Er ging auf das helle Licht zu. Er wusste nicht einmal warum, aus reinem Instinkt. Eine Stimme hielt
ihn zurück. „Geh nicht."
Yohji drehte sich um, die Stimme war hinter ihm gewesen, doch da war niemand zu sehen. „Wo...?"
„Geh zurück." Er richtete seinen Blick nach rechts, aber da war noch immer keiner zu sehen.
„Warum soll ich nicht gehen?" Das Licht wirkte so warm und anziehend auf ihn, es war schwer, sich
zurückzuhalten.
„Ich will dich kennenlernen, außerdem bist du erst 15, dein Leben liegt noch vor dir." Die Stimme kam
jetzt von links.
„Wer bist du? Und warum ich?" Yohji konnte die andere Person beinahe fühlen, auch wenn er
scheinbar allein in diesem langen Gang war.
„Sagen wir mal, ich arbeite für die Konkurrenzfirma, zu der du gerade willst. Und wenn du dahin
gehst, werde ich dich wohl nicht wiedersehen. Eigentlich sollte ich gar nicht hier sein, aber irgendwas
hat mich zu dir hingezogen. Und ich will verdammt noch mal wissen, was das ist."
„Konkurrenzfirma also?" Ein Lächeln zog sich über Yohjis Lippen. „Wenn ich zurückgehe, kommst du
mich dann besuchen?" Er wusste nicht einmal warum, aber er fühlte sich in der Gegenwart
dieser Stimme sicher.
„Versprochen."
Yohji war zurückgekehrt. Zurück in ein Leben ohne seine beste Freundin Asuka. Sie war bei dem
Unfall gestorben, er selbst hatte wie durch ein Wunder überlebt. Asukas kleiner Bruder Ken war nur
leicht verletzt worden. Trotzdem war es Ken, der Yohji half mit diesem Verlust zu leben und nicht
umgekehrt. Für den Jungen war er der Onii-chan geworden, eine Rolle, in die er eigentlich nicht
passte. Er und Ken gerieten oftmals aneinander und rauften sich dann wieder zusammen.
Yohji wartete jeden Tag darauf, dass die Stimme ihn besuchen kam. An seinem 17. Geburtstag
wartete er zwar immer noch, doch die Hoffnung hatte er schon fast aufgegeben. Nach der
feucht-fröhlichen Party war er völlig kaputt ins Bett gefallen und sehr schnell ins Traumland
hinübergegangen.
Er ging am Strand entlang, einsam, so wie er sich selbst sah. Die vielen Freundinnen und Freunde, die
er hatte, waren nicht wirklich für ihn da. Sie sahen nicht den wahren Yohji. Wie auch? Er spielte eine
Rolle für sie, so wie sie ihn sehen wollte. Keine Nähe, keiner der ihn verletzten und verlassen konnte.
Einsam, allein.
„Herzlichen Glückwunsch." Yohji hielt an. Da war sie wieder, die Stimme.
„Hallo." Er drehte sich nicht um.
„Sorry, dass ich erst jetzt komme, wir hatten da ein paar schwierige Verhandlungen." Eine Hand legte
sich auf die Schulter von Yohji und drehte in langsam herum.
Sein Blick fiel auf einen jungen Mann Anfang 20. Flammend rotes Haar fiel auf dessen Schultern
herab. Ein schiefes Lächeln zuckte um die Mundwinkel, während ihn grüne Augen fröhlich angrinsten.
Yohji konnte einfach nicht anders, er grinste zurück. Was nicht zuletzt daran lag, dass der andere völlig
unbekleidet vor ihm stand. „Meinst du nicht, du bist etwas zu offenherzig?"
Der Rotschopf sah an sich herunter, zuckte dann mit den Schultern und hatte dann in Sekundenbruchteilen
Kleidung am Körper. Es war immerhin nur ein Traum.
Yohji hatte sich am Strand hingesetzt und blickte auf das Meer hinaus. „Nicht, dass ich etwas gegen nackte
Männer in meinen Träumen hätte, aber ich wüsste schon gerne deinen Namen."
„Schuldig." Der andere setzte sich neben ihn.
„Schu-ru-di-chi. Komischer Name." Schuldig rollte mit den Augen. Es war doch immer das Gleiche, wenn
Japaner seinen Namen aussprechen wollten. Es gelang ihnen nicht. Er probierte noch ein paar Mal Yohji die
korrekte Aussprache seines Namens beizubringen, gab dann aber doch auf. Zumindest versagte der Blonde
bei dieser Aufgabe nicht mehr komplett.
Yohji sah ihm in die Augen. „Verhandlungen? Die zwei Jahre dauern? Und das soll ich glauben?"
„Oh, wir sind noch lange nicht fertig. Aber das war nur ein Teilproblem. Einer der Unterhändler der
Konkurrenz ist hinter einem Kumpel von mir her. Nur der will sich nicht eingestehen, dass er den Kleinen
auch mag – hat deswegen vor Jahren sogar die Versetzung beantragt. Jedenfalls sitzt dieser Kleiner mit den
großen blauen Augen in der Verhandlung und grinst Crawford – mein Freund, Chef, Nagel in meinem Sarg,
such dir was aus – an. Ich hätte nie gedacht, dass Crawford sich durch so was aus der Ruhe bringen lässt,
tut er neuerdings aber. Er lässt sich ablenken." Schuldig lachte vor sich hin. Yohji konnte das nicht so ganz
verstehen, aber Crawford war wohl kein Mensch, der leicht die Fassung verlor.
„Und was hast du so getrieben?" Schuldig rückte näher an Yohji heran.
„Das Übliche. Bin mit Leuten ausgegangen, lerne für den Highschool-Abschluss, habe einen Blumenladen
geerbt. Was man eben so macht. Manchmal frage ich mich, ob es die richtige Entscheidung war,
umzukehren." Er ließ sich nach hinten sinken und sah hinauf in den Himmel. Er grinste, trotzdem es ein
Traum war, war inzwischen Abend geworden und die ersten Sterne standen am Himmel.
„Glaub mir, es war die richtige Entscheidung."
„Wie kommst du darauf?"
Schuldig beugte sich über Yohji und drückte ihm einen leidenschaftlichen Kuss auf die Lippen. „Weil ich das
hier sonst nicht tun könnte. Du wärst für mich nicht erreichbar." Er küsste ihn erneut.
Yohji spürte die fremde Zunge in seinem Mund, den leichten Geschmack nach Pfefferminz und vor allem die
Sehnsucht, die in diesem Kuss lag. Er zog Schuldig näher zu sich heran. Dieser Kuss war anders als die, die
er mit zahllosen Leuten aus Clubs und der Schule geteilt hatte. Er war ehrlicher.
Schuldig zog sich zurück. „Verdammt, nicht jetzt."
„Was ist los?" Yohji blickte zu Schuldig hinauf. Der stand auf und schimpfte in einer fremden Sprache vor
sich hin.
„Ich soll zurückkommen. Verhandlungspause ist vorbei."
„So schnell." Yohji sah ihn ungläubig an.
„So kurz war das nicht. Ich brauche nur ziemlich lange, um zu dir zu kommen."
„Wirst du wiederkommen?"
„Ja, aber ich kann dir nicht versprechen, wann das sein wird. Diese Verhandlungen..." Er ließ den Satz im
Sand verlaufen.
Yohji war inzwischen auch aufgestanden und trat neben den anderen. „Ich werde auf dich warten."
Mit einem innigen Kuss verabschiedeten sich die beiden.
Inzwischen waren über fünf Jahre vergangen. Yohji hatte tatsächlich den Blumenladen übernommen und
führte ihn auch ganz passabel. Was allerdings hauptsächlich daran lag, dass er sich um die Bücher
kümmerte. Für die richtige Arbeit, das Sträuße binden und so weiter, war Ken zuständig. Seit einem Jahr
auch Aya, wie Yohji grimmig bemerkte.
Er hatte keine Ahnung, woher der junge Mann kam und was er eigentlich hier wollte. Ken hatte ihn eines
Tages angeschleppt und ihm das freie Zimmer in ihrer Wohnung über dem Laden gegeben. Seitdem war
Aya hier und half mit. Egal, er zuckte mit den Schultern. Aya war in etwa so lebendig wie eine Leiche, alles
schien von ihm abzuprallen. Yohji verstand wirklich nicht was Ken an dem, zugegebenermaßen
gutaussehendem, Eisberg fand. Die Zuneigung, die er ihm entgegenbrachte, war nur schwer zu übersehen.
Yohji stand in der schmalen Gasse hinter dem Laden und machte Pause – er rauchte. Es war schon bald ein
Jahr her, dass Schuldig ihn zuletzt besucht hatte. „Könnte sich ruhig mal wieder blicken lassen." Nicht dass
er ihn vermisste, er doch nicht. Aber der Sex war einfach unglaublich, insbesondere wenn man bedachte,
dass er nur im Traum stattfand.
PHAAAKKKKK. Mit einem lauten Geräusch landete etwas hinter ihm in den Mülltüten. Besser gesagt, etwas
war dort hineingestürzt. Yohji drehte sich um. Überall um ihn herum flogen Federn in der Luft.
Er beugte sich über den Müll. Dort lag ein bewusstloser Junge – mit großen weißen Flügeln. Zumindest Teile
von Flügeln. Von dem rechten fehlte die obere Hälfte komplett. Er schien abgeschnitten worden zu sein, an
der Schnittfläche trat eine milchige weiße Flüssigkeit hervor. Der linke Flügel war im oberen Drittel
gebrochen, die Spitze hing deswegen ziemlich unmotiviert herunter.
Yohji sah sich den Jungen näher an. Er hatte blondes Haar und war sicher nicht älter als 16 oder 17.
Aufgrund der Flügel trug er kein Oberteil. Seine ganze Kleidung bestand aus einer Hose, die an den Füßen
so breit war, dass er damit sicher die Straße fegen konnte. Er wollte ihn gerade aufheben, als ihn eine
barsche Stimme davon abhielt.
„Finger weg. Er gehört mir." Yohji zuckte zusammen. Diese Stimme schien von über ihm zu kommen. Er sah
nach oben und vorrübergehend blieb ihm die Luft weg.
In der Gasse schwebten zwei weitere Gestalten reglos in der Luft, beide mit riesigen schwarzen Flügeln,
ebenfalls nur mit Hosen bekleidet. Und eine von den beiden kam ihm verdammt bekannt vor. „Hi Yohji."
Schuldig grinste ihn an.
„Du bist ein Engel?" Yohji konnte es nicht glauben.
„So was in der Art. Könntest du bitte etwas zu Seite treten, damit wir landen können?" Yohji trat an die
Mauer zurück. Den beiden fiel es nicht gerade leicht in der Enge zu landen. Die Flügelspannweite betrug
weit über sechs Meter, und der Mann bei Schuldig hatte sogar vier Flügel. Die beiden boten ein Bild jenseits
der Realität.
Schuldig deutete mit dem Daumen auf den anderen. „Das ist übrigens Crawford."
Dieser hatte sich schon über den verletzen kleinen Engel gebeugt und untersuchte ihn. Seine Flügel waren
dabei äußerst hinderlich. Mit einer ungehaltenen Geste beschrieb er ein Zeichen in der Luft und ließ damit
die Flügel von allen Engeln verschwinden.
Schuldig sah ihn böse an. „Sag gefällig Bescheid, wenn du so was machst. Ich wüsste gerne, wo meine
Flügel sind."
Yohji blickte ratlos von einem zum anderen und bemühte sich darum, die Situation zu verstehen. Leider
versagte er dabei kläglich.
Crawford hatte den Verletzten inzwischen auf den Arm genommen und blickte zu Yohji hinüber. „Welches
Zimmer kann ich nehmen?" Für ihn stellte sich nicht mal die Frage, ob er ein Zimmer in der Wohnung
bekommen würde, sondern nur, welches Zimmer.
Yohji nahm die Hintertreppe und führte sie in die Wohnung über dem Laden. Sein Zimmer würde er nicht
hergeben und Aya würde ihn vermutlich töten, gäbe es dessen her. Blieb also nur noch Ken. Dessen Zimmer
lag sowieso am dichtesten zum Bad, also öffnete er die Tür zu Kens Bleibe. Erleichtert stellte er fest, dass
aufgeräumt war. „Tja, ihr könnt erst mal hier bleiben."
Crawford legte den kleinen Blonden vorsichtig auf dem Bett ab. „Und wie jetzt weiter?" Schuldig sah ihn
fragend an. Er hatte auch die Verletzungen an den Flügeln gesehen.
„Wir warten, bis er aufwacht, erklären ihm die Situation – und dann wird er sich entscheiden müssen."
Crawford blickte grimmig drein. Viel zu entscheiden gab es nicht. Bei diesem Verletzungsgrad würde der
kleine Engel nie wieder fliegen können.
AN: So, der Grundstein ist gelegt. Armer Omi. Nix mehr mit fliegen *flapp, flapp* Flügellahmer kleiner
Engel.
Ich bin mir noch nicht sicher, ob Farfie und Nagi überhaupt vorkommen. Die sind bis jetzt noch nicht
eingeplant. Machen zusammen Urlaub (oder so *g*)
Alles was ihr jetzt noch nicht versteht, wird später erklärt, z.B. Wo sind die Flügel hin? Und was ist eigentlich
mit Omi passiert?
ihn zurück. „Geh nicht."
Yohji drehte sich um, die Stimme war hinter ihm gewesen, doch da war niemand zu sehen. „Wo...?"
„Geh zurück." Er richtete seinen Blick nach rechts, aber da war noch immer keiner zu sehen.
„Warum soll ich nicht gehen?" Das Licht wirkte so warm und anziehend auf ihn, es war schwer, sich
zurückzuhalten.
„Ich will dich kennenlernen, außerdem bist du erst 15, dein Leben liegt noch vor dir." Die Stimme kam
jetzt von links.
„Wer bist du? Und warum ich?" Yohji konnte die andere Person beinahe fühlen, auch wenn er
scheinbar allein in diesem langen Gang war.
„Sagen wir mal, ich arbeite für die Konkurrenzfirma, zu der du gerade willst. Und wenn du dahin
gehst, werde ich dich wohl nicht wiedersehen. Eigentlich sollte ich gar nicht hier sein, aber irgendwas
hat mich zu dir hingezogen. Und ich will verdammt noch mal wissen, was das ist."
„Konkurrenzfirma also?" Ein Lächeln zog sich über Yohjis Lippen. „Wenn ich zurückgehe, kommst du
mich dann besuchen?" Er wusste nicht einmal warum, aber er fühlte sich in der Gegenwart
dieser Stimme sicher.
„Versprochen."
Yohji war zurückgekehrt. Zurück in ein Leben ohne seine beste Freundin Asuka. Sie war bei dem
Unfall gestorben, er selbst hatte wie durch ein Wunder überlebt. Asukas kleiner Bruder Ken war nur
leicht verletzt worden. Trotzdem war es Ken, der Yohji half mit diesem Verlust zu leben und nicht
umgekehrt. Für den Jungen war er der Onii-chan geworden, eine Rolle, in die er eigentlich nicht
passte. Er und Ken gerieten oftmals aneinander und rauften sich dann wieder zusammen.
Yohji wartete jeden Tag darauf, dass die Stimme ihn besuchen kam. An seinem 17. Geburtstag
wartete er zwar immer noch, doch die Hoffnung hatte er schon fast aufgegeben. Nach der
feucht-fröhlichen Party war er völlig kaputt ins Bett gefallen und sehr schnell ins Traumland
hinübergegangen.
Er ging am Strand entlang, einsam, so wie er sich selbst sah. Die vielen Freundinnen und Freunde, die
er hatte, waren nicht wirklich für ihn da. Sie sahen nicht den wahren Yohji. Wie auch? Er spielte eine
Rolle für sie, so wie sie ihn sehen wollte. Keine Nähe, keiner der ihn verletzten und verlassen konnte.
Einsam, allein.
„Herzlichen Glückwunsch." Yohji hielt an. Da war sie wieder, die Stimme.
„Hallo." Er drehte sich nicht um.
„Sorry, dass ich erst jetzt komme, wir hatten da ein paar schwierige Verhandlungen." Eine Hand legte
sich auf die Schulter von Yohji und drehte in langsam herum.
Sein Blick fiel auf einen jungen Mann Anfang 20. Flammend rotes Haar fiel auf dessen Schultern
herab. Ein schiefes Lächeln zuckte um die Mundwinkel, während ihn grüne Augen fröhlich angrinsten.
Yohji konnte einfach nicht anders, er grinste zurück. Was nicht zuletzt daran lag, dass der andere völlig
unbekleidet vor ihm stand. „Meinst du nicht, du bist etwas zu offenherzig?"
Der Rotschopf sah an sich herunter, zuckte dann mit den Schultern und hatte dann in Sekundenbruchteilen
Kleidung am Körper. Es war immerhin nur ein Traum.
Yohji hatte sich am Strand hingesetzt und blickte auf das Meer hinaus. „Nicht, dass ich etwas gegen nackte
Männer in meinen Träumen hätte, aber ich wüsste schon gerne deinen Namen."
„Schuldig." Der andere setzte sich neben ihn.
„Schu-ru-di-chi. Komischer Name." Schuldig rollte mit den Augen. Es war doch immer das Gleiche, wenn
Japaner seinen Namen aussprechen wollten. Es gelang ihnen nicht. Er probierte noch ein paar Mal Yohji die
korrekte Aussprache seines Namens beizubringen, gab dann aber doch auf. Zumindest versagte der Blonde
bei dieser Aufgabe nicht mehr komplett.
Yohji sah ihm in die Augen. „Verhandlungen? Die zwei Jahre dauern? Und das soll ich glauben?"
„Oh, wir sind noch lange nicht fertig. Aber das war nur ein Teilproblem. Einer der Unterhändler der
Konkurrenz ist hinter einem Kumpel von mir her. Nur der will sich nicht eingestehen, dass er den Kleinen
auch mag – hat deswegen vor Jahren sogar die Versetzung beantragt. Jedenfalls sitzt dieser Kleiner mit den
großen blauen Augen in der Verhandlung und grinst Crawford – mein Freund, Chef, Nagel in meinem Sarg,
such dir was aus – an. Ich hätte nie gedacht, dass Crawford sich durch so was aus der Ruhe bringen lässt,
tut er neuerdings aber. Er lässt sich ablenken." Schuldig lachte vor sich hin. Yohji konnte das nicht so ganz
verstehen, aber Crawford war wohl kein Mensch, der leicht die Fassung verlor.
„Und was hast du so getrieben?" Schuldig rückte näher an Yohji heran.
„Das Übliche. Bin mit Leuten ausgegangen, lerne für den Highschool-Abschluss, habe einen Blumenladen
geerbt. Was man eben so macht. Manchmal frage ich mich, ob es die richtige Entscheidung war,
umzukehren." Er ließ sich nach hinten sinken und sah hinauf in den Himmel. Er grinste, trotzdem es ein
Traum war, war inzwischen Abend geworden und die ersten Sterne standen am Himmel.
„Glaub mir, es war die richtige Entscheidung."
„Wie kommst du darauf?"
Schuldig beugte sich über Yohji und drückte ihm einen leidenschaftlichen Kuss auf die Lippen. „Weil ich das
hier sonst nicht tun könnte. Du wärst für mich nicht erreichbar." Er küsste ihn erneut.
Yohji spürte die fremde Zunge in seinem Mund, den leichten Geschmack nach Pfefferminz und vor allem die
Sehnsucht, die in diesem Kuss lag. Er zog Schuldig näher zu sich heran. Dieser Kuss war anders als die, die
er mit zahllosen Leuten aus Clubs und der Schule geteilt hatte. Er war ehrlicher.
Schuldig zog sich zurück. „Verdammt, nicht jetzt."
„Was ist los?" Yohji blickte zu Schuldig hinauf. Der stand auf und schimpfte in einer fremden Sprache vor
sich hin.
„Ich soll zurückkommen. Verhandlungspause ist vorbei."
„So schnell." Yohji sah ihn ungläubig an.
„So kurz war das nicht. Ich brauche nur ziemlich lange, um zu dir zu kommen."
„Wirst du wiederkommen?"
„Ja, aber ich kann dir nicht versprechen, wann das sein wird. Diese Verhandlungen..." Er ließ den Satz im
Sand verlaufen.
Yohji war inzwischen auch aufgestanden und trat neben den anderen. „Ich werde auf dich warten."
Mit einem innigen Kuss verabschiedeten sich die beiden.
Inzwischen waren über fünf Jahre vergangen. Yohji hatte tatsächlich den Blumenladen übernommen und
führte ihn auch ganz passabel. Was allerdings hauptsächlich daran lag, dass er sich um die Bücher
kümmerte. Für die richtige Arbeit, das Sträuße binden und so weiter, war Ken zuständig. Seit einem Jahr
auch Aya, wie Yohji grimmig bemerkte.
Er hatte keine Ahnung, woher der junge Mann kam und was er eigentlich hier wollte. Ken hatte ihn eines
Tages angeschleppt und ihm das freie Zimmer in ihrer Wohnung über dem Laden gegeben. Seitdem war
Aya hier und half mit. Egal, er zuckte mit den Schultern. Aya war in etwa so lebendig wie eine Leiche, alles
schien von ihm abzuprallen. Yohji verstand wirklich nicht was Ken an dem, zugegebenermaßen
gutaussehendem, Eisberg fand. Die Zuneigung, die er ihm entgegenbrachte, war nur schwer zu übersehen.
Yohji stand in der schmalen Gasse hinter dem Laden und machte Pause – er rauchte. Es war schon bald ein
Jahr her, dass Schuldig ihn zuletzt besucht hatte. „Könnte sich ruhig mal wieder blicken lassen." Nicht dass
er ihn vermisste, er doch nicht. Aber der Sex war einfach unglaublich, insbesondere wenn man bedachte,
dass er nur im Traum stattfand.
PHAAAKKKKK. Mit einem lauten Geräusch landete etwas hinter ihm in den Mülltüten. Besser gesagt, etwas
war dort hineingestürzt. Yohji drehte sich um. Überall um ihn herum flogen Federn in der Luft.
Er beugte sich über den Müll. Dort lag ein bewusstloser Junge – mit großen weißen Flügeln. Zumindest Teile
von Flügeln. Von dem rechten fehlte die obere Hälfte komplett. Er schien abgeschnitten worden zu sein, an
der Schnittfläche trat eine milchige weiße Flüssigkeit hervor. Der linke Flügel war im oberen Drittel
gebrochen, die Spitze hing deswegen ziemlich unmotiviert herunter.
Yohji sah sich den Jungen näher an. Er hatte blondes Haar und war sicher nicht älter als 16 oder 17.
Aufgrund der Flügel trug er kein Oberteil. Seine ganze Kleidung bestand aus einer Hose, die an den Füßen
so breit war, dass er damit sicher die Straße fegen konnte. Er wollte ihn gerade aufheben, als ihn eine
barsche Stimme davon abhielt.
„Finger weg. Er gehört mir." Yohji zuckte zusammen. Diese Stimme schien von über ihm zu kommen. Er sah
nach oben und vorrübergehend blieb ihm die Luft weg.
In der Gasse schwebten zwei weitere Gestalten reglos in der Luft, beide mit riesigen schwarzen Flügeln,
ebenfalls nur mit Hosen bekleidet. Und eine von den beiden kam ihm verdammt bekannt vor. „Hi Yohji."
Schuldig grinste ihn an.
„Du bist ein Engel?" Yohji konnte es nicht glauben.
„So was in der Art. Könntest du bitte etwas zu Seite treten, damit wir landen können?" Yohji trat an die
Mauer zurück. Den beiden fiel es nicht gerade leicht in der Enge zu landen. Die Flügelspannweite betrug
weit über sechs Meter, und der Mann bei Schuldig hatte sogar vier Flügel. Die beiden boten ein Bild jenseits
der Realität.
Schuldig deutete mit dem Daumen auf den anderen. „Das ist übrigens Crawford."
Dieser hatte sich schon über den verletzen kleinen Engel gebeugt und untersuchte ihn. Seine Flügel waren
dabei äußerst hinderlich. Mit einer ungehaltenen Geste beschrieb er ein Zeichen in der Luft und ließ damit
die Flügel von allen Engeln verschwinden.
Schuldig sah ihn böse an. „Sag gefällig Bescheid, wenn du so was machst. Ich wüsste gerne, wo meine
Flügel sind."
Yohji blickte ratlos von einem zum anderen und bemühte sich darum, die Situation zu verstehen. Leider
versagte er dabei kläglich.
Crawford hatte den Verletzten inzwischen auf den Arm genommen und blickte zu Yohji hinüber. „Welches
Zimmer kann ich nehmen?" Für ihn stellte sich nicht mal die Frage, ob er ein Zimmer in der Wohnung
bekommen würde, sondern nur, welches Zimmer.
Yohji nahm die Hintertreppe und führte sie in die Wohnung über dem Laden. Sein Zimmer würde er nicht
hergeben und Aya würde ihn vermutlich töten, gäbe es dessen her. Blieb also nur noch Ken. Dessen Zimmer
lag sowieso am dichtesten zum Bad, also öffnete er die Tür zu Kens Bleibe. Erleichtert stellte er fest, dass
aufgeräumt war. „Tja, ihr könnt erst mal hier bleiben."
Crawford legte den kleinen Blonden vorsichtig auf dem Bett ab. „Und wie jetzt weiter?" Schuldig sah ihn
fragend an. Er hatte auch die Verletzungen an den Flügeln gesehen.
„Wir warten, bis er aufwacht, erklären ihm die Situation – und dann wird er sich entscheiden müssen."
Crawford blickte grimmig drein. Viel zu entscheiden gab es nicht. Bei diesem Verletzungsgrad würde der
kleine Engel nie wieder fliegen können.
AN: So, der Grundstein ist gelegt. Armer Omi. Nix mehr mit fliegen *flapp, flapp* Flügellahmer kleiner
Engel.
Ich bin mir noch nicht sicher, ob Farfie und Nagi überhaupt vorkommen. Die sind bis jetzt noch nicht
eingeplant. Machen zusammen Urlaub (oder so *g*)
Alles was ihr jetzt noch nicht versteht, wird später erklärt, z.B. Wo sind die Flügel hin? Und was ist eigentlich
mit Omi passiert?
