicht
versteckt unter einem vergessenen Ei aus Pappmaché hervor.
Hermione
bückte sich und hob das Schmuckstück auf, um sich ihren Fund etwas
genauer zu betrachten. Die Kette selbst war fein und lang, und als
sie den Anhänger umdrehte, entdeckte sie dort erstaunt das Symbol
einer geöffneten Tür, durch die unzählige Schmetterlinge herein zu
fliegen schienen.
„Komisch", murmelte sie abwesend und drehte
den glänzenden Gegenstand zwischen ihren Fingern. Irgendwo hatte sie
mal gelesen, der Schmetterling sei eines der Symbole für die Seele.
Aber mit dem Sinnbild der geöffneten Tür konnte sie momentan so
rein gar nichts anfangen.
„Ich hab was!", hallte Rons Ruf so
unvermittelt durch den staubigen Raum, dass Hermione die Kette
beinahe fallen gelassen hätte.
„Na endlich!", nahm Harry ihr
von ferne die Worte aus dem Mund. Ohne nachzudenken ließ Hermione
das Schmuckstück in ihre Tasche gleiten und machte sich erleichtert
auf den Weg zu ihren Freunden
Beladen mit mehreren großen
Kisten taumelten die Drei einige Zeit später durch die Gänge der
Schule auf das Büro des Direktors zu. Hermione hielt eine große
Kiste mit weihnachtlichen Stoffen fest vor sich gepresst, während
eine weitere obenauf stand, aus der einige lose Enden grüner
Girlanden heraus baumelten und der jungen Frau einen Großteil ihrer
Sicht versperrten.
Ron und Harry folgten ihr, ebenso
beladen, auf dem Fuße. Hermione konnte sich bildlich vorstellen,
dass sie wohl ein merkwürdiges Bild abgaben, wie sie bepackt mit
Kisten und Kartons im Gänsemarsch durch Hogwarts liefen.
`Nur
noch um diese letzte Ecke und den Gang hinunter...`, dachte sie
erleichtert, als sie mühsam zwischen den Girlanden hindurchsah.
Nur
einen Wimpernschlag später fand sie sich jedoch, durch einen
heftigen Aufprall zurückgestoßen, auf ihrem Hinterteil sitzend und
von den grünen Girlanden verschüttet, auf dem Steinboden des Ganges
wieder.
„Sind Sie von allen guten Geistern verlassen?", keifte
eine unverkennbare Stimme von irgendwo jenseits des
Pappkartons.
Hermione kniff mit Leidensmiene die Augen zusammen,
als Snape sich nun langsam aufrappelte und jene Kiste wütend
mit dem Fuß beiseite kickte, um einen besseren Blick auf sein Opfer
zu bekommen.
Ron und Harry waren direkt hinter ihr gegangen, um
nicht den gesamten Gang zu blockieren und so waren sie nun, nachdem
Hermione mit ihrem Lehrer zusammengestoßen war, auf sie aufgelaufen
und unweigerlich ebenfalls zu Boden gegangen.
Snape fischte ein
verirrtes Lametta aus seinen Haaren, welches er mit spitzen Fingern
festhielt. „ Nun, ich höre?!",
knurrte er und blickte anklagend auf das Trio herab.
Eine
klackernd vorbeirollende Weihnachtskugel unterstrich dramatisch die
daraufhin entstandene Stille.
„Es tut mir so leid, Professor",
antwortete Hermione kleinlaut. „Ich hab Sie wirklich nicht
gesehen.".
Ein äußerst ätzender Blick war seine Antwort auf
ihre Entschuldigung.
„Sie Drei...", begann er einen Satz und
deutete mit einem erhobenen Finger nacheinander auf die Freunde.
„…gehören nicht in eine Zauberschule, sondern in einen
Wanderzirkus! Dafür ziehe ich jedem von Ihnen zehn Hauspunkte
für unsägliche Dummheit ab."
Er stieg demonstrativ umständlich
über einige liegengebliebene Kugeln und wandte sich dann ein letztes
Mal mit tadelndem Blick zu ihnen um, bevor er seinen Weg endgültig
fortsetzte.
Langsam senkte sich der Abend über die
Schule, und Hermione war allein auf dem Weg vom Abend- essen zurück
in ihr Zimmer. Harry und Ron wollten noch ein wenig Zauberschach
spielen und waren dazu in der großen Halle geblieben, da der
Gemeinschaftsraum in der kalten und ungemütlichen Jahreszeit immer
hoffnungslos überfüllt war und man zwischen all den durcheinander
redenden Schülern weder Ruhe finden noch Konzentration behalten
konnte.
Hermione hatte sich deshalb angewöhnt, sich in den
Wintermonaten gleich in den Schlafraum zurück zu ziehen, welchen sie
sich mit Ginny und deren Freundin Liza teilte. Die beiden Mädchen
fühlten sich im Tumult des Gemeinschaftsraumes
glücklicherweise recht wohl und so hatte Hermione abends genug
Zeit, in Ruhe ein wenig zu lesen oder mal einen Brief zu schreiben,
bevor sie zu Bett ging.
Auf halbem Weg begann sie, in ihrer Tasche
nach einem Kaugummi zu suchen und ihre Fingerspitzen berührten dabei
etwas, dessen Existenz sie längst wieder vergessen hatte.
Vorsichtig
fischte sie die lange Kette aus ihrer Hosentasche und betrachtete sie
abermals. Die weit geöffneten Flügel der Tür gaben ihr nach wie
vor Rätsel auf und so änderte sie spontan ihren Plan und schlug den
Weg zur Bibliothek ein. Das Schmuckstück hängte sie sich um den
Hals und versteckte es unter ihrer Kleidung. Sie wollte lieber nicht
riskieren, es wieder in ihrer Hosentasche zu vergessen, bevor sie
ihre gebrauchten Sachen für die Elfen zurechtlegte.
Hermione
öffnete so leise wie möglich die schwere Tür, damit ihr
nicht schon wieder ein Rüffel der strengen Bibliothekarin zuteil
wurde und machte sich auf die Suche nach einem Buch über Symbolik.
Mit dem Zeigefinger strich sie suchend an den Buchrücken
entlang. Da waren Bücher über Liebessymbole, Familienwappen,
Erdgebunde Symbole und endlich auch eines, welches sich mit
allgemeiner Symbolik befasste.
„Schmetterling- symbolisiert die
freie und unsterbliche Seele.", las sie flüsternd und
blätterte weiter zu den Symbolen mit dem Anfangsbuchstaben T. „
Tür- geschlossene Tür. Ein Durchgang wird verschlossen oder
unzugänglich gemacht .Geöffnete Türen symbolisieren
eine Pforte. Einen Übergang in andere Welten , Seelenzustände oder
Sphären."
„Hey Hermione, was liest du denn da?", sprach sie
von hinten plötzlich leise eine vertraute Stimme an und gleich
darauf tauchte der pinkfarbene Haarschopf von Tonks neben ihr
auf.
„Ach, nichts bestimmtes.", wiegelte Hermione ab und
klappte das Buch wieder zu. „ Mir ist nur langweilig, sonst
nichts." Tonks war eigentlich prädestiniert dafür, Geheimnisse
mit ihr zu teilen und doch wollte Hermione der netten Aurorin noch
nichts von dem Anhänger erzählen, wegen dem sie hier Recherchen zu
Symbolbedeutungen betrieb.
„Was tust du eigentlich hier?",
versuchte Hermione nun, dass Gespräch wieder von sich
abzulenken.
„Also, ich dachte…. Ach nichts. Mir ist
eigentlich auch nur ein bisschen langweilig.", antwortete Tonks
etwas zu umständlich und Hermione erkannte an ihrer rot überhauchten
Nasenspitze das sie ihr nicht ganz die Wahrheit gesagt hatte.
Nun,
sie würde wohl ihre Gründe haben, ebenso wie Hermione selbst und so
ging die Gryffindor nicht weiter auf Tonks` Beweggründe ein.
„Hast
du zufällig Professor Snape gesehen?", fragte die Aurorin nach
einer kurzen Pause, in der beide wie hypnotisiert einer trägen
Fliege zugesehen hatten, die sich mühsam über die Tischplatte
schleppte.
„Ja, heute schon zur Genüge!", muffelte Hermione
und verdrehte theatralisch die Augen, um ihre Worte visuell zu
bekräftigen.
„So tragisch?", hakte Tonks nach und grinste
Hermione dazu aufmunternd an.
„Dreißig Hauspunkte!", gab
diese grollend zurück und ließ das dicke Buch auf die Tischplatte
klatschen, wofür ein tadelndes Zischen vom Tisch der Bibliothekarin
zu ihnen herüberdrang.
„Auweh!", erwiderte ihr
Gegenüber im Flüsterton und Hermione fragte sich, ob es ein Zeichen
der Anteilnahme war, dass sich Tonks Haare Lila verfärbten.
„Die
paar Punkte holt ihr doch locker wieder auf. Sieh es mal positiv.
Nächsten Herbst hast du die Schule hinter dir und kannst dich auf
andere Dinge als auf verlorene oder gewonnene Hauspunkte
konzentrieren.", wandte sie nun tröstend ein.
Hermione verzog,
davon wenig begeistert, die Lippen und machte eine wegwerfende
Geste mit beiden Händen.
„Komm, blas nicht länger Trübsal.
Ich schau mal in die Küche. Hast du Lust mitzukommen?", wechselte
Tonks nun lächelnd das Thema und streckte Hermione auffordernd
ihre schmale Hand entgegen.
Ginny und Liza schliefen,
ihren ruhigen Atemzügen nach zu urteilen, bereits tief und fest.
Nur Hermione fand einfach nicht die nötige Ruhe. Immer wieder
wälzte sie sich unruhig von einer auf die andere Seite und wurde
dabei immer wieder unangenehm von der langen Kette behindert, welche
noch immer um ihren Hals hing. Einen Moment dachte sie daran, sie
einfach abzunehmen aber verwarf den Gedanken sofort wieder, als
sie an die neugierigen Fragen der beiden jüngeren Mädchen dachte,
die zweifellos kommen würden, wenn die Kette offen herumlag.
