Alice : Das größte Problem meines sehr langen Lebens

Renesmee!, rief Bella, Renesmee, nein! Das ist kein echter Wolf! Das ist doch bloß Seth! Hör auf ihn zu jagen, Renesmee! Ich sagte zu Jasper: Los, Schatz, mach das sie müde wird. Aber er schien mich nicht zu hören, also biss ich ihm einmal sanft in die Schulter. Er schreckte aus seinem Tagtraum hoch. Wie? Was? Achso, ja, einen Moment. Er schloss für eine Sekunde seine Augen und Renesmee fiel auf den weichen Moosboden im Wald. Ich hörte, wie Bella einen spitzen Schrei ausstieß. Innerhalb drei Sekunden war ich bei ihr und beruhigte sie: Es gibt keinen Grund zur Sorge, Bella. Alles ist unter Kontrolle, siehst du? Sie steht schon wieder auf. Aber wie...? Doch in diesem Moment konnte man schon fast sehen, wie sich der Bereich um ihren Kopf wie durch eine Glühbirne erhellte. Jasper! Jag mir doch bitte nicht so eine Angst ein! Ständig manipulierst du ihre Gefühle! Hör auf damit!, fuhr sie ihn an. Aber ich, aber Alice... Sie wandte sich an mich. Alice? Hast du ihn etwa dazu angestiftet?, fuhr sie wütend fort. Ich gab Jasper hinter meinem Rücken ein Zeichen und er verstand sofort, da Bella plötzlich ruhig wurde. Doch ihre Wut kochte sofort wieder in ihr hoch: Jasper! Alice! Haut sofort ab! Renesmee! Wir gehen Opa Charlie besuchen.

Ich hörte Jasper hinter mir seufzen und aus irgendeinem Grund tat ich dasselbe. Wie merkwürdig, dachte ich mir, er ist schon wieder so abwesend und abweisend zu mir. Aber ich hatte noch keine Visionen gehabt, darum machte ich mir keine weiteren Sorgen. Aber irgendetwas stand schon seit ein paar Wochen zwischen mir und Jasper. Und das nach fast hundert Jahren Beziehung. Auf dem Rückweg zu Carlisles und Esmes Haus dachte ich darüber nach. Durch die Geschwindigkeit hatte ich natürlich nur ein paar Sekunden zum Nachdenken.

Als ich am Haus ankam sah Esme bereits das etwas nicht stimmte. Sie winkte mich ins nächste Zimmer, wo wir ungestört reden konnten.

Esme überließ es mir zu reden anzufangen, also begann ich: Mum, es... es geht um Jasper. Er ist so, so..., in diesem Moment bekam ich einen Weinkrampf. Esme beruhigte mich jedoch sehr schnell. Alice, alles wird wieder gut. Beruhig dich und erzähl mir alles ganz ruhig. Ich bin sicher, ich kann dir folgen., sagte sie mit ihrem mütterlichen Gesichtsausdruck. Ich brauchte noch einen Moment um mich zu sammeln, fuhr dann aber fort. Jasper, er ist so, ich musste kurz nach einem geeigneten Wort suchen und stockte, redete dann aber weiter, abweisend mir gegenüber. Ob es nun um unsere Beziehung oder um sonst was geht, ständig weist er mich zurück. Ich weiß gar nicht was ich noch machen soll. Ich kenne ihn in- und auswendig. Wahrscheinlich kenne ich Jasper schon besser als mich selbst. In zwei Jahren sind wir schon hundert Jahre zusammen. Das kann sich doch nicht alles in Luft aufgelöst haben, das Vertrauen, aber er redet ja kaum noch ein Wort mit mir. Ja, ich habe versucht mit ihm darüber zu reden, aber er hat so getan, als ob er von nichts wüsste. Esme, das macht mich sowas von fertig. Ich... Alice, Alice, Alice. Stopp! Jetzt möchte ich auch mal zu Wort kommen. Ich kann völlig verstehen das du entsetzt bist, aber an Jasper ist mir eigentlich nichts aufgefallen, was anders ist als sonst. Außer, dass er noch stiller ist und sein Gesichtsausdruck noch leidender ist. Ich könnte versuchen mit ihm zu reden, aber im Moment sind eher Emmett und Rosalie das Hauptproblem. Trotzdem werde ich mich... Alice? Hörst du mir überhaupt zu? Gerade jetzt kam mir eine Vision. Eine Vision in der Jasper eine Affäre mit Rosalie hatte. Doch diese Vision verwarf ich schnell wieder. Jetzt sah ich unsere Familie, den Cullen-Clan, aber Jasper fehlte. Nein!, schrie ich. Esme reichte mir, wie aus Reflex, ein Blatt Papier und einen Stift.

