One of the Monsters – Eines der Monster
Autor: galfoy
Fanfiction: One of the Monsters
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Beta: sunandstars123
Es handelt sich um eine autorisierte Übersetzung!
I.
Der Zug raste durch den Untergrund, das Klack Klack der Schienen war ein vertrautes Geräusch, das in den Tunneln wiederhallte. Es herrschte Feierabendverkehr und die Londoner U-Bahn war voll. Hier waren so viele Muggel auf einmal, wie sie ein Reinblüter normalerweise nicht sehen würde, doch dies war mittlerweile nichts Neues mehr. Dies war immerhin kaum sein erstes Mal.
Er wurde hier nicht einmal vermutet. Wenn irgendjemand herausfand, wohin er heimlich verschwand, wäre er ein toter Mann. Ein Todesser, der sich freiwillig zu Muggeln begab! Frevelhaft. Der dunkle Lord würde ihm den Kopf waschen. Es war beinahe lustig... na ja, so lustig wie etwas an diesen Tagen auch nur sein konnte.
Draco Malfoy schlang seine Arme noch ein wenig fester um sich. Seinen Umhang hatte er in einen langen, schwarzen Trenchcoat verwandelt, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen; sein Kragen war aufgerichtet. Er hatte es geschafft, sich den besten Platz zu sichern – der Eckplatz war perfekt dafür, sich aus der Schusslinie zu manövrieren, immerhin standen alle wie Sardinen beieinander und vermieden Blickkontakt. Segne einer die britischen Muggel und ihre kollektive Aversion gegen die Interaktion mit Fremden. Es war ein organisiertes Chaos, die Leute waren wie eine Kuhherde, doch im Vergleich zu seiner hoch gehandelten Existenz, die er in seiner eigenen Welt aufrecht erhielt, war das Verschwinden in einer erstickenden Horde Berufspendler eine Erleichterung eines beinahe unbeschreiblichen Ausmaßes. Er konnte die Spannung fühlen, die wie Blut aus ihm heraus tropfte. Er stellte sich vor, wie sie aus seiner Haut heraus sickerte, aus seinem Mund strömte, seine Wangen hinab lief und schließlich auf den Boden tropfte. Blut war endlich, doch Anspannung war ein unendlicher Lieferant. Er könnte jeden in diesem Zug damit ertränken.
Die Idee ließ ihn schmunzeln, doch als er sein Spiegelbild im trüben Glas sah, sah es mehr wie ein höhnisches Lächeln aus. Seine Lippen verzogen sich zu einer wenig schmeichelhaften Linie, seine Haare waren struppig und gingen ihm bis zu seinem Schlüsselbein. Es ließ ihn alt und bitter aussehen. Er wandte sich ab.
Ein bisschen tiefer in den Sitz sinkend, schloss Draco seine Augen und ließ das Geräusch des Zuges ihn mit sich in die Dunkelheit ziehen.
Sloane Square, Gloucester Road, Earl's Court, West Kensington...
Im Zug ließ er seine Gedanken zu Fragen wandern, die er sich normalweise niemals stellen würde. In letzter Zeit fragte er sich, ob er jemals aussteigen könnte. Richtig aussteigen.
Gab es einen Weg, nicht mehr ein Todesser zu sein und zu überleben?
Würde er ein Spion werden müssen?
Die alleinige Idee schien verrückt. Lachhaft. Selbst wenn er irgendwie ein Ordensmitglied finden würde, würde er sofort getötet werden. Er war der Feind. Es war sein Job sie zu jagen und zu erledigen und im Großen und Ganzen erledigte er seine Arbeit gut.
Außerdem könnte sich der Orden ebenso aufgelöst haben – es war Jahre her, dass einer von ihnen gesichtet wurde. Die überlebenden Mitglieder waren einfach untergetaucht, verschwunden in der Nacht nach einem Überfall auf einen ihrer Unterschlupfe. Dies war eine erfolgreiche Nacht für seine Seite gewesen: fünf tote Ordensmitglieder, der verdammte Ron Weasley eingeschlossen. Dracos Vater war für diesen Tod verantwortlich. Zu dieser Zeit war man sehr stolz darauf, ein Malfoy zu sein.
