Ach je. Wisst ihr, mir ist das Ende des dritten Films ja so nahe gegangen. Ich meine, ein trauriges Ende ist besser, als ein schlechtes Ende, aber zufrieden bin ich damit irgendwie nicht… der letzte Teil meiner Triologie ist zwar nicht abgeschlossen, aber die Story passt sowieso nicht mehr seit dem 2. Film. Und daher: Ein neuer Versuch, quasi mein FdK 4 .

Wer meine Storys kennt weiß, dass kein Charakter zu kurz kommen soll. Daher ist diese Story möglichst nah an den Filmen angelehnt. Für Hinweise auf eventuelle Fehler bin ich jederzeit dankbar.

Worum geht's: Wills Schicksal hat sich erfüllt, wie es scheint. Die Dutchman hat einen Kapitän. Doch als sich der Himmel verdunkelt und die See unbezähmbar wird, müssen Jack Sparrow und Elizabeth Swan sich fragen, was hinter der sich erhebenden Dunkelheit steckt.

Die Dutchman

Stiefelriemen Bill Turner holte die Segel ein. Das raue Tau konnte seinen alten, doch starken Fingern nichts anhaben. Mit der Kraft eines Seemanns zog er an und allmählich faltete sich das Tangbehangene Segel der Dutchman zusammen. Zu seiner Linken stand sein Sohn, William Turner. Der Kapitän der Flying Dutchman und tat seinerseits sein Bestes, um das Hauptsegel hoch zu ziehen.

Es war ein Knochenjob. Bill wusste es. Zwar hatte er sich in seiner ganzen Zeit auf der Dutchman noch nie so stark und lebendig gefühlt, doch das änderte alles nichts an der Tatsache, dass er und sein Sohn einen Job zu tun hatten, der jedem normalen Mann irgendwann die Kraft raubte.

Acht Mann. Mehr waren sie nicht. Acht Mann, um die Dutchman zu segeln und die ihnen aufgetragene Aufgabe zu erledigen. Die Seelen der auf dem Meer verstorbenen überzusetzen. William hatte die Crew wählen lassen nach dem Kampf gegen die East India Traiding Company. Und die meisten hatten die Chance ergriffen und waren mit den Seelen hinüber gegangen. Nur drei waren geblieben, unschlüssig, ob sie nach ihrem gottlosen Leben den Schritt auf die andere Seite wagen sollten.

Zunächst hatte Will es nicht gewagt, neue Leute anzuheuern. Sein Gewissen… Die Leute waren an die Dutchman gebunden, ob William es nun wollte oder nicht. Jedem, dem er die Zeit schenken würde, ein Leben fortzuführen, wurden die 100 Jahre auferlegt. Und 100 Jahre konnten verdammt lange sein, wusste Bill. Aber die Arbeit war hart, das Leben karg und nicht gerade abwechslungsreich. Fünf Leute… die Kräfte begannen zu schwinden und William erkannte, dass es so nicht weiter gehen konnte.

Bill wagte einen Blick nach links, doch ohne das Tau los zu lassen. Drei Männer waren oben auf dem Mast, vier versuchten mit aller Kraft das Segel einzuholen. Mr. O'Connely stand am Ruder. William sah nicht gut aus, fand Bill. Seine Haut, war sie doch am Anfang ihrer Reise so braun und gesund gewesen, hatte ein blasses, fast geisterhaftes Weiß angenommen. Seine Hände, waren sie auch noch so rau, zitterten vor Anstrengung, als er Zug um Zug das Tau zu sich zog.

Er hatte begonnen, die tüchtigen Seemänner, welche sie kurz vor dem sicheren Tod fanden, zu fragen, ob sie anheuern wollten. Die welche keine Furcht zeigten, überzusetzen, ließ William ohne weiteres gehen. Aber nicht selten wurde er von den Zögernden gefragt, ob sie denn fürchten müssten, was sie erwartete. Dann lächelte William immer sanft, schüttelte den Kopf und führte sie hinüber. Gerade mal drei Männer hatten sie seit Anfang ihrer Reise für sich gewinnen können.

Er war nicht geschaffen für diese Art von Arbeit. Wenn William die Toten vorüber fahren sah, schlich sich eine Sehnsucht in seine Augen. Eine Sehnsucht, von der Bill nicht mit Bestimmtheit wusste, woher sie rührte.

Sie sprachen oft miteinander, über alle möglichen Dinge. Schließlich hatten sie viel nachzuholen. Aber sie hatten die gesamte Ewigkeit dazu…

100 Jahre. Nur ein Augenzwinkern, wenn man die Ewigkeit zur Verfügung hatte. Sie sprachen viel, aber nur über Dinge, die William auch zu bereden bereit war. Bill spürte, dass etwas an seinem Sohn nagte, er sah die Melancholie und die Sehnsucht. William schien an Gewicht zu verlieren, an Kraft und an Energie, die ihn so erfüllt hatte. Aber über solches sprachen sie nie. Über den Grund warum Will nach und nach etwas von sich verlor.

Es sollte doch nicht möglich sein, dachte Bill bei sich. Wie konnte es sein, dass William, der doch solcher Hoffnung war und solch starken Willens, allmählich richtig kränklich wurde? Er musste für die Ewigkeit segeln! Aber so wie es nun aussah, würde er nach wenigen Jahren total ausgezehrt sein.

Sie zogen an und Will gab den Befehl, das Segel zu vertauen. Die Männer hoch oben kletterten geschickt über den Mast und machten die Arbeit von acht Leuten.

„Ich will, dass die Netze ausgebessert werden," wies er die beiden anderen Männer an Deck an.

„Aye, Captain Turner!"

Als sie fort waren, trat Bill auf seinen Sohn zu. William atmete erschöpft und schwer, wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dabei wurde er von einem kurzweiligen Zittern erfasst.

„Du solltest Dich ausruhen Will," sagte sein Vater sanft zu ihm.

Will lächelte ihn mit seinen warmen braunen Augen an, schüttelte sodann aber den Kopf.

„Es ist zu viel zu tun. Ich habe das Gefühl, dass wir gleich wieder Vorüberfahrende bekommen. Ich muss sie fragen, ob jemand von ihnen bleiben möchte."

Williams Gefühle der „Ladungen" wegen, waren zuerst nichts weiter als merkwürdige Anflüge von Tagträumen gewesen, deren er sich nicht hatte entziehen können. Die er nicht hatte fassen, geschweige denn deuten können. Doch ziemlich schnell hatte er sich daran gewöhnt und nun konnte er fast auf zehn Minuten genau voraus sagen, wann sie Arbeit bekamen. Bill beneidete seinen Sohn nicht darum.

„Das kann ich für Dich übernehmen," bot Bill an.

William klopfte ihm fest auf die Schulter.

„Ich weiß, dass du das für mich tun würdest. Aber es ist meine Aufgabe und meine allein," antwortete er und schon im nächsten Augenblick wurde sein Blick wieder so seltsam.

William ging an seinem Vater vorbei und lief zum Heck. Tatsächlich, dort waren sie… Weitere Überfahrer. Und Will begann mit seiner Arbeit…

FdKFdKFdK

William sah den letzten Beibooten nach, wie sie die Grenze überschreitend hinüber auf die andere Seite fuhren. Er fühlte sich schlecht, als er die letzten verschwinden sah. Hoffnungslos. Einsam. Melancholie drohte ihn zu übermannen und er wusste es.

„Nein!" sagte er leise zu sich selbst. „Hör auf, daran zu denken…"

Er wusste, was er sich in diesen Augenblicken am sehnlichsten wünschte. Und es war nichts, was ihm Hoffnung oder Zuversicht gab. Es erschreckte ihn eher. Und er kam nicht umhin, sich an die Brust zu fassen. Er spürte die Erhebungen seiner Narbe. Das leuchtende Rot derselben war verblasst, doch prangte sie noch immer kalt und weiß auf seiner Brust. Ein Grund, warum er den Spiegel aus seiner Kajüte hatte entfernen lassen. Ein weiterer war, dass sein Körper anscheinend das Aussehen seines Gemütszustandes annahm.

„Acht Jahre… mein Gott," er sah hinauf in den schwarzen und Sternbehangenen Himmel.

Ein Messer wurde neben ihm in die Reling gehauen.

„Das Abendessen, Captain Turner," meinte O'Connor und stellte den angelaufenen Silberteller zu seinen Füßen ab.

„Danke," antwortete William knapp.

Der Matrose ließ ihn allein, doch William war nicht hungrig. Ganz und gar nicht. Ihm wurde schlecht, als er an das Essen dachte, das zu seinen Füßen stand.

Er wusste nicht, wie lange er da gestanden hatte, doch irgendwann wurden seine dunklen Gedanken durch ein Geräusch gestört, das klang, als wäre ein nasser Kartoffelsack neben ihm zu Boden gegangen.

„Keinen Appetit, was?" hörte er seinen Vater amüsiert sagen.

Aber Will wusste, dass dieser keineswegs so belustigt war, wie er tat.

„Nein, nicht wirklich."

William fing die Zitrone, die Bill ihm zuwarf. Es war beinahe ein abendliches Ritual geworden. Dann nahm er das Messer und setzte sich neben seinem Vater, der an dem Stück Brot herum nagte, das er von Wills Teller genommen hatte. Er viertelte die Zitrone und begann damit ein Stück auszulutschen. Der saure Geschmack flutete seinen Mund.

„Weißt du, es wird nicht leichter werden, wenn du nichts isst," begann sein Vater.

„Ich dachte, dieses Gespräch hätten wir schon hinter uns. Etwa zehn Mal oder so."

„Das ändert nichts daran, dass etwas nicht mit dir stimmt, oder?"

William spuckte einen Zitronenkern aus.

„Ich weiß nicht. Kennst du das Gefühl, wenn du glaubst, dass es dich innerlich zerreißt? Weißt du wie es ist, zu warten und doch ist das Erwartete so fern?"

William wurde sich seiner Worte bewusst und senkte den Kopf.

„Natürlich weißt du das, ich vergaß."

Bill kratzte sich den dreckigen Hals.

„Zumindest weiß ich, wie es ist zu warten, Will. Ich dachte, du würdest damit klar kommen."

„Das habe ich auch gedacht. Aber irgendetwas scheint hier einfach falsch zu sein. Ich habe so ein furchtbares Gefühl, Vater."

Bill sah William an.

„Ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, aber… ich habe das Gefühl, als würde ich sterben," die letzten Worte flüsterte William nur.

„Jetzt mal nicht den Teufel an die Wand William. Es ist gerade mal drei Wochen her, seit dem Kampf mit Becket. Du wirst dich schon noch eingew…"

Der schockierte Blick, mit dem ihm William begegnete, ließ Bill verstummen. Die Worte erstarben ihm auf der Zunge, als sein Sohn ihn erschrocken ansah.

„Was?" fragte er nach.

„Sagtest du drei Wochen?" in Wills Stimme lag ein Anflug von Panik.

„Aye," Bill wurde nun sehr aufmerksam und beobachtete William genau, als dieser zurück an die Reling sackte, mit einem Ausdruck auf dem Gesicht, als hätte er ihm gerade offenbart, dass Elizabeth tot sei.

„Ich hätte gedacht, dass schon wenigstens ein Jahr vergangen wäre, wenn nicht sogar zwei!" brachte William schockiert heraus.

Vorsichtig wägte Bill seine nächsten Worte.

„Wohl nicht, Will. Zwanzig Tage ist es her."

William schüttelte fassungslos den Kopf.

„Das kann nicht sein…"

„Aber es ist so, wenn ich es dir doch sage."

William winkte einen seiner Crew an sich heran.

„Mr. Barkley, wie lange dient Ihr schon unter mir?"

Der Mann versuchte an seinen neun verbliebenen Fingern abzuzählen, was sein Kapitän zu wissen verlangte. Erst nach dem vierten Versuch stellte er sich einigermaßen gerade hin, grinste stolz und gab Will die Antwort.

Dieser sah seinen Vater an, als würde er nicht glauben, was er da hörte.

„Zwanzig Tage?" Tränen traten ihm in die Augen, als er aufsprang und den Piraten vor sich zornig anschrie zu verschwinden. „Das kann nicht sein?! Das kann einfach nicht sein!"

Verwirrt und zornig sah er seinen Vater an.

„Will, was ist denn los? Bist du des Wahnsinns?" Bill packte William an den Schultern und schüttelte ihn etwas.

„Ja! Nein! Ich meine… vielleicht. Zwanzig Tage! Jeder Moment kommt mir vor wie eine Ewigkeit, jede Stunde dehnet sich zu einem Tag!"

Nun ergriff Will seinerseits seines Vaters Schultern.

„Wie kann das sein?" fragte er verzweifelt.

„William… du verlorst an einem Tag deine Frau und deine Freiheit, im Tausch gegen dein und mein Leben. Und Jack Sparrows Freiheit. Es ist ganz klar, dass du das erst verdauen musst…"

„Ich habe Elizabeth nicht verloren," flüsterte William und starrte seinen Vater an.

Bills Blick jedoch wurde mitleidig und er strich seinem Sohn etwas schroff über den Kopf.

„Sie wird auf den Tag in zehn Jahren warten, William. Ich weiß…"

William konnte diesem Blick nicht Stand halten und sah weg. Ein Tag, alle zehn Jahre… Er stützte den Kopf auf die Hand. Und es waren erst zwanzig Tage vergangen.

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Von nun an vergingen auch für Bill Turner die Tage nur allzu schleppend. Immer öfter sah man den Kapitän der Flying Dutchman am Steuerrad stehen und ziellos auf den Horizont starrend. Es wurde zu einer Regelmäßigkeit, dass William seinen Vater Tag für Tag danach fragte, wie lange es noch dauern würde. Und Bills Antwort schien immer Entsetzen in Will hervor zu rufen.

Die Arbeit wurde nicht weniger, doch die Worte des Captains versiegten wie Wasser auf heißem Wüstenboden. Schon bald sprach William nur noch das Allernötigste. Die Befehle gab sein Vater in Stellvertretung seines schweigsamen Sohnes.

Die Zeit auf der Dutchman tickte nicht vor sich hin, sie dümpelte. Und mit des Kapitäns Melancholie kam auch der Unmut der Crew…