Es ist irgendwie eine Ehre als eine der Ersten eine Geschichte in der deutschsprachigen Rubrik veröffentlichen zu dürfen. Englisch beherrsche ich zwar gut genug um am Lesen meine Freude zu haben, aber der Versuch einen längeren Text in der Sprache zu schreiben, wäre wohl blamabel.
Mass Effect gehört mir selbstverständlich nicht. Und ich danke dem Mass Effect Wiki für einige unterhaltsame Stunden beim Stöbern. (Ich mochte den Teil über Turianische Gesichtsbemalung.)
Diese Geschichte spielt nach Shepards Einsatz auf der Kollektorenbasis. Wie ich habt ihr beim Durchspielen sicherlich etliche Mal Entscheidungen treffen müssen, die ihr hinterher vielleicht bereut habt. (Das macht den Reiz des Spieles aus.)
Verantwortung
Die Tür glitt auf und dieses Mal wunderte er sich nicht mehr darüber, dass er sich nicht einmal anmelden musste um Zutritt zu erlangen. Auf einem Turianischen Kreuzer wäre dergleichen undenkbar gewesen. Als er sie deswegen gefragt hatte, antwortete sie, auf einer Mission wie der ihrigen sollte die Crew jederzeit mit ihren Problemen zu ihr kommen können.
Das Zimmer wurde von dem blauen Licht aus dem Aquarium beleuchtet, das unruhig über den Boden tanzte. Luftbläschen stiegen aus dem Sand, verwirbelten das Wasser und verschwanden hinter der oberen Abdeckung. Sie hatte einmal Fische darin gehabt, aber etwas war ihnen nicht bekommen. Seine persönliche Meinung dazu war, dass Thessianischen Salzwasserfischen Süßwasser nicht unbedingt zuträglich war...
Zu seiner Rechten sah er ihren Schreibtisch. Wieder etwas, das es auf einem Turianischen Schiff nicht gegeben hätte: Ein mit dem Rücken zur Tür ausgerichteter Schreibtisch.
Heute war er überladen mit Aktenordnern und Datapads. Vermutlich war es keine Freude gewesen den letzten Bericht zu schreiben. Über dem Schreibtisch befand sich eine Glasvitrine mit einer stetig wachsenden Modelschiffsammlung.
Das extra für sie angefertigte Replikat der Sovereign hatte Shepard für Schießübungen benutzt.
Sie schien nicht da zu sein, doch er war nicht das erste Mal in diesem Raum.
Garrus ging an dem Schreibtisch vorbei zu dem hinteren Teil des Zimmers, wo sein Kommander mit dem Rücken an das Bett gelehnt auf dem Boden saß. Barfüßig, mit einem vor sich ausgebreiteten Laken, auf dem die einzelnen Teile ihrer Karpov X verteilt lagen.
„Ich dachte, Mr. Taylor ist für die Wartung der Waffen zuständig.", sagte er anstelle einer Begrüßung.
Shepard sah kurz auf und machte eine Handbewegung in Richtung Sofaecke, bevor sie nach einem Tuch und einem Ölfläschchen griff.
„Ich reinige sie gerne selbst. Das ist... beruhigend. Repetitive Abläufe haben die Tendenz meditativ zu wirken."
Garrus setzte sich. Vielleicht wäre es ihm vor zwei Jahren nicht aufgefallen, doch Omega hatte ihn einige Dinge gelehrt. In seiner kleinen Crew aus selbsternannten Rächern des Gesetzes waren auch zwei Menschen dabei gewesen. Kathryn und ihr Partner Gene. Er hatte Zeit gehabt menschliche Gesichtsausdrücke in all ihrer Vielfalt zu studieren. Wesentlich gründlicher sogar als zu seiner Zeit bei der C-Sicherheit. Ein zahlenmäßig übermächtiger Feind hilft dabei sich auf einander einzustimmen, daher erkannte er diesen harten Zug um ihren Mund, den in die Leere gehenden Blick mit den zusammengezogenen Brauen.
„Was bedrückt dich?" Das war eine Formulierung, die er von Kathryn gelernt hatte. Turianer hatten einen anderen Ausdruck, der sich wage mit „Was behindert deine Effizienz?" übersetzen ließ, aber er hatte die Erfahrung machen müssen, dass Menschen die Frage in dieser Form nicht verstanden.
Shepard erwiderte zunächst nichts. Sie starrte auf die Ersatzteile vor sich, auf die ölbefleckten Finger mit den kurzen Nägeln und das schmutzige Tuch.
„Ich glaube, ich habe einen Fehler gemacht.", meinte sie schließlich langsam. „Ich war so kurz davor diese verdammte Basis in die Luft zu jagen und du wirst nicht glauben, wie viel Freude es mir bereitet hätte, wenn von ihr nur noch Schrott übrig geblieben wäre..." Sie begann die Pistole zusammenzusetzen, sicher und routiniert, ohne hinzuschauen. Garrus folgte ihren Bewegungen mit den Augen und schwieg. „Doch er hat mich überredet und was soll ich sagen? Er hat Recht. Wir wissen gar nichts über die Reaper. Von der Sovereign ist nicht genug übrig geblieben, das uns einen Vorteil hätte bieten können. Hätte ich eine einmalige Chance diese Rasse zu studieren, verwerfen sollen? Damals dachte ich: Nein. Vergiss´ dein Misstrauen, glaub´ daran, dass Cerberus wie dir mehr am Überleben der Menschheit gelegen ist, als an persönlicher Macht."
Shepard lud die Waffe durch und starrte sie an. „Das habe ich wirklich gehofft, Garrus. Aber dann sah ich in seine Augen."
„Ja, ich habe schon gehört, dass dies kein netter Anblick ist.", warf Garrus ein und Shepard lachte bitter.
„In diesem Moment war ich mir fast sicher, dass er mehr wusste, als ich mir vorstellen konnte und dass ich an seinen Fäden zappelte wie eine Marionette. Ist es möglich, dass er diesen Ausgang tatsächlich geplant hat? Kann es sein, dass er uns zusammengerufen, getestet und dann für seine Zwecke benutzt hat? Es hat so viele Zufälle gegeben. Zu viele Zufälle."
Ein Schweigen lag im Raum. Jeder war mit seinen eigenen Gedanken und düsteren Vorahnungen beschäftigt.
Schließlich griff Garrus nach der Flasche, die auf dem Couchtisch stand und zog mit den Fingerspitzen zwei Gläser zu sich. Er seufzte.
„Ich bin bei deiner Unterredung mit dem Unbekannten nicht dabei gewesen. Ich kann seine Reaktion also nicht beurteilen. Aber ich habe von Joker gehört, dass „Cerberus" ein Begriff aus der irdischen Mythologie ist. Ein dreiköpfiger Hund, der die Tore zu der Unterwelt bewacht. Wobei es mir immer noch ein Rätsel ist, warum sich die Menschen die kurze Zeit ihrer Existenz mit grässlichen Vorstellungen von einem Jenseits verderben."
Er zog den Korken und roch vorsichtig an dem Flaschenhals.
„Kroganischer Ryncol...", rief er überrascht aus. „Shepard, ist das dein Ernst?"
Das Lächeln des Kommanders war etwas schief. „Ich habe ihn... anpassen... lassen. Ich finde ihn sehr zweckdienlich, möchte allerdings kein Leberversagen riskieren. Erzähle Grunt nichts davon. Dafür, dass er aus einem Tank stammt, ist er erstaunlich traditionsbewusst. Ich will nicht seinen Respekt verlieren."
Garrus schenkte etwas von dem Getränk in zwei Gläser und stand auf.
„Was ich vorhin sagen wollte... Wir wissen nichts über Cerberus. Möglicherweise ist dieser Unbekannte tatsächlich der einzige Kopf eines dreiköpfigen Hundes, möglicherweise hat er längst nicht soviel Einfluss wie er uns gerne glauben lässt." Der Turianer reichte Shepard ihr Glas und setzte sich neben sie auf den Boden. Er hielt Abstand. Ihm war selbst nicht ganz klar, ob er das tat, damit Shepard sich nicht den Hals verrenken musste um ihn anzuschauen oder ob er andere Gründe hatte. Es schien ihm allerdings seltsam genug, dass sie ihn in den letzten Wochen gewissermaßen zu einem inoffiziellen Ratgeber auserkoren hatte. Er hatte sie eigentlich schon früher gemocht, doch beruhte das auf Gegenseitigkeit?
„Möglicherweise, hoffentlich,... hat Cerberus genug Verstand um die Gier nach Macht etwas zu zügeln." fuhr er fort. „Und diese Organisation muss machtgierig sein, sonst wäre sie nie so weit gekommen. Ich habe festgestellt, dass es oft besser gewesen wäre, etliche Hochgestellte daran zu hindern bestimmte Höhen zu erklimmen."
