Hallo,
obwohl ich schon seid Jahren FFs verschiedener Genres lese, ist dies meine erste eigene Geschichte.
Über Rückmeldung jeder Art würde ich mich sehr freuen.
DISCLAIMER: Außer meiner alternativen Storyline und meinem OC gehört Alles dem bewundernswerten J. R. R. Tolkien. Ich schreibe nur zu meinem Privatvergnügen und verdiene kein Geld damit.
Und jetzt, viel Spaß beim Lesen!
PROLOG
Alles was sie wollte war eine zweite Chance.
Die letzten Monate waren ein auf und ab der Gefühle gewesen.
Als man ihr sagte, dass sie erblinden würde, war sie verzweifelt gewesen.
Es war das schlimmste Schicksal, was sie sich als Bücherwurm vorstellen konnte. Bücher waren schon immer ihr Leben gewesen. Wie viele Tage und Nächte hatte Sie in ihrer Gesellschaft verbracht? Viele Bücher hatte sie sogar mehr als einmal gelesen. Selbst nach ihrer Hochzeit hatte sie ihren geliebten Büchern immer noch viel Zeit gewidmet. Einigen ihrer Bücher sah man leider sogar an, dass sie mit ihnen in der Hand gekocht oder geputzt hatte. Dass deshalb nicht immer alle Fenster so sauber geworden sind, wie sie hätten werden sollen, war ihr dabei nicht ganz so wichtig gewesen. Als ihr kleiner Sohn dann zur Welt kam, hat sie sich ein Tablet gekauft. Einen Säugling in der einen und einen tausendseitigen Roman in der anderen Hand waren dann doch etwas schwer gewesen. Außerdem konnte sie so ihre Fanfiction auch ortunabhängig genießen.
Dass sie auf all dies in Zukunft verzichten musste, war undenkbar. Sie wurde sehr unleidlich. Als erstes gingen ihre Arbeitskollegen auf Abstand, dann ihre Freunde. Nur ihre engste Familie hielt noch zu ihr.
Als die Ärzte ihr von einer neuartigen Gentherapie berichteten, war sie hoffnungsvoll gewesen. Alles würde sie riskieren, wenn sie nur weiterhin sehen können würde. Das Aufnahmeverfahren in die klinische Studie war eine Herausforderung. Jeder Cent ihres Ersparten ging dafür drauf. Aber sie schaffte es. Sie war der erste Mensch, bei dem die Therapie angewendet wurde. Leider zeigte sich, dass die menschliche DNA sich dann doch mehr als gedacht von den Labortieren unterschied, an denen die Methode getestet worden war. Dass die Ärzte übers Ziel hinausgeschossen waren, war noch zu sanft ausgedrückt. Statt ihr ihre Sicht wiederzugeben haben sie alle Sinne verschärft. Sie sah jeden Staubpartikel in der Luft, sie hörte die Autos auf der kilometerweit entfernten Straße, von dem Geruch, der in der Klinik herrschte wurde ihr mehr als einmal übel und berühren durfte man sie gar nicht.
Als sie nun dieses Mal in den OP gebracht wurde, hatte sie Angst. Was genau die Ärzte mit ihr vorhatten, wusste sie nicht. Die letzten Tage waren einfach zu viel gewesen. Man hatte sie zwar betäubt, aber es kamen immer noch zu viele Sinneseindrücke zu ihr durch. Neben der Anästhesieschwester, die langsam von zehn rückwärts zählte, hörte sie das Rascheln der Kleidung der Ärzte, die sich im Nebenzimmer vorbereiteten, das Summen der Maschinen, das Klacken der Wanduhr. All das verschmolz in ihrem Kopf zu einem gewaltigen Sturm aus Lärm. Sie war so dankbar, als die Narkose endlich einsetzte und alles dunkel wurde.
Leider hielt die Dunkelheit nicht allzu lange an. Als sie wieder zu sich kam, wunderte sie sich als erstes über die relative Stille. Sie hörte wie durch Nebel, sie sah wie durch Nebel. Welch eine Wohltat! Das zweite, was ihr auffiel war, dass ihre Perspektive komisch war. Was hatten die Ärzte denn jetzt schon wieder angestellt?
Als die Stimmen dann deutlicher wurden, bekam sie Panik. Die Ärzte verloren sie. Sie schwebte über ihnen. Unfähig sich bemerkbar zu machen. Sie sah sich auf dem OP-Tisch liegen. Sie hörte das hektische Piepen der Maschinen. Sie fühlte die Schwingungen der aufgescheucht umherlaufenden Ärzte.
Und sie hatte nur noch einen Gedanken: „Ich will eine zweite Chance!"
Als sie die letzten Wochen Revue passieren ließ, wurde ihr klar, dass sie sich wie ein Biest verhalten hatte. Sie hatte immer die anderen für alles verantwortlich gemacht. Sie hatte alle von ihrer Seite verscheucht. Selbst ihr geliebter Ehemann, der als längster von allen durchgehalten hatte, war irgendwann vor ihr geflohen.
Ja, sie wollte noch eine Chance, alles wieder gut zu machen.
Und so fing sie an zu beten. Sie war nie sehr religiös gewesen. Selbst in ihrer dunkelsten Zeit. Sie war zwar davon überzeugt, dass es irgendwo da draußen eine höhere Macht gab, aber sie hatte diesem ETWAS bisher keinen Namen geben können oder wollen. Vielleicht, weil sie sich keinen Konventionen unterordnen wollte? An den Gott der Christen zu glauben, bedeutete für sie automatisch diesen Unsinn mit der Wiederauferstehung in Kauf nehmen zu müssen. Ein Kopftuch tragen oder sich den jüdischen Traditionen unterordnen zu müssen, wäre für sie ein Graus gewesen. Nein, dann sollte dieses ETWAS doch lieber namenlos bleiben.
Aber jetzt betete sie. Zu allen Göttern und Gottheiten, die ihr bekannt waren. Als sie mit den irdischen Göttern durch war, ging sie über zu den zwölf Göttern der Aventurier, den Drachen der Drachenlande, den Valar von Mittelerde…
Plötzlich wurde alles gleißend hell.
Und als sie wieder Formen und Farben erkennen konnte, stellte sie mit Entsetzen fest, was geschehen war. Dies war also ihre zweite Chance! Sollte sie sich so als würdig erweisen?
Nun gut. Sie hatte genug Fanfiction gelesen, um zu wissen, was sie tun musste. Und sie hatte genug Geschichten gelesen, um zu wissen, was sie nicht tun durfte. Wenn dies ihre Chance war, sich zu beweisen, dann würde sie es tun. Aber richtig!
Mit dieser Gewissheit ging sie entschlossen den grasbewachsenen Hügel empor, öffnete die Gartenpforte und klopfte bestimmt an der grünen, runden Tür.