Also malte ich. Ich malte meine Vision auf das Blatt. Esme und Carlisle standen dort mit unglücklichen Gesichtern und Renesmee vor sich. Links neben den dreien standen Emmett, Edward und ich, jeweils allein. Auf der anderen Seite standen Rosalie und Bella, auch allein. Jasper fehlte. Warum? Würde die ganze Familie zersplittern? War es im Grunde Bella, die unsere ganzen Beziehungen durcheinander brachte? Nein! Das konnte ich mir einfach nicht vorstellen.

Könnte das wirklich stimmen, Alice?, fragte Esme besorgt. Ich weiß es wirklich nicht, Mum. Aber ich, ich war mir nicht sicher, ob ich es ihr sagen sollte, aber ich entschied mich dafür, Ich hatte noch eine zweite Vision. Esme sah mich fragend an. Ich habe Jasper und Rosalie zusammen gesehen. Aber ist es wahr, dass Emmett und Rosalie sich getrennt haben? Oh Alice., begann sie mit Tränen in ihren Augen, Ja und nein. Es ist nur teilweise wahr. Ja, sie haben ein paar Beziehungsprobleme, aber sie sind immernoch zusammen. Gut, dann kann ich diese Vision ja vergessen. Aber die andere macht mir trotzdem noch Angst. Warum stehen alle allein, außer dir und Carlisle? Und warum ist Renesmee bei euch und nicht bei Edward oder Bella? Naja, sagte sie, „ich hoffe, das bleibt uns für immer ein Rätsel. Ja, das hoffe ich auch, Mum.

Ich ging verwirrt und aufgeregt, vor dem nahenden Gespräch zwischen Jasper und Esme, in Richtung von Jaspers und meinem alten Zimmer. Ich sah hinein. Alles sah noch genau so aus wie nach unserer letzten Nacht hier. Ich erinnerte mich. Es war wirklich wunderschön. Seitdem hatten wir es nie wieder getan. Zwei Tage später haben auch wir ein kleines Haus von Esme bekommen. Danach war Jasper für eine Woche verschwunden. Als er wiederkam war alles anders, also so wie jetzt. Tränen stiegen mir in die Augen, als ich diese Gedanken durchblätterte. Schnell wischte ich sie weg, weil ich Schritte hörte.

Alice? Hm?, machte ich, um nicht reden zu müssen, da ich wusste, dass meine Stimme brechen würde. Was ist los?, in diesem Moment erkannte ich Edwards Stimme, fiel ihm um den Hals und ließ die Tränen einfach laufen. Edward erstarrte, weil er sich erschrak, doch nahm mich sofort wieder in die Arme. Alice, ich hab alles gesehen, was du auch gesehen hast, aber ich kann dir nicht glauben. Jasper ist so wie immer! Er sagt fast kein Wort und sein Gesichtsausdruck ist immernoch leidend. Ich stieß ihn von mir weg und schrie ihn an: Nein! Nicht du auch noch! Dann drehte ich mich ruckartig um und lief, ohne nachzudenken, einfach davon.

Ich lief weit, weit weg. Nach ein paar Stunden schaute ich mich nach einem Ortsschild um und fand auch eins: London. Ich war tatsächlich in London gelandet.