Entspannung
Staffel 9, Folge 1
geschrieben von bunysliper & encantadaa
übersetzt von mf3381
gegengelesen von Copop83
Der nachfolgende Text ist eine fiktive Geschichte von Autoren ohne jegliche Beziehung zur ABC-Sendung "Castle". Erkennbare Charaktere sind Eigentum von Andrew Marlowe und ABC. Namen, Orte und Geschehnisse sind Produkt der Kreativität des Autors oder werden fiktiv genutzt. Jegliche Ähnlichkeit zu tatsächlichen Personen, lebend oder tot, Unternehmen, Firmen, Ereignissen oder Örtlichkeiten ist rein zufällig.
Kapitel 1
17. Mai 2016
"Wisst ihr, eigentlich sollte ich nicht überrascht sein, dass so viele Leute vor 8:00 Uhr hier sind, aber ich bin es trotzdem."
Gleichzeitig schnaubend, hauten Kevin Ryan und Javier Esposito Vikram auf die Schulter und trieben ihn in die Bar vor sich, Lanie im Schlepptau. Es war nicht wirklich überfüllt; etwa ein Dutzend Gäste waren im Raum verteilt, einige mit Gepäck zu ihren Füßen, einige sahen eher so aus, als wären sie für ein Katerbier gekommen. Dennoch war der Raum gut genug besucht, dass niemand zweimal auf die Neuankömmlinge sah.
"Willkommen in der Stadt, die niemals schläft."
"Sie sagen das, als würde ich nicht seit September hier leben."
Ryan und Esposito tauschten einen Blick - das war ein Gespräch für ein anderes Mal, eine Zeit, wenn sie weniger unter Schlafentzug litten und sich ein wenig Staub auf die LokSat-Sache gelegt hatte - und zuckten dann mit den Schultern.
"Ja, gut, Sie mögen zwar seit September hier sein, aber Sie sind nicht bei uns seit September gewesen. Und das hier, mein Freund, ist eine altehrwürdige Tradition nach jedem Fall. Egal, wie spät es ist."
Neben seinem Partner nickte Esposito. "Mein Kumpel hat Recht, Bro. Und da Sie jetzt Teil des Teams sind, ist es Zeit für Sie ein Teil der Tradition zu sein."
"Gibt es einen geheimen Handschlag?", fragte Vikram gedehnt, nach Unterstützung heischend zu Lanie zurückschauend. Die Gerichtsmedizinerin rollte nur die Augen.
"Setzen Sie ihnen bitte keine Flausen in den Kopf. Sie könnten tatsächlich auf die Idee kommen Club-Regeln und sowas zu machen."
"Ja", stimmte Esposito zu, während er sie mit einem Ellbogen anstieß. "Erste Regel: Es wird sich nicht über die Regeln lustig gemacht!"
"Oder die Club-Gründer", fügte Ryan hinzu, während er die Gruppe zu einer Nische an der Rückseite des Raumes führte und Esposito zurück blieb, um die erste Runde an Getränken zu besorgen.
Lanie rollte die Augen und ließ ihren müden Körper auf den angeschlagenen Vinylsitz sinken. "Ich würde sagen, ihr zwei bekommt das auch ohne meine Hilfe alleine geregelt."
Ryan zuckte mit den Schultern, plumpste neben sie und grinste. "Nehmen Sie sich nie zu ernst. Regel Nummer zwei."
"Sollte ich die Regeln aufschreiben?", fragte Vikram und schaute sich am Tisch um als die anderen kicherten. "Würde mich das zum Schriftführer machen?"
"Was hab ich übers Ermuntern gesagt?"
Eine Schulter zuckend und es sich gemütlich machend antwortete Vikram: "Wie heißt es so schön? Wenn Du in Rom bist, tu' was die Römer tun. Auch wenn man Dienstag morgens um 8 Uhr in einer New Yorker Bar ist."
"Guter Junge! Sehen Sie, Sie lernen schnell!"
"Auf das Team!", begeisterte sich Vikram und nahm das von Esposito angebotene Bierglas, sobald dieser sich dem Tisch näherte. Seine Begleiter schnaubten nur, entlasteten den Detective dann aber auch der anderen Gläser.
Letztendlich war es Esposito, der zusammensackte und seinen Kopf an die hölzerne Leiste der Sitzgarnitur sinken ließ. "Mein Gott, was für ein Tag."
Die Haltung seines Partners imitierend hauchte Ryan nur ein "Ja."
Vier Gläser wurden gehoben, aber nur an zweien genippt. Stattdessen warfen die Partner sich einen langen Blick zu.
"Ich kann einfach nicht glauben..."
"Ja", schnitt Ryan ihm zustimmend das Wort ab. "Ja, ich auch nicht."
Vikram sah von einem zum anderen. "Ist das, wie Sie entspannen? Scheint irgendwie... kontraproduktiv. Ich dachte, das hier wäre eine Party? Eine Feier?"
Esposito beäugte ihn und schüttelte den Kopf während eines langsamen Zuges von seinem Bier. "Es ist Teil des Prozesses. Sie können nicht direkt zum Tanzen übergehen, wenn Sie es noch nicht ganz verarbeitet haben."
Vikram nickte den beiden zu. "Verstanden. Tja, ich bin hier um Ihre Methoden zu lernen. Bringen Sie sie mir bei."
"Nicht", warnte Lanie, und ließ ihr Gesicht in ihre Hand fallen, als Ryan und Esposito sich eifrig nach vorne beugten, um ihre Geheimnisse zu teilen. "Jetzt haben Sie es geschafft."
Zwei Paar weit aufgerissene Augen wandten sich ihr zu, um Unschuld vorzutäuschen. "Er hat gefragt Lanie, es ist das Mindeste, was wir tun können."
"Nein, das Mindeste, was ihr zwei tun könnt, ist nicht irgendwas zu erfinden, um dem armen Kerl zu quälen."
Esposito hob eine Schulter und schaute Vikram genauer an. "Sieht er irgendwie beunruhigt für dich aus, Ryan?"
Kevin legte den Kopf schief, um den Analytiker mit kritischen Augen zu begutachten. "Sieht in Ordnung für mich aus."
Ihren Kopf schüttelnd, klopfte Lanie auf den Tisch. "Lasst mich raus. Ich werde euch drei Stooges für ein paar Minuten in Ruhe lassen."
"Hey, dem können wir nur zustimmen."
"Natürlich tut ihr das. Jetzt beweg dich, Ryan, bevor ich etwas darüber hören muss wie all diese Albernheit in euer "game" passt.
Esposito schniefte, sein Glas an die Lippen haltend. "Mein "game" ist ausgezeichnet, Lanie."
Aufstehend, konnte die Pathologin nur lachen. "Natürlich ist es das. Natürlich. Die Damen stehen heute Morgen Schlange für Dich, Javi."
Sie machte auf ihrem Weg um ihn herum sicher, dass sie ihm, gönnerhaft wie immer, auf die Schulter klopfte.
Grinsend sah Vikram die beiden anderen Männer an. "So lehre mich, Sensei, anderer Sensei, lehre mich. Denn ich muss ihnen sagen, die Schlange für diesen Kerl", er legte eine Pause ein und tippte mit dem Zeigefinger an seine Brust, "ist ein wenig kurz."
Beide Männer schmunzelten, aber Esposito war derjenige, der antwortete. "Oh, machen Sie sich keine Sorgen. Sie haben sich vielleicht früher die Finger verbrannt, aber darum kümmern wir uns."
Als Vikram wieder lachte, gesellte sich nur eine Stimme zu ihm. Er blickte herüber und sah dass Ryans amüsiertes Grinsen verschwunden war und durch hängende Mundwinkel und gerunzelte Stirn ersetzt worden war.
"Was?", fragte Esposito, als er sich zu seinem Partner drehte. "Jenny? Das Baby?"
"Ach, nein. Nur... er hat sich früher die Finger verbrannt."
Vikrams Brauen schossen in die Höhe. "Nun reiben Sie es nicht auch noch rein."
"Nein, nicht das. Ich dachte nur an vorhin. Caleb Brown und... Sie wissen schon."
Esposito Gesicht wurde ausdruckslos. Er verstand gar nichts. "Was ist mit ihm?", fragte er.
"Warum sollte er den Körper an anderer Stelle verbrennen? Er wollte Brown loswerden, warum sollte sein Lakai ihn im Auto töten, wenn er eine Verbrennungsanlage im Keller hatte."
"Um Beckett zu ärgern? Um sie vor ihm zu warnen?"
"Ja, das stimmt." Ryan leckte sich die Lippen und versuchte vergeblich die Spannung in seinen Schultern zu lösen. "Aber bei diesem Kerl ging es immer ums Spuren verwischen, nicht wahr?"
Vikram nickte zustimmend. Das hatten sie alle mitbekommen.
"Dann wäre Brown zu töten, die Leiche zu verbrennen und sie da zu hinterlassen, wo die Cops sie finden doch das Gegenteil von dem, was er wohl tun würde."
"Was willst du damit sagen? Dass das alles nicht vorbei ist? Es war nicht... Denkst Du, jemand anderes hat Caleb Brown getötet?"
Ryan schüttelte den Kopf, eine Hand über sein Gesicht reibend. "Ich weiß nicht. Nur irgendwas passt nicht zusammen."
"Als nächstes willst du mir erzählen, dass die Leiche nicht echt war?"
Ryans Augen weiteten sich. "Was, wenn es so war? Lanie, du hast die Aufzeichnungen geleitet, aber sie könnten manipuliert worden sein. Wir haben das schon gesehen. Was, wenn die Leiche im Auto nur ein Notfallplan war? Ihre Art einen "Jerry Tyson" abzuziehen und zu verschwinden?"
Esposito sah sich am Tisch um, seine Augen trafen zuerst die von Lanie, dann die von Vikram. Der Analyst sah blass aus. " Könnte er das getan haben? Seinen eigenen Tod vortäuschen und es dann vertuschen?"
"Das ist LokSat, alles ist möglich. Sie haben meine Aufzeichnungen schon einmal gehackt. Sie könnten Caleb Browns DNS in unserem System geändert haben, bevor wir überhaupt damit angefangen haben ihn zu überprüfen und wir wüssten es nicht."
Sie sprangen aus ihren Sitzen. Espo deutete auf Vikram. "Gehen Sie zum Revier zurück und graben Sie alles aus, was Sie über die beiden finden: Caleb Brown, Mason Wood, jeden, mit dem sie gearbeitet haben. Ich brauche Aliase, ich brauche Adressen aus ihrer Kindheit, die Zufluchten geworden sein könnten, ich brauche alles."
Vikram nickte. "Schon dabei."
"Ich rufe Beckett an", kündigte Esposito an, als er in seiner Jackentasche nach seinem Handy griff.
"Und ich Castle." Ryan hob sein Handy an sein Ohr, als er Lanie aus der Bar auf die Straße folgte. "Verdammt. Es geht direkt die Mailbox ran. Sein Telefon muss ausgeschaltet sein."
Esposito schüttelte den Kopf. "Beckett geht auch nicht ran. Wir müssen zu ihnen."
Ein Taxi rufend, deutete er auf Vikram, damit er es nahm. "Rufen Sie mich sofort an, wenn Sie etwas wissen. Und beziehen Sie das FBI nur mit ein, wenn es unbedingt sein muss."
Der Analyst nickte und stieg ohne ein weiteres Wort ein. Das Auto fuhr los, bevor er die Tür zugeschlagen hatte, und ließ den Rest zurück, um sich auf den Weg zu Castle und Becketts Loft in SoHo zu machen.
"Denkt ihr, er ist hinter ihnen her?", fragte Lanie, als sie versuchte mit ihnen Schritt zu halten.
"Ich denke sie müssen wissen, dass er da draußen sein könnte. Und da sie nicht an ihre Telefone gehen, bekommen sie die Nachricht persönlich."
Ryan nickte zustimmend ohne zu zögern. "Lanie, vielleicht solltest du..."
"Nein, nein. Keine Chance. Wenn ihr denkt, dass sie in Schwierigkeiten sind, komme ich auch mit."
Ohne ihr Tempo zu verlangsamen, schauten sich die beiden Ermittler an.
"Wir wissen nicht, wo wir rein geraten, Lanie. Es könnte schlimm sein."
"Oder es könnte nichts sein, und sie sind im Bett und ignorieren lediglich ihre Telefone. Nach der Nacht, die die beiden hatten, würde ich es ihnen nicht verdenken, wenn sie etwas Ruhe und Frieden brauchen."
"Versuch noch mal anzurufen", wies Esposito an und nickte Ryan zu, er solle ein Taxi rufen, während er Verstärkung rief. Nur für den Fall. Sie mussten sicherstellen, dass diese LokSat-Sache vorbei war, ein für allemal, und egal, ob Castle und Beckett im Bett waren oder nicht, ob sie schliefen oder nicht, es würde jetzt geschehen.
Sie mussten nur sicherstellen, dass sie rechtzeitig da wären.
Das Einzige, an was sie denken konnte, war Schmerz. Er wusch in Wellen über ihren Körper, so stark, dass sie mit jedem gezwungenen Atemzug schauderte.
Sie musste weiteratmen; sie konnte nicht zulassen, dass es auf diese Weise endete. Das Leben ihrer Mutter hatte nicht geendet, damit es bei ihrer Tochter so laufen würde.
Sie musste weiteratmen.
Ein Husten seitlich von ihr. Castle. Nein, nicht er auch…
Kate streckte ihre Hand aus, und er nahm sie, sein Griff erschreckend schwach. "Kate", krächzte er, seine Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
Es war so poetisch, sie wollte beinahe lachen. Sie hatten alles gemeinsam überstanden - sie wären fast in einem Gefriercontainer gestorben, starben fast Seite an Seite Zentimeter von einer Bombe entfernt, starben fast, wer weiß wie oft - und jetzt kam es hierzu. Beide auf dem Boden des Lofts liegend, der einzige Ort, an dem sie sicher sein sollten, während das Leben aus ihnen heraus blutete.
Die Idee kam ihr so plötzlich, sie konnte nicht glauben, dass sie nicht eher daran gedacht hatte. Lucy. Sie rief den Namen, die Anstrengung in ihrer Stimme, als sie versuchte das System auf sich aufmerksam zu machen, hörbar. Es fühlte sich an, als würde sie schreien, aber es kam kaum mehr als ein Flüstern dabei aus. Lucy konnte sie nicht hören.
"Kate", krächzte Castle neben ihr. "Nicht."
Er konnte es auch fühlen. Sie würden sterben.
"Alexis", fing Kate an. "Martha... mein Vater..."
"Lieben uns", endete er für sie. "Werden in Ordnung sein."
Ihre Kräfte schwanden, aber seine schwanden schneller. Sie fühlte, wie sein Griff schwächer, seine Finger kalt wurden.
"Rick", flüsterte sie, Verzweiflung in ihrer Stimme. "Ich liebe dich."
"Ich... li... lie... Kaaa…"
Stille.
Die Tränen standen ihr in den Augen seit sie auf dem Boden zusammenbrach, aber jetzt ließ sie ihnen freien Lauf. Sie könnte nicht ohne Rick leben. Sie könnte nicht. Er konnte sie nicht verlassen.
"Rick", sagte sie krächzend. Ihre Stimme war jetzt stärker, als sie versuchte nicht nur sich selbst, sondern auch ihren Ehemann am Leben zu halten. "Rick, geh nicht…"
Es war zu früh zu sterben. Es gab so vieles, das sie noch nicht getan hatten; so viele Erfahrungen, die sie verpassen würden. Sie würden nie an all die Orte reisen, die sie noch nicht besucht hatten, würden nie Kinder haben...
Sie konnte nicht zulassen, dass es so enden würde. Aber ihr Leben floss so schnell aus ihr, dass sie nicht hart genug kämpfen konnte.
Mit gesammelter Kraft drückte Kate Castles Hand noch einmal, auch wenn ihre Finger seine kaum drücken konnten.
Sie wünschte, sie könnte ihren Vater anrufen, sagen, dass sie ihn liebte und dass alles wieder in Ordnung käme. Er weiß es, erinnerte sie eine Stimme in ihrem Kopf. Er weiß, wie sehr du ihn liebst.
Plötzlich erschien ihre Mutter und stand mit einem warmen Lächeln auf ihrem Gesicht über Kate. Sie sagte nichts, lächelte nur, und egal, wie hart Kate es auch versuchte, sie konnte ebenfalls nichts sagen. Ich muss halluzinieren, dachte sie. Wenn Mom hier wäre, wäre ich tot.
Kate versuchte ihre Hand auszustrecken, aber es fühlte sich an, als ob ihr Körper mit Blei gefüllt wäre. Sie wurde niedergedrückt; sie konnte sich nicht bewegen. Sie versuchte verzweifelt ihre Mutter zu berühren, um zu wissen, ob die Form vor ihr real war, versuchte sie noch einmal sie zu erreichen. Aber der Aufwand sich zu bewegen machte sie noch müder. Das Loft begann zu verblassen, aber die lächelnde Figur ihrer Mutter blieb klar.
Genau dann hörte sie, wie jemand ihren Namen rief. Sie klang, als wäre sie eine Million Meilen entfernt, aber sie würde diese Stimme überall erkennen. Javi. Warum war er hier? Nichts machte mehr Sinn.
"Beckett!" Der Duft von Ryans Eau de Cologne wusch über sie hinweg, brachte sie ein Stück weit zurück in die Realität. Er war da, wirklich da, aber egal, wie hart sie es versuchte, sie konnte ihn nicht sehen. Sie konnte seine Anwesenheit spüren und plötzlich wurde ihr klar, dass die beiden Detectives gekommen sein mussten, um sie zu retten.
Kate versuchte zu sprechen; versuchte ihnen zu sagen, dass sie Castle zuerst retten sollten, aber die Worte wollten einfach nicht kommen. Sie musste aber ein Geräusch gemacht haben, denn schneller, als sie dachte, dass es möglich sei, erschien auf einmal Lanie an ihrer Seite, die Hände auf eine ihrer Wunden pressend. "Kate, Baby", bat ihre beste Freundin. "Ich weiß, dass du mich hören kannst. Du musst durchhalten, Honey. Du wirst es schaffen. Castle wird es schaffen. Ihr werdet es beide schaffen."
Als Lanie sprach, hörte sie Esposito in der Ferne Dinge schreien. Dinge wie "zwei Krankenwagen" und "Notfall" und "Schusswunden" und "sie haben beide einen Puls."
Sie hatten beide einen Puls. Sie würden es beide schaffen. Beide.
Mit diesen Worten wurde Kate von Erleichterung überzogen und als Kates Welt allmählich dunkel wurde, verschwand auch die Vision ihrer Mutter.