Sie nahmen ihm Lucius natürlich später – eine Vergeltung, von der sich Draco immer noch erholte. Die Wut siedete in ihm, fraß seine Lungen wie Säure. Anstatt zu trauern wurde er sprunghaft, explosiv. Zum Glück ließ sich ein Todesser mit einem Gewaltproblem nahtlos in ein Leben im Manor eingliedern.
Sie dachten, der Krieg wäre gewonnen, nachdem Weasley zu Fall gebracht worden war, allerdings lagen sie falsch. Selbst als der Orden verschwunden war, blieb der Widerstand stark. Draco verstand nicht, wie der Widerstand es schaffte nach den Jahren der Not so gut zu kämpfen... nach allem, was man hörte, sollte er schon vor Jahren ausgelöscht worden sein. Vielleicht war es wieder Potter, der die Menschen wie ein verdammtes Leuchtfeuer anführte. Wie er so lange unentdeckt blieb war ein weiteres Mysterium.
Andererseits war es das, was der Krieg geworden war. Der Widerstand war stark, der Orden war unsichtbar und keiner wusste mehr, wer eigentlich gewann. Es war ein gottverdammtes Desaster, das schon sechs Jahre andauerte und nur noch schlimmer wurde.
Vielleicht könnte er fliehen. Er war klug; hatte eine Menge Kontakte zu Kriminellen, die Leute verschwinden lassen konnte. Könnte er sie anheuern?
Dann erinnerte er sich an Timothy Randall, der versucht hatte wegzulaufen. Der dunkle Lord hatte ihn gejagt. Ihn gehäutet. Und ihn währenddessen am Leben gelassen. Draco musste zusammen mit den anderen Todessern dabei zusehen. Es war eine Warnung, so viel verstand er. Es ließ sie angsterfüllt und unterwürfig zurück. Es erinnerte sie daran, dass ein wütender dunkler Lord sehr viel schlimmer war als ein schneller Tod. Es erinnerte sie daran, ihre Klappe zu halten und zu kämpfen.
Es gab keinen Weg da raus. Er war solange gefangen, bis die Widerstandskämpfer Glück haben und ihn wie eine Kerze auspusten würden. Es würde nicht mehr lange dauern. Er konnte es spüren.
South Kenton, North Wembley, Wembley Central...
Als er zum ersten Mal den Auftrag erhalten hatte jemanden umzubringen, klappte es nicht ganz. Zwei Wörter verließen seinen Mund und der grüne Lichtstrahl, der aus seinem Zauberstab schoss, traf den schluchzenden Mann vor ihm. Allerdings stöhnte der Mann weiterhin und flehte um Gnade.
„Draco", sagte seine Tante Bella enttäuscht und schnalzte mit der Zunge. „Du musst es wollen."
Tante Bella wähnte sich selbst als Mentorin und hatte sich dazu entschlossen, ihm anhand eines Beispiels diese spezielle Lektion zu erteilen. Sie hatte den Mann für eine Weile gefoltert, lang genug, damit Blut aus seinen Ohren tropfte und seine Worte aufhörten Sinn zu ergeben. Draco war derjenige, der sie schließlich darum bat aufzuhören.
„Dieses Mal werde ich es auch so meinen", sagte er. Und das tat er. Der Mann starb sofort, schmerzlos.
Von da an wusste Draco, dass er die Gefangenen töten musste, bevor irgendjemand anderes sie bekam. Es war gütiger als die Alternative.
Danach war das Töten ein bisschen zu einfach. Freundlichkeit wurde irrelevant.
Chalk Farm, Camden Town, Mornington Crescent...
Er wusste nicht genau, wann sich die Dinge für ihn zu verändern begannen. Jahrelang war er stolz auf denjenigen gewesen, der er war. Ganz weit oben auf der Rangliste, nur aufgrund seiner Alters eingeschränkt. Er war ein starker Kämpfer, skrupellos, und Macht stand ihm. Jeder hatte ihn für etwas Größeres und Besseres vorgesehen. Jüngere Todesser vergötterten ihn. Die Zukunft, sollte dieser Krieg jemals enden, sah vielversprechend aus.
