Disclaimer: Alle Figuren gehören der wunderbaren JKR, ich verdiene kein Geld damit.
Ein Hoch auf die ehrbare Familie Dursley
Harry wurde von einem lauten Klopfen an seinem Fenster geweckt. Müde blinzelte er und tastete nach seiner Brille. Er setzte sich im Bett auf und schaute zum Fenster. Eine kleine graue Eule saß auf dem äußeren Fensterbrett und stieß erneut ärgerlich mit ihrem gelben Schnabel gegen die Scheibe. Harry erkannte die Eule als Pigwidgeon, stand schnell auf und beeilte sich, das Fenster zu öffnen und sie herein zu lassen. Sobald das Fenster nur einen Spalt geöffnet war, quetschte sich der zerzauste Federknäul hindurch und hüpfte fiepsend auf Harrys Schreibtisch. Zeitgleich drückte ein starker Wind das Fenster komplett auf und Regentropfen wurden in Harrys Gesicht geweht. Schnell schloss er das Fenster, nahm die Eule in die Hand und trug sie zu Hedwigs Käfig. „Du armes Ding! Warum schickt dich Ron während eines Regenschauers und vor allem Nachts durch die Gegend? Das hätte doch bestimmt auch bis zum nächsten Tag warten können". Träge wackelte Pigwidgeon mit dem rechten Flügel. Schnell nahm Harry ihr das zusammengerollte Stück Pergament ab, das an ihrem Fuß festgebunden war. Er setzte sich auf sein Bett, rollte das Pergament auseinander und leuchtete mit seinem Zauberstab darauf.
Hey Harry, Dad hat bei dem Großen Goldpreis vom Tagesprophet mitgemacht (ich glaube, die Muggel nennen so was Gewinnspiel). Jedenfalls müssten wir in den nächsten Tagen wissen, ob wir gewonnen haben. Fred und George haben vorgeschlagen, einen von ihnen entwickelten Zauber zu benutzen, um die richtige Lösung zu finden, aber Mum war dagegen. Sie regt sich in letzter Zeit sowieso schon schnell über die beiden auf, weil sie immer von ihrem Scherzartikelladen sprechen und sich nicht so der Schule widmen, wie Mum es gerne hätte. Dad meinte, falls wir gewinnen, nehmen wir dich natürlich mit, egal wohin die Reise geht! Ich geb dir Bescheid, sobald ich mehr weiß, dann kannst du die Muggel fragen, ob du mitdarfst. Drück uns die Daumen, Harry! Mach's gut und bis dann, dein Ron
Harry hatte ein wenig Schwierigkeiten, Rons Schrift zu entziffern; anscheinend hatte er die Nachricht nur schnell auf das Pergament gekritzelt und seine Schrift sah deswegen noch unleserlicher aus als sonst. Harry hätte am liebsten sofort Hedwig mit einer Antwort zu Ron geschickt, doch der Regen war in den letzten Minuten noch stärker geworden. Er wusste, dass Hedwig es selbstverständlich durch den Regenschauer schaffen würde, doch er wollte später keine beleidigte Eule daheimsitzen haben. Als hätte sie es gespürt, blickte Hedwig ihn mit zusammengekniffenen Augen an und klackte mit ihrem Schnabel. „Ach komm, gib es zu! Du findest dich wichtiger als Pigwidgeon und würdest wohl nur ungern wegen einer kurzen Antwort den langen Weg fliegen, noch dazu bei so einem Schmuddelwetter!". Hedwig huhute leise und steckte ihren Schnabel unter den linken Flügel. Harry grinste und legte Rons Nachricht auf seinen Nachttisch. Dann löschte er das Licht von seinem Zauberstab und legte sich wieder hin. Kurze Zeit später war er eingeschlafen.
„Potteeeeer!", rief eine Stimme. Harry fuhr erschreckt aus dem Schlaf hoch. Sonnenstrahlen fielen in sein kleines, vollgestopftes Zimmer. „Potter! Komm auf der Stelle runter ins Wohnzimmer!". „Oh Mist!", fluchte Harry, sprang aus dem Bett und zog sich fahrig an. Er riss die Tür von seinem Zimmer auf und nahm auf dem Weg nach unten immer zwei Stufen auf einmal. Im Wohnzimmer angekommen erwartete ihn sein Onkel Vernon, der sehr aufgebracht schien. Er schnaubte heftig, was seinen Schnurrbart erzittern ließ. „Ja?", fragte Harry nach. Fast hätte er noch ein „Sir" an seinen Satz gehängt. „Seit gestern Nacht kommen Geräusche aus deinem Zimmer. Warum?!". Fast hätte Harry gelacht, doch er konnte sich gerade noch so zurück halten. „Potter, wir haben uns darauf geeinigt, dass dieses weiße Eulenviech bei dir im Zimmer wohnt, aber wenn dieses Ding weiterhin solche Geräusche macht, fliegt es raus! Und es ist mir so was von egal, was du dazu sagst!", quetschte Onkel Vernon zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen hervor. Harry wusste, dass es jetzt keine gute Idee war zu erwähnen, dass sich im Moment noch eine zweite Eule in seinem Zimmer aufhielt. „Hast du mich verstanden, Junge?". Onkel Vernon kniff verärgert die Augen zusammen. „Und kämm dich endlich mal, die Nachbarn denken weiß Gott welchen Landstreicher wir da aufgenommen haben!". „Ja, Onkel Vernon", antwortete Harry artig. Er versuchte, so wenig Ärger auf sich zu ziehen wie nur möglich war. Falls die Weasleys wirklich bei diesem Gewinnspiel den ersten Platz abräumen sollten, wäre das seine einzige Möglichkeit, früher als gedacht aus diesem Haus rauszukommen. Den Rest der Ferien im Fuchsbau zu verbringen, das war in der Tat ein grandioser Gedanke! „Kann ich gehen?". „Ja", knurrte Onkel Vernon nur und schenkte Harry keine Aufmerksamkeit mehr, da Tante Petunia zum morgendlichen Tee gerufen hatte, bei dem Harry selbstverständlich nicht willkommen war.
Der Rest des Tages verlief ziemlich ereignislos, und da das Wetter besser geworden war, schickte Harry Pigwidgeon mit der kurzen Nachricht, dass er den Weasleys viel Glück für das Gewinnspiel wünsche, zu Ron zurück. Er konnte es kaum erwarten, endlich eine Antwort zu erhalten. Harry hoffte mit jeder Faser seines Körpers, dass ihm das Glück zu Teil wurde, Little Winging endlich hinter sich zu lassen und zum Fuchsbau aufzubrechen. Er versuchte, sich die nächsten Tage über nichts anmerken zu lassen. Drei Tage später – die Dursleys und Harry saßen gerade bei den letzten Resten des Abendessens unten in der Küche, rumpelte es auf einmal im oberen Stockwerk. „Hatten wir zwei nicht eine Vereinbarung?", quetsche Onkel Vernon zwischen zwei Bissen Rindfleisch mit Bohnen hindurch. Ein besonders lauter Schmatzer von Dudley, der angestrengt versuchte, einen Blick zum Fernseher im Wohnzimmer zu erhaschen, verschaffte Harry einen winzigen Augenblick, um nachzudenken. „Ehm.. mein Fenster klappert seit dem Sturm. Das muss es sein". Onkel Vernon schaute Harry, wie so oft, mit zusammengekniffenen Augen an. „Ich glaube eher, dass dieses Eulenvieh wieder am Rumoren ist! Aber jetzt ist Schluss damit! Jetzt kommt sie weg! Ein für alle Mal!". Unerwarteterweise –und aller Wahrscheinlichkeit nach auch ungewollterweise – kam Tante Petunia Harry zu Hilfe. „Vernon, Schatz, hör auf, dich über diesen… Jungen aufzuregen. Bei Dudley wurde das Fenster doch auch beschädigt", sagte sie mit ihrer schrillen Stimme. Harry vermutete, dass Tante Petunia zudem auch unbedingt vermeiden wollte, mit seiner Eule in Kontakt zu kommen. Sie bezeichnete solche Tiere als „widerliches Federvieh, das mir nicht ins Haus kommt". „Ich will gar nicht wissen, was die Nachbarn über uns denken", grunzte Onkel Vernon und schob sich noch einen Löffel Bohnen in den Mund. Jeder andere Mensch hätte verstanden, dass ein klapperndes Fenster nichts ungewöhnliches war, zumindest würde man keinen weiteren großartigen Gedanken daran verschwenden.
Nicht so jedoch Vernon Dursley, Oberhaupt der Familie Dursley, Direktor einer Bohrfirma und, so wie er sich selbst bezeichnete, rechtschaffener Mann. Ein Vernon Dursley akzeptierte keine klappernden Fenster, schon gar nicht, wenn diese im Zimmer eines Zauberers lagen, der zudem sein Neffe war. „Wir wohnen hier in einer respektablen Gegend in einem wirklich vorzeigbaren Haus", begann Onkel Vernon seinen Vortrag. Tante Petunia seufzte. „Ich habe eine Vorzeig-Karriere, ein teures Auto, und eine Vorzeige-Familie. Und du", er zeigte mit seinem dicken Zeigefinger auf Harry, „wirst mir das nicht vermasseln! Selbst die alte Mrs Figg merkt doch, das hier etwas nicht in Ordnung ist!". Onkel Vernons Stirnvene puckerte heftig. Wie gesagt, jeder andere Mensch hätte nicht so ein Aufstand um ein klapperndes Fenster gemacht. Harry war froh, seinen Onkel noch nicht wegen der Sache mit dem Gewinnspiel gefragt zu haben. Vielleicht konnte ihm ja Rons Vater ein wenig bei der Überzeugungsarbeit Hilfe leisten. Um dem Ganzen noch die Spitze aufzusetzten, pflichtete ihm Tante Petunia, wichtigtuerisch und augenbrauenhochziehend mit dem Kopf nickend, bei: „Du solltest froh sein, in so einer ehrbaren Familie aufgenommen zu sein!".
Nach dem nicht ganz so gelungenen Abendessen stieg Harry langsam die Stufen zu seinem Zimmer hoch. Er wollte nach der Sache mit dem Gerumpel aus seinem Zimmer keine Aufmerksamkeit erregen. Wenn Onkel Vernon nur wusste, dass sein Fenster überhaupt nicht klapperte… Schnell öffnete er seine Zimmertür, und wie erwartet saß wieder Pigwidgeon vor der Scheibe. Die kleine Eule schaute ihn verärgert an und zwickte ihn mit dem Schnabel leicht in das Handgelenk, als er ihr das Fenster öffnete. Anscheinend konnte sie es so gar nicht leiden, wenn man sie warten ließ. Er nahm ihr ein zusammengerolltes Blatt Pergament ab, das an ihrem linken Fuß befestigt war und öffnete es.
