Wer weiß schon, was nach dem Tod passiert?


Disclaimer: Die Elben und Mittelerde und überhaupt alle von Tolkien bekannten Figuren gehören natürlich Tolkien, bzw. seiner Familie.
PROLOG
Blut. Überall Blut. Wohin ich auch sehe, ich kann nichts anderes entdecken.
Es scheint mir, als schwebte ich über diesem Szenario des Grauens, als würde ich das ausgebrannte Auto und die Rettungsleute, die verzweifelt versuchten, meine Eltern aus den Trümmern zu bergen, von oben betrachten.
Plötzlich vernehme ich neben mir eine leise Stimme - spricht sie wirklich so leise, oder kommt es mir nur so vor, durch den Nebel, der mich nun fast vollständig einzuhüllen scheint? "Ich kann nichts mehr für sie tun. Sie hat zu viel Blut verloren. Sie wird sterben."
Wer ist 'sie'? Wer wird sterben? Meinen sie am Ende mich?
Ja, sie meinen mich. Das beweisen mir die stechenden Schmerzen, die sich in meinem ganzen Körper zu verteilen scheinen, das beweist mir das Blut, das überall um mich herum den Boden bedeckt.
Aber ich will doch nicht sterben! Ich bin doch erst 19... Und ich hab seit jeher eine große Angst vor dem Tod. Wer weiß denn, was nach dem Tod geschieht? Ich bin nicht sonderlich erpicht darauf, es zu erfahren.
Ausgerechnet an meinem Geburtstag. Ohne zu wissen, was aus meinen Eltern und meinem Bruder geworden ist, werde ich sterben.
Und ich weiß nicht, was dann passiert. Ich, die ich jahrelang nicht mehr in die Kirche gegangen bin, glaube nicht, dass alle Menschen nach dem Tod in den Himmel kommen, auf Gottes Schoß sitzen dürfen und alles ist schön und gut und toll. Daran glaube ich nicht, das kann ich nicht glauben.
Doch was kümmert es mich noch?
Bald werde ich es erfahren.
Zumindest vermute ich das...
Aber plötzlich lichtet sich der Nebelschleier, der nun über meinen Augen liegt, noch ein letztes Mal und ich erkenne, dass sich eine große Person zu mir hinunterbeugt.
"Hörst du mich?" fragt die Person mit sanfter Stimme, doch ich bin unfähig zu reagieren.
Sie erhebt sich wieder, wendet sich ab von mir.
Ich will rufen, will nicht, dass sie mich so einfach dem Tod überlassen. Doch kein Laut kommt über meine Lippen.
Wie aus weiter Ferne durchdringt die sanfte Stimme noch einmal meine Gedanken. Nur jetzt klingt sie für mich nicht mehr sanft. Hart und gut grausam hört sie sich an, als sie sagt: "Sie sind alle tot."
Dann wird alles schwarz.
Ich sterbe.

---°---°---

Zumindest dachte ich, ich starb. Doch als ich die Augen öffne, liege ich auf einer grünen Wiese, unter einem blauen Himmel, das Gezwitscher der Vögel klingt mir in den Ohren, und von den Schmerzen, die mich vor kurzer Zeit noch plagten, ist nichts mehr zu spüren. Kurz - ich fühle mich, als sei ich im Paradies höchstselbst. Wenn da nicht die Erinnerungen an das wären, was noch vor wenigen Minuten - zumindest kommt es mir so vor - geschehen ist.
"Sie sind alle tot."
Wieder und wieder höre ich diesen einen Satz.
Alle tot.
Ich bin auch tot - oder? ODER?
Nein. Ich bin nicht tot. Ich bin lebendig wie eh und je, könnte jetzt aufspringen und mich umsehen, über die Wiese hüpfen, Räder schlagen, wie ich es als kleines Kind oft getan habe. Wenn mir der Sinn danach stünde.
Doch ich habe jegliche Kraft verloren, die noch vor so kurzer Zeit in mir ruhte.
Alle sind sie tot. Was kümmert es mich da noch, wo ich bin, was ich hier tue?
Mir ist es egal. Ich will nur zum Rest meiner Familie zurückkehren.
Doch dieser Wunsch wird mir wohl nicht gewährt werden.
Ich vernehme nur ein lautes "Ergreift sie!", ehe ich von zwei starken Armen auf die Beine gezerrt werde.
Ich bin umstellt. Von einer Gruppe großer, langhaariger Menschen. Als ich die Gesichter jedoch näher mustere, erkenne ich, dass dies keine Menschen sein können.
Die Personen sind viel zu schön, von zeitloser Schönheit. Auf den ersten Blick sehen sie nicht älter aus als 20, doch ihre Augen zeugen von einer Weisheit, die ein Mensch in 20 Jahren niemals erlangen könnte.
Als mein Blick auf die Ohren der Geschöpfe fällt, halte ich den Atem an.
Sie sind spitz.
Wo habe ich solche Ohren das letzte Mal gesehen?
Ich zermartere mir mein Gehirn, denn ich weiß, dass ich solche Ohren bereits gesehen habe. Und dann fällt es mir schlagartig ein.
Im Kino. Als meine beste Freundin mich in 'Der Herr der Ringe' geschleppt hat. Dort gibt es auch Geschöpfe, die diesen hier sehr ähneln. Wie nannte meine Freundin sie doch gleich? Elfen? Nein... Elfen waren diese kleinen Flügeltiere, mit Glitzerstaub und Zauberstäbchen... Elben.. Ja.
Doch Elben gibt es nicht! Sie sind eine einzige Famtasie-Erfindung, mehr nicht.
Aber andererseits - es besteht für mich nun kein Zweifel mehr, dass ich hier Elben gegenüber stehe. Was heißen muss, dass ich entweder halluziniere oder in einer anderen Welt bin. Ersteres kann ich ausschließen, spüre ich doch den festen Griff um meine Oberarme.
Bleibt nur noch die Möglichkeit, dass ich nicht mehr in unserer Welt bin.
Doch wo zum Teufel bin ich dann? Weiß ich denn, wie die Welt heißt, in der 'Der Herr der Ringe' spielt? Nein, ich weiß es nicht mehr. Ich hatte es nie für nötig gehalten, es mir zu merken. Durch meine verwirrten Gedanken dringt plötzlich eine angenehme Stimme an mein Ohr, doch sie spricht in einer Sprache, die ich nicht verstehe.
Mir werden die Augen verbunden, und ich werde vorwärts gestoßen.
Da laufe ich doch lieber freiwillig meinem unbekannten Ziel entgegen.