Es ist eine uralte Geschichte – so alt, dass ich sie fast nicht erkannt hätte :) Sie dürfte irgendwo zwischen dem fünften und sechsten Buch entstanden sein.
Ach – Den Disclaimer gibt es, mit Rücksicht auf die, die sich Geschichten runterladen und ausdrucken, nur in diesem ersten Kapitel – also bitte auswendig lernen – bei Bedarf wird abgefragt :)
Disclaimer: Copyright © an der Handlung bei Serena Malfoy, 2004-2011. Alle Rechte an den deutschen Printausgaben der Harry Potter Bücher bei Carlsen Verlag GmbH, Hamburg, 1997-2011. Originalcopyright © bei Joanne K. Rowling, 1997-2004. Harry Potter, names, characters and related indicia are copyright and trademark Warner Bros. 2000-20011
Warning: Wie in den meisten meiner Geschichten: Wer keinen Slash mag, sollte lieber die Augen davon lassen – den anderen wünsche ich viel Spaß
~~oOo~~
„Hermione Granger, wenn du nicht einen verdammt guten Grund hast, um mich hier um diese Uhrzeit durch die Schule zu scheuchen, dann kannst du was erleben", war eine leise Stimme in einem der dunklen Gänge im dritten Stock des Schlosses zu hören. In Hogwarts, der Schule für Hexerei und Zauberei war längst Ruhe eingekehrt und auch der Schüler mit den schwarzen Haaren sollte eigentlich um diese Uhrzeit schlafen. Doch stattdessen lief er, leise vor sich hinschimpfend, durch verstaubte Gänge, die seit Jahren niemand mehr betreten hatte.
Vielleicht würde er ja sogar schlafen, wäre da nicht ein kleines Stück Pergament gewesen. Ein Pergament, das ihm seine treue Eule Hedwig kurz nach dem Abendessen gebracht hatte. Diese Nachricht war es, die den jungen Mann mit der kleinen, blitzförmigen Narbe auf der Stirn veranlasste, um kurz nach Mitternacht durch die Schule zu laufen.
„Westflügel, dritter Stock, vierter Gang, letzte Tür auf der rechten Seite. Komm' alleine!", las Harry Potter noch mal die Worte auf dem Pergament. Die Spitze seines Zauberstabes spendete gerade genug Licht, um ihn die Buchstaben erkennen zu lassen. Ein Absender war ebenso unnötig gewesen, wie eine Unterschrift. Harry kannte die Schrift seiner besten Freundin gut genug. Er hob seinen Zauberstab ein wenig höher, während er das Pergament in der Tasche seiner Jeans verschwinden ließ.
Er stand vor dieser letzten, schweren Holztür mit den rostigen Eisenbeschlägen und sah sich in dem Gang um. Viel war nicht zu erkennen, nicht einmal in dem Lichtschein seines Zauberstabes. Doch daran war nicht nur die Nacht schuld. Selbst tagsüber würde dieser verstaubte, alte Gang wohl kaum besser beleuchtet sein. Es gab nicht ein einziges Fenster, das Licht hereinlassen könnte und die Halter für Fackeln an den Wänden sahen nicht gerade aus, als wären sie in den letzten Jahren benutzt worden. Einige hingen nur noch lose in der Wand und würden vermutlich bei der ersten Berührung abfallen. Weit und breit war keine Fackel zu sehen, die jemand in den letzten Jahren hätte anzünden können. Dieser Gang war verlassen. Und das vermutlich schon seit einigen Jahrzehnten.
Nicht einmal Bilder hingen hier an den Wänden. Sehr ungewöhnlich für die alte Schule. Konnte man doch sonst im Schloss kaum einen Schritt tun, ohne auf eines dieser, manchmal recht nervtötenden, Porträts zu stoßen. Und im Moment hätte Harry selbst die Gesellschaft eines dieser Bilder genossen. Viel zu sehr hatte er sich daran gewöhnt, mit den Bildern, die in dieser Welt ein Eigenleben führten, zu reden. Sie antworteten, diskutierten und gaben manchmal sogar brauchbare Ratschläge. Vielleicht hätte eines dieser Bilder ihm ja sogar erzählen können, was Hermione von ihm hier wollte. Aber in dieser Nacht musste Harry auf eine solche Unterstützung wohl oder übel verzichten. Hier war weit und breit kein Bild. Es sah vielmehr so aus, als wäre dieser Gang hier völlig in Vergessenheit geraten.
Nur Hermione musste er natürlich auffallen. Hermione Granger, Leseratte, Klassenbeste und nicht zuletzt die beste Freundin von Harry Potter, war vermutlich in einem der vielen, verstaubten Geschichtsbücher über die Schule und das Schloss auf diesen Gang gestoßen. Nur konnte Harry nicht recht begreifen, warum sie ihn dann unbedingt zu dieser späten Stunde hier her bestellen musste. Dann auch noch alleine.
Harry seufzte leise. Hermione hatte sich in den letzten Wochen ohnehin ziemlich merkwürdig verhalten. Gut, verglichen mit Ron mochte Hermione vielleicht schon immer etwas merkwürdig gewesen sein. Doch bisher hatte es meistens etwas mit der Schule oder den Hausaufgaben zu tun gehabt. Seit Anfang dieses siebten Schuljahres jedoch blieb sie oft über Stunden hinweg verschwunden. Bisher hatten Ron und er noch nicht herausfinden können, wohin die Freundin verschwand. Irgendwann, wenn sie die Suche längst aufgegeben hatten, tauchte sie dann plötzlich und unerwartet wieder auf und tat, als wäre nichts passiert. Außerdem schien Hermione in letzter Zeit ständig gut gelaunt zu sein. Dann war da noch die Sache mit den Hausaufgaben. Harry konnte sich nicht daran erinnern, dass die Freundin in den vergangenen Jahren auch nur ein einziges Mal vergessen hatte, ihre Aufgaben zu erledigen. Ganz im Gegenteil. Normalerweise hatte sie diese Aufgaben viel früher erledigt, als alle anderen. In diesem Jahr hingegen war es schon mehrfach vorgekommen, dass Hermione ohne Hausaufgaben im Unterricht erschienen war. Die vorwurfsvollen Blicke der Lehrer hatte sie mit einem Schulterzucken abgetan. All das war ungewöhnlich für die Hermione, die Harry kannte.
Anfänglich hatte Harry versucht herauszufinden, wer oder was hinter diesem komischen Verhalten der Freundin steckte, aber Hermione hatte ihn immer nur angelächelt und geschwiegen. Harry war sich sicher, dass sie sich heimlich mit irgendeinem Schüler traf und Hermiones Geheimniskrämerei ließ wenig Gutes vermuten.
Wenn wirklich ein Mann hinter Hermiones Verhalten stecken sollte, dann, da war sich Harry ziemlich sicher, musste es jemand sein, den Harry kannte und den er wohl nicht sonderlich schätzte. Oder es war ein Lehrer. Dieser Gedanke beunruhige Harry noch mehr als die Vermutung, dass es sich bei dem Unbekannten um einen Slytherin handeln könnte. Vor allem, wenn man sich überlegte, wer überhaupt nur infrage kam. Die meisten Lehrer hatten die 50 weit überschritten und kamen wohl kaum in Betracht. Eigentlich waren da nur zwei Lehrer, über die nachzudenken es sich überhaupt lohnte. Remus Lupin, der überraschenderweise als Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste nach Hogwarts zurückgekehrt war, und Professor Snape, der wehrlose Gryffindor bestenfalls als Zutat für einen seiner Zaubertränke schätzte.
Aber warum sollte Hermione sonst so ein Geheimnis aus der Sache machen. Sie war mittlerweile zwar 18 Jahre alt, aber dennoch waren Beziehungen zwischen Schülern und Lehrern verboten. Es war für Harry die einzig logische Erklärung. Auch wenn sie ihm ganz sicher nicht gefiel.
Bisher hatte sie ihm doch genauso wenig etwas verheimlicht, wie er ihr. Harry wusste von Hermiones kurzer Affäre mit dem gutaussehenden Ravenclaw im letzten Jahr und von dem Techtelmechtel mit Krum. Dafür war Hermione wohl eine der wenigen, die von Harrys kleinem Intermezzo mit einem Hufflepuff erfahren hatte. Nur von seinem anderen, kleinen Abenteuer hatte Harry der Freundin nie etwas erzählt. Nicht ganz grundlos, wie Harry selber meinte.
Slytherin zählten nicht gerade zu dem, was Gryffindor als Freunde bezeichnen würden und Harry hatte einfach keine Lust gehabt, mit Hermione darüber zu diskutieren, ob vielleicht doch nicht alle Slytherin so schlecht waren wie ihr Ruf. Harry kannte Hermiones Meinung über die Schüler aus dem Haus von Salazar Slytherin nur zu gut und wusste selber, dass diese Meinung alles andere als unbegründet war. Besonders, wenn man an den heimlichen Anführer dieser Schlangen dachte.
Draco Malfoy. Arrogant, überheblich und verdammt gut aussehend, wie Harry leider zugeben musste, war der Inbegriff eines Slytherin. Er hatte in den vergangenen Jahren keine Möglichkeit ausgelassen, Harry und seine Freunde zu beleidigen. Kein Wunder also, dass Hermione, die von dem Slytherin mehr als einmal als Schlammblut bezeichnet worden war, eine gewisse Abneigung für die Bewohner dieses Hauses entwickelt hatte.
Harry war selber nicht sonderlich begeistert von der Tatsache, dass ihn Draco Malfoy mehr faszinierte, als er bereit war, sich selber einzugestehen. Es war fast so, als ziehe der Slytherin mit den blonden Haaren und den grauen Augen ihn magisch an. Dabei hatte es von ihrer ersten Begegnung an nie etwas anderes als Streit gegeben. Streit, der in den letzten Jahren immer wieder eskaliert war und nicht selten unter den strengen Augen von Madam Pomfrey, der Schulkrankenschwester von Hogwarts geendet hatte. Und doch glaubte Harry langsam, dass da mehr hinter der Maske von Malfoys Arroganz sein musste. Und manchmal, nach zwei bis drei Flaschen Butterbier, war Harry entschlossen, es herauszufinden. Zumindest, bis er wieder nüchtern war.
Das Geräusch von Schritten riss Harry aus seinen Gedanken. „Nox", sagte er leise und das Licht an der Spitze seines Zauberstabes erlosch sofort. Hektisch sah Harry sich um und regte sich darüber auf, dass er seinen Tarnumhang nicht doch noch länger gesucht hatte. Schritte um diese Uhrzeit im Schloss. Schritte, die ganz und gar nicht nach der zierlichen Hermione klangen, konnten nichts Gutes bedeuten. Und 'nichts Gutes' das hieß für Harry um diese Uhrzeit meistens Professor Severus Snape. Lehrer für Zaubertränke und Hauslehrer der Slytherin, der es sich scheinbar zur Lebensaufgabe gemacht hatte, Harry das Leben schwer zu machen, wo es nur ging.
Ohne darüber nachzudenken, öffnete er die letzte Tür auf der rechten Seite, von der Hermione in ihrer kurzen Mitteilung geschrieben hatte. Er wunderte sich einen Moment, dass sie nicht quietschte, sahen doch die Eisenbeschläge aus, als sei sie seit Jahren nicht benutzt worden. Dann hörte er wieder die leisen Schritte. Keine Zeit mehr, sich über alte Beschläge und quietschende Türen Gedanken zu machen.
Die Schritte kamen näher und er konnte schon den Lichtschein erkennen, den vermutlich ein Zauberstab seinem Besitzer vorausschickte. Doch noch lag eine Ecke zwischen Harry und dem Unbekannten und Harry konnte nur vermuten, dass es sich um einen Lehrer handelte. In diesem Fall siegte aber zur Abwechslung mal die Vernunft über die Neugier und er schlüpfte durch den schmalen Spalt zwischen Tür und Türrahmen.
Nicht sicher, ob der Unbekannte mittlerweile nicht auch das letzte Stück des Ganges erreicht hatte, unterließ Harry es, die Tür zu schließen und tastete sich langsam durch den dunklen Raum.
Hier gab es Fenster. Jedoch schienen sie durch dicken Stoff verhangen zu sein, denn nur an wenigen Stellen schaffte es das Mondlicht, durchzudringen und warf hier und da ein wenig Helligkeit in den sonst dunklen Raum. Der Gryffindor wollte lieber gar nicht wissen, wie es in diesem Raum, der offensichtlich mal ein Wohnzimmer gewesen war, bei Tageslicht aussehen mochte. Dort, wo die Vorhänge dem Mondlicht gestatteten, den Raum zu beleuchten, konnte Harry etwas wie eine Couch ausmachen und der Schatten davor war ganz offensichtlich ein Tisch.
Vorsichtig tastete er sich weiter, in der Hoffnung, auf seinem Weg zu der Couch nirgendwo gegen zu stoßen. Lärm zu machen und somit seine Anwesenheit zu verraten, das war etwas, was er in diesem Moment ganz sicher nicht brauchen konnte. Harry hatte sich in den vergangenen Jahren genug Verstöße eingehandelt. Er war sich nicht sicher, ob der nächste Verstoß für ihn nicht die Fahrkarte nach Hause sein könnte.
Mal ganz davon abgesehen, dass er eigentlich kein wirkliches Zuhause hatte, wenn man mal von dem Zimmer bei Tante Petunia und Onkel Vernon absah. Seine Verwandten, die ihn nicht ganz freiwillig nach dem Tod seiner Eltern aufgenommen hatten, waren nicht gerade das, was man als Familie bezeichnen konnte. Tante Petunia, die Schwester von Harrys verstorbener Mutter, hatte eine Abneigung gegen alles, was ihr normales, typisches Vorstadtleben durcheinanderbrachte. Dazu gehörte ganz besonders jegliche Art von Magie und alles, was mit ihrer Schwester zu tun hatte. Vermutlich war Tante Petunia noch nicht einmal wirklich traurig darüber gewesen, dass ein gewisser Voldemort ihre Schwester und deren Mann vor vielen Jahren kurzerhand umgebracht hatte. Sauer war Tante Petunia wohl eher auf diesen Voldemort, der es leider nicht geschafft hatte, den Sohn von James und Lily Potter auch gleich zu töten. Aber Tante Petunia wusste nichts von Voldemort. Sie wusste nicht, dass dieser Voldemort ein bösartiger Zauberer war, der eine Welt unterdrücken wollte, von deren Existenz Tante Petunia ebenso nichts wissen wollte. Es war ihr auch völlig egal, dass dieser Voldemort die vergangenen Jahre mehrfach versucht hatte, ihren Neffen zu töten. Würde sie es wissen, hätte sie sich diesen angeblich so bösen Magier wahrscheinlich längst einmal vorgeknöpft, um ihm mitzuteilen, dass er das nächste Mal doch bitte erfolgreicher sein möge. Ja, Tante Petunia, Onkel Vernon und ihr Sohn Dudley mochten Harry Potter genauso wenig, wie Harry seine Verwandten mochte. Aber noch war er kein ausgebildeter Zauberer und noch konnte er nicht auf seinen eigenen Füßen stehen. Noch war er nicht volljährig.
Gut, da war noch das Haus, das er von seinem Patenonkel Sirius geerbt hatte, aber im Moment gab es Streit darum, ob er wirklich der rechtmäßige Erbe war.
Lucius Malfoy, der Vater von Draco Malfoy, hatte es selbst vom Gefängnis aus geschafft, Haus und Vermögen der Blacks für sich zu beanspruchen. Nur weil seine Frau, eine gebürtige Black, seiner Ansicht nach die rechtmäßige Erbin sei. Noch ein Grund mehr, die Familie Malfoy und vor allem deren einzigen Sohn, Draco Malfoy, nicht zu mögen, wie ihm sein Verstand immer wieder sagte. Wenn da nicht diese kleine, nervende Stimme gewesen wäre, die ihm etwas anderes zu sagen versuchte.
Endlich hatte Harry die Couch erreicht. Sie stand nicht ganz an der Wand und der Platz reichte aus, um sich dahinter zu verstecken. Harry zögerte. Bei dem Gedanken, was sich im Laufe der Jahre noch alles diesen Platz als neue Heimat gesucht haben könnte, wurde ihm etwas flau im Magen. Er hatte zwar keine so ausgeprägte Spinnenphobie wie Ron, aber dennoch war ihm alles andere als wohl bei dem Gedanken, eines dieser haarigen Viecher mit langen Beinen könne ihm über die Finger laufen.
Am Ende siegte jedoch die Angst vor dem Lehrer, der da unter Umständen gleich in diesen Raum treten könnte. Ein wütender Professor Snape war ganz sicherlich unangenehmer als irgendein Tier. Vorsichtig, um zu vermeiden, dass er zu viel Lärm machte, zwängte sich Harry hinter die Couch und duckte sich. Er hielt die Luft an, um möglichst nichts von dem Staub einatmen zu müssen, der ganz sicherlich überall in diesem Raum verteilt war und den er in diesem Moment vermutlich gerade aufgewirbelt hatte. Niesen war etwas, was Harry in diesem Moment unbedingt vermeiden wollte.
Erst jetzt fiel Harry auf, dass es in diesem Raum alles andere als modrig gerochen hatte. Seine Finger tasteten über den Fußboden. Es schien nicht so, als hätte sich hier viel Schmutz oder Staub angesammelt. Vorsichtig atmete er ein und nahm den leichten Geruch von Reinigungsmitteln wahr. Ganz offensichtlich hatte sich jemand die Mühe gemacht und in diesem Zimmer für Ordnung gesorgt. Harry konnte sich schon denken, wer dahintersteckte.
Schließlich war es Hermione gewesen, die ihn hierher gelockt hatte. Ob das hier vielleicht der Ort war, an den sie immer für Stunden verschwand? Blieb nur die Frage, ob sie ihn nutzte, um endlich ungestört lernen zu können, oder aber um sich mit ihrem heimlichen Liebhaber zu treffen, wenn sie denn einen hatte. In der Bibliothek zu lernen, hatte Hermione eigentlich noch nie wirklich gestört. Wozu dann ein abgelegener Raum in einem Gang, den niemand kannte?
Vielleicht war der Unbekannte da draußen ja gar kein Lehrer, sondern Hermiones heimlicher Liebhaber. Und vielleicht wollte Hermione endlich mit der Sprache rausrücken und ihm erklären, wohin sie immer verschwand. Allerdings hätte sie das auch durchaus tagsüber im Gemeinschaftsraum oder sonst wo tun können. Dazu musste Hermione Harry wohl kaum in einen abgelegenen Teil des Schlosses locken. Außerdem fehlte von der Freundin bisher noch jede Spur.
Harry hörte, dass der Unbekannte mittlerweile stehen geblieben war. Da es in dem Zimmer noch immer dunkel war, vermutete Harry, dass der Unbekannte sich immer noch auf dem Gang davor aufhielt. Sonst hätte er doch zumindest einen Schimmer von Licht sehen müssen. So konnte er jedoch nur den dünnen Strahl des Mondlichtes erkennen. Nachsehen wollte er lieber nicht. Selbst er hatte mittlerweile den Unterschied zwischen Neugier und Leichtsinn erkannt und sich jetzt einem Lehrer zu zeigen, gehörte ganz sicherlich in die letzte Kategorie. Also blieb Harry, wo er war, kauerte sich noch weiter zusammen und wartete ab, was passierte. Vielleicht würde der Unbekannte ja einfach wieder verschwinden.
Harry lauschte und versuchte zu ignorieren, dass sein rechter Fuß einzuschlafen drohte. Der Unbekannte schien irgendwie unruhig zu sein. Immer wieder konnte Harry Schritte vernehmen. Ganz so, als liefe jemand unruhig auf und ab, ohne sich jedoch weit zu entfernen.
Gerade überlegte Harry, ob es eine gute Idee sei, einen Lehrer mit einem Fluch kurzerhand außer Gefecht zu setzten, um hier irgendwie wieder heil herauszukommen, als die Schritte von draußen deutlich schneller wurden und näher kamen. Harry umklammerte seinen Zauberstab, wohl wissend, dass das Verfluchen von Lehrern an dieser Schule nicht wirklich etwas war, was man gerne sah. Mal ganz davon abgesehen, dass Zaubern außerhalb der Klassenräume ohnehin verboten war. Aber das war das Herumschleichen auf den Gängen nach Mitternacht schließlich auch.
Harry konnte den Schimmer eines Lichtes erkennen und hörte leises Gemurmel, bevor das Licht erlosch. Es war zu leise gewesen, als dass er die Stimme hätte erkennen können. Nur fiel ihm absolut kein Grund ein, warum ein Lehrer das Licht löschen sollte, es sei denn, er wollte nicht gesehen werden. Also entweder war der Unbekannte kein Lehrer, oder aber er hatte einen guten Grund sich zu verstecken. Über Letzteres wollte Harry, ganz besonders wenn es um Hermione ging, lieber gar nicht weiter nachdenken.
Der Unbekannte schien sich in diesem Moment genauso unbeholfen durch den Raum zu tasten, wie Harry selber es noch vor wenigen Minuten getan hatte. Seine Schritte waren deutlich langsamer geworden und er blieb immer wieder stehen. Wenn es wirklich Hermiones geheimnisvoller Liebhaber war und die beiden sich hier in diesem Zimmer getroffen hatten, dann müsste er den Raum doch eigentlich besser kennen, schoss es Harry durch den Kopf. Nur welcher Verrückte würde um diese Uhrzeit grundlos durch die dunklen Gänge von Hogwarts schleichen? Oder hatte Hermione etwa noch weitere Leute eingeladen?
Harry hatte gar keine Gelegenheit mehr, weiter darüber nachzudenken, als er plötzlich ein Krachen hörte, dann ein lautes Fluchen und eine Tür, die ins Schloss fiel. Harry riss erstaunt den Kopf hoch. Die Stimme, die da gerade eben ziemlich abfällig über einen wehrlosen Tisch geschimpft hatte, kannte er nur zu gut. Normalerweise äußerte sich ihr Besitzer in eben dieser Tonlage sonst eher abfällig über Harry oder einen seiner Freunde.
Der Unbekannte, von dem Harry bis zu diesem Moment noch geglaubt hatte, es sei ein Lehrer, war niemand anderes als Draco Malfoy.