In
die Schublade ihres Nachttisches wollte sie Hermione ebenfalls
nicht legen. Nicht, dass sie hier einen Diebstahl befürchtete. Aber
da sie noch immer keine Ahnung hatte, was genau dies für ein
Schmuckstück war, wollte sie vorerst lieber nicht, dass jemand
wusste, dass sie es besaß.
So ließ sie die Kette einfach wo sie
war, nahm das Amulett jedoch in ihre Hand und schloss schützend ihre
Finger darum.
Wie an jedem Abend ließ sie auch diesen Tag
noch einmal Revue passieren. Dumbledores Bitte, die stundenlange
Suche auf dem überfüllten Dachboden, ihr seltsamer Fund, der
unangenehme Zwischenfall mit Snape und schließlich auch der
köstliche Kakao und das nette, freundschaftliche Gespräch mit
der Aurorin in der Küche.
Tonks war eine wirklich gute Zuhörerin
und eine warmherzige Freundin. Aber sie hatte auch leicht Reden. Sie
musste die Schule mit all ihren Höhen und Tiefen und vor allem
Snape, diesen Soziopathen von einem Professor, ja auch
nicht mehr ertragen. Sie war längst fertig mit der Schule und hatte
sich als Aurorin allgemeinen Respekt verschafft.
Hermione drehte
sich zur Seite und umschloss das Amulett dabei ein wenig
fester.
„Ach, am liebsten hätte ich das alles auch schon hinter
mir. Ich wünschte, ich könnte einfach mit ihr tauschen.",
murmelte Hermione leise, bevor sie dann endlich in einen tiefen
Schlaf fiel.
Die Wintersonne schien erstaunlich warm zu
ihr herein und ausgeruht öffnete Hermione die Augen am
nächsten Morgen wieder. Der Tag versprach schön zu werden,
vielleicht konnte man heute zur Abwechslung mal wieder vor die Tür,
ohne sich gleich irgendwelche Erfrierungen zu holen.
Eigentlich
ein perfekter Start für einen vielversprechenden Tag - aber
irgendetwas schien hier trotzdem falsch zu sein!
Das
kreisrunde Fenster, welches sich gegenüber ihrem Bett befand, wollte
ihr einfach nicht bekannt vorkommen. Ebenso wie all die anderen Möbel
in diesem Raum.
Das Zimmer war ebenfalls rund geschnitten und
erinnerte sie an ein Turmzimmer. Die Möbel waren nicht dunkelbraun
mit roten und gelben Stoffen, sondern irgendwie heller,
neutraler.
Verwirrt fuhr sich Hermione durch die Haare und
stutzte, als sie statt der langen, braunen Locken, die sie sonst
gewohnt war, kürzere und offensichtlich glatte Haare zu fassen
bekam.
Mit nur einem einzigen Satz war sie aus dem Bett und wenig
später wurde das Turmzimmer von einem gellenden Schrei
erschüttert.
Ungläubig blickte sie noch Minuten später
auf das Spiegelbild, welches ihr aus dem ovalen Holzrahmen
entgegen starrte.
Diese Haare ! Sie waren nicht nur viel kürzer
und glatter als ihre eigenen, sie waren obendrein auch noch leuchtend
pink!
Das schmale Gesicht mit den scharf geschwungenen
Augenbrauen, dem vollen Mund und den hohen Wangenknochen gehörte
unverkennbar zu Tonks. Trotzdem starrte es ihr aus dem Spiegel
entgegen, als sei es nie anders gewesen.
Hastig wandte sich
Hermione ab, als sie erkannte das der Körper, welcher nicht ihr
eigener war, außer einem reichlich knapp bemessenen Höschen
vollkommen nackt war.
Hermione war froh, das sie offensichtlich
niemand hören konnte, denn sie fluchte wie ein Droschkenkutscher,
während sie sich eilig in eine dünne Decke wickelte. Sie kam sich
unanständig dabei vor, einen fremden Körper derart anzustarren,
auch wenn sie momentan irgendwie in ihm steckte.
Die Frage war
nur, wie war sie hineingelangt?
Und, was noch viel wichtiger war,
wie kam sie wieder heraus?
„Keine Panik, Hermione!", sprach
sie sich mit zittriger Stimme selbst Mut zu. „ Es gibt für
alles eine logische Erklärung und eine Lösung."
Zitternd
setzte sie sich wieder auf das Bett und ging in Gedanken Schritt für
Schritt die möglichen Ursachen dieses Dilemmas durch, bis sie, von
einer Erkenntnis getroffen, wieder aufsprang und prüfend in den
Spiegel blickte.
„Das Amulett ist weg!", stellte sie mit
nun doch aufkommender Panik fest, als sie das Spiegelbild betrachtete
und an ihrem Hals nichts als nackte, rosige Haut erblickte.
Nach
einigen Augenblicken der Verzweiflung schien ihr Gehirn seine
Tätigkeit wieder aufzunehmen, denn ein logischer Gedanke verdrängte
die vorherrschende Verunsicherung.
„Hör auf zu spinnen und
fang an zu denken, Hermione!", schalt sie sich selbst und
schüttelte den Kopf über ihre eigene Dummheit.
„Natürlich
kann das Amulett nicht da sein, dies hier ist Tonks´ Körper.
Gestern aber hattest DU die Kette um deinen Hals."
Eine Woge der
Erleichterung durchflutete Hermione. Also war scheinbar
wenigstens die Ursache dieses Problems gefunden, auch wenn
ihreine dazu passende Lösung ungleich lieber gewesen wäre.
Die
Kette war also der Schlüssel. Sie hatte sich gestern Abend
leichtsinnigerweise gewünscht, mit der Aurorin tauschen zu können
und so wie es aussah, hatte das Amulett ihr diesen unbedachten
Wunsch auch prompt erfüllt.
„Wenn ich geahnt hätte, das das so
simpel ist, dann wäre ich bei meiner Auswahl etwas vorsichtiger
gewesen.", grummelte die Gryffindor und ließ matt die Schultern
sinken.
„Das darf doch jetzt alles nicht wahr sein.", jammerte
sie selbstmitleidig und voller neu aufkeimender Panik, womöglich den
Rest ihres Lebens in diesem Zustand ausharren zu müssen.
Die
Erkenntnis, dass sie mit Tonks den Körper getauscht hatte, bereitete
ihr aber noch aus einem anderen Grund Kopfzerbrechen.
Denn
offenbar war dadurch nun damit zu rechnen das irgendwo in
diesem Schloss Tonks in Hermiones Körper herumlief. Die Ärmste
hatte ja keine Ahnung was mit ihr geschehen war!
Hermione
schlüpfte eilig in die Sachen, die auf einem unordentlichen Haufen
in dem kleinen Bad herumlagen. Sie musste Tonks unbedingt
abfangen, bevor sie irgendwem davon erzählen konnte und womöglich
in Hermiones Körper irgendwelche Dummheiten anstellte!
Ein
schneller Blick in den Badezimmerspiegel offenbarte ihr, dass sie mit
dieser Frisur auf gar keinen Fall unter Menschen gehen konnte. Vorhin
hatte sie andere Sorgen gehabt und nun wirklich nicht auf den Sitz
der schreiend pinken Haare geachtet, die vorübergehend nun ihres
statt Tonks´ Haupt zierten.
Nun aber öffnete sie eilig
sämtliche Schubladen des Badezimmerschrankes, auf der Suche nach
etwas, dass ihr helfen würde, aus dieser farbenfrohen
Katastrophe etwas einigermaßen Ansehnliches zu machen. Alles
was sie fand war eine struppige Bürste und ein altes Zopfgummi,
welches unmöglich von Tonks stammen konnte.
Immerhin war es
besser als nichts und so band Hermione die auffällig gefärbten
Haare einfach zu einem kleinen Pferdeschwanz, aus dessen Seiten sich
die kürzeren Haare im Handumdrehen wieder heraus lösten und
seitlich ihr Gesicht umrahmten.
„Egal, ich hab Wichtigeres zu
tun.", sagte sie knapp zu ihrem Spiegelbild, durchquerte hastig den
Raum und zog die Tür zum Turmzimmer energisch hinter
sich ins Schloss.
Ihr erster Weg führte Hermione in
den Gryffindortrakt, wo sie hoffte, auf Tonks in ihrem eigenen Körper
und somit auf das Amulett zu treffen, um einen sofortigen Rücktausch
herbei zu wünschen und dem Spuk ein Ende zu machen.
Vor dem
Portrait der fetten Dame zeigte diese sich einen Moment lang
irritiert, gab das Portal allerdings frei, da die augenscheinlich
fremde Person im Besitz des korrekten Passworts war.
Hermione
durchquerte den Gemeinschaftsraum, der, dank des bereits laufenden
Unterrichts, vollkommen leer war und eilte die Stufen zu den
Mädchenzimmern hoch.
Sie hoffte das Tonks sich krank
gemeldet hatte oder wenigstens irgendeine andere Ausrede gefunden
hatte, nicht in den Unterricht gehen zu müssen, als sie bemerkt
hatte was geschehen war.
Die Aurorin war wirklich nett und
Hermione mochte sie gern. Aber einige knifflige Tests standen
unmittelbar bevor und Hermione wurde einen Augenblick lang schlecht
bei dem Gedanken, das Tonks an ihrer Stelle zu einer Vorprüfung
antreten müsste.
Etwas außer Atem stieß sie die Tür zu ihrem
Zimmer auf und wäre beinahe mit Ginny zusammengeprallt, die
offenbar gerade wieder gehen wollte.
„Wow..Tonks!", sagte
diese, als sie einen Schritt zurücksprang. „ Du hast es aber
eilig. Was tust du denn hier?"
„ Ich suche Hermione.",
antwortete Hermione und kam sich unendlich albern dabei vor.
„Oh,
die ist auf der Krankenstation. Ich habe gerade ein paar Sachen für
sie geholt.", entgegnete die Rothaarige nun etwas betrübt und
hielt eine kleine helle Stofftasche hoch, in der sich demnach einige
von Hermiones Habseligkeiten befanden.