Shepard schwenkte die Flüssigkeit im Glas und nippte schließlich daran. Sie verzog das Gesicht.
Auch Garrus nahm einen Schluck. „Eigentlich kein Wunder, dass Kroganer das Zeug gut vertragen. Die Hauptwirkung scheint es in der Nase zu entfalten.", bemerkte er trocken, als er wieder sprechen konnte. „Außerdem haben sie zusätzliche Organe, die den Verlust anderer kompensieren können."
Der Kommander faltete das Tuch und verstaute es mit dem Ölfläschchen unter dem Bett, währenddessen betrachtete Garrus heimlich ihre Zehen. Es war erstaunlich, dass sich Menschen mit solch kümmerlich wirkenden Auswüchsen ihrer Unterschenkel überhaupt auf dem Boden halten konnten. Vor zwei Jahren hatte er die menschliche Physiognomie eher abstoßend und befremdlich gefunden, inzwischen war er bei dem Adjektiv „interessant" angelangt. Man gewöhnte sich an alles. Shepard machte es ihm aber auch nicht sonderlich schwer. Vom Verhalten glich sie nicht selten einem turianischen Kommander und sie bemalte sich zudem den Bereich um die Augen und färbte auch ein wenig die Lippen nach. Es mochte sich bei ihren Gesichtsverzierungen nicht wie bei seinem Volk um traditionelle Zeichen ihrer Abstammung handeln, aber die aufgetragenen Farben wirkten auf Garrus trotzdem vertrauenserweckend. Als sie sich wieder umwandte, lenkte er den Blick zurück auf sein Glas.
„Und hey, was kann Cerberus im schlimmsten Fall machen? Doch nur die Herstellung eines Reapers fortsetzen, wo die Kollektoren aufgehört haben.", versuchte er es mit Galgenhumor, doch er verfehlte das Ziel. Dieser Kommentar war zu nahe an ihren Befürchtungen dran.
„Es scheint lächerlich unwichtig,", bemerkte Shepard nach einer Weile des Schweigens, „aber meine finanziellen Mittel sind beschränkt. Der Rat zeigt keine Bestrebungen meine Mission zu unterstützen. Ohne Cerberus wäre ich niemals so weit gekommen und jetzt wird mir klar, dass sie mich ohne regelmäßige Überweisungen auf mein Konto wirksamer handlungsunfähig machen können als mit einer Armee."
„Shepard. Vertraue besser darauf, dass einige aus deiner Crew sich nicht nur auf das Töten verstehen, sondern auch andere Talente haben. Vielleicht solltest du mit Miss Lawson reden. Oder Mordin Solus. Sicherlich kann man seinen Verstand patentieren. Außerdem kennt dieser Thane bestimmt jemanden, der sein Weiterleben gerne finanzieren würde... Meine Güte. Die Reise hat einen schlechten Einfluss auf mich." Garrus bemerkte das erste echte Lächeln auf Shepards Lippen und fand, dass dies ein guter Grund war wieder nachzuschenken. „Nur komm´ nicht zu mir. Turianer verstehen sich nicht auf Geschäfte. Nicht umsonst haben wir die Volus bei uns einquartiert."
„Danke.", sagte sie und nahm einen Schluck. „Ich dachte einst, Akuze war ein Desaster, eine Herausforderung an der Grenze der Machbarkeit, doch diese Mission schlägt meine bisherigen Erfahrungen um Längen." Sie rieb sich unwillkürlich die Schulter. Manchmal beobachtete er wie sie den Arm probeweise rotieren ließ, als würde er schmerzen, und das, obwohl er wusste, dass Cerberus sich um alle körperlichen Probleme gekümmert hatte...
„Du hast mir nie von Akuze erzählt."
„Ach, Garrus.", seufzte sie und fuhr sich mit der Hand durch die kurzgeschorenen Haare. „Es ist für mich kein großer Erfolg diesen Planeten überlebt zu haben. Es steht alles in dem Bericht über mich und war sogar zugänglich, ehe ich zum Spectre wurde. Danach verschwanden meine Akten... Ich habe gehört, dass ein Denkmal mir zu Ehren errichtet wird." Sie kippte das ganze Glas herunter und schüttelte sich angewidert. Garrus betrachtete fasziniert wie sich feine Härchen auf ihren Unterarmen aufrichteten. War das nicht eine menschliche Reaktion auf Kälte? Dabei war das Quartier angemessen temperiert...
