Ein dumpfes Scheppern war zu hören.
Ein Scheppern, wie das eines Gongs, der gerade zu Boden fiel.
„Um Himmels Willen, Mushu. Pass ein bisschen besser auf damit, ja?", bemerkte der Urahn ohne auch nur zu dem kleinen Drachen hinunterzusehen.
Mushu betrachtete den Geist der alten Frau kurz missgünstig, wandte ihr dann den Rücken zu und machte sich auf den Tempel zu verlassen.
„Und wo wollen wir hin?" erwischte ihn dann schließlich doch noch der älteste der Ahnen, doch der Drache ließ sich nicht aufhalten. Er kannte die Vorwürfe, die ollen Kammellen. Zu oft hatte er sie schon gehört.
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Mushu schleifte sich durch den Garten.
Er war es Leid.
Sie wollten ihn nur unterbuttern, das war ihm klar.
Irgendwann würden sie ihn schon zu schätzen wissen... aber irgendwann konnte eine lange Zeit umschreiben.
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Ziellos blickte der Drache hinauf in den klaren Sternenhimmel. Es war Nacht. Eine ruhige Nacht.
Oder... doch nicht ganz so ruhig, vielleicht?
Aus dem Haus der Fa Familie drang Lärm und vor einer der Türen saß ein Hündchen und wedelte aufgeweckt mit dem Schwanz.
Und Mushu nickte bei diesem Anblick. Es war erleichternd mal andere Gesichter zu sehen. Besonders wenn diese Gesichter vertraut waren.
Er erinnerte sich noch gut, als wäre es gestern gewesen und nach einem kurzen Moment lief er auf das Tier zu.
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„Nun, das ist eine wirklich faszinierende Tür", begann er ein Gespräch mit dem alten Kollegen, welcher erst einmal verdutzt dreinschaute.
„Was machst du denn hier?"
„Ein bisschen frische Luft schnappen, nach was sieht's denn aus?"
„Oh..." bemerkte der Hund und wandte sich wieder der verschlossenen Tür zu, „Ich dachte schon du dürftest hier sein."
Der verbitterte Unterton in seiner Stimme blieb Mushu nicht unbemerkt. Sein Kollege war sichtlich verärgert aber dennoch in der Lage in einer gewaltigen Hochstimmung zu sein.
Mushu schenkte der Tür einen kurzen Blick und drehte ihr dann den Rücken zu, bereit das Geschehen zu verlassen.
„Es ist ein Mädchen", hielt sein Kollege ihn auf.
„Was?" stutzte der Drache und blickte über seine Schulter zurück zu dem weißen Knirps, welcher sich nur bestätigte.
„Fa Li hat ein Mädchen bekommen."
Mushu zeigte ihm die kalte Schulter.
„Nenn mir einen Grund, warum mich das interessieren könnte."
Das Hündchen schüttelte den Kopf.
„Du treibst dich zu viel mit den Toten herum."
„Und genau deshalb verschwinde ich jetzt", erklärte der Drache und begann erneut loszulaufen.
„Was?"
Sein Kollege wirkte ratlos als Mushu dabei war sich mit jedem Schritt auf das Tor zu weiter von ihm zu entfernen.
Und dann öffnete sich die Tür.
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Mushu war gerade dabei durch das Tor zu treten, sich selbst dem Schicksal zu überlassen.
Und dann war da ein Schreien.
Das Weinen, eines Neugeborenen.
Es ließ ihn frösteln...
Der Drache wusste, dass es für Babys normal, nein, sogar nötig war zu schreien. Und doch konnte das Timing nicht noch verrückter sein. Es hatte schon beinahe den Anschein gehabt, als weinte es für ihn. Ganz so als ob... es nicht wollte, dass er ging.
Mushu drehte sich um, nur um zu erblicken wie kleiner Bruder fröhlich kläffend um den frisch gebackenen Vater herumhüpfte, mit seinem Mädchen im Arm.
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Bei diesem Anblick überkamen den Drachen leichte Zweifel und seine normalerweise wachsamen Ohren baumelten nun leblos von seinem Kopf herunter.
Nein... er richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf. Das war nicht möglich. Sein Blick wandte sich wieder dem Tor zu.
Ein Symbol.
Für ihn bedeutete es Freiheit.
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Das Baby begann wieder zu schreien und diesmal musste Mushu davon zusammenzucken. Erneut blickte er zurück.
Das Weinen von Babys... der erste Atemzug.
Für ihn bedeutete das
Leben.