„Auf der
Krankenstation?", widerholte Hermione und ihre leicht schrille
Tonlage konnte eine gewisse Panik nicht verleugnen.
„Ja, es
ist ganz merkwürdig. Sie war gestern noch ganz normal und heute
morgen ...", begann Ginny, brach dann ab und kniff mit betroffenem
Gesichtsausdruck die Lippen zu einer festen Linie zusammen, während
sie den Kopf schüttelte.
„Sie ist einfach nicht aufgewacht!",
fügte sie nach einem Moment hinzu und blinzelte eine sorgenvolle
Träne aus dem Augenwinkel.
Hermione fühlte, wie ihr Magen sich
zu einem festen Klumpen zusammenzog und mit deutlich wahrnehmbaren
Schwingungen etwas tiefer rutschte. Mühsam versuchte sie, das
gehörte zu sortieren und abermals den irrwitzigen Gedanken aus ihrem
Kopf zu vertreiben das ihr eigener Körper womöglich tot war und sie
nun den Rest ihres - Nein! Tonks` Leben in diesem, Tonks Körper
verbringen musste.
Wer vermochte schon zu sagen, welche
Nebenwirkungen solch ein unkontrollierter Zauber haben konnte?!
„Ich
muss jetzt los, Madame Pomfrey wartet auf mich.", ließ sich Ginny
nun vernehmen. „Kommst du mit?"
Irgendwie war es
gespenstisch!
Hermione stand an ihrem eigenen Krankenbett und
starrte wie paralysiert auf ihren Körper hinab, der fachmännisch
in die weißen Laken gebettet war und aussah wie eine
künstlich erschaffene Wachsfigur.
Ihre Haut war leicht marmoriert
und von einer merkwürdigen Blässe überzogen und sie schien sich in
einer Art Starre zu befinden, die selbst der erfahrenen
Schulkrankenschwester ein Rätsel war.
Hermione fühlte sich bei
diesem Anblick unangenehm an ihr Zusammentreffen mit dem Basilisken
und ihre darauffolgende zeitweilige Versteinerung vor einigen Jahren
zurückerinnert.
„Was ist denn los mit ihr?", versuchte
Hermione, äußerlich so ruhig und unbeteiligt wie möglich, etwas
über ihren eigenen Gesundheitszustand in Erfahrung zu bringen.
Die
Heilerin senkte nur wortlos den Kopf und Hermione hätte sie am
liebsten an den Schultern gepackt und geschüttelt, um irgendetwas
aus ihr heraus zu bekommen, doch sie hielt sich zurück und nickte
statt dessen erstaunlich gefasst.
Obwohl all ihre Gedanken
brodelten und sich innerlich nur darum drehten, was mit ihrem Körper
und mit der darin befindlichen Seele von Tonks geschehen war, würde
es niemandem nützen , wenn sie hier vollkommen außer sich geriet.
Systematisches Vorgehen war gefragt und darin war sie gut.
„Sie
beide sollten jetzt besser gehen, Sie können ja doch nichts tun.",
sagte Madame Pomfrey dann doch noch etwas.
Leider war es absolut
nicht das, was Hermione hatte hören wollen, denn gerade hatte sie
gedanklich an einem Plan gefeilt, der es ihr ermöglichte, einen
Moment lang mit ihrem Körper allein sein zu können und so die
Möglichkeit zu bekommen, das verflixte Amulett an sich zu nehmen.
Vielleicht konnte sie dann den Zauber mit ein bisschen Glück
wieder rückgängig machen, ohne dass jemand merkte, was vorgefallen
war.
„Kann ich nicht noch ein wenig hierbleiben?", versuchte
sie, ihr Vorhaben doch noch in die Tat umzusetzen, hatte aber bei der
resoluten Krankenschwester von vornherein keine Chance.
„ Auch
als Aurorin können Sie nichts für die arme Miss Granger tun .Also
können Sie genauso gut gehen.", erstickte sie Hermiones
kläglichen Versuch im Keim und schob die beiden Besucher, ohne
weitere Argumente abzuwarten, in Richtung Ausgang.
„Wir werden
jemanden hinzuziehen, der sich damit auskennt.", ließ sie sich
vernehmen, als sie die Tür zur Krankenstation erreicht hatten.
„
Nun gehen Sie. Ich habe zu tun und die Patientin braucht Ruhe!",
bestimmte sie und schloss Hermione und Ginny die Tür vor der
Nase.
„Als hätte sie nicht schon genug Ruhe!", schimpfte
Ginny, als sie sich schließlich auf den Weg machten und die
Krankenstation hinter sich ließen und fing sich dafür einen
empörten Blick ihrer Weggefährtin ein.
„Aaaah, Tonks !
Gut dass ich dich treffe !"
Dieser an sich völlig harmlose Satz
ließ Hermione, auf dem Rückweg vom Mittagessen, welches sie auf
Tonks Platz am Tisch der Besucher eingenommen hatte, wie nach einem
Peitschenhieb zusammenzucken.
Die freundlichen Worte stammten
nämlich von einer, ihr wohlbekannten Person, auf die Hermione
allerdings unter gar keinen Umständen hatte treffen wollen.
Wenigstens nicht außerhalb der großen Halle, wo er weit genug weg
saß , um sich mit ihr zu unterhalten.
„Ich freue mich sehr,
dass du wieder einmal in Hogwarts bist.", sagte die erfreute Stimme
von Albus Dumbledore nun, der sie inzwischen eingeholt und seine Hand
fürsorglich auf ihren Arm gelegt hatte.
Hermione lächelte nur
gequält, da sie zu ihrer Stimme momentan nicht genug Vertrauen
hatte, um ihm zu antworten.
„Es tut mir leid, wenn ich dich
gestern habe warten lassen. Ich musste leider unvorhergesehen noch
einige Dinge erledigen. Aber da wir uns nun hier schon über
den Weg laufen, können wir das Versäumnis eigentlich ja auch gleich
nachholen.", ließ er sich nun vernehmen und lächelte sie
gewinnend an.
`Über den Weg laufen!`, dachte Hermione und verzog
die Lippen , als hätte sie in eine Zitrone gebissen. `Nett
umschrieben! Er hat mir heimtückisch aufgelauert!`
Bevor sie sich
dessen richtig gewahr wurde, hatte er sie bereits in sein Büro
bugsiert und sie durch ein lebensgroßes Gemälde in einen kleineren
Raum dahinter dirigiert, in dem sich ein weiterer Kamin und eine
gemütliche Sitzgruppe befanden.
Unbehaglich sah sie sich um,
während der Magier geschäftig eine silberne Metalldose anschleppte
und Hermione schon im nächsten Moment zwei große Tassen dampfenden
Tees auf dem kleinen eckigen Tisch erblickte, der zwischen den vier
Ledersesseln stand.
Das sie dem Direktor nun einfach so wieder
entkommen würde, darüber machte sie sich absolut keine Illusionen ,
denn Albus Dumbledore hatte, so nett und arglos er auch scheinen
mochte, eine Art an sich, bei der man nicht einmal auf die Idee kam,
ihm zu widersprechen.
Das war jedenfalls bei ihr immer schon so
gewesen. Er schaffte es mühelos, ein Gebot in eine Bitte zu
verpacken und so selbst Kritik wie ein Lob klingen zu lassen… er
war wahrhaftig ein Meister der unterbewussten
Manipulation.
Genau aus diesem Grund hatte sie ihm noch
niemals eine Bitte abschlagen können und diese Tatsache war
wiederum dafür verantwortlich, dass sie nun in dieser misslichen
Lage steckte.
„So, ich weiß ja, du hast hier noch anderweitige
Verpflichtungen.", sagte er, bevor er sich ein
schokoladen-ummanteltes Plätzchen aus der Metalldose in den
Mund schob und ihr vergnüglich zuzwinkerte.
„Deshalb würde ich
sagen, wir kommen gleich zum Grund dieses Gesprächs.", fuhr er
fort, nachdem der Keks vollständig gegessen war und er sich ein
weiteres Plätzchen nahm.
Hermione hatte absolut keine Ahnung,
was Dumbledore mit dieser Anspielung auf weitere Pflichten meinte,
nickte aber tapfer und nahm die Teetasse zwischen beide Hände.
Sie
hoffte inständig, dass er ihr vielleicht unbeabsichtigt erklären
würde, weshalb sie hier war, damit sie nicht in die peinliche
Situation kam, danach fragen zu müssen.
„Also, was denkst du
nun über die neuen Schutzmechanismen der Schule? Hast du inzwischen
alle testen können?", fragte der Schulleiter nun zu ihrer
Erleichterung und sein Blick zeigte unverhohlene
Anspannung.
Natürlich hatte auch Hermione über die jüngsten
Versuche der übriggebliebenen Todesser gehört, welche sich nach
Voldemorts Fall neu organisiert hatten und immer wieder versuchten ,
sich Zutritt zum Gelände der Schule zu verschaffen.
Dumbledore
hatte, wie man munkelte, einiges an Zauberkunst aufgewandt, um
Hogwarts zu schützen und Hermione bedauerte nun, dass sie nicht
gleich nach der Begrüßung ihre Tarnung auffliegen lassen hatte
und bei Dumbledore Rat gesucht hatte.
Stattdessen hatte sie diese
Gelegenheit ungenutzt verstreichen lassen und sah sich nun mit
dem wohl heikelsten Gespräch ihres bisherigen Lebens
konfrontiert.
Hermione hatte von den genauen Abläufen bei der
Arbeit einer Aurorin in etwa soviel Ahnung wie ein Hippogreif vom
Kartoffelschälen und das sie nun offenbar eine
Verteidigungsstrategie aus dem Ärmel zaubern sollte, überforderte
sie vollkommen.
„Ich..denke..", begann sie ein wenig
umständlich und rutschte unbehaglich auf dem Sessel hin und her,
während sie in Gedanken immer wieder Dumbledores Frage Revue
passieren ließ, bis derselbe ihr nach einer peinlichen Pause
unvermittelt zu Hilfe kam , indem er gnädig lächelte und den Kopf
schüttelte.