„Du willst wissen, wie es wirklich gewesen ist? Mein Schiff, ich diente als 1-ter Leutnant unter Kommander Lowell, empfing ein Notsignal von einer Menschenkolonie auf Akuze. Wir waren das einzige Schiff in der Nähe, das ihm hätte nachgehen können. Die Kolonie war recht zahlreich und gut bewacht gewesen, daher befürchtete mein Kommander, dass eine große und gut ausgerüstete Sklavenjägergruppe der Grund für das Notsignal gewesen sein musste. Solche Vorfälle hatte es in diesem Sektor bereits gegeben. Er beschloss das Schiff zu landen um einen starken Einsatztrupp zur Kolonie zu schicken. Für die Landung gab es nur zwei geeignete Plätze. Die Ebene, wo sich die Kolonie befand und ein Gelände gute sieben Meilen entfernt. Er wählte letzteres um einen sofortigen Angriff des Feindes abzuwenden. Fast fünfzig Marines wurden ausgesandt um die Kolonie auszukundschaften. Nachdem wir uns bis zur Abenddämmerung durch das unwegsame Gelände durchgeschlagen haben, fanden wir schließlich die Kolonie."
Da war eine Veränderung in ihrem Tonfall. Im Laufe der Erzählung war ihre Stimme immer monotoner geworden, als wären die Ereignisse auf Akuze jemand anderem zugestoßen. Er betrachtete sie besorgt, aber sie winkte ab, als sie seinen Blick bemerkte.
„Es war kaum noch etwas von der Kolonie übrig geblieben. Ich habe dort einige Dinge gesehen... Sagen wir, ich hätte sie lieber nicht gesehen. Aber ich war Leiterin des Rettungsteams. Kommander Lowell war beim Schiff zurückgeblieben und hatte mir das Kommando über die Marines übertragen. Ich konnte mir nicht leisten die Fassung zu verlieren. Aber es war nicht leicht... Es war wirklich nicht leicht." Shepard nahm ihr Glas vom Boden auf und hielt es Garrus zum Nachschenken hin. Er sah bereits verschwommen und dachte insgeheim, dass sie beide genug hatten, aber es gab Zeiten, da riskierte man besser einen höllischen Kater.
Außerdem konnte er so wieder seine Hände beschäftigen. Er hatte das Bedürfnis Shepard zu berühren, wusste aber, dass sie kein Mitleid mochte. Sie sollte ihn nicht missverstehen.
„Es klingt seltsam, doch am meisten nahm uns mit, dass wir nicht wussten, was dort geschehen war. Sämtliche Zivilgebäude waren nur noch Schutt und Asche. Wir sahen wenig Waffenschaden, und wenn, dann von Allianzmunition. Die Leichen,... es gab einige Hundert davon, waren nicht selten halb im Boden eingegraben und von einer merkwürdigen Substanz anverdaut. Wir hofften, dass wenigsten ein Paar der Kolonisten es geschafft haben, doch es dämmerte schon und wir mussten die Suche vertagen."
Shepard schien gedankenverloren und Garrus drängte sie nicht. Er erinnerte sich daran wie er sein Team gefunden hatte. Genes Gehirn hatte ein Scharfschütze über die Wand verteilt. Nemys, ein sehr junger Turianer, war einfach auf dem Boden verblutet. Seinen Arm hatte eine Granate abgerissen. Möglicherweise hatte Kathryn ihm helfen wollen, den sie hielt noch einen Behälter mit Medigel in den Händen, aber sie war nicht weit gekommen. Garrus sog die Luft durch die Nase und schloss die Augen.
„Dann kam die Nacht.", fuhr Shepard schließlich leise fort. „Wir hatten die Gegend gesichert und glaubten uns in Sicherheit. Wer auch immer die Kolonie angegriffen hatte, musste längst fort sein. Irrtum... Er war direkt unter uns. Ich glaube, beim ersten Angriff starben um die zwei Dutzend Marines als der Dreschschlund aus der Erde tauchte und einen Teil unseres Nachtlagers einfach unter sich begrub. Wir hatten dergleichen noch nie gesehen.
Panik brach aus.
Ich weiß noch, dass ich mich heiser gebrüllt habe bis mein Helmfunk schließlich ausfiel, als ich gegen eine halbverfallene Hauswand geschleudert wurde. In der Dunkelheit war der Angriff eine Katastrophe. Ein Teil meines Einsatzteams rannte ins freie Gelände um den Feind kommen zu sehen, was sich rasch als tödlicher Fehler erwies. Einen anderen Teil versuchte ich in das unwegsame Felsmassiv hinaufzuführen, nachdem ich mir endlich einen neuen Helm beschafft habe. Ich habe ihn einem toten Kameraden vom Kopf gezerrt... Was auch immer uns angriff, ich hoffte, es könnte nicht durch den Fels. Das war der Moment, als wir lernten, warum viele Kolonisten in einer Lache aus Säure lagen. Sturmgewehre waren im Dunkeln beinahe nutzlos, das Gelände so schwierig, das ich mir mehrere Male beinahe die Beine brach.
Ich befahl den Rückzug zum Schiff und funkte um Unterstützung, aber es kam keine Antwort...
Da erkannte ich, welchen Fehler wir gemacht hatten. Nicht nur als wir unser Schiff in der Ebene landeten, sondern auch als wir das Notsignal der Kolonie abstellten, nachdem wir keine Spur von dem Angreifer finden konnten... Die Allianz brauchte zwei Tage um uns Verstärkung zu schicken, aber dies auch nur, nachdem es meinem stark dezimierten Team gelang aus dem Wrack unseres Schiffes einen Notruf zu senden. Bis Hilfe kam, war nur noch ich übrig." Shepards Augen waren heller und sonderbar gläsern geworden. Das hatte Garrus bei vielen Spezies unter Alkoholeinfluss beobachten können, seltsamerweise klang sie nicht die Spur angeheitert. „Dieses verdammte Denkmal sollten sie lieber den Toten zu Ehren errichten oder Corporal Toombs, der bitter dafür gezahlt hat am Leben geblieben zu sein."
Der Kommander lehnte sich schwer gegen die Bettkante, den Kopf auf das Bett gelegt. Sie starrte das dunkle Grau der Zimmerdecke an. „Es mag seltsam klingen, aber damals war mir eine Sache klar gewesen. Wenn ich mich darauf konzentriere, diesen Notruf zu senden, würde schließlich jemand kommen und uns retten. Ich musste nur durchhalten. Es war simpel. Dieses Mal gibt es keinen, der uns retten kommt, wenn wir einfach nur durchhalten. Wir müssen uns selbst helfen. Ich habe manchmal Zweifel, wie uns dies alles gelingen soll und es ist ermüdend das niemals öffentlich zeigen zu können. Niemand verliert so schnell seine Autorität wie ein Kommander, der an sich zweifelt."
Garrus versteifte sich und stellte die Flasche auf den Boden, damit er sie nicht zerbrach. Ihr letzter Satz hatte alle Schuldgefühle zurückkehren lassen... Er hatte gedacht, er hätte damit abgeschlossen.
„Auf Omega lag mein Team beinahe eine Woche unter Dauerbeschuss.", presste er zwischen den Zähnen hervor, „Wir waren erschöpft, körperlich und seelisch. An einem Abend gestand ich Sidonis, wie wenig ich an unser Überleben und unseren Erfolg glaube. Zwei Tage später hat er mich in eine Falle gelockt und meine Leute abschlachten lassen... Oh ja, ich weiß genau, was der Preis meiner Schwäche war."
Shepard betrachtete ihn von der Seite, das Gesicht ausdruckslos, aber er wusste, was sie dachte, deshalb sprach er weiter.
„Verstehe mich nicht falsch.", bat er, „Sidonis war ein Feigling. Er wusste nicht, worauf er sich einließ, als er sich mir anschloss. Dein Team, Shepard, weiß genau, worum es geht. Wir haben es alle am eigenen Leib erfahren. Wir wissen, dass Versagen keine Option ist, aber wir sind auch nicht blind. Wir wissen wie unsere Chancen stehen. Ein Kommander darf nicht an sich zweifeln, aber du braucht zumindest mir nichts vorzumachen. Wir sind aus etlichen aussichtslosen Situationen herausgekommen und ich werde dir weiterhin den Rücken freihalten."
Sein Kommander antwortete zunächst nicht, was ihn etwas unsicher machte. Schließlich lächelte sie schief. „Die Reaper werden sich wohl in Acht nehmen müssen, nicht wahr, Garrus?"
Shepard hielt ihm ihr Glas hin und er stieß mit ihr an.
