Es war ein Samstagabend. Regnerisch und deprimierend. Und genau so fühlte sich Harry. Doch anstatt sich mit deprimierenden Gedanken zu beschäftigen, hatte er wichtigere Dinge um die er sich kümmern musste. Zum Beispiel die blauen Flecken an seinem Körper und die gebrochene Rippe, die ihm die Luft abschnürte. Und woher kam das alles? Natürlich wieder Vernon, Onkel Vernon. Wenn man dieses widerliche Wesen seinen Onkel nennen konnte…

Ein leises TICK auf seiner Armbanduhr brachte ihn dazu einen Blick darauf zu werfen und mit einem leisen Aufflammen von Freude in seiner Brust sah er, dass es nur noch 15 Minuten waren. 15 Minuten bis er endlich 17, und damit in den Augen der Zauberwelt erwachsen, war! Doch anstatt vor Jubel durch die Gegend zu springen richtete Harry sich langsam und jede ruckartige Bewegung vermeidend auf, sodass er endlich den dreckigen Boden verlassen konnte um sich auf sein fast genauso dreckiges Bett setzen zu können.

Vernon war nicht zimperlich mit ihm umgegangen, das konnte keiner behaupten. Besonders nicht, wenn man seinen von blauen Flecken und Striemen übersäten Körper sah. Und –oh Wunder- hatte wieder einmal eine Kleinigkeit dafür gesorgt, dass dieses Walross, unter dessen Dach er wohnte, die Kontrolle verlor und ihn windelweich prügelte.

~Flashback~

KLIRR!

Mit klopfendem Herzen sah Harry auf den Scherbenhaufen zu seinen Füßen und wurde bleich im Gesicht Oh oh…, war das Einzige, das ihm durch den Kopf ging, bevor er schon den ersten Faustschlag Vernons ins Gesicht bekam. So fest, dass er nur noch Sterne sehen konnte und sein Kopf von der Wucht zur Seite gerissen wurde. Während sein Onkel schrie und ihn wieder einmal beleidigte mit den typischen Wörtern „Missgeburt", „Freak" und allen möglichen anderen netten Wörtern, versuchte Harry nicht ohnmächtig zu werden und langsam und ohne Vernons Zorn erneut auf sich zu ziehen, aufzustehen.

Er stützte sich gerade mit beiden Händen auf dem Boden ab um sich in die Höhe zu stemmen, als er auch schon von einer fetten und verschwitzten Hand mit dem Kopf wieder so stark auf den Boden gedrückt wurde, dass ihm die Luft aus den Lungen gepresst wurde, seine bereits angebrochene Rippe knackste ein weiteres Mal.

Es flimmerte schon vor seinen Augen und die vereinzelten schwarzen Punkte wollten auch dann nicht verschwinden, als er neben dem Rauschen in seinen Ohren den stinkenden und ekelhaften Atem seinen Onkels auf der Wange spürte. "Du wirst jetzt jede einzelne Scherbe vom Fußboden aufsammeln und wehe ich finde den kleinsten Splitter auf unserem teurem Fußboden, wenn ich wieder hier bin!", zischte er nahe an Harrys Ohr, das schon von Speichel benetzt war.

"J..ja.., Sir..."keuchte Harry unter Anstrengung und stemmte sich abermals in die Höhe, als die Wurstfinger endlich von seinem Hinterkopf abließen.

Immer noch nach Atem röchelnd krabbelte er auf den Scherbenhaufen zu und fing mit den großen Scherben an. Nachdem er sich ein paar Male geschnitten und einen weiteren Tritt kassiert hatte, passte er sorgfältig auf kein Blut auf Petunias teurem Teppich zu verteilen. Die Situation war schon so schlimm genug, da musste er es nicht auch noch durch Unachtsamkeit verschlimmern! Nachdem er jede noch so kleine Scherbe aufgelesen hatte, warf er den Müll in den Eimer und wartete mit großen Augen auf Vernons nächste Bewegung. Egal was passierte, es konnte nichts Gutes werden!

Und als er brutal am Kragen gepackt und in die Höhe gezogen wurde, wusste er, dass er leider Gottes Recht hatte! Vor Wut schnaubend und mit rot gesprenkeltem Gesicht zog Vernon ihn hinter sich her, die Treppe hinauf und schmiss ihn in sein spärliches Zimmer. Danach verließ er den Raum, aber nicht bevor er nicht noch den am Boden Liegenden ein Paar Tritte gegeben hatte, vor denen Harry sich so gut wie möglich zu schützen versuchte. Das offensichtliche Bersten einer Rippe konnte selbst Vernon nicht überhören, als er daraufhin zusammenzuckte und mit stampfenden Schritten das Zimmer verließ.

~Flashback Ende~

Nun saß er also nach großer Anstrengung auf seinem Bett und wartete auf seinen Geburtstag. Hedwig war über die Ferien in Hogwarts geblieben, wusste er doch nie wie viel Essen er bekam und dafür Hedwigs Leben zu riskieren? Nein, danke!