Zunächst spielte ihm seine Intelligenz zu, doch schließlich begannen kleine Dinge seine Aufmerksamkeit zu erhaschen. Er bemerkte, dass Angriffe irgendwann nicht mehr nach Plan verliefen. Er belauschte panische Diskussionen der älteren Todesser. Er beobachtete die etwas erbittertere Art der Befehle des dunklen Lords. Einige vermuteten sogar, dass sie einen Spion in ihren Reihen hatten. Was als ein winziger Riss innerhalb ihrer Reihen begonnen hatte, hatte sich in ein klaffendes Loch verwandelt. Alles fühlte sich wackelig an, als ob sie gerade eben von einem Schiff gestiegen wären und nun Gleichgewichtsprobleme hätten. Trotzdem machten sie weiter und taten so, als ob sie immer noch der klare Sieger wären, abgesehen von ein paar kleinen Unbequemlichkeiten.
Es war die erste vieler Lügen, die sie sich selbst vorhielten.
Die Erkenntnis traf ihn in einer schlaflosen Nacht, als er für eine Observierung unterwegs war. Der Fakt, dass es so schmerzhaft offensichtlich und er hierfür so lange Zeit blind gewesen war, verschlimmerte es nur.
Er wollte nicht dort sein.
Er hatte diese Realität jetzt schon jahrelang nicht gewollt. Hatte er sie jemals gewollt? Gott weiß, er liebte die Macht, aber verglichen mit dem Leben vor dem Krieg war dies ein lebender Albtraum. Was würde er nicht geben, um wieder in Hogwarts zu sein, Schulstunden beizuwohnen, sich wegen seiner ZAGs zu sorgen. Im Moment überlegte er darüber, ob er den nächsten Gefangenen foltern oder nicht foltern musste, bevor er ihn umbringen würde.
Er wollte die Zeit zurück drehen und Option B wählen.
Er wollte aussteigen, aber es war zu spät für ihn.
Draco starrte auf seine Hände, das dunkle Mal schrie ihn an, wo sein Ärmel es nicht bedeckte. Merlin, es war hässlich. Wie hat er es niemals zuvor bemerkt? Es war schrecklich gewesen, als er das Ding bekommen hatte, den Schandfleck auf seinem Arm. Es war jetzt schon so lange her, es fühlte sich an wie ein anderes Leben. Irgendwie war es das auch. Der Draco von Hogwarts würde die Person, die er geworden war, nicht erkennen.
Zweifel waren eine lustige Sache. Es war wie ein Tick – harmlos an der Oberfläche, doch wenn man tiefer grub, extrem gefährlich. Verwirrend. Manchmal tödlich.
Eine Woche nach seiner Erkenntnis ging er durch die dunklen, verregneten Straßen von Muggel-London und versuchte einen seiner Kontakte zu lokalisieren, als er eine blaue Karte auf dem Boden entdeckte.
„Oyster", las er laut vor, drehte sie in seinen Fingern. „Transport für London." Er verstand nicht, wieso die Muggel es nötig hatten, ihren Transport nach einem Meeresgetier zu benennen. Verdammte Idioten.
Er wollte es gerade wieder zu Boden werfen, als ein grüner Lichtstrahl in die Backsteinwand neben seinem Kopf einschlug. Bestürzt und fluchend rannte er los, als Schreie hinter ihm ertönten. Verdammt, jemand hatte ihn erkannt. Vielleicht hatte ihn sein Kontakt verraten. Vielleicht war auch sein Kontakt gar kein wirklicher Kontakt gewesen. So oder so, er hatte eine größere Chance sicher zu apparieren, wenn er nicht mitten in einem Hinterhalt steckte. Die Straße war durch den Regen glitschig, er rutschte beinahe auf ein paar Büscheln Gras aus. Dann sah er endlich den Eingang zu einem Tunnel. Eine Treppe führte in den Untergrund, einige Muggel schlenderten die Treppe entlang.
Einer von ihnen hielt eine blaue Karte, genau so eine wie die, die er immer noch in seiner Hand hielt.
Ein weiterer Fluch zischte an seiner Schulter vorbei und Draco erkannte, dass er nicht viel zu verlieren hatte. Ein Mitglied des Widerstandes würde keinen Fluch in einer Menge unschuldiger Menschen abfeuern. Er rannte, stolperte ein wenig über die Stufen und schubste dabei ein paar verärgert aussehende Muggel. Es war einfach, die Leute zu imitieren, wie sie ihre Karten über die elektronischen Boxen zogen, um durch die Barrieren zu kommen. Also nutzte er seine kleine, blaue Karte und schlüpfte in das Menschengewühl.
Draco sah über seine Schulter zurück. Kein Zeichen mehr davon, dass er verfolgt wurde. Es war am Sichersten, eine Weile hier unten zu bleiben.
Erst nachdem er in einem Zug saß erkannte er, wie einfach es war sich zu integrieren, wie einfach es war diesen Zug bis zum Linienende zu nehmen, wie einfach es war für einen Moment zu vergessen wer er war. Niemand hier bemerkte ihn. Niemand kümmerte sich einen Scheißdreck darum, aus welcher Familie er stammte oder was er getan hatte. Niemand sorgte sich darum, dass er auf der Verliererseite eines Krieges stehen könnte – eines Krieges, der schon viel zu lange dauerte, als dass sich noch jemand die Mühe machte sich daran zu erinnern. Draco Malfoy war ein Niemand in der Welt der Muggel.
Es war herrlich.
Angel, Old Street, Moorgate…
Neben der Anonymität schätzte er an der U-Bahn den gelegentlichen Besuch der Natur im Untergrund. Wurzeln schauten aus einem Riss in der Wand hervor. Moos wand sich am feuchten Beton entlang. Einmal hatte er auch eine kleine Blume gefunden, die sich durch eine fehlende Fuge zwischen zwei Kacheln drängte.
Die Station, die er am meisten nutzte, beherbergte sogar eine kleine Vogelplage. Üblicherweise flitzte ein Spatz über das Gewölbe, blickte ihn an und zwitscherte laut. Mittlerweile war es ihm vertraut, ein Grundnahrungsmittel in seinem merkwürdigen Leben. Wie der Spatz es schaffte, hier unten zu überleben, war ihm ein Rätsel, denn ihn schien es auch nicht zu beeinträchtigen. Er hatte sogar einmal einen Raben auf dem Bahnsteig gesehen – einen gepflegten; keiner von den schäbigen Stadtvögeln, die er sonst gewöhnt war. Er hatte ihn angeblinzelt, bevor er weggehüpft war. Er ließ ein eigenartiges Gefühl zurück, doch Raben waren halt so. Gruselige, schlaue Vögel.
Es war eine flüchtige Hoffnung, aber wenn die Natur in dieser komischen Umgebung existieren konnte, vielleicht hatte er dann auch eine Chance. Er hatte keine Ahnung, wohin er überhaupt noch gehörte.
Rayners Lane, South Harrow, Sudbury Hill…
Es gibt ein Muggel-Sprichwort: Manchmal muss es erst schlechter werden, bevor es besser wird.
Das Problem mit diesem Sprichwort während eines Krieges ist, dass du niemals wirklich weißt, wann du den Tiefpunkt erreicht hast. Du fällst einfach nur.
Ein schnelles Alohomora und Draco war in einem alten Diner verschwunden. Sein gesamter Körper zitterte, sein Magen drohte sich zu heben. Er stolperte durch den dunklen Flur und passierte die dunkle Küche, hoffte das Klo zu finden. Gott sei Dank hatte er sich an diesen Ort erinnert. Gott sei Dank gab es hier keine Alarmanlage. Es war drei Uhr früh und das Letzte, was er brauchte, war eine weitere Komplikation. Wenn ihn jemand finden würde, so wie er gerade aussah... Nun ja... Er wollte heute Nacht niemanden mehr umbringen. Er könnte nicht.
Ah, endlich. Draco tastete nach dem Lichtschalter, blinzelte schließlich unter dem Neonlicht und geriet über seine Erscheinung in dem rostigen, alten Spiegel über dem Waschbecken fast in Panik.
Scheiße, er sah aus wie ein Massaker. Blut in seinen Haaren. Blut in seinem Gesicht verschmiert. Seine schwarze Kleidung war darin getränkt. Ein schmerzhaftes Geräusch verschaffte sich einen Weg aus seiner Kehle, bevor er es ersticken konnte. Hör auf. Sei still. Dies war keine Zeit die Kontrolle zu verlieren.
Der Wasserhahn knarrte, als er ihn öffnete und kaltes Wasser floss auf seine wartenden Hände. Einfache, rosafarbene Seife aus einem Seifenspender musste reichen... Er traute nicht mal einem Ratzeputz diese Sauerei zu. Das zähflüssige Gel brannte, als es in seine Schnittwunden drang, was ihn nur dazu veranlasste, sich noch härter zu schrubben. Hoffentlich würde ihm die intensiv riechende Seife helfen, den Geruch nach Blut aus seiner Nase zu kriegen.
Ein nasser Tropfen von irgendetwas rann seine Rippen hinab und Draco konnte nicht die Obszönitäten, die aus ihm herausbrachen, ruhig halten. Er zerriss seine Kleidung, entschied sich, dass er sie eher verbrennen würde, als zu versuchen das Blut heraus zu waschen.
Seine unregelmäßige Atmung hallte in dem kleinen Zimmer nach. Er klang wie ein in die Enge getriebenes Tier. Er war ein in die getriebenes Tier.
Der Angriff war ein absolutes Desaster gewesen. Es waren Kinder in diesem Haus gewesen... ihm wurde erzählt, sie würden Sympathisanten des Ordens jagen, dass sie zuerst angreifen und dann den Schaden bestätigen sollten. Zwischen den Körpern lagen auch Erwachsene, aber der Anblick der Kinder –
Draco erbrach sich, entleerte seinen Mageninhalt in die Toilette bis nur noch Galle übrig war. Auf dem unebenen Fliesenboden knieend, nahm er einen tiefen Atemzug und schaute sich in dem blutigen Chaos, das er aus diesem kleinen Raum gemacht hatte, um.
Zum ersten Mal, seit der Krieg begonnen hatte, erkannte Draco, dass er zu dem Albtraum geworden war, vor dem Eltern versuchten ihre Kinder zu schützen. Er war nicht einfach nur eine von zwei Seiten in einer Schlacht.
Er war genau genommen zu einem dieser Monster geworden.
Aldgate, Liverpool Street, Moorgate, Farringdon, Barbican, Baker Street, Great Portland Street, Euston Square, King's Cross St. Pancras, Uxbridge, Finchley Road, Hillingdon, Ickenham, Wembley Park..
Es war zu viel verlangt zu hoffen, dass er schaffte unbemerkt zurück ins Manor zu gelangen. Eine starke Hand klopfte ihm auf den Rücken und er erschrak sich beinahe zu Tode.
„Du siehst blasser aus als sonst, Kumpel", sagte Blaise grinsend. „Wo warst du? Du warst ja ewig fort. Schaust aus, als ob du einen Geist gesehen hättest."
„War in den Kerkern", log er, versuchte zu verheimlichen, dass er für Stunden eine Panikattacke in der U-Bahn hatte – sehr viel länger, als er eigentlich vorgehabt hatte wegzubleiben. Sie war noch nicht mal geöffnet gewesen, als er sich fertig gesäubert hatte, also brach er ein und wartete. Er war in ein Muggel-Gebiet eingebrochen und hatte darauf gewartet, sich von einer Fahrt in einem Muggel-Zug beruhigen zu lassen. Draco Malfoy. Todesser. Versager.
„Habe mir einen Sklaven gesucht, um ein bisschen Stress abzubauen, wenn du verstehst, was ich meine."
Blaise schnalzte seine Zunge verständnisvoll. „Ja, das war ein mieser Angriff. Ich bin froh, dass sie nicht alle so sind. Es ist gut, es rauszuficken. Hast du eine Hübsche gefunden?"
Draco dachte für einen Moment an den Zustand der Sklaven im Kerker. Sie waren am Verhungern und schmutzig und sahen aus wie Schwindsüchtige. Davon mal abgesehen war er vermutlich dafür verantwortlich, sie dorthin gebracht zu haben.
Er würde eher seinen Schwanz abschneiden, als einen Sklaven mit ins Bett zu nehmen. Er würde eher einen Basilisken ficken.
„Oh ja", sagte er und zwinkerte Blaise zu. „Hinreißend."
Osterley, Boston Manor, Northfields...
Er hätte es wohl vortäuschen können. Er war ein talentierter Okklumentiker – er hätte seine Zweifel verstecken können, darauf warten können, dass der Krieg zu Ende ging oder besser, dass er von einem Widerstandskämpfer aus seiner Misere geholt wurde. Es hätte perfekt sein können. Niemand hätte wissen müssen, wie groß seine schmerzhafte Reue oder sein tobender Selbsthass waren.
Dann lief alles den verdammten Bach hinunter.
Draco stand auf einem Bahnsteig der U-Bahn, als es passierte. Seine Kleidung zu verwandeln war mittlerweile simpel – ein schwarzer Trenchcoat, schwarze Stiefel, ein desinteressierter Ausdruck... alles was er brauchte, um ignoriert zu werden. Den Liniennetzplan der Untergrundbahn hatte er sich fehlerlos eingeprägt. Wohin würde er heute fahren? Er vermutete, dass es relativ egal war, solange er alleine gelassen wurde.
Außer dass jemand direkt neben ihm stehen blieb, ein bisschen zu nah – so nah, dass sich ihre Arme berührten. Verärgert wandte er seinen Kopf mit einem spöttischen Ausdruck zu dem Idioten, um demjenigen seine Meinung zu geigen.
„Hallo Draco", sagte Luna Lovegood. Ihr langes, fast weißes Haar und ihr benommener Ausdruck waren genauso, wie sie damals in der Schule gewesen waren. Der einzige Unterschied war die hässliche, rote Narbe, die sich quer über ihre Wange eingemeißelt hatte.
Draco starrte sie an.
„Ich habe dich hier nicht erwartet", sprach sie weiter. „Andererseits ist jeder heutzutage irgendwie verschoben. Du siehst ein bisschen blass aus... ist alles in Ordnung?"
Er brachte ein trockenes Krächzen hervor, irgendetwas zwischen einem Husten und einem Was, bevor der Zug einfuhr. Die Menschenmenge setzte sich in Bewegung.
Er verlor sie sofort.
Später, als er nicht schlafen konnte, lächelte ihn die Illusion seiner ehemaligen Klassenkameradin sorglos an und er überlegte sich verschiedene Antworten auf ihre dumme Frage.
Natürlich ist nichts in Ordnung. Wie kannst du mich das fragen? Weißt du, was ich bin?
Oder
Warum rennst du nicht vor mir weg? Ich töte Menschen wie dich. Ich habe deine Freunde getötet, deine Familie. Herrgott nochmal, Lovegood. Warum rennst du nicht?
Oder
Halluniziere ich?
Oder vielleicht
Kannst du mir helfen, da raus zu kommen?
Sehr viel später fiel ihm ein, warum sie nicht vor ihm davon gelaufen war.
Er hatte überhaupt nicht, nicht mal für einen Moment, daran gedacht, nach seinem Zauberstab zu greifen.
...
Haha, Überraschung zum Wochenstart xD
Diese Kurzgeschichte mit 9 Kapiteln ist mir vor kurzem über den Weg gelaufen und schwup, ich musste mich gleich dran setzen. Mit dem 1. Kapitel bin ich auch recht schnell fertig geworden, genauso wie meine liebe Beta – Dankeschön an dieser Stelle.
Einen festen Upload-Plan wie sonst gibt es leider nicht, da ich gerade erst an Kapitel 2 sitze und mit dem Upload von Kapitel 1 nicht so lange warten wollte xD Aber ich denke trotzdem, dass ich die 9 Kapitel recht fix fertig haben werde und die Updates nicht länger als 2 Wochen auseinander liegen :)
Habt eine schöne Wochen,
Eure Ivy