„Ich hab mir schon gedacht das du anderweitig
aufgehalten wurdest.", machte er eine ähnliche Anspielung wie
schon zu Beginn ihres Gesprächs und nippte dann an seinem
Tee.
Hermione war gerettet! Sie musste ihn nur in dem Glauben
lassen das sie, weshalb auch immer er meinte, noch nicht dazu
gekommen war, sämtliche Banne zu überprüfen.
„Ja.", sagte
sie etwas zittrig und legte ihre gesamte Erleichterung über diese
glückliche Fügung in dieses eine Wort.
„Nun ja, bisher ist es
ihnen nicht gelungen, in die Schule einzudringen und sie zu besetzen
aber du solltest deine Pflichten nicht mehr allzu lange vor dir
herschieben, Tonks.", sagte Dumbledore nun mahnend und Hermione
hatte trotz seines eindringlichen aber freundlichen Tonfalls den
Eindruck, gerade einen ziemlichen Rüffel bekommen zu haben.
Im
weiteren Verlauf des Gesprächs , welches nun etwas flüssiger und
freundschaftlicher wurde, schaffte sie es immer wieder, sich mit
einigem Glück und Verstand durch zu mogeln , ohne das der
Schulleiter stutzig wurde.
„Und ehe ich es vergesse…" hob er
zu einem letzten Satz an, als Hermione später die Hand schon auf der
Türklinke hatte, um endlich Dumbledores Büro zu verlassen.
Zögernd
wandte sich noch einmal zu ihm um und versuchte äußerlich so
gefasst wie möglich zu wirken, doch innerlich bebte sie vor
bangem Erwarten, längst von ihm entlarvt worden zu sein.
„Dein
Tipp hat mir bei Minerva übrigens sehr geholfen.", ließ sich der
alte Magier nun mit einem Augenzwinkern vernehmen und strich sich mit
einer unverkennbar zufriedenen Geste über den langen weißen Bart.
Hermione hatte das Gefühl, plötzlich auf Wackelpudding zu
stehen und hielt sich krampfhaft am Tür-Knauf fest, um nicht einfach
umzukippen. All die innere Anspannung löste sich schlagartig auf und
machte einem Gefühl der Verzweiflung Platz.
Sie hatte all
die Ereignisse des heutigen Tages mit erstaunlicher Fassung getragen
aber wenn der Schulleiter jetzt noch vorhatte, sie in private
Details aus seinem Liebesleben einzuweihen konnte sie für nichts
mehr garantieren!
„Das..öhm..freut mich
außerordentlich..Albus.", brachte sie dennoch tapfer hervor,
nachdem sie die entstandene Pause genutzt hatte, um sich zu
sammeln.
Dumbledore grinste noch immer, als sie sich schließlich
entschuldigte und beinahe fluchtartig das Büro
verließ.
Erleichtert darüber, dass sie das
Gespräch zwar geistig reichlich ausgelaugt aber ansonsten
unversehrt und vor allem unerkannt hinter sich gebracht hatte, ging
sie am frühen Nachmittag ohne besondere Eile wieder in Richtung der
Bibliothek.
Sie hatte zwar noch vor dem Essen bereits einige
Nachforschungen betrieben aber bisher keinen wirklich
aufschlussreichen Hinweis auf das Umkehren eines solchen
Zaubers gefunden.
Madame Pince warf ihr einen kritischen Blick zu,
hatte aber angesichts ihres bekümmerten Gesichtsausdrucks offenbar
Mitleid und ließ sie ohne Kommentar zu einem der hinteren Tische
schleichen.
Hermione blätterte zuerst konzentriert und dann immer
weniger aufmerksam durch die dicken Wälzer über Objekt-
und Entitäts-Magie, bis sie sich irgendwann nach vorn auf ihre Arme
lehnte und einnickte.
Der schwere graue Himmel hatte sich
bereits erheblich verdunkelt, als sie das nächste Mal aufsah. Die
Bücher hatten sie zunächst zwar interessiert aber je mehr sie las,
desto undurchsichtiger schienen die Gesetze dieser Art Magie zu
werden und so hatte die Thematik sie schließlich sanft
eingeschläfert.
Offenbar war sie inzwischen, neben der
Bibliothekarin, welche bereits fast alle Lichter gelöscht hatte, der
letzte Gast in der Bibliothek.
Sie klappte das Buch zu und
stellte es an seinen Platz im Regal zurück, bevor sie Madame Pince
höflich zunickte und steifbeinig die Bibliothek verließ.
Das
heikle Gespräch mit dem Schulleiter hatte sie anscheinend so
ausgelaugt, dass sie sogar das Abendessen verschlafen hatte.
Hermione nahm sich vor, kurz auf Tonks Zimmer zu gehen, zu
duschen und danach den Weg in die Küche einzuschlagen, um die Elfen
um ein verspätetes Sandwich zu bitten.
So war sie einige Zeit
später mit, inzwischen beträchtlich knurrendem Magen, auf dem Weg
in die Küche, als sie kerzengerade der nächsten Katastrophe in die
Arme lief, die diesmal in Gestalt von Minerva McGonagall Hermiones
Weg kreuzte.
„Hallo Tonks", rief diese begeistert und der
Unterton in ihrer Stimme ließ Hermione sofort das ungute Gefühl in
ihrer Magengrube widererlangen, welches sie zuletzt im Büro des
Schulleiters gespürt hatte und das eindeutig nicht vom versäumten
Abendessen herrührte.
„H..Hallo..", gab Hermione zurück,
unsicher darüber , wie sie die Professorin ansprechen sollte.
Offensichtlich unterhielt Tonks zu Dumbledore ein ziemlich vertrautes
Verhältnis. Wenn dem bei Minerva McGonagall auch so war, konnte
Hermione sie ruhig mit dem Vornamen ansprechen. Wenn nicht, würde
sie sich damit gewaltig in die Nesseln setzen.
„Ich hab dich
beim Abendessen schon vermisst." , ließ sich die Schottin nun
vernehmen und legte mütterlich den Arm um Hermiones Schulter. „..und
nicht nur ich.", fügte sie lächelnd hinzu und Hermione fragte
sich zum widerholten Male an diesem Tag, was mit diesen Andeutungen
gemeint war.
Doch für den Moment kam sie nicht dazu , sich
eingehend darüber Gedanken zu machen, denn bevor sie protestieren
konnte, hatte Minerva sie bereits durch eine dicke Mahagonitür
geschoben und diese hinter ihnen geschlossen.
„Ach, ich freue
mich das du wieder einmal Zeit hast, ein wenig mit mir zu plaudern.",
begann die Professorin nun ein Gespräch, welches bisher nicht
wirklich zustande gekommen war. Hermione fühlte sich sehr
unbehaglich in dem kleinen Raum, der sich inzwischen als Minervas
privates Wohnzimmer herausgestellt hatte.
„So, einen schönen
Sherry…wie immer." Minerva stellte ein Glas mit goldfarbener,
öliger Flüssigkeit vor ihrem unfreiwilligen Gast ab.
„Ich
hatte eigentlich gehofft das du schon eher den Weg zu mir finden
würdest , aber wie gewöhnlich hat sich Albus wieder schamlos
vorgedrängelt, nicht wahr ?", fuhr die Hauslehrerin nun mit mild
amüsiertem Ton fort und setzte sich ihr gegenüber, womit für
Hermione nun auch die letzte Möglichkeit vertan war, den Irrtum über
Sein und Schein aufzuklären und sich ihrer Professorin
anzuvertrauen.
Sie nahm stattdessen einen kräftigen Schluck von
dem angebotenen Getränk, um ihre Antwort schuldig bleiben zu können
und musste im nächsten Moment alle verfügbare Energie mobilisieren,
um die schmerzhaft brennende Flüssigkeit nicht augenblicklich wieder
heraus zu husten.
Hermione war kein Kind mehr … das schon lange
nicht mehr. Dennoch war sie es nicht gewohnt, Alkohol zu trinken und
die süßlich scharfe Flüssigkeit, die quälend langsam ihre Kehle
hinab rann, war definitiv das stärkste, mit dem sie bisher in
Berührung gekommen war.
„Aaah, das tut gut.", bemerkte
Minerva lächelnd und stellte ihrerseits das halbvolle Glas vor sich
auf den kleinen Glastisch.
Hermione nickte gequält und dachte
einen winzigen Moment daran, ihre Maskerade doch noch fallen zu
lassen.
Was, wenn sie es nicht schaffte, das Amulett an sich zu
bringen? Was, wenn sie allein keinen Weg fände, den Zauber
umzukehren ?
Was würde das für ein Bild auf sie werfen? Nicht
nur, dass sie einen- mit Sicherheit verbotenen Zauber- aktiviert
hatte, sie gab sich für eine Person aus, die sie gar nicht war und
falls sie doch später irgendwen um Hilfe bitten musste, konnte sie
das in ziemliche Schwierigkeiten bringen.
„ Ich muss etwas
beichten…", machte Hermione einen zaghaften Versuch, den Wahnsinn
zu beenden und ihrem strapazierten Gewissen Tribut zu zollen, wurde
aber von Minerva ungerührt unterbrochen, die offenbar keinen
Verdachte hegte.
„Ich weiß , ich weiß.." , wiegelte sie ab
und machte eine wegwerfende Handbewegung, die Hermione das Blut in
den Adern stocken ließ.
„Albus hat mir schon berichtet, dass
du die neuen Banne noch nicht überprüft hast", nahm das Gespräch
doch plötzlich eine vollkommen andere Wendung als die
erwartete.
Einerseits war sie erleichtert, dass auch Minerva Mc
Gonagall sie nicht durchschaut zu haben schien- andererseits war
hiermit nun auch die letzte Gelegenheit für die Wahrheit vertan und
Hermione fügte sich betrübt nickend ihrem Geschick.
„Du weißt,
meine Liebe, das ich so etwas eigentlich nicht gutheißen kann.. aber
ich versteh dich und das direkte Prüfen ist ja sowieso nur noch eine
weitere Vorsichtsmaßnahme..", fuhr Minerva fort und füllte
zu Hermiones entsetzen deren Glas wieder vollständig auf.
„Aber
lass uns von etwas anderem sprechen.", hob die Schottin nun an und
ihr Tonfall ließ ein erneutes Unbehagen in Hermiones Eingeweiden
rumoren.
„Es gibt da etwas, zu dem ich deine Meinung hören
möchte.."
****
Der Abend war lang gewesen und Hermione
schwirrte gehörig der Kopf, als sie spät abends das Wohnzimmer der
Frau verließ, die sie heute Abend wie eine Vertraute behandelt hatte
und die eigentlich nur ihreHauslehrerin war.
Ein bisschen schämte
sie sich dafür, all die privaten Dinge erfahren zu haben, die
Minerva Mc Gonagall ihr in gutgläubiger Absicht anvertraut hatte.
Doch sie wusste auch das sie keine andere Wahl mehr gehabt hatte,als
die Scharade mitzuspielen so gut es eben ging.
Hermione versuchte
die Gedanken zu verdrängen und sich darauf zu konzentrieren, welchen
Weg sie ins Turmzimmer einschlagen musste. Die Treppe vor ihr war
schmal und führte vielversprechend in die richtige Richtung, doch
kaum da sie sie halb überwunden hatte, drehte sie sich und schloss
sich einer freistehenden Wendeltreppe an.
Seufzend schritt
Hermione von ihrer Treppe hinüber auf die schmale Plattform der
Wendeltreppe, die außer abwärts, nirgendwohin zu führen schien,
denn weitere Stufen nach oben gab es nicht und so blieb ihr keine
Wahl, als sich auf den steilen Abstieg zu begeben.
Angesichts des
stetig aufgefüllten Sherryglases, welches, sosehr sie sich auch
bemüht hatte- niemals ganz leer wurde, kein ungefährliches
Unterfangen.
Hermione spürte deutlich, dass sie Kopfschmerzen
bekommen würde und stieg leise fluchend Stufe für Stufe in immer
schwärzer werdende Dunkelheit hinab.
Am Fuße der
Wendeltreppe angelangt dauerte es einen Moment bis sie richtig
realisierte, wo sie sich befand.
Die groben Steinwände und die
Fackeln an den Mauern ..dies alles kannte sie nur zu gut von ihren
bisherigen Unterrichtsstunden in Zaubertranklehre, die in einem der
vorderen Kerkerräume stattgefunden hatten.
Sie dachte daran, die
Treppe, über die sie gekommen war einfach wieder hinauf zu
steigen, überlegte es sich beim Anblick der Stufen jedoch anders.
Sie hatte für heute erst einmal genug von anarchisch drehenden
Treppen. Wer weiß ob es ganz oben inzwischen eine Verbindung zu
irgendeinem Stockwerk gab?
Auf der kleinen Plattform in
schwindelerregender Höhe fest zu sitzen war keine verlockende
Vorstellung und so entscheid sie sich für die Flucht nach vorn.
Sie
würde einfach durch den Kerker bis nach vorne zum Aufgang und dann
durch den Eingangsbereich des Schlosses gehen. Irgendwann würde sie
dann wohlbehalten in dem kleinen Turmzimmer ankommen, welches ihr
auch heute Nacht als Schlafstätte dienen musste.
Tagsüber war
der Kerker schon recht unheimlich aber nachts verstärkte sich dieser
Effekt noch um ein Vielfaches. Lange Schatten und verzerrte
Umrisse ließen den düsteren Gang bedrohlich eng, höhlenartig und
beinahe unendlich erscheinen und Hermione wünschte sich , sie hätte
doch den anderen Weg gewählt, doch die Treppen in diesem Schloss
waren launisch und so waren die Stufen bereits wieder woanders hin
verschwunden.
So blieb ihr keine Wahl, als sich ihren Ängsten zu
stellen und den Gang durch den bedrohlich wirkenden Kerker so schnell
wie möglich hinter sich zu bringen. Automatisch bewegte sie sich,
der Furcht die sie empfand entsprechend, vorsichtig und wachsam
durch den halbdunklen Flur. Die grausigsten Szenen aller
Grusel- und Horrorstreifen, die sie je gesehen hatte, erwachten in
ihrer Phantasie wieder zum Leben und ließen sie bei jedem
Knacken, welches die wenigen Fackeln von sich gaben, erschrocken
zusammen zucken. Schattenhafte Gestalten mit scheußlichen
Mordwerkzeugen schienen in jeder Nische zu lauern und eiskalte Hände
schienen nach ihr zu greifen…
Zitternd bewegte sie sich weiter
und wurde im nächsten Moment von einem schauerlichen Grunzen direkt
neben ihr derart erschreckt, das ihr ein panischer Aufschrei
entfuhr, mit dem sich die psychische Anspannung, unter der sie stand,
verbal entlud.
Mit wild trommelndem Herzschlag duckte sich
Hermione instinktiv und sah sich nach der Quelle des Geräusches
um.
Der dicke borstige Keiler im Bilderrahmen neben ihr blinzelte
verschlafen, grummelte kurz, rollte sich wieder ein und schlief
friedlich weiter.
Sie war vor einem Bild erschrocken! Einem blöden
Bild.
Beinahe hätte Hermione über diese alberne Szene und über
ihre eigene vollkommen überzogene Angst gelacht, wäre nicht in
diesem Moment die Holztür direkt vor ihr leise knarrend geöffnet
worden.
`Oh mein Gott ! Bitte nicht ausgerechnet ER!`, dachte sie
matt und sah sich panisch nach einer Fluchtmöglichkeit um, obwohl
sie im selben Moment registrierte, dass es bereits zu spät war..
viel zu spät. Sie hätte schon die Beine in die Hand nehmen müssen,
als sie aufgeschrien hatte und nicht einmal da wäre sie der
Katastrophe, auf die sie nun unweigerlich zusteuerte, noch
entkommen.
„Shht. Du weckst ja das halbe Schloss auf!",
zischte wenige Augenblicke später die Stimme des großgewachsenen
Mannes, dessen dunkle Gestalt nun eilig auf sie zutrat, sie am Arm
packte und zu sich umdrehte.
Hermione wagte kaum zu atmen als sie
ihre erste Befürchtung bestätigt sah, dass niemand anderes als
Snape ihr nun erschreckend nahe gegenüberstand und ihr im
Lichtschein der geöffneten Tür sekundenlang und intensiv direkt in
die Augen blickte, bevor er sie ohne weitere Umschweife mit sich
zog.
Bevor sie reagieren konnte, wurde die Tür hinter ihr wieder
geschlossen und soweit sie beurteilen konnte, war der Spruch,
den sie nun hörte eine Art Versiegelung für die selbige.
Wie ein
Reh, das vom Scheinwerferlicht geblendet wird, stand Hermione
vollkommen reglos da, wurde gleich darauf von kräftigen Armen
umfangen und sah zu ihrem großen Entsetzen nun ein schmales Paar
Lippen auf sich zukommen- Snapes Lippen!
Die Berührung war
unerwartet sanft und warm, doch noch immer wagte sie nicht, sich zu
bewegen und stand, stocksteif seinen Kuss erduldend, in seiner
Umarmung.
„Was ist denn los? Du siehst aus, als hättest du
einen Geist gesehen.", fragte er nun, nachdem er sich von ihrem
Mund gelöst hatte und sie prüfend ansah.
„Gar nichts. Ich war
nur überrascht.", antwortete sie geistesgegenwärtig. Sie
durfte sich jetzt auf gar keinen Fall verraten oder Snapes
Misstrauen erwecken. Hermione kannte seinen Zorn gut genug, um zu
wissen dass eine Enttarnung für sie verheerende Folgen haben würde.
Snape würde ihr sicherlich kein Wort von dem seltsamen Zauber,
dem sie ausgesetzt war, glauben und sie mit aller ihm zur Verfügung
stehenden Konsequenz bestrafen.
Dieser Tag an sich, war schon
schlimm genug gewesen, da brauchte es nicht noch eine zusätzliche
Disziplinierung. Außerdem drohte das, was sich hier gerade
abspielte, sowieso allem bisherigen den Rang in der Hitliste der
haarsträubendsten Erlebnisse abzulaufen!
Sie hatte sich in einem
anderen Körper selbst auf der Krankenstation besucht, in ihrem
geborgten Rang als Aurorin mit Dumbledore über die Sicherheit der
Schule beratschlagt und anschließend als gute Freundin mit Minerva
Mc Gonagall über sehr persönliche Dinge gesprochen , die sie lieber
ganz ganz schnell wieder vergessen wollte und nun wurde sie von Snape
mitten auf den Mund geküsst!
`Eigentlich kann es nun nicht
mehr schlimmer kommen!`, dachte Hermione im Stillen und überlegte
fieberhaft, wie sie sich am unauffälligsten aus der Affäre ziehen
konnte, während die Lippen ihres Zaubertrankprofessors wieder die
Ihren berührten.
Als sich jedoch die Hände, die bisher ihre
Schultern umfasst hatten , nun langsam aber eindeutig nach unten
bewegten und an den seitlichen Rundungen ihrer Brüste
liegenblieben , wurde ihr zum ersten Mal bewusst das sie ein echtes
Problem hatte!
Hermione musste einsehen, dass sie sich bezüglich
des Punktes geirrt hatte, an dem sie dachte das Tonks und Snape
nichts mehr miteinander zu tun hatten.
Offenbar unterhielten sie
allerdings ein sehr vertrautes Verhältnis, welches über eine
Freundschaft weit hinaus ging, und gerade jetzt schien der Mann vor
ihr davon auszugehen, dass sie seine Avancen erwiderte.
Snape
konnte doch jetzt nicht allen ernstes erwarten, dass….
Hermiones
Magen zog sich zu einem harten Klumpen zusammen und ihr gegenwärtiger
Körper machte sich bereit für eine rettende Ohnmacht, die sie im
letzten Moment jedoch tapfer bekämpfte.
Nein! Irgendwie war sie
noch immer aus prekären Situationen entkommen. Vielleicht ließ sich
zunächst ein Aufschub erringen, der ihr die Zeit für einen
durchführbaren aber unauffälligen Plan gab.
„Können wir
vielleicht erstmal was trinken?", fragte sie und bemühte sich,
sich ihre Scheu nicht anmerken zu lassen, als sie ihm ihre Hände in
den Nacken legte.
Snape grinste und Hermione war ehrlich
überrascht davon, wie freundlich ihn diese kleine Geste wirken
ließ.
„Was willst du denn?", fragte er dann, nachdem er sich
von ihr gelöst hatte und einen kleinen Schrank öffnete, in dem sich
allerlei Flaschen befanden.
Ein Mineralwasser. Ja , ein
prickelnder Sprudel würde ihren schmerzhaft ziehenden Kopf
erfrischen und wäre zudem eine willkommene Abwechslung zu dem
schweren Sherry , den Professor Mc Gonagall ihr serviert hatte, und
der noch immer wie zäher Honig an ihrer Zunge zu kleben schien. Ein
Wasser wäre also genau das richtige, um den Geschmack fortzuspülen.
Leider ein unerfüllbarer Wunsch im Moment.
Was trank Tonks wohl
sonst, wenn sie Snape besuchte? Zu Hermiones Bedauern wohl sicherlich
kein Wasser.
„Das übliche.", antwortete sie daher und hoffte
inständig das ihr Gastgeber mit dieser unspezifischen Bestellung
etwas anzufangen wusste. Snape zog kritisch die Augenbrauen nach
oben, machte sich aber kommentarlos ans Werk.
Die entstandene
Pause ermöglichte es ihr, sich rasch ein wenig umzusehen und zu
orientieren. Immerhin musste Tonks schon öfter hier gewesen sein und
so war es sicherlich von Vorteil, nicht dadurch aufzufallen, das sie
nicht wusste, wo die Gläser standen.
Der Raum wurde von dunklen
Holzmöbeln und hellen Stoffen in frischen Farben dominiert, die
Wände waren mit einigen Landschaftsaufnahmen geschmückt und
teilweise von mehreren deckenhohen Regalen bedeckt, die
vor Papieren , Büchern und verschiedenen Gegenständen nur so
überquollen.
Ein kleiner Kamin strahlte eine angenehme Wärme ab
verschiedene Lichtquellen schufen eine diffuse heimelige Atmosphäre.
Hermione versuchte sich so selbstsicher wie möglich durch den
fremden Raum zu bewegen und setzte sich schließlich auf das
breite helle Sofa, das mit einigen Kissen und einer bunten Decke sehr
einladend wirkte.
Sie hatte einige Male gesehen, dass Tonks gern
im Schneidersitz saß und beeilte sich, diese Position ebenfalls
einzunehmen. Noch immer war ihr kein passender Plan eingefallen, sich
aus dieser Situation heraus zu winden, denn Snape hatte die Tür
magisch verschlossen, wie er es anscheinend immer tat, wenn Tonks
hierherkam, und eine andere Möglichkeit hatte sich bisher nicht
aufgetan.
Im nächsten Augenblick kam ihr Zaubertränkelehrer mit
zwei hohen, bauchigen Gläsern zurück, wovon er ihr schweigend eines
hinhielt und sich dann beunruhigend nahe neben sie setzte.
„Danke.",
gab sie einsilbig zurück, während sie das schwere Gefäß mit
beiden Händen balancierte. Das Snape so auffällig ihre Nähe
suchte, beunruhigte Hermione nun doch erheblich mehr, als sie sich
selbst eingestehen wollte.
„Na dann...", sagte er nach einem
Moment der Stille und prostete ihr zu, bevor er das Glas an die
Lippen führte.
Hermione erwiderte so unbefangen lächelnd wie es
ihr möglich war, den Gruß und tat es ihm gleich.
Im nächsten
Augenblick unterdrückte sie auch diesmal mit aller Macht den
aufkommenden Drang, den Mund voll Flüssigkeit umgehend wieder zurück
in ihr Glas zu befördern.
Es schmeckte nach Milch, Pfeffer,
Honigwein und unverkennbar einem ziemlich großzügigen Schuss
Absinth, aber trotzdem stimmig und leicht fruchtig. Tapfer schluckte
Hermione das merkwürdige Getränk und ignorierte das die feinen
Härchen auf ihren Armen sich protestierend aufstellten und ihr ein
kribbeliger Schauer über den Rücken kroch.
Nie zuvor hatte sie
etwas Vergleichbares getrunken.
Natürlich konnte sie keinesfalls
fragen, was genau Snape ihr da aufgetischt hatte, immerhin hatte sie
selbst es bestellt und so nickte sie ihm anerkennend zu und zwang
sich , abermals einen großen Schluck zu nehmen, auch wenn das
bittere lakritzartige Aroma ihr noch immer im Hals brannte und
ihre, von Minervas Sherry geschundene Kehle nicht zur Ruhe kommen
liess.
Snape strahlte eine körperliche Wärme aus, die
ihr auf unheimliche Art und Weise angenehm zu werden begann. Die
inzwischen vorgerückte Stunde, der Sherry-Konsum bei Minerva und ein
weiteres Glas der merkwürdigen Getränkemischung von Snape hatten
wahrscheinlich einen nicht gerade geringen Anteil an diesem
Gefallen.
Sie hatten in der letzten Stunde über vieles gesprochen
und Hermione war sämtlichen Göttern die ihr einfielen dankbar
dafür, dass sie bei diesem Gespräch auch ein wenig auf das Wissen
zurückgreifen konnte, welches Dumbledore und Mc Gonagall ihr heute
unabsichtlich mitgegeben hatten. Snape jedenfalls schien
glücklicherweise keinen Verdacht zu schöpfen.
Unvermittelt
fühlte sie seine Hand an ihrem Oberschenkel und wurde erst in diesem
Moment wieder gewahr, was er sich erhoffte. Statt zu überlegen wie
sie dieses Problem loswurde, hatte sie eine ganze Stunde damit
verplempert, sich mit ihm über Belangloses zu unterhalten. Nur würde
Snape ihr wohl keinen weiteren Aufschub gewähren, denn so
selbstverständlich wie er sie berührte, war diese Art der Zuneigung
keinesfalls einseitig und er war es wohl gewohnt, sein Ziel zu
erreichen.
Hermione war wirklich nicht prüde und das Abenteuer,
welches dieser Abend zweifellos mit sich bringen würde, reizten sie.
Andererseits wartete seit diesem Sommer zuhause ein junger Mann
namens Levin auf sie - ihr Freund. Sie kannte ihn schon aus
Kindertagen und obwohl er über keinerlei magische Kräfte verfügte
und nur wusste, dass Hermione in einem weit entfernten Internat zur
Schule ging, hatte sie sich in Levin verliebt und sich auf eine
Beziehung eingelassen.
Trotzdem… so eine Gelegenheit kam nie
wieder! Sie war schließlich eine Gryffindor und hatte genug Mut und
Abenteuerlust in sich, um Levin für diesen einen Abend in den
hintersten Winkel ihres Bewusstseins zu verdrängen und sich
stattdessen auf die schlanke Hand zu konzentrieren, die sie jetzt
berührte.
Eben diese Hand war inzwischen über ihren Oberschenkel
nach oben gewandert und Hermione sog scharf den Atem ein, als er ihre
Mitte berührte und mit langsamer Bewegung darüber strich.
Er
legte es also tatsächlich darauf an, mit ihr zu schlafen! Zu ihrem
Erstaunen musste Hermione feststellen, das diese Vorstellung ihr dank
der Situation und des reichlichen Alkoholpegels begann, ihr zu
gefallen.
Die Berührungen seiner schmalen Finger, die nun ihren
Schoß verlassen hatten und sich einen Weg unter den eng anliegenden
Pullover suchten, waren ihr keinesfalls so unangenehm wie sie
vermutet hatte und tatsächlich erregte sie die Vorstellung ,
dass er eigentlich nicht wusste, wen er vor sich hatte,
ungemein.
Hatte er sie gestern Nachmittag noch wie ein dümmliches
Kind behandelt, sprachen seine Hände nun eine ganz andere Sprache.
Dass dem gewohnten Körper diesmal eine andere Seele innewohnte,
schien er glücklicherweise noch immer nicht bemerkt zu haben,
und Hermione war überaus entzückt von den Empfindungen, die dieser
Mann ihr mit seinen wenigen gezielten Berührungen schenkte.
Tonks
Körper reagierte vollkommen anders , als Hermione es von ihrem
eigenen gewohnt war und mit jeder Sekunde die verstrich , reifte der
Entschluss in ihr weiter, erleben zu wollen wie es war, von einem
Mann geliebt zu werden , dessen Hände ihr schon größere Verzückung
bereitet hatten , als Levins gesamter Körper es je gekonnt
hatte.
Dies hier war nicht ihr eigener Körper aber so wie sie
vermutete, hätte Tonks wohl dasselbe getan. Wozu also diese
Zurückhaltung ?
´Also entweder bin ich ziemlich mutig, oder
hoffnungslos bescheuert! `, dachte sie grinsend, während sie sich
ihm zuwandte und sich mit einem übermütigen Blitzen in den Augen
auf seinen Schoß schwang.
Der Blick seiner Augen schien noch
intensiver zu werden, als er sie umfasste und eng in seine Umarmung
zog.
Bereitwillig ließ sich Hermione nun an seine Lippen
ziehen und ergab sich seinen forschenden Händen, bis die letzten
Zweifel in seinen intensiven Küssen ertranken und Hermione
schließlich jegliches Denken zurück ließ, um sich nur noch von
ihren Empfindungen treiben zu lassen.
„Ich kann nicht
hierbleiben.", flüsterte sie viel später und blickte zu ihm auf,
während sie mit der Wange noch immer an seinem nackten Oberkörper
lag und mit den Fingerspitzen die Konturen seiner Lippen
nachzeichnete.
Er regte sich zunächst nicht und nur der
trommelnde Herzschlag, der sich noch immer nicht wieder beruhigt
hatte, verriet Hermione, dass er nicht schlief.
Die vergangen
Momente waren so intensiv, so gewaltig und so alles übergreifend
gewesen das sie den Empfindungen, die sie vor wenigen Minuten noch
miteinander geteilt hatten, gern noch ein Weilchen länger
nachgespürt hätte. Doch langsam regte sich die Unruhe wieder in ihr
und drohte, das träge Glücksgefühl in dem sie schwamm, schneller
als ihr lieb sein konnte zu zerstören.
Wie gern wäre sie jetzt
in den Armen des Mannes, der so überraschend sinnlich Besitz von ihr
ergriffen hatte, eingeschlafen.
Doch der Bann konnte quasi
jeden Moment wieder rückgängig gemacht werden, und Hermione wollte
es einfach nicht riskieren das eine vollkommen ahnungslose Tonks
plötzlich an ihrer Statt in Snapes Armen erwachte.
„Das wäre
ja auch das erste Mal, dass du bleibst.", gab er schließlich
leise und ein wenig vorwurfsvoll zurück. Sein warmer Atem an
ihren Fingerspitzen und der Duft seiner feucht überhauchten Haut,
gemischt mit der Vibration seiner Stimme, jagten ihr angenehme
Schauer über den Rücken.
Hermione wusste, dass jetzt der Moment
gekommen war, in dem sie eigentlich hätte gehen sollen, aber
irgendwie schmerzte sie dieser bevorstehende Abschied sehr viel mehr
als sie geglaubt hatte.
Niemals wieder würde sie ihn so spüren,
seinen herben Duft nach Sandelholz nie wieder so intensiv wahrnehmen
wie heute Abend. Wenn sie jetzt ginge, wäre der Zauber dieses
Moments ein für alle Mal vorüber…unwiederbringlich
Vergangenheit.
Wenn sie ihm das nächste Mal wieder in ihrer
normalen Gestalt begegnete, wäre sie wieder nicht mehr als eine
Schülerin für ihn. Er würde sie nie wieder so ansehen wie jetzt,
und die nun vertraute Wärme seiner Haut wäre nur noch bloße
Erinnerung.
Sie wusste, dass dies alles nur Illusion und Lüge
war, und sie hatte sich eigentlich vorher auch niemals gewünscht,
ihm so nahe zu kommen. Ihm selbst ging es wohl ebenso.
Und doch
hatte er ihr weit mehr gegeben als reine körperliche Liebe… er
hatte etwas angerührt, von dem Levins unbeholfene Liebkosungen
unendlich weit entfernt waren.
Bedauerlicherweise konnte sie diese
Nacht nicht wiederholen oder irgendetwas besser machen ,in dem sie
den Abschied hinauszögerte- dennoch wollte sie soviel davon
mitnehmen, wie es ihr möglich war .
Die Emotionen, die ihren
Körper durchfluteten, als er ihr seine Lippen schließlich öffnete
und sich abermals berauschend hingebungsvoll auf ihr Spiel
einließ, machten sie angenehm schwindelig und ließen sie sich ein
weiteres Mal in ihm verlieren.
Atemlos blickten sie sich
wenig später wieder in die Augen.
Die Uhr zeigte nun beinahe
Mitternacht und Hermione befürchtete das ihre Zeit knapp werden
könnte, wenn sich der Rückführungs-Zauber wie in einigen
Muggel-Märchen, die sie kannte, auch diesmal genau in der
Stunde des Wechsels zwischen Tag und Nacht vollziehen würde.
Es
war mehr als bedauerlich, aber sie konnte es nicht länger
hinauszögern.
Langsam beugte sie sich wieder zu ihm hinab, um
ein letztes Mal wehmütig seine festen Lippen zu kosten, bevor sie
endgültig gehen musste.
Die Wintersonne stahl sich
langsam unter ihre Lider und endlich öffnete Hermione träge die
Augen. Zuerst konnte sie der Helligkeit wegen kaum etwas erkennen und
blinzelte einige Male, um ihre Augen ein wenig an das Licht zu
gewöhnen, bevor sie sich endlich genauer umsehen konnte .
Eine
hohe weiße Decke, ein großer Raum, abgeteilt durch stoffbespannte
weiße Paravents… sie war eindeutig nicht in dem Zimmer , in dem
sie gestern Nacht schlafen gegangen war , nachdem sie die Kerker und
ihn verlassen hatte.
Es brauchte eine noch eine kleine Weile, bis
sie vollkommen realisiert hatte, dass sie sich auf der Krankenstation
und somit auch wieder in ihrem eigenen Körper befand.
Ruckartig
setzte sie sich auf und betastete , wie um sich selber zu versichern,
dass sie nicht träumte, ihre Haare , die lang und zu einem dicken
Zopf geflochten an ihrem Rücken lagen.
Der nächste Griff galt
ihrem Hals, doch die Kette mit dem Amulett war fort. Wahrscheinlich
hatte man sie ihr abgenommen. Hastig setzte sich Hermione an den
Bettrand und zog die Schublade ihres Nachttisches auf, doch auch dies
war vergebens –die Kette blieb verschwunden.
Irgendwer
musste wohl leider im Verlauf ihres Aufenthaltes hier bemerkt haben,
dass die Kette und vor allem ihr Anhänger ein Schmuckstück mit
magischen Fähigkeiten war. Nach ihrem Erlebnis war sich Hermione
sicher das es sich dabei nicht unbedingt um erlaubte Magie handelte.
Hermione hatte damit allerdings ein neues Problem, denn es würde
sicherlich einiges an Ärger geben, wenn man herausfand, welche
Kräfte die Kette tatsächlich besaß, und dass sie sie benutzt
hatte.
„Miss Granger, legen Sie sich sofort wieder hin!",
tönte die schrille Stimme der Schul-Krankenschwester von der
Tür des Krankensaales zu ihr herüber und veranlasste sie dazu,
dieser Anweisung umgehend Folge zu leisten.
„Hmmm...",
machte Dumbledore und strich, in der für ihn typischen Geste, welche
Hermione gestern schon an anderer Stelle gesehen hatte, seinen Bart
glatt. Er stand etwas entfernt von ihrem Krankenbett und unterhielt
sich leise aber für sie gerade noch verständlich, mit der
Heilerin.
„Er hatte ja gesagt, dass es wahrscheinlich nur einen
einzigen Tag dauern wird und sie danach wieder vollkommen genesen
wäre...", sagte er leise zu Madame Pomfrey und wiegte nachdenklich
den Kopf hin und her.
„Aber was versteht denn ausgerechnet er
davon?", empörte sich diese und warf Hermine einen achtsamen Blick
zu, den diese mit einem strahlenden Lächeln erwiderte, um davon
abzulenken, dass sie frech lauschte.
„Naja, immerhin war er
selbst schon einmal in der gleichen Situation.", antwortete der
Schulleiter und Hermione klappte vor erstaunen der Mund auf.
`Das
heißt ja, irgendjemand in diesem Schloss, weiß genau was man mit
der Kette macht, weil er sie selbst schon benutzt hat! `, dachte sie
überrascht und beunruhigt zugleich.
Irgendjemand war also selbst
schon einmal in den Körper eines anderen geschlüpft und hätte sie
hier auf der Stelle auffliegen lassen können, was sicherlich eine
empfindliche Strafe nach sich gezogen hätte.
Warum also hatte
derjenige geschwiegen? Warum hatte er sie nicht verraten und sie
somit der Härte ihrer bevorstehenden Bestrafung ausgesetzt?
Das
war die Frage die Hermione von dem Moment an nicht mehr
losließ. Sie musste unbedingt einige Dinge im Schularchiv
nachschlagen. Vielleicht gab es irgendwo Aufzeichnungen zu diesem
ähnlichen Fall und sie konnte wenigstens herausfinden, in wessen
Schuld sie stand.
Nach unzähligen Versicherungen über ihr
Befinden und weiteren ausgiebigen Untersuchungen durch Madame Pomfrey
sah man Hermione schließlich doch als genesen an und entließ
sie aus der Krankenstation.
Langsam trottete sie den Gang
entlang. Es war bereits später Nachmittag und nachdem sie auch ihren
Freunden und sämtlichen Klassenkameraden mehrfach versichert
hatte, dass es ihr absolut blendend ging, hatte sie einen Moment für
sich gebraucht.
Das Archiv hatte leider keine neuen Informationen
für sie bereitgehalten. So sehr sie auch gesucht hatte, es war
nirgendwo ein ähnlicher Fall dokumentiert. Niedergeschlagen hatte
sie die Bibliothek wieder verlassen, war einige Zeit lang ziellos
durchs Schloss gewandert und hatte sich schließlich erstaunt
vor dem Bild des Keilers wiedergefunden.
Die Ereignisse des
gestrigen Tages, insbesondere jene, die sich hier hinter der
gegenüberliegenden Tür abgespielt hatten, ließen sie einfach
nicht zur Ruhe kommen und beschäftigten nach wie vor beinahe ihr
gesamtes Denken.
Es war komplett irrsinnig, hier herum zu stehen
und darauf zu warten dass er sie entdeckte und ihr Punkte für
unerlaubtes Herumlungern abzog. Sie stieß die Hände tiefer in die
Taschen und beeilte sich, den Kerker wieder zu verlassen.
Leider
konnte sie gegen das beklemmende Nagen in ihrer Brust nicht so leicht
ankommen. Wenn allein die räumliche Trennung gereicht hätte, um das
bohrende Sehnen in ihr zum verstummen zu bringen- sie wäre endlos
gelaufen.
Zu allem Unglück sah sie jetzt auch noch eine schlanke
Frauengestalt mit leuchtend pinken Haaren auf sich zu schlendern.
Leider stand Hermione in diesem Gang keine Tür zur Verfügung,
die sich für eine unauffällige Flucht angeboten hätte und so
musste sie das schlechte Gewissen, welches sie Tonks gegenüber
hatte, so gut wie möglich verstecken.
Sie hoffte inständig,
dass die Aurorin nicht die ganze Zeit des Seelentauschs
vollkommen wach und eingesperrt in Hermiones ohnmächtigem
Körper verbracht hatte, denn dann wäre Tonks wahrscheinlich mehr
als böse auf sie.
Vor allem , wenn sie schon mit Snape über den
gestrigen Abend gesprochen hatte.
„Hey Hermione", grüßte
Tonks zu ihrer übergroßen Erleichterung jedoch vollkommen
unbefangen und sehr freundlich.
„Hey.", erwiderte Hermione ein
wenig bang und versuchte, so lässig wie möglich auszusehen, obwohl
ihr vor Anspannung die Knie zitterten.
„Du siehst aber nicht gut
aus .", bemerkte die Aurorin in ihrer typisch zwanglosen
Ehrlichkeit. „Du solltest dir mal ein wenig mehr Ruhe gönnen.
Weniger lernen und mehr schlafen.", fuhr sie mütterlich lächelnd
fort und Hermione wurde noch eine ganze Spur blasser, was Tonks
jedoch nicht aufzufallen schien.
„Ich habe jedenfalls verdammt
gut geschlafen, seit ich in Hogwarts bin. Ich fühl mich als hätte
ich ewig geschlafen. Echt irre, so wie nach einem feuchtfröhlichen
Abend.", Tonks kicherte albern.
„Das muss ja ein ganz toller
Traum gewesen sein, den ich da hatte. Ich wünschte wirklich, ich
könnte mich daran erinnern.", ergänzte sie bedauernd und verzog
den Mund zu einer komisch - traurigen Geste.
Hermione schüttelte
energisch den Kopf. Von unbedachten Bitten hatte sie vorerst
genug.
„Sei mir nicht böse, aber ich muss weiter.", sagte sie
zu Tonks und lächelte sie gequält an.
„Und sei lieber
vorsichtig mit deinen Wünschen." Hermione war noch einmal
stehen geblieben und hatte sich zu Tonks umgewandt. „Sie
könnten nämlich in Erfüllung gehen!", orakelte sie düster,
eilte dann, ohne weiteres Wort den Gang hinunter und ließ eine
vollkommen verdutzte Aurorin zurück.
Severus Snape stieg
die letzte Stufe hinauf und die zarten Glieder der Kette, welche er
seit gestern schon in seiner Umhangtasche trug, klirrten leise im
Takt seiner Schritte.
Er hatte nicht geglaubt, das Amulett jemals
wieder zu sehen, denn so oft er damals auch danach gesucht hatte,
blieb es verschwunden.
Zuerst hatte er es gar nicht glauben
können, als der Direktor gestern zu ihm gekommen war und
seinen Rat eingefordert hatte, weil es nach so langer Zeit nun
einen zweiten Fall dieser seltsamen Ohnmacht , an der er selbst
als Schüler einmal gelitten hatte, gegeben habe.
Severus hatte
noch immer an einen Zufall geglaubt, als er schließlich an Hermione
Grangers Krankenbett gestanden und ihre reglose blasse Gestalt
zwischen den weißen Laken gesehen hatte.
Poppy Pomfrey und auch
Albus Dumbledore schienen sich nicht wirklich einen Reim auf diesen
Zustand machen zu können und so hatten sie seine Hilfe
gesucht.
Severus hatte um ein wenig Ruhe gebeten und die beiden
hinausgeschickt, um ungestört seine Vermutung bestätigen oder
widerlegen zu können. Nach kurzer Suche war er fündig geworden und
hatte den verschollenen Seelentauscher nach so langer Zeit wieder in
seinen Händen gehalten.
Er selbst hatte ihn während seiner
Schulzeit erschaffen. Er hatte damals die fixe Idee gehabt,
wenigstens ein einziges Mal an James Stelle treten und Lily, die
sonst nur Augen für Potter hatte, einmal selbst in den Armen halten
zu können.
Es hatte ihn unglaublich viel Mühe und Magie gekostet
, das Amulett mit diesen Fähigkeiten auszustatten aber letztendlich
war es geglückt und der junge Severus hatte seine Chance bekommen,
als er in James Gestalt mit den Rumtreibern zusammen war und
schließlich der Moment kam , auf den er so fieberhaft
hingearbeitet hatte.
Lily hatte ihn geküsst und trotz des
Glücksgefühls hatte ihn gleichzeitig die Traurigkeit befallen,
welche die Wahrheit mit sich brachte, dass er sich eine Lüge
geschaffen hatte um etwas zu stehlen , das ihm niemals freiwillig
geschenkt worden wäre.
Erst viel später hatte Severus
herausgefunden, dass man zwar den Körper eines Menschen relativ
einfach i
n
Besitz nehmen konnte, nicht aber seine Seele .Und da die Augen
gemeinhin als Fenster zur Seele eines Menschen gelten , war es
anscheinend durch den Zauber des Amuletts auch nicht möglich , die
Augenfarbe des anderen zu übernehmen.
Das Lily ihn trotzdem
geküsst hatte, hatte ihn in schwere Selbstzweifel gestürzt und
schließlich hatte er das Amulett weggeworfen. Nie wieder
sollte jemand es benutzen und danach noch unglücklicher werden, weil
er mit seiner Hilfe an einer Speise genascht hatte, die ihm danach
doch wieder verwehrt war.
Nach so vielen Jahren war es also doch
wieder aufgetaucht.
Wo Hermione Granger es gefunden hatte
und wie es letztendlich dorthin gekommen war, wusste er nicht aber er
wusste wie das Amulett wirkte, und musste nur ein wenig wachsam sein
, um den Körper zu finden, den sie sich geliehen hatte.
Er hatte
alle möglichen Vermutungen angestellt und verworfen , in wessen
Körper sie sich hinein gewünscht hatte , doch das es ausgerechnet
Tonks sein würde, hatte ihn dann doch vollkommen
verblüfft.
Natürlich hatte er gestern Abend schon beim ersten
Blick in ihr Gesicht gesehen, dass es nicht Tonks war, die er vor
sich hatte.
Tonks blau-lila Augen waren eine Spur zu auffällig,
als das man sie mit irgendjemandem verwechseln konnte. Hermione hatte
das offenbar, ebenso wie er damals, nicht gewusst, und obwohl er sie
nun als Lehrer eigentlich sofort für das anwenden eines solchen
Zaubers hätte bestrafen müssen, regte sich in ihm die Frage, wieso
sie ausgerechnet die Aurorin gewählt hatte und wie weit sie diese
Scharade wohl treiben würde.
Er und Tonks schliefen zwar hin und
wieder miteinander, fühlten sich dem Anderen gegenüber jedoch nicht
verpflichtet. Aber das konnte Hermione Granger in Tonks Körper nicht
wissen.
So hatte er sie absichtlich provoziert und sie aus der
Reserve gelockt, um sie irgendwann an jene Grenze zu bringen, die sie
ihre Tarnung aufgeben und alles gestehen ließ.
Zu seiner größten
Überraschung war dies jedoch nicht geschehen. Sie hatte tapfer ihre
Rolle weitergespielt und sich mit keiner unbedachten Geste verraten.
Obwohl der Absinth ihr sichtlich zugesetzt hatte, hatte sie auch
diese Situation bravurös gemeistert und ihren Abscheu vor
dem ungeliebten Getränk gut versteckt.
Auch seine eindeutigen
Annäherungsversuche hatten sie nicht dazu gebracht, alles zuzugeben
um ihm zu entkommen.
Mit der Zeit hatte auch er Gefallen an diesem
Spiel gefunden und die folgenden Stunden hatten ihn seine
Entscheidung nicht bereuen lassen. Sie war sehr sanft und liebevoll
gewesen und hatte jede seiner Zärtlichkeiten in sich aufgenommen,
als sei es schon immer so gewesen.
Dass sie den Moment des
Abschieds scheinbar absichtlich hinausgezögert und es sogar
auf eine weitere leidenschaftliche Begegnung mit ihm angelegt hatte,
beschäftigte seine Gedanken unaufhörlich.
Hermione
seufzte leise und versuchte sich so unauffällig wie möglich zu
verhalten, als sie Ihn auf sich zukommen sah. Weit und breit war
niemand sonst zu sehen und so musste sie sich auch hier dem Grauen,
welches sie beim Gedanken an eine nachträgliche Entdeckung und die
darauffolgende Strafe befiel, vollkommen allein stellen.
Trotz
ihres rasenden Herzschlags, schaffte sie es, möglichst gelassen an
ihm vorbei zu schlendern und dabei so unbeteiligt wie möglich zu
wirken.
Noch ein Schritt und er wäre an ihr vorüber…
„Miss
Granger...", ertönte seine markante Stimme direkt hinter ihr und
ließ sie beinahe in der Bewegung erstarren und sich zu ihm
umwenden.
Sie war sich schon so siegessicher
gewesen!
„Professor?", fragte sie so bestimmt wie es ihr
möglich war und versuchte krampfhaft das rhythmische Zittern ihrer
Unterlippe zu verbergen.
„Ich habe etwas an mich genommen das
sie womöglich vermissen.", sagte er nun seidig und öffnete seine
Hand, in der die zierliche Kette mit dem Amulett beinahe verloren
wirkte.
Hermione war unfähig, sich zu bewegen oder irgendetwas zu
erwidern.
Bedächtig schritt er auf sie zu und blieb so nah vor
ihr stehen, dass sich ihre Körper beinahe berührten.
„Haben
Sie gewusst, dass man die Augenfarbe eines Menschen nicht mit
seinem Körper übernehmen kann?", fragte er seelenruhig und ließ
die Kette von einer Hand in die andere gleiten. "Interessant ,
nicht wahr?"
Hermione hatte das Gefühl, jeden Augenblick in
sich zusammen zu sacken.
„Wenn Sie also das nächste Mal jemandem nahe kommen, sehen Sie Ihrem Liebsten tief in die Augen. Sie verraten mehr als Sie denken!" Damit schloss er seine Finger um das Amulett und steckte es in die Tasche seines Umhangs.
„Ach, und übrigens...", begann er von neuem zu sprechen und Hermione fühlte, wie sich ihre Nackenhaare aufstellten, als er sich zu ihr herüber beugte, mit den Lippen absichtlich ihr Ohr berührte und leise flüsterte: „Tonks hasst Absinth!"
ENDE