TICK

Aus seinen Gedanken aufschreckend sah er erneut auf die Uhr. Nur noch 4 Minuten! Er grinste über das ganze Gesicht, obwohl er gar nicht so recht wusste worauf er sich freuen sollte. Auf Briefe seiner Freunde konnte er nicht mehr hoffen, schließlich waren er, Ron und Hermine im Streit auseinander gegangen. Und das nur, weil sie ihn nicht so akzeptierten wie er war! Und besonders Hermine! Die Freundin, die doch bei allem immer so nachsichtig war und sich egal bei welchen Dingen so verständnisvoll zeigte!

Und das alles nur, weil er schwul war. Ja, der Junge-der-lebte war schwul! Welch eine Katastrophe! 30 Prozent der magischen Bevölkerung waren homosexuell, warum war es dann bei ihm so ein Vergehen, dass er nicht hetero war?! Aber die Beiden hatten nicht einmal versucht ihn zu verstehen und langsam gab auch Harry die Hoffnung auf. Gab es denn niemanden, der ihn verstand?! Ach Sirius, wärst du doch nur hier…, war sein betrübter Gedanke, als er an seinen verstorbenen Patenonkel dachte. Sirius hatte ihn immer verstanden und selbst wenn nicht, dann war es egal gewesen, denn er wollte immer nur, dass Harry glücklich war! Und man sah ja, wie viel sein Glück für seine angeblichen Freunde bedeutete.

Ein tiefes Seufzen verließ seine Lippen. Ja, Sirius´ Tod lag ihm immer noch schwer im Magen und er glaubte auch nicht, dass er jemals darüber weg kommen würde. Er konnte einfach nicht verstehen, wie Dumbledore das zulassen konnte! Ja...für Harry war schon längst nicht mehr Voldemort der Schuldige, er hatte sein Vertrauen in Dumbledore längst verloren und wollte auch nicht mehr seine ach so tolle Schachfigur sein! Jedes Geheimnis, das man ihm verheimlichte, hatte ihn langsam aber sicher immer weiter von Dumbledore entfernt. Außerdem war sein Interesse an den dunklen Künsten schon längst erwacht. Zwar hatte er noch ein wenig Zeit gebraucht um sich dessen ganz klar zu werden, aber es war so und selbst Dumbledores Truppe konnte da nichts dran ändern.

TICK

Harrys Herz fing laut an zu Schlagen und es fing an in seinem Bauch angenehm zu kribbeln, aber Harry selbst bekam das gar nicht so richtig mit. Er war immer noch in Gedanken an seinen Paten versunken.

Immer noch leicht keuchend legte er sich ganz vorsichtig auf die linke Seite um seine immer noch schmerzenden Rippe zu entlasten, auch wenn es den Schmerz nicht vollständig verdrängen konnte.

TICK

Das anfangs leichte Kribbeln in Harrys Bauch wurde immer stärker und nach einiger Zeit fing es auch an, sich in seinem ganzen restlichen Körper zu verbreiten. Sein Herz pumpte immer und immer wieder Blut durch seine Adern, die sich anfühlten, als würden sie in Flammen stehen und flüssige Lava transportieren. Luft zu holen schmerzte immer mehr, aber er musste so dringend Sauerstoff in seine Lungen bekommen, um nicht vollends das Bewusstsein zu verlieren.

TICK 00:00 Uhr

Mit einem lauten Schrei bäumt sich Harrys Körper auf und er stürzte fast schon sofort in die wohlige Schwärze.

Es war fast 5:00 Uhr, als Harry seine Augen aufschlug und direkt auf die Glühbirne an der Decke schaute. Mit einem Stöhnen fasste sich Harry an den Kopf um die stark pochenden Kopfschmerzen unter Kontrolle zu halten, während er die Augen schnellstens wieder zusammen kniff.

Nach einer schieren Ewigkeit öffnete er erneut die Augen, dieses Mal aber auf das gefasst, was er sehen würde. Immer noch mit dröhnendem Kopf setzte er sich in eine aufrechte Lage und atmete tief ein und aus um das gerade eben aufgekommene Schwindelgefühl los zu werden. Nach ein paar Sekunden -oder waren es Minuten?- nahm Harry die Hände vom Gesicht und freute sich innerlich, dass sich der Raum nicht mehr wie im Karussell drehte.

Er stand auch schon kurz danach auf und streckte sich einmal.

Erst da machte es KLICK bei ihm und er sah an sich herunter. Mit zittrigen Händen fuhr er zum unteren Ende des T-Shirts, das er trug, und hob es langsam hoch. Er keuchte und mit großen Augen strich Harry sich über die blasse, weiche Haut an seinem Bauch, die sich über seine feinen Muskeln spannte. Keine einzige Stelle war mit blauen Flecken oder eitrigen Striemen besetzt!

Mit schnellen Schritten war er zur Tür hinaus und sofort zum Badezimmer. Ohne auf irgendetwas in seiner Umgebung zu achten öffnete er ruckartig die Tür und ließ sie laut ins Schloss fallen. Dass die Dursleys ihn wahrscheinlich hören konnten, vergaß er einfach mal, als er den Schlüssel im Schloss umdrehte. Nicht, dass jetzt noch irgendjemand auf einmal reinplatzte.

Harrys Herz klopfte so laut gegen seine Brust, währen er sich umdrehte und um die Dusche zum großen Spiegel ging.

Plötzlich gellte ein lauter und spitzer Schrei durch das Haus im Ligusterweg 4. Dass die restlichen im Haus lebenden Personen jetzt hundert prozentig wach waren, ignorierte er natürlich. Schließlich war er zu sehr mit sich und seinem Spiegelbild beschäftigt.

Wieder einmal mit zittrigen Fingern fuhr er in sein Gesicht und strich leicht über die Wangenknochen. Seine gesamten Gesichtszüge waren eindeutig femininer geworden und erst recht seine Augen!

Sie strahlten in einem so intensiven Grün, dass man schon fast in ihnen versinken konnte. Doch das auffallendste war wohl, dass seine Iris mit einem goldenen Schimmer umrandet war und seine Pupille nicht mehr kreisrund, sondern oval war, wie bei einer Katze. Selbst bei den Lichtverhältnissen schien sie sich ebenso wie bei einer Katze zu verhalten.

Mit der einen Hand fuhr er sich schließlich durch die hüftlangen schwarzen Haare, die von ihrer Farbe her alles Licht zu verschlucken schienen. Als er sich ein, zwei Strähnen hinters Ohr strichen, wurden seine Augen noch größer, als sie bis jetzt gewesen waren.

Mit beiden Händen fuhr er sich gleichzeitig zu den Ohren, die oben jetzt spitz zuliefen. Sie waren nicht sehr in die Länge gezogen, aber liefen spitz genug zu, dass man es nicht übersehen konnte.

Nicht, dass das unauffällig wäre, aber für die meiste Überraschung sorgte wohl seine strahlend-weißen Sachen, die er trug. Ein enges Shirt, das sich wie eine zweite Haut an seinen Körper anpasste und eine ebenso eng anliegende Stoffhose. Sie standen in so einem krassen Gegensatz zu seinen Haaren, dass es schon wieder gut aussah. Beim näheren Betrachten bemerkte er, dass er auch noch zusätzlich mehrere Zentimeter geschrumpft zu sein schien! Er war jetzt nicht einmal mehr 1,70 m groß! Seiner Meinung nach war er ja vorher schon klein für sein Alter gewesen, aber das übertraf alles! Er konnte sich ein leichtes Schmollen nicht verkneifen.

Von dem Geschrei seines Onkels, er solle endlich aus dem Bad kommen und könne ordentlich was erleben, wurde er aus seinen Gedanken aufgeschreckt und ging zügig zur Tür um sie zu öffnen.

Onkel Vernons wutverzerrtes Gesicht zu einer hässlichen Fratze verzogen, stand dieser mit offenen Mund in der Tür, als er Harry sah.

Ohne jedoch ein Wort zu sagen, ging Harry mit schnellen, aber dennoch geschmeidigen Schritten die Treppe runter und zum Schrank unter der Treppe. Er sperrte das Schloss auf und nahm sich sein gesamtes Hab und Gut aus dem Schrank. Als erstes öffnete er seinen Koffer und steckte sich seinen reichlich gefüllten Geldbeutel in die rechte Hosentasche.

Auch Vernon schien sich mittlerweile wieder gefangen zu haben und trampelte die Treppe hinunter um gerade noch zu sehen, wie Harry seinen Geldbeutel aus dem Koffer holte und einsteckte. Schnell reagierte Vernon und griff aus dem Koffer, der mittlerweile im Flur lag, den Zauberstab, welchen Harry gerade greifen wollte, und hielt ihn in der fleischigen, fetten Hand fest.

Ruckartig hob Harry seinen Kopf und sah in das immer noch vor Zorn hochrote Gesicht seines Onkels. Mit wütend funkelnden Augen streckte er seine Hand aus."Gib mir meinen Zauberstab!", zischte er aufgebracht. In seinem Kopf ratterte es, nach einer Möglichkeit suchend, seinen Zauberstab wieder in die Hände zu bekommen. Ihm schien im Moment aber anscheinend nichts einfallen zu wollen. Mist! Wieso gerade jetzt?!, war das einzige, was ihm im Kopf herumschwirrte.

"Ich glaube, den brauchst du jetzt nicht mehr..." sagte Vernon Dursley jedoch nur fies grinsend und mit einem knirschenden Geräusch zerbrach er Harrys Zauberstab.

Und Harry fühlte sich, als wäre in seinem Inneren ebenfalls etwas zerbrochen. Etwas, das einen großen Platz in seinem Herzen besaß und jetzt fühlte er nur noch Leere.

Mit leeren Augen verschloss er seinen Koffer, hob ihn hoch und schleppte ihn nach draußen auf die Straße.

Jetzt stand er hier. Ohne Zauberstab, ohne Hedwig und mit neuem Aussehen... Er hatte absolut keine Ahnung, was er jetzt machen sollte…

tbc